Schutz der Engel
Oh, Engel, breit’ die Flügel aus und halte tapfer Wache!
Ich brauche dich, was auch geschieht, in dieser heiklen Sache.
Gib mir den Mut, der in dir lebt, in deinem reinen Herzen,
Um meine Zweifel und mein Zögern endlich auszumerzen.
Ich bitte dich, was auch geschieht, nimm mich bei meinen Händen,
Denn nur die Ruhe, die du gibst, kann mir mein Blatt noch wenden
Und mich von meinem Misstrau’n, meinem Unglück hier befreien.
Oh, Engel, breit’ die Flügel aus, heil’ mich von Gaunereien!
Ich weiß, dass deine Flügel nicht die reinsten sind von allen
Und wirken sie auch stumpf und schwarz, du wirst nicht niederfallen.
Ist dein Gewand auch trüb und grau und wirft es dunkle Falten,
Es hüllt mich ein und wärmt mich sanft und lässt mich nie erkalten.
Ist dein Gesicht auch leicht geneigt und hebt sich nicht zum Äther,
Es schützt, erkennt mit mildem Blick doch jeden Missetäter.
Und deine Hand würd’ reiner sein, hätt’st du sie dir behalten
Und reichtest du sie trotz der Not nicht leidenden Gestalten.
Dein Herz hat mit den Sterblichen so oft, so sehr gelitten,
Erbarmte sich vielleicht zu oft, zu sehr den uns’ren Bitten.
Doch deine Seele ist und bleibt die Strahlendste von allen,
Dein Antlitz das Betörendste in himmelshohen Hallen.
Nur ich bin Mensch und bleibe es und hege böse Pläne.
Die Missgunst ist so groß in mir, die ich tief in mir wähne.
Wie kann ich über and’re richtend in den Spiegel blicken?
Wie kann ich an dem Hass in mir noch immer nicht ersticken?
Oh, Engel, breit’ die Flügel aus! Ich hoff’, du kannst mich retten.
Die Wogen zwischen mir und ihr kannst du, nur du, noch glätten.
Oh, manchmal will ich Engel sein und alles selber schaffen,
Ich will nicht mehr der Körper sein, auf dem nur Wunden klaffen.
Sag nur: „Zu Recht!“, sag nur „Verdient!“, straf’ mich mit deinen Blicken!
Ins Himmelreich will ich nicht zieh’n – Wohin willst du mich schicken?
Wenn du mir nur den Ort zuweist, ich würde heut’ noch gehen!
Ich will und kann nicht länger hier auf dieser Stelle stehen…
Oh, Engel, breit’ die Flügel aus, sie sollen Schatten werfen,
In denen meine Zweifel frier’n und sich nicht mehr verschärfen.
Ich möchte endlich frei sein und das Misstrauen besiegen.
Oh, Engel, breit die Flügel aus, ich kann nur mit dir fliegen.