Originaltitel: An
Autor: Durian Sukegawa
Verlag: DuMont Buchverlag GmbH
Erscheinungsjahr: 2013 (Japan), 2016 (Deutschland)
Seiten: 224
Eigentlich wollte Sentaro Schriftsteller werden, stattdessen landete er im Gefängnis. Jahre später ergibt er sich dem Alkohol und verkauft leidenschaftslos Dorayaki, so eine Art Pfannkuchen mit süßer Bohnenmusfüllung. Das ändert sich als die ältere Frau Tokue bei ihm im Laden anfängt und zeigt, wie man die Rezeptur bedeutend verbessern kann. Später gesellt sich noch die Schülerin Wakana hinzu, doch ihr Anteil an der Geschichte bleibt recht blass. Hauptsächlich bildet sie einen Kontrast zu Tokue und hat ihr gesamtes Leben noch vor ihr. Der alten Frau erging es in Wakanas Alter nämlich anders, bei ihr wurde damals Lepra diagnostiziert und sie musste ihr bisheriges Leben zurücklassen.
Der Roman dreht sich um Perspektivlosigkeit, Isolation und Ungerechtigkeit. Eine lange Zeit widmet er sich der Zubereitung der roten Bohnen, bis schließlich aus Sicht von Tokue auf die Zustände bei Leprakranken in Japan der letzten Jahrzehnte eingegangen wird. Gleichzeitig wird eine Brücke zu Sentaro geschlagen, was metaphorisch mit einem Kanarienvogel im Käfig noch verstärkt wird.
Wie Sentaro hatte ich eines Abends eine Internetrecherche über diese Krankheit durchgeführt, die die Menschheit nun schon seit Jahrtausenden begleitet. Wobei keine gefundene westliche Quelle sich mit der Lage in Japan befasste, womit der Roman auch weiterhin Neues bieten konnte. Anhand von Erzählungen und den Reaktionen der Kundschaft wird eine Gesellschaftskritik deutlich, die sich diesbezüglich scheinbar kaum seit dem Mittelalter weiterentwickelte, selbst wenn die allgemeinen Zustände sich zumindest in den reichen Ländern gewaltig änderten.
Die Kirschblüten spielen eine untergeordnete Rolle und tauchen im Titel der japanischen und englischen Versionen gar nicht auf. Mit den roten Bohnen wird da schon mehr verbunden, vor allem Hoffnung und Enttäuschung. Ich fand es sehr interessant wie aus Sicht einer fiktiven Person eine reale Gegebenheit glaubhaft geschildert wurde und man trotzdem einen Roman erhält. Dafür wurde das letzte Viertel des Buches mit einer Traumsequenz eingeleitet, die ich schon als Klischee empfand, obwohl der Klappentext versprach, dass es gerade sowas nicht geben soll. Danach wurde es langweilig, weil sehr vorhersehbar, da halfen auch keine passenden Metaphern mehr.
Unterm Strich informativ und gefüllt mit lebensbejahenden Aussagen, doch ohne Spannung. Mir selbst bleibt nur ein Charakter in Erinnerung, aber nicht so sehr wie bei Die Ladenhüterin. Das Buch ist übrigens verfilmt worden und kam 2015 in deutsche Kinos.