[Review] Red Snake



  • Bei Red Snake handelt es sich um den ersten Band einer vierteiligen Reihe von Werken des 1946 geborenen Mangaka Hideshi Hino - die alle im Bereich Horror anzusiedeln sind - welche in Deutschland vom Verlag Schreiber & Leser (“Feine Comics für Erwachsene”) herausgegeben wird. Mir waren Verlag und Autor vorher unbekannt, doch da die Empfehlung für Red Snake von der selben Person kam, die mich auch auf Der lachende Vampir aufmerksam machte, habe ich Hideshi Hino trotz meiner eher mäßigen Begeisterung für dieses Genre eine Chance gegeben.


    Eröffnet wird Red Snake mit dem Gedicht “Die Nacht, in der ich Blut spie” von Xinyie Anzi (zu dem ich - zumindest mit Google - nicht allzu viel in Erfahrung bringen konnte), in dem das lyrische ich seine albtraumhafte Reise in die Abgründe der Hölle schildert. Dem Leser wird spätestens gegen Ende klar, dass das Hideshi die Handlung von Red Snake zumindest grob an dem Gedicht von Xinyie Anzi angelehnt hat. So erscheint auch die Geschichte selbst von Anfang bis Ende wie ein einziger Albtraum. Geschildert wird dieser Albtraum aus der Sicht eines Jungen (dessen Namen man nicht erfährt), der mit seiner Familie in einem alten weitläufigen Haus lebt, das zudem ringsherum von einem düsteren knorrigen Wald umgeben ist. Aber nicht nur das Haus - von dem er nicht einmal sagen kann, wie groß es wirklich ist und ihm Eigenschaften eines ihm böse gesonnenen Lebewesen zuschreibt - ist dem Protagonisten unheimlich, tatsächlich jagt ihm seine eigene Familie - die mit “Freaks” noch äußerst freundlich umschrieben wäre (da ist z.B. die Großmutter die sich für ein Huhn hält, oder seine ältere Schwester, die eine sehr intime Beziehung zu Würmern pflegt) - noch wesentlich größere Angst ein. So versucht der Protagonist regelmäßig aber erfolglos dem Haus und seiner Familie zu entfliehen. Das wirkliche Grauen beginnt für ihn aber erst, als durch seine Unachtsamkeit der Spiegel, der zuvor die zwei Teile des Hauses trennte, beschädigt und damit wortwörtlich das Tor zur Hölle aufgestoßen wird.


    Hideshi Hinos surreal-grotesker Zeichenstil - der sich vor allem in den gestörten Proportionen der Figuren zeigt - schafft eine merkwürdige Distanz zum eigentlichen Geschehen. Das viele Blut, Eiter und Verstümmelungen ließen mich weitestgehend kalt und so schrecklicher die Dinge für den jungen Protagonisten auch wurden, blieb dessen Angst für mich wenig nachfühlbar. So wie auch beim vorangestellten Gedicht, können die expliziten Darstellungen und die albtraumhafte Kulisse nicht über die Inhaltsleere hinwegtäuschen. Red Snake hat weder die Ästhetik, die z.B. Der lachende Vampir vorweist, noch dessen vielschichtige Bedeutungsebenen. Ein Grund dafür mag sicherlich darin liegen, dass das Geschehen und die Figuren in Red Snake vollkommen isoliert sind. Während bei Der lachende Vampir im Japan der Gegenwart mit all dessen Problemen spielt - und damit sogar gesellschaftskritische Deutungen ermöglicht - bleiben Ort und Zeit bei Red Snake unbestimmt. Von Hideshi Hino wird gewollt der Eindruck von einer statischen, hermetisch abgeschlossenen kleinen Welt vermittelt (wofür besonders der dunkle, undurchdringliche Wald steht, der das Haus umgibt). So aber schafft es Red Snake nicht einen bleibenden Eindruck zu hinterlassen und ist entgegen anders lautender Behauptungen eben doch keine “schwere Kost”, sondern recht leicht verdaulich und schnell vergessen.


    Offizielle Seite des Verlages zur Hino Horror-Reihe