Beiträge von Sony_chan

ACG Sommerfest 2024
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    Hallo, ihr Lieben...
    ich habe diese kleine Mini-FF auf meiner Festplatte gefunden, als ich vor Kurzem wieder ins Death Note - Fieber gekommen bin. Ist wirklich nur kurz und irgendwie, hm, für mich seltsam. Ich erinnere mich noch an die Nacht, in der ich sie zusammengetippt habe...
    Hier ist mal Teil 1, die anderen folgen.
    Ist übrigens LightXL, wer's nicht mag, sollte wohl besser nicht weiterlesen, aber explizites gibt es nicht.
    Kommentare? :3


    ~ San ~


    Zwischen Traum und Wirklichkeit


    I. Verwirrt
    L's POV


    Ein Blick auf die Uhr zeigt mir, dass eigentlich schon seit dreißig Minuten Feierabend ist. Kein Wunder, dass die Polizisten langsam unruhig werden, schließlich sind sie immer so überpünktlich, dass ihnen diese halbe Stunde wie eine Ewigkeit vorkommen muss. Aber gleich dürfen sie gehen. Mogi und Light schauen sich noch die Akte eines möglichen Kira-Opfers an und Matsuda kommt gerade mit Misa von einer deren Auftritte zurück.
    „Misamisa war wunderbar!“, schwärmt er. Soichiro, Shuichi und Kanzo verdrehen die Augen. Ich beiße in den Schokoriegel, den Light mir heute Morgen geschenkt hat.
    „Liiiii~ight, wollen wir heute Abend noch ausgehen?“, fragt Misa und hängt sich an seinen Arm. Ich kann erkennen, dass Light innerlich die Augen verdreht und anfängt, nach einem Grund zu suchen, warum er keine Zeit haben könnte. Misa klimpert mit den Wimpern und stahlt ihn erwartungsvoll an.
    „Ich habe ein neues Café entdeckt, da soll es super lecker und romantisch sein!“
    Lights Hand, mit der er eine Kaffetasse hält, spannt sich an und für einen kurzen Moment denke ich, sie könnte gleich zerspringen.
    „Tut mir leid, Misa, aber heute habe ich leider keine Zeit“, sagt er und Soichiro nimmt seinem Sohn in weiser Voraussicht die Tasse ab.
    „Waruuum?“, will Misa wissen und zieht eine Schnute. Noch immer hängt sie an ihm wie eine Klette.


    Ich sehe, dass Light heute ausnahmsweise einmal nicht so erfinderisch ist wie sonst, und um ihm für den Schokoriegel, den ich inzwischen ganz gegessen habe, zu danken, sage ich:
    „Misa, Light und ich haben nachher noch etwas zu besprechen. In einem öffentlichen Café geht das nicht, das verstehst du doch bestimmt. Aber du kannst gern mit uns beiden hier bleiben.“
    Ich lächele sie an und weiß, was sie antwortet, noch bevor sie den Mund aufmacht.
    „Nein! Light und ich wollen alleine mal einen romantischen Abend verbringen! Du störst immer nur, du notgeiler Perverser!“
    Nun ist es an den Polizisten, sich anzuspannen und Soichiro stellt schnell die Tasse ab.
    „Hmm“, mache ich, „dann müsst ihr euch wohl einen anderen Tag suchen. Aber Kira geht nun einmal vor.“


    Sie schaut mich wütend an, aber das ist mir egal. Ich achte eher darauf, dass mich Light erleichtert und dankbar ansieht. Aus irgendeinem Grund löst sein Blick ein angenehmes Gefühl von Wärme in mir aus. Verwirrt runzele ich die Stirn. Was war das? Genauso schnell, wie es kam, ist es auch wieder verschwunden, trotzdem bin ich mir sicher, etwas gespürt zu haben. Schön. Lebendig. Fast komme ich mir vor, wie ein kleines Kind, dem gerade eine Schokoladenfabrik geschenkt wird.
    „Alles in Ordnung, Ryuzaki?“, fragt Light und mustert mich besorgt.
    Ich nicke und das Gefühl kehrt zurück.
    „Light?“, sage ich.
    „Hm?“
    „Wo hast du den Schokoriegel gekauft?“
    Er war wirklich lecker. Fast so lecker wie der Apfel, den Light letzte Woche mitgebracht hatte, gemeinsam mit der Bitte, ich solle mich doch ein wenig gesunder ernähren.
    Light lacht, antwortet mir aber nicht und leert stattdessen endlich seinen Kaffee. Die Brühe muss doch schon kalt sein.
    Verwirrt stelle ich fest, wie das Gefühl wieder verschwindet. Was soll das? Warum kann es nicht dableiben, es ist so schön behaglich und tut richtig gut.


    Mittlerweile ist eine weitere halbe Stunde vergangen und so langsam verabschieden sich alle. Shuichi, Mogi, danach Matsuda und Misa, die sich von Light verabschiedet, als würden sie sich Jahre nicht wieder sehen und nicht nur zehn Stunden. Irgendwie macht mich das wütend und ich stelle erfreut fest, wie Light sie von sich wegschiebt. Ha!
    Dann geht auch Soichiro; bittet Light, nicht zu spät zu kommen, nickt mir zu und verschwindet.



    Light setzt sich neben mich auf den Bürostuhl.
    „Danke“, sagte er und lächelt mich an.
    „Gern geschehen“
    Wirklich. Ich habe es gern gemacht, gern gelogen, um Misa wegzuhaben. Und Light hier zu halten. Erst jetzt fällt mir auf, wie gern ich das gemacht habe.
    Eine Weile schweigen wir und ich schaue Light verwundert zu, wie er sich mit dem Bürostuhl dreht. Seltsam, sein Verhalten. Warum dreht er sich?
    Ich nehme mir den Teller mit dem restlichen Kuchen und esse ihn, während ich Light beobachte.


    Plötzlich hält er an.
    „Ryuzaki“, fängt er an, zögert aber.
    Ich lege den Kopf schief.
    „Ja?“
    „Hast du noch ein bisschen Zeit? Ich möchte mit dir über etwas sprechen.“
    Ich stehe auf, schlurfe zum Schrank und hole mir eine Cola.
    Ich überlege mir, was er wohl zu besprechen hat, während ich wieder zu ihm zurückgehe, aber mir fällt nichts ein. Nur dieses warme Gefühl kommt zurück und ich versuche, es zu halten.
    „Okay. Lass uns reden.“


    ...tbc...

    | acht |


    Valerie starrte ihn an, als wäre er ein Außerirdischer. Sie taumelte zwei Schritte rückwärts und stammelte: „Nein… bist du nicht.“


    Daniel schloss die Augen. Es wäre ihm ja selbst lieber, wenn er nicht schwul wäre. Aber es half auch nichts, die Tatsachen immer zu verleugnen.
    „Doch, bin ich“, antwortete er deshalb.


    Sie kniff die Augen zusammen. „Seit wann?“


    Daniel zuckte die Schultern. Wahrscheinlich von Geburt an, oder? Aber vermutlich meinte sie, seit wann er das wusste. „Ich war mir nicht sicher…“ Er zögerte.


    „Und den Verdacht hattest du bevor oder nachdem du mit mir zusammengekommen bist?“


    Sollte das eine Fangfrage sein? Wenn er mit bevor antwortete, würde sie sich ausgenutzt fühlen – genau, wie Erik prophezeit hatte -, aber es würde der Wahrheit entsprechen. Würde er danach sagen, würde sie sich aufregen, weil er ihr vorher nichts gesagt hatte und nicht Schluss gemacht hatte.


    „Daniel?“ Sie klang genervt.


    Er entschied sich der Einfachheit halber für die Wahrheit. „Ich glaube, davor… aber ich bin mir nicht sicher! Verdammt, Valerie, ich will das doch auch nicht!“


    „Das heißt, du hast keine Gefühle für mich und wolltest nur mit mir zusammen sein, damit du dir einreden konntest, nicht schwul zu sein“, schloss sie und schaute ihn wütend an.


    Wow. Für einen Moment war Daniel sprachlos: Sie hatte den Nagel auf den Kopf getroffen. Aber als er merkte, dass sie auf eine Antwort wartete, hob er hilflos die Schultern. Was sollte er denn sagen? Dass sie recht hatte und er sie eiskalt ausgenutzt hatte, obwohl er das eigentlich nicht im Sinn hatte?


    Sein Schweigen war ihr offenbar Antwort genug.
    „Du bist so ein verdammtes Arschloch, Daniel!“, fauchte sie, drehte sich um – und stolzierte davon.


    Daniel starrte ihr lange nach, bevor er nach Hause ging.




    Der nächste Schultag war Horror. Nicht, weil Valerie oder Kevin irgendetwas ausgeplaudert hätten, sondern weil Daniel sich elend und hundemüde fühlte. Er hatte höchstens drei Stunden geschlafen. Außerdem wusste er nicht, wie er Kevin unter die Augen treten sollte. Er grübelte den ganzen Weg darüber, als ihm plötzlich Desiree entgegen gerannt kam. Sie hatte verquollene Augen und weinte offensichtlich. Ihr Fahrrad stand neben Daniels und sie kämpfte ungeschickt mit dem Schloss.


    „Ähm, Desiree?“ Er wusste nicht, was er zu ihr sagen sollte.


    Sie zuckte zusammen und schien ihn erst jetzt zu bemerken. Verlegen wischte sie sich mit dem Handrücken über die Augen und verschmierte dadurch ihre Schminke, bis sie einem Waschbär ähnelte.
    „Oh, Daniel. Ich hab dich gar nicht bemerkt.“


    „Brauchst du ein Taschentuch?“ Halleluja, das war sogar eine einigermaßen akzeptable Reaktion! Herzlichen Glückwunsch, Daniel. Du bist doch kein Hornochse.


    „Das wäre nett.“
    Sie lächelte ihn zaghaft und ein wenig verlegen an.


    Er wühlte in seiner Tasche nach der Tempopackung, fischte eins heraus und hielt es ihr hin.
    „Danke“, murmelte sie und putzte sich die Nase.


    „Was ist denn los mit dir?“, traute er sich zu fragen, als er die restlichen Taschentücher wieder verstaute.


    Desirees Blick verlor sich in weiter Ferne.
    „Kevin hat eine neue Freundin.“


    Was?! Fassungslos starrte Daniel sie an. Er hatte Kevin gestern geküsst und nun hatte er schon wieder eine neue Freundin? Er ballte vor Wut die Hände zu Fäusten.
    „Was?“, entfuhr es ihm. Er schüttelte den Kopf. „Ich meine, wer?“
    Wer immer es war, er verspürte einen großen Zorn auf sie!


    „Vivien Reißer.“


    Daniel erstarrte entgeistert. Vivien? Vivien Reißer? Die Schlampe der Schule? Die war doch auf jeden Fall unter Kevins Niveau! Egal, dass sie ihn seit Jahren anbaggerte!
    „Nicht dein Ernst!“, sagte er.


    Desiree schnaubte. „Das hab ich auch gedacht.“ Sie schob dich an ihm vorbei. „Lässt du mich mal kurz…“


    Er machte ihr Platz. „Wohin willst du?“


    „Nach Hause, wohin sonst? Oder denkst du, ich tue mir das denn ganzen Tag an?“
    Sie zog ihr Fahrrad hervor, schwang sich auf den Sattel und fuhr mit einem knappen „Tschüss“ an ihm vorbei. Wenige Sekunden später hatte sie das Schulgelände verlassen.


    Daniel würde ihr so gern folgen. Für einen Moment überlegte er, auch einfach abzuhauen und zu schwänzen. Andererseits würden sowohl Valerie als auch Kevin ihn dann für einen Feigling halten. Und wer wusste, was sie erzählen würden! Er musste jegliche Andeutung auf seine Homosexualität verhindern, wenn er die letzten Jahre bis zum Abitur überleben wollte!


    Also betrat er das Gebäude, verschlief einen Großteil des Unterrichts und hielt einen gewissen Sicherheitsabstand zu Kevin und Valerie – aber nur soweit, dass er sie trotzdem beobachten konnte. Das gab er bei Kevin allerdings nach der ersten Pause auf. Bei seinem Anblick zusammen mit Vivien drehte sich ihm der Magen um.




    Nach der Schule ging er nicht nach Hause, sondern zu Erik. Er erschrak, als er bemerkte, wie oft er seinen Nachbarn momentan besuchte, dabei waren sie nicht wirklich befreundet, sondern einfach nur gewöhnliche Nachbarn. Zum Glück war sein Vater nicht daheim und seine Mutter arbeitete eh rund um die Uhr – obwohl er bezweifelte, dass sie die ganze Zeit über arbeitete - und entging so nervigen Fragen.


    Wie immer schien Erik nichts zu tun zu haben, sondern lümmelte sich auf dem Sofa im Wohnzimmer.
    „Hey, hey“, begrüßte er Daniel fröhlich, „welche Probleme führen dich heute zu mir?“


    Stumpf sah Daniel ihn an. Er wusste, dass er nur mit Problemen zu Erik kam und hoffte, dass er sich nicht ausgenutzt fühlte. „Tut mir leid, dass ich dich nerve“, sagte er deshalb zerknirscht.


    Aber Erik lachte. „Besser deine Probleme, als meine“, meinte er, „Also, was gibt’s?“



    Aufmerksam hörte er zu, wie Daniel den Kuss mit Kevin und die Gespräche mit Valerie und Desiree schilderte.
    Als er geendet hatte, lehnte er sich nach hinten und betrachtete den Blonden neugierig.
    „Das ist ein ganz schönes Schlamassel“, bemerkte er.


    „Das weiß ich auch“, brummte Daniel, „wie lautet also dein Rat?“


    „Wer bis zum Hals in der Scheiße steckt, sollte den Kopf nicht hängen lassen.“ Erik grinste ihn an. „Nein, im Ernst. Mach dir das Leben nicht schwerer als es ist. Okay, du bist definitiv schwul, schön und gut. Und Kevin wohl eher nicht. Aber es gibt genug andere Schwule auf der Welt. Am besten, du vergisst ihn.“


    Daniel schnaubte. „Bist du betrunken? Ich kann doch nicht einfach vergessen! Außerdem gibt es in dieser verdammten Stadt nicht gerade viele…“ Er zögerte und machte eine wegwerfende Handbewegung.


    „Schwule“, beendete Erik, „Das weiß ich. Aber hey – es gibt notfalls immer noch mich.“ Er ließ seine Augenbrauen tanzen.


    Daniel runzelte die Stirn. Was meinte er denn damit? Wenn er sich Hoffnungen auf ihn machte, hatte er sich aber gewaltig getäuscht!
    „Kein Bedarf“, sagte er deshalb knapp.


    Erik lachte auf. „Kein Sorge, ich bin nicht an dir interessiert“, versicherte er,


    Daniel musterte ihn unsicher aus zusammengekniffenen Augen.
    „Sicher?“


    „Ja doch. Wenn ich es sage.“ Erik verdrehte die Augen. „Aber es gibt auch andere Menschen, weißt du. Du solltest dich ablenken.“
    Plötzlich sprang er auf. „Los, komm.“


    „Äh, was?“ Daniel war verwirrt. „Wohin willst du?“


    „In die Disco“, verkündigte Erik, „und du kommst mit, ob du willst oder nicht!“



    xXx


    Sorry wegen der langen Wartezeit, aber ich muss momentan wirklich alles bis auf die letzte Minute planen. Totalstress. -.-"

    | sieben |


    Was zum Teufel mache ich hier gerade!?
    Kevin zu küssen! Einfach so! Daniel ärgerte sich über sich selbst. Ärger war gut. Ärger war besser als Scham oder Angst. Das Gefühl, einfach nicht mehr weiter zu wissen, kannte er von daheim wohl gut genug. Nein, Ärger war nicht nur gut, Ärger war das beste Gefühl, das er jetzt haben konnte.
    Ärger, zusammen mit Wut.


    Er hatte sich von Kevin losgerissen, sich umgedreht, noch bevor er den sicherlich erschrockenen und angeekelten Gesichtsausdruck seines besten Freundes hätte sehen können, und war aus dem Zimmer gestürmt. Kurze Zeit später hatte er es bereut, seine Schuhe und die Jacke ausgezogen zu haben. Fluchend und in aller Eile knotete er seine Schnürsenkel wenigstens so zu, dass sie hielten, und ignorierte Kevins Mutter, die aus der Küche nach ihm rief.
    Er hatte gerade die Tür öffnen wollen, als Kevin oben auf der Treppe erschien.
    „Daniel?“
    Daniel war für einen Moment wie erstarrt. Dann nahm er seine Jacke und rannte aus dem Haus.



    Erst, als er völlig außer Atem war und keinen Schritt mehr gehen konnte, hielt er inne, setzte er sich auf eine Bank und sah sich um. In seiner Panik hatte er gar nicht darauf geachtet, wohin er lief, und die Gegend kam ihm völlig fremd vor. Scheiße. Verlaufen. Ganz toll. Das hatte ihm ja gerade noch gefehlt.
    Entnervt fuhr er sich mit der Hand durch die Haare und versuchte, nicht nachzudenken. Das war allerdings leichter gesagt als getan. Er war so ein Idiot! Was hatte er sich nur dabei gedacht? Am liebsten hätte er losgeheult wie ein Mädchen. Aber er versuchte, sich zusammenzureißen.
    Ja, okay, er hatte Kevin geküsst. Das war ein Fehler gewesen, ein riesiger Fehler, der ihn bloßgestellt und blamiert hatte – schließlich war Kevin alles andere als schwul. Was ebenfalls nicht in Ordnung für ihn war, obwohl er mehr oder weniger eingesehen hatte, dass er sich damit abfinden musste. Und wenn Kevin das herumerzählte, würde er es seinen Eltern beichten müssen, damit sie ihm erlaubten, umzuziehen. Nach Kanada oder so. Irgendwohin, wo ihn niemand kannte. Dann müsste er sich auch keine Ausrede ausdenken, die er Valerie – die auch noch so ein Problem war – auftischen wollte.
    Und wäre dieser Plan sogar realisierbar gewesen, hätte sich das ja noch besser getroffen.
    Aber schlimmer konnte es jetzt sowieso nicht mehr kommen. Oder?


    Daniel seufzte und schloss die Augen. Vielleicht würde sich das alles ja nur als ein böser Alptraum herausstellen …



    „Daniel?“


    Er schrak zusammen. Es war bereits dunkel; er musste eingeschlafen sein. Verdammt! Wie zum Teufel hatte er auf einer harten, unbequemen Holzbank im Freien einschlafen können?!
    Er rieb sich die Augen und blinzelte, bis ihm wieder einfiel, dass jemand seinen Namen gesagt hatte. Seufzend sah er sich um und merkte, dass Valerie direkt neben ihm auf der Bank saß und ihn besorgt musterte.


    „Oh, ich hab dich' erschreckt, oder? Tut mir leid. Aber was machst du denn hier?“


    Das hatte ihm ja gerade noch gefehlt! Als wäre er nicht zur Genüge genervt gewesen ...
    „Ich schlafe hier“, sagte er zähneknirschend.


    Valerie runzelte die Stirn.
    „Auf der Bank? Daniel, ist alles okay mit dir?“


    Derart dumme Fragen konnten aber auch wirklich nur von ihr kommen!
    Plötzlich war Daniel zu müde, zu kaputt, um sich irgendeine Lügengeschichte auszudenken. Er seufzte und lehnte sich zurück. Die Bank war wirklich hart.


    „Daniel?“


    Ich weiß, wie ich heiße! Sei doch bitte einfach still!


    Plötzlich wich ihre Besorgnis einer ernsten Miene. „Wenn du nicht mit mir zusammen sein willst, musst du das einfach sagen. Es zwingt dich schließlich niemand, oder?“


    Daniel starrte sie. Er verstand ihre Worte zwar, aber sein Gehirn wusste nichts damit anzufangen.


    „Warum quälst du dich eigentlich?“ Ihre Stimme nahm einen bitteren Tonfall an.


    Hilfe, was jetzt?
    „Wie kommst du denn darauf?“, fragte er verwirrt. Hatte Kevin ihr etwa von seinen Gefühlen erzählt? Gleich, nachdem er gegangen war, weil ... – Nein, warum sollte er? Weil er ihn geküsst hatte? War Kevin neuerdings homophob? Ach was. Oder wütend? Das konnte schon eher zutreffen. Nichtsdestotrotz waren sie noch immer beste Freunde – oder? Sah Kevin das jetzt etwa auf einmalanders?


    Valerie riss Daniel unsanft aus seinen Gedanken.
    „Was habe ich falsch gemacht?“


    Er zögerte. Was um Himmels willen sollte er denn jetzt antworten? Er hatte doch keine Erfahrung mit Mädchen, verflucht!
    Sie senkte den Kopf.
    „Nichts“, sagte Daniel und hoffte, sie würde nicht weiter nachfragen. Aber genauso gut hätte er sich auch wünschen können, sie würde sich in Luft auflösen.


    „Verdammt, Daniel!“ Sie funkelte ihn verletzt an. „Halte mich nicht für ein kleines Kind! Ich bin nicht blöd, weißt du?!“


    Daniel war überrascht. Wo zum Geier kamen denn diese Stimmungsschwankungen her? Eben war sie doch noch den Tränen nahe gewesen!
    „Du hast nichts falsch gemacht. Du bist wirklich ein … tolles Mädchen, Valerie.“ Bis auf die Tatsache, dass sie nervig war und dass er sie nicht liebte.


    „Aber?“


    Er schaute sie an, suchte nach Worten.
    „Aber … es fällt mir schwer, mit dir zusammen zu sein“, gab er kleinlaut zu.


    Sie seufzte. „Wenigstens bist du ehrlich. Weißt, du ich wusste eigentlich, dass das mit uns nicht klappen kann.“ Sie lächelte schmerzlich. „Aber ich wollte es wohl einfach nicht wahrhaben.“


    „Es tut mir leid.“ Es tat ihm wirklich leid. Und es tat ihm weh, sie leiden zu sehen. Aber würde sie nicht noch mehr leiden, hätte er diese … diese Beziehung, oder was auch immer das war, weiterhin aufrecht erhalten?


    Valerie schüttelte den Kopf. „Du liebst mich nicht.“


    Sie hatte nicht gefragt; sie hatte festgestellt. Dennoch nickte Daniel.


    „Warum hast du dann überhaupt eine Beziehung mit mir angefangen?“ Sie versuchte, ihrer Stimme einen neutralen, fast tonlosen Klang zu geben, aber der gekränkte Unterton war deutlich herauszuhören.


    Daniel verkrampfte sich. Erik hatte Recht. Er war wirklich ein herzloser Idiot.
    „Valerie …“


    „Hm?“


    „Ich bin schwul.“

    | sechs |


    Keine gute Idee. Überhaupt keine gute Idee. Nach drei Tagen war Daniel verzweifelt und wünschte sowohl Valerie als auch Kevin die Pest an den Hals.
    Seine neue Freundin hing wie eine Klette an ihm und gerade mal zwei Stunden nach ihrem Treffen im Cafe wusste anscheinend die ganze Schule davon – drei Mal wurde er angerufen und beglückwünscht. Zwei der Anrufer kannte er nicht einmal.
    In der Pause, während einer Freistunde, vor und nach der Schule, immer - immer - war Valerie da, quasselte ohne Punkt und Komma. Und wenn sie ihn nicht zutextete, küsste sie ihn. So, wie es aussah, machte es ihr überhaupt nichts aus, dass er nicht das geringste Interesse an ihr zeigte.
    Und Kevin? Der holte ihn morgens immer noch ab und grinste ihn jedes Mal an, was seine Wahnsinnsaugen noch mehr zum Strahlen brachte, als sie es eh schon taten. Warum freute er sich eigentlich so darüber, dass Daniel seine erste Freundin hatte? Wenn er zurückdachte, war er von Kevins erster Beziehung alles andere als begeistert gewesen. Er sollte gefälligst eifersüchtig sein! Nicht gerade wegen Daniels seltsamer Gefühle für ihn, sondern eher, weil sie schließlich seit einer halben Ewigkeit die besten Freunde waren und bis auf die Fahrten kaum noch Zeit miteinander verbrachten.
    Zurzeit war wirklich alles einfach scheiße, von seinen Eltern ganz zu schweigen!


    Daniel hämmerte wütend auf die Tastatur, spielte irgendein Ballerspiel, das seine Mutter ihm einmal gekauft hatte, und war gerade zum vierten Mal in Folge Game Over gegangen.
    Frustriert lehnte er sich in seinem Stuhl zurück. Er konnte sich einfach nicht konzentrieren, war rastlos und diesmal konnte auch sein Computer, sein größtes Hobby, ihn nicht ablenken. Kurzerhand schaltete er das Gerät aus und schnappte sich seine Jacke und seine Schuhe.
    Er würde Kevin einfach mal besuchen gehen.


    Daniel malträtierte die Klingeltaste. Seit mindestens fünf Minuten stand er vor der Tür und wartete, aber niemand machte ihm auf. Er wusste, dass jemand da war, denn in der Küche brannte Licht und er hatte Kevins Mutter, Stella, schon zwei Mal am Fenster vorbeilaufen sehen. Rausgeschaut hatte sie allerdings nicht. Frustriert hämmerte er noch einmal auf die Klingel und wollte sich gerade zum Gehen wenden, als Stella öffnete.


    „Hallo, Daniel. Tut mir leid, ich hab einen Kuchen gebacken und Marvin hatte die Musik wieder so laut, ich hab' dich nicht gehört. Stehst du schon lange hier?“ Sie musterte ihn lächelnd. „Du siehst richtig erfroren aus. Komm doch rein.“ Sie trat beiseite und schloss die Tür hinter ihm.


    „Ich bin eben erst gekommen“, log Daniel als Antwort auf ihre Frage, wie lange er schon da stehe. „Danke.“


    Aber Stella hörte ihn gar nicht mehr, sie war wieder in der Küche. „Möchtest du ein Stück Nusskuchen?“, rief sie.


    „Ja, danke.“ Er zog seine Schuhe und die Jacke aus. „Ist Kevin da?“


    „Der ist oben.“ Sie tauchte mit einem Teller, auf dem ein großes Stück Kuchen lag, wieder auf. „Guten Appetit.“


    „Danke.“ Er nahm ihr den Teller ab und hastete dann nach oben.



    „Mit dir hab‘ ich nicht gerechnet“, war das Erste, was Kevin sagte.


    Daniel zuckte mit den Schultern. „Mir war langweilig und ich find' es irgendwie schade, dass wir nicht mehr so viel Kontakt haben in letzter Zeit.“


    Er zog eine Augenbraue hoch. „Du hast mich vermisst?“


    Irritiert sah Daniel ihn an. „Ja“, sagte er vorsichtig. Was zum Teufel war denn jetzt mit Kevin los?


    „Hm…“


    „Kevin?“


    „Hm?“


    „Ist… alles in Ordnung?“ Himmel und Hölle, jetzt fange ich schon genauso an!


    Kevin fixierte ihn mit seinen blauen Augen und Daniel hatte Mühe, dem Blick standzuhalten. „Mir geht’s gut.“


    „Gut.“ Was sollte er denn sagen? Kevin verunsicherte ihn gerade und Daniel ahnte, dass er es absichtlich tat. Aus welchem Grund auch immer.


    „Bist du noch mit Valerie zusammen?“, fragte Kevin plötzlich.


    Verwirrt blinzelte Daniel. „Bin ich … Oh. Ja. Ja, bin ich.“ Auch wenn sich mir jedes Mal der Magen umdreht… „Warum fragst du?“


    Kevin legte den Kopf schief. „Weil es mir nicht so vorkommt, als seist du in sie verliebt.“


    Mit offenem Mund starrte Daniel ihn an und versuchte verzweifelt, sich daran zu erinnern, wie man ihn wieder zuklappte. „Wie … “ Er räusperte sich. „Wie kommst du denn darauf?“ Er hatte ja recht. Und wie er recht hatte! Aber war das so offensichtlich?


    Kevin strich sich die dunklen Haare aus der Stirn und lehnte sich in seinem Schreibtischstuhl zurück. „Weil du jedes Mal ziemlich gequält guckst, wenn sie auf dich zukommt und man den Eindruck hat, du würdest sie am liebsten zum Mond schießen.“ Seine Mundwinkel zuckten verdächtig. „Für mich sieht Liebe anders aus. Als o… Willst du mir endlich sagen, was da los ist? Schließlich bezeichnest du mich selbst als deinen besten Freund.“


    Worte, wo seid ihr? Fassungslos stand Daniel da und brachte keinen Ton heraus. Was hätte er auch sagen können? Bisher war Kevin der Einzige, dem das aufgefallen war, alle anderen hatten die beiden für ein süßes Pärchen gehalten. Vielleicht hätte seine Mutter auch etwas geahnt, aber, nun ja, sie wusste es genauso wenig wie sein Vater. Aber dass ausgerechnet Kevin solche Vermutungen äußerte! Er ist dein bester Freund.


    „Daniel?“


    „Ja. Ich lebe noch.“ Ich lebe noch!? Bin ich eigentlich bescheuert?“


    Kevin sah amüsiert aus. „Ganz toll. Redest du jetzt mit mir oder nicht?“


    Mehrmals öffnete Daniel den Mund, suchte nach Worten, - den richtigen Worten -, und schloss ihn dann wieder. Er seufzte.
    Plötzlich stand Kevin neben ihm, sah ihn besorgt an. Daniel wandte sich ab. Er wollte ihm nicht in die Augen schauen.


    „Hey“, sagte Kevin sanft, „Du kannst mit mir sprechen, okay?“


    Daniel starrte den Boden an. Irgendwann musste etwas Brennendes heruntergefallen sein, denn auf dem hellen Laminat zeichneten sich drei dunkle Brandflecken ab.


    „So schlimm?“ Der Dunkelhaarige verzog das Gesicht. „Machst du dir Sorgen wegen deiner Eltern?“


    „Ja.“ Es war leicht, ja zu sagen. Schließlich machte er sich wirklich Sorgen um seine Eltern. Seine Mutter arbeitete seit zwei Tagen von sechs Uhr morgens bis achtzehn Uhr abends, statt von sieben bis siebzehn Uhr, was sein Vater natürlich höhnisch kommentiert hatte. Warum lassen sie sich nicht einfach scheiden und dann ist's gut? Es war nicht so, dass Daniel seine Eltern nicht mochte – auch wenn er seinen Vater nicht wirklich ausstehen konnte und ihm die ständigen Affären seiner Mutter auf den Geist gingen, irgendetwas würde fehlen ohne die beiden. Trotzdem waren sie zurzeit eher Nebensache.


    „Aber das ist nicht alles“, stellte Kevin fest.


    Daniel grunzte. „Ja, verdammt. Du hast ja recht.“ Irgendwie war er plötzlich genervt und wollte nur noch nach Hause.


    „Gut.“


    Gut? Nein, überhaupt nicht gut! „Was soll daran denn gut sein?“, fragte er schlecht gelaunt.


    „Na ja … Ich mag es nicht, wenn du mich anlügst. Ich glaube, die Zeit haben wir seit dem Kindergarten hinter uns. Wir haben ausgemacht, miteinander zu reden, weißt du noch?“, erinnerte Kevin ihn.


    „Ich hab dir doch gesagt, dass du recht hast. Eigentlich solltest du jetzt zufrieden sein“, raunzte Daniel ihn an.


    „Sag mir doch einfach, was los ist.“


    Ich hab mich in dich verliebt, kann nicht geradeaus denken, wenn du mich so anschaust, ich kann Valerie nicht ausstehen und würde am liebsten im Erdboden versinken. Er verschränkte die Arme. „Nein.“


    „Okay.“ Kevin trat einen Schritt zurück. „Wie du willst. Geht mich ja nichts an.“ Er wirkte gekränkt.


    „Verdammt“, knurrte Daniel. Dieser verletzte Blick war nicht auszuhalten!


    Er griff nach Kevins Arm, überhörte dessen überraschtes Keuchen, als er ihn zu sich zog, und küsste ihn.


    xXx


    - Danke für's Lesen!

    | fünf |


    Erik prustete los. Lachend warf er sich auf den Sessel und atmete hektisch ein und aus, um sich wieder zu beruhigen.
    Missbilligend sah Daniel ihn an.
    „He! Was ist daran so witzig?“, raunzte er.


    „Tut mir leid.“ Erik fächelte sich mit der Hand auf sehr… tuntige Art und Weise Luft zu.


    „Und?“, fragte Daniel genervt.


    „Und?“


    „Und wie lautet dein hoffentlich nützlicher Rat für mich?“
    Ist der jetzt schwer von Begriff, oder was?!


    „Hm.“ Erik schien zu überlegen und kratzte sich am Hinterkopf.
    „Warum bist du mit dem Mädel zusammen, wenn sie dich so nervt?“


    „Was soll die Frage?“
    Er wusste es ja selbst nicht wirklich.
    Erik legte den Kopf schief. Der Blonde seufzte.
    „Ich hab mir so meine Gedanken gemacht, seit du letzten Freitag… na, du weißt schon, was, gesagt hast.“ Er machte eine unwirsche Handbewegung. „Und ich hatte noch nie eine Beziehung. Oder festere Freundschaften. Darum dachte ich, solche Gefühle sind ganz normal, wenn der beste auch so ziemlich der einzige Freund ist. Wir kennen uns ja auch schon ewig. Also wollte ich mal austesten, wie es sich anfühlt, ein Mädchen zu küssen.“ Er zuckte unbeholfen mit den Schultern.


    Erik entgleisten die Gesichtszüge. „Warte mal, du hast dir einfach das erstbeste Mädchen geschnappt, nur, weil du wissen wolltest, ob du schwul bist, oder nicht? Hab ich das richtig verstanden?“


    Daniel nickte.


    Erik stöhnte auf und stützte den Ellbogen auf der Sessellehne ab. „Verdammt, Daniel. Das kannst du doch nicht machen. Ist sie – ist sie verliebt in dich?“


    Er nickte wieder.


    „Findest du das nicht ein bisschen hinterlistig und gemein? Du spielst mit ihren Gefühlen!“


    Oh. Oh. „Daran hab‘ ich nicht gedacht“, gab er zerknirscht zu.
    Erik hatte Recht. Was hatte er sich eigentlich dabei gedacht, Valerie einfach zu küssen? So, als wäre es ihm ernst? Auf einmal kam er sich richtig schäbig vor.
    „Scheiße.“


    „Das kannst du laut sagen.“ Erik rollte mit den Augen. „Außerdem, wenn du nicht verliebt bist, bringt auch das Küssen nichts.“


    „Mh-hm“, brummte Daniel. Was sollte er denn jetzt machen, verdammt?


    „Und warum denkst du, dass du doch in Kevin verliebt bist?“


    Mann. „Keine Ahnung!“, zischte er, „ich fühle mich einfach so… seltsam, wenn er da ist. Und ich kann seine Freundin nicht ausstehen. Seine Ex-Freundin“, korrigierte er und grinste hämisch. Tja, das hatte Desiree jetzt davon.


    „Du bist richtig egoistisch und gemein, weißt du das?“


    Er zuckte zusammen. War er egoistisch und gemein? Er dachte darüber nach. Natürlich konnte er Desiree und Frieda und Mareike und wie sie alle hießen nicht ausstehen. Sie waren einfach nicht nett. Zu Kevin waren sie bestimmt nett… Aber eigentlich hatte er gegen keine von ihnen etwas persönlich. Sie waren einfach nur zu oft am falschen Ort. Mit ihren Lippen. Und Fingern. Gedanken. Und allem anderen.
    Scheiße, er war wirklich egoistisch und gemein.


    „Und was mache ich jetzt?“, fragte er und schaute Erik flehend an.


    „Gott, Daniel.“ Er warf die Hände in die Luft. „Bist du dir sicher, dass du in Kevin verliebt bist?“


    „Ja. Nein!“ In Kevin verliebt, das klang wie Musik in seinen Ohren. Aber er war nicht schwul! „Ach, keine Ahnung. Heute bin ich fast an einem Herzinfarkt verreckt, weil er mit seinen Wahnsinnsaugen nicht woanders hinschauen konnte“, grummelte er.


    Erik feixte. „Okay. Das klingt für mich nach verliebt.“


    „Herzlichen Glückwunsch.“


    „Danke.“


    „Ich bin aber nicht schwul.“


    Erik zog irritiert die Augenbrauen zusammen. „Daniel, wenn sich ein Junge – du – in einen anderen Jungen – Kevin – verliebt, dann nennt man diesen Jungen – also dich – schwul.“


    „Danke für die Definition“, blaffte Daniel ihn an. Himmel, Herrgott nochmal!
    „Ich will aber nicht schwul sein!“ Und damit Basta! Er wollte sich gar nicht ausmalen, was sein Vater dazu sagen würde. Ein Rausschmiss wäre die angenehmste Vorstellung.


    Erik zuckte mit den Achseln. „Dein Problem.“


    „Danke für die tolle Hilfe.“


    Erik seufzte und fuhr sich durch das dichte braune Haar. Dann musterte er Daniel von Kopf bis Fuß.


    Dem war es sichtlich unangenehm.
    „Was ist denn jetzt los?“


    „Kevin ist aber nicht in dich verliebt, oder?“


    „Natürlich nicht! Sag mal, hast du eigentlich nicht mitbekommen, dass er seine Ex-Freundinnen kaum noch zählen kann?“, erwiderte der Blonde unbeabsichtigt aggressiv. Das merkte ja wohl jeder, dass Kevin genauso unschwul war wie… wie… Ach, weiß der Geier, wie. Er war eben nicht schwul. Punkt.


    „Bleib' mal ruhig“, meinte Erik trocken, „Das kann schließlich auch daran liegen, dass er die Richtige noch nicht gefunden hat und sie wahrscheinlich auch nicht finden wird, weil er in Wahrheit nach dem Richtigen sucht. Unterbewusst. Sowas kommt vor.“


    „Ja, kann sein. Aber doch nicht bei Kevin!“


    „Warum willst du dir da so sicher sein?“


    „Weil ich ihn kenne.“


    Erik verdrehte die Augen.
    „Und was hast du jetzt vor?“


    „Witzig, Erik. Um eine Antwort auf diese Frage zu bekommen, sitze ich hier. Eigentlich solltest du mir helfen.“


    „Ich kenne ihn aber nicht.“


    „Dann lernst du ihn kennen.“ Daniel stöhnte genervt auf. Man konnte die Lage auch komplizierter machen, als sie es eh schon war, verflixt!


    „Okay. Wann veranstaltest du die Party?“


    „Party?“ Begriffsstutzig starrte er den Braunhaarigen an. Party? Momentchen mal, mein Freund!
    „Ich kann Partys nicht ausstehen.“


    „Wie soll ich ihn denn deiner Meinung nach kennenlernen?“


    Daniel zuckte mit den Schultern.


    „Okay, Daniel, anders. Du gehst einfach zu Kevin hin und erklärst es ihm.“


    „Spinnst du!?“ Erschrocken riss er die Augen auf.
    „Auf blödsinnige Gedanken komme ich auch alleine! Auf keinen Fall sage ich ihm, dass ich… in ihn…“ Er machte eine wegwerfende Handbewegung.


    „… verliebt bin“, beendete Erik den Satz. „Alles klar. Etwas anderes fällt mir aber gerade nicht ein und sterben würdest du dabei auch nicht. Oder hast du eine bessere Idee?“


    Daniel zuckte mit den Schultern.
    „Warten, bis es wieder weg ist?“



    xXx


    Kagomechan: Nee, Frauentausch kenne ich nicht. Ich schau generell nicht viel TV... Das Ding hängt eigentlich nur an meiner Wand, weil da sonst ein grässlich leerer Fleck wäre. ^^" Aber gut, wenn du darüber lachen kannst... ;D Wenn du das einen Hoffnungsschimmer nennst, tut es mir leid, dass ich ihn hiermit wohl wieder vertrieben habe. û.u


    Danke für's Lesen! ^.^

    | vier |


    Ich glaube, ich bin im falschen Film!


    Wäre jemand anders an seiner Stelle, dieser jemand hätte den Kuss gut gefunden. Na ja, zumindest soweit in Ordnung, dass man dabei etwas spüren sollte.
    Was Valerie offensichtlich auch tat. Sie lösten sich und sie strahlte ihn aus glänzenden Augen an.


    „Ich habe von dir geträumt, Daniel“, flüsterte sie.


    Ja, in der Nacht von Freitag auf Samstag hast du mich gemeinsam mit Kevin, Desiree und Erik bis in den Schlaf genervt.
    Wenn er sie so ansah, lief ihm ein kalter Schauer über den Rücken.
    Bin ich jetzt total bescheuert!?
    Sollte er nicht Erregung oder Wärme oder so etwas fühlen? Oder Liebe?
    Oder überhaupt irgendetwas?! Ja, ein bisschen Abscheu war da. Warum Abscheu? Was hatte er falsch gemacht? Er starrte sie an, als wäre sie ein Alien.


    „Daniel?“ Sie lächelte.


    Er räusperte sich. Lenkte seine Aufmerksamkeit wieder auf Valerie. Gott, wie glücklich sie ihn ansah. Und das nur wegen eines Kusses!
    „Hm?“


    „Danke.“


    Warum bedankte sie sich denn jetzt? Weil er sie geküsst und sich dabei nicht wie der letzte Volltrottel angestellt hatte? Irgendwie hatte er sich seinen ersten Kuss anders vorgestellt… Wo zum Teufel blieben die gottverdammten Schmetterlinge? Er musterte sie, ihre schwarzen, seidigen Haare, die im Licht der Lampe über ihren Köpfen schimmerten, ihre dunklen Augen, die vollen Lippen.
    Er wurde aus seinen Gedanken gerissen, als Valerie nach seiner Hand griff und ihn küsste. Sie presste ihre Lippen auf seine und schloss die Augen. Daniel versuchte, so gut es ging zurück zu küssen, aber, - weiß der Geier warum -, er empfand nichts für sie.
    Er schloss die Augen, eher aus Resignation als aus Genuss und wartete, bis sie fertig war.



    Zum ersten Mal in seinem Leben verspürte er so etwas wie Dankbarkeit für seinen Vater, als dieser ihn anrief. Er lächelte Valerie entschuldigend zu und schob das Handy wieder in die Hosentasche.
    „Das war mein Vater. Entschuldige, ich muss nach Hause.“


    „Oh. Oh, okay.“ Sie sah ein wenig enttäuscht aus. „Hast du nachher noch etwas vor? Wir könnten vielleicht- “


    Daniel unterbrach sie schnell.
    „Meine Großmutter kommt heute zu Besuch. Das hab‘ ich ganz vergessen, tut mir leid.“
    Er winkte die Bedienung heran.


    „Dann sehen wir uns also morgen?“ Valerie biss sich auf die Unterlippe.


    „Ja.“


    Sie lächelte wieder.
    Daniel drückte der Kellnerin einen Fünf-Euro-Schein in die Hand und zog seine Jacke an.
    Gemeinsam verließen sie das Cafe.



    „Daniel!“


    Was macht der denn hier, verdammt noch mal?
    Er drehte sich um und sah Kevin auf sich zulaufen.
    „Hey, Kevin. Wolltest du nicht bei Desiree sein?“ Und sie flachlegen?


    Er rollte mit den Augen. „Ach, wir haben uns gestritten. Ich hab Schluss gemacht.“


    Daniel starrte ihn an. Seit wann glitzerten Kevins Augen eigentlich so? Eiskristalle…
    „Du hast was?!“


    „Mit ihr Schluss gemacht“, wiederholte Kevin.


    Valerie kicherte und hängte sich an Daniels Arm.
    „Zwei beste Freunde, von denen der eine seine Beziehung anfängt, während der andere sie beendet.“


    Was fand sie denn daran lustig? Verwundert starrte Daniel auf Valeries Kopf, der sich an seine Schulter kuschelte. Moment mal. Beziehung anfängt? Sie hatten eine Beziehung? Klar, er hatte sie gerade geküsst, sie hatte ihn geküsst, eigentlich hatten sie ja wirklich eine Beziehung.
    Krass.
    Irgendwie fühlte sich Daniel gerade überfordert.


    „Ihr seid zusammen?“ Verwirrt schaute Kevin von Daniel zu Valerie und zurück. Dann grinste er Daniel an. „Dass ich das noch erleben darf!“


    „Hey! Was soll das denn heißen?“, raunzte Daniel beleidigt.


    „Dass du noch nie eine Beziehung hattest, geschweige denn irgendwie Interesse an Mädchen gezeigt hast“, schmunzelte Kevin.


    „Im Gegensatz zu dir“, brummte er. Was er aber auch verstehen konnte. Wenn man sich nur mal diese eisblauen Augen anschaute… Haaaalt, Stopp!


    „Es kommt nur darauf an, ob es das richtige Mädchen ist.“ Valerie lächelte zuckersüß. „Nicht wahr, Schatz?“
    Sie schaute ihn erwartungsvoll an.


    Äh… Schatz? Ich bin tatsächlich im falschen Film. Vorsichtig machte er sich von ihr los.
    „Also, ich … muss jetzt wirklich gehen. Mein Vater wartet.“


    „Okay, Schatz. Bis morgen.“
    Sie drückte ihm einen Kuss auf die Wange. Daniel riss sich zusammen.


    „Tschüss“, murmelte er. Nenn' mich nicht Schatz!


    „Fahren wir zusammen?“, fragte Kevin, „Dein Fahrrad steht doch noch an der Schule, oder?“


    „Mh-hm.“



    „Und warum genau hast du nochmal mit Desiree Schluss gemacht?“, fragte Daniel, als sie schon fast vor seinem Haus waren. Und warum kam sein dummes Herz jetzt aus dem Rhythmus? Bekam er gleich einen Herzinfarkt und fiel tot um?


    Kevin runzelte die Stirn.
    „Weil wir einfach nicht zueinander gepasst haben.“ Darauf kommst du aber früh…
    „Aber seit wann interessiert dich das?“ Seit du vor vier Jahren mit was weiß ich wem zusammengekommen bist…


    „Ach. Nur so“, nuschelte er.


    Kevin sah ihn irritiert an. Starr mit deinen … deinen Augen wen anders an!
    „Du, ich muss jetzt wirklich…“ Er machte eine schnelle Geste in die ungefähre Richtung der Haustür. „Bis morgen?“


    „Ja… ich geb‘ mir Mühe, pünktlich zu sein. Ciao.“


    Daniel winkte ihm kurz, bevor er schnell ins Haus flüchtete. Was zum Henker mache ich denn da?! Winke ihm nach wie ein Vollidiot!




    Es war niemand außer ihm im Haus. Highlight des Tages. Dass seine Mutter noch arbeitete, wusste er, aber eigentlich wollte sein Vater diese Woche seine restliche Urlaubswoche genießen… Hm, na ja.


    „Scheiße, Kevin!“, grummelte er vor sich hin. Ja, der Typ hatte Wahnsinnsaugen. Ja, er hatte eine Sexstimme. Und seinem Körperbau war auch nicht so leicht das Wasser zu reichen. Ganz zu schweigen von seinem Charakter. Aber er war, verdammt noch mal, männlich!


    Fast hätte Daniel zu heulen angefangen. Sollte er nicht glücklich sein? Er war seit heute mit Valerie zusammen. Yippiejayey. Aber leider Gottes gehörte er nicht zu den Leuten, die glücklich waren, wenn sie andere glücklich gemacht hatten. Und, zum Teufel, er war nicht in sie verliebt.
    Scheiße, scheiße, scheiße.


    Kurzerhand schnappte er sich seine Jacke und den Schlüssel wieder, dann verließ er das Haus und klingelte bei Erik.
    Hoffentlich war der Kerl mal da, wenn man ihn brauchte.


    Aber Daniels Bedenken waren umsonst, denn Erik öffnete die Tür und ließ ihn herein.
    „Was ist los mit dir? Du siehst richtig beschissen aus.“


    „Vielen Dank“, erwiderte Daniel bitter und ließ sich auf das Sofa fallen. Steinhartes Scheißteil.
    „Du hattest Recht und ich hab jetzt ein Problem. Oder zwei.“


    „Aha?“ Erik zog interessiert eine Augenbraue hoch. „Ich habe oft Recht, aber was genau meinst du?“


    Daniel schloss die Augen, als sei es so weniger schlimm, und fuhr sich mit der Hand durch seine kurzen blonden Haare.
    „Ich bin in Kevin verliebt und seit heute mit dem absolut nervigsten Mädchen überhaupt zusammen.“



    xXx


    Noch sechzehn Kapitel ;D Aber ich schreibe schon an der nächsten Geschichte, ich weiß nur nicht, ob ich die hier schon hochladen soll, weil sie mir nicht so leicht von der Hand geht und meine Beta momentan ziemlich im Prüfngsstress ist, was heißt, dass schon mal zwei Wochen zwischen den Kappis vergehen können... Hm...
    Nya.
    Danke für's Lesen! ^_^

    -Eine Woche später-


    So fühlt es sich also an, wenn man kaputtgeht. In tausende kleine Teile zerbricht, Scherben, die sich überall im Körper festsetzen und sich tief in einen hinein bohren. Das Herz haben sie ganz besonders gern. Eine Woche ist vergangen und ich kann es einfach nicht fassen. Meine aufgedrehte kleine Schwester hat Mühe, morgens aufzustehen; meine Mutter bleibt gleich liegen. Die Leute aus Distrikt 12 kommen manchmal vorbei, schenken uns etwas von ihrem Essen. Dabei haben sie doch selbst so wenig.
    Vorgestern sind wir zwei Tage ohne Nahrung ausgekommen, aber abends haben wir es nicht mehr ausgehalten. Prim hat vor Hunger geweint und ich habe mich in die Kälte hinaus gewagt, um die Mülltonen des Dorfes nach Essensresten zu durchsuchen.
    Immer, wenn ich seit dem Hunger habe, muss ich an den Jungen denken. Den Bäckersjungen. Gestern habe ich ihn gesehen, als ich das Haus verlassen habe, weil mir einfach alles zu viel wurde. Ich habe mich nicht bedankt, für das Brot, das er mir zwei Tage zuvor überlassen hat, obwohl es das Mindeste wäre.


    Ich hasse mich.


    Nun hasse ich nicht mehr die anderen wie letzte Woche, ich hasse nicht mehr meinen Vater, ich hasse mich selbst. Und meine Mutter. Es tut gut, sie anzusehen, in ihrem Elend, und sie zu hassen. Ich fühle mich dadurch besser.
    Aber nur in diesen Momenten. Danach liege ich kraftlos im Bett und frage mich bestürzt, wie ich nur so grausam sein kann. So egoistisch. So kalt.



    Vater hilft mir. Oft, wenn ich das Elend der Welt nicht mehr sehen kann, wickele ich mich in seinen Jagdmantel und verziehe mich. Wenn ich dann die Augen schließe und tief einatme, ist es, als wäre er bei mir. Als wäre alles wie früher. Früher, wie das klingt. Aber es ist für mich tatsächlich früher, auch wenn es erst eine Woche her ist. Erst? Eine Woche ist eine Ewigkeit, an die ich mich manchmal nicht erinnern kann. Und später stürmen die Erinnerungen dann wie ein Wirbelwind auf mich ein, nehmen mich gefangen und geben mich nicht mehr frei, bis sie sich sicher sind, dass ich nicht mehr fliehe.
    Mein Leben ist geteilt. Geteilt in ein Vorher und ein Nachher, so blöd das auch klingt.


    Das Problem ist, dass es hier keinen Rückzugsort gibt. Ich weiß nicht, wohin ich gehen kann, um meine Ruhe zu finden.
    Rastlos laufe ich am Rande von Distrikt 12 entlang, suche nach dem Loch. Dem Loch im Zaun, das angeblich wilde Tiere von den Menschen fernhalten soll, durch das jedoch ein erwachsener Mann wie mein Vater passt.
    Als ich es finde, stehe ich zögernd davor und lasse alle Erinnerungen auf mich einstürmen und mitnehmen, damit ich es schaffe, taub und gefühllos durch das Loch zu kriechen.


    Ich laufe vorsichtig durch den Wald, bis ich den Teich erreicht habe, wo ich niederknie und mir das Gesicht mit dem kalten Wasser abwasche. Dann betrachte ich mein Spiegelbild und die Angst ergreift Besitz von mir.
    Ich bin Katniss Everdeen, elf Jahre alt, allein im Wald, ohne Waffen oder sonst was, dafür aber mit gewaltig viel Dummheit und ich bin definitiv zu jung zum Sterben.
    Ich springe auf und schaue mich hektisch um.
    Was habe ich mir dabei gedacht, allein in den Wald zu laufen? Was, was, was?
    Warum bin ich so dumm?
    Plötzlich ist mir kalt und ich ziehe den Jagdmantel enger um mich. Er ist mir viel zu groß und auf einmal wärmt er mich nicht mehr.
    Vater, wo bist du? Ich brauche dich doch! Wir alle brauchen dich!


    Ich will nicht wieder weinen. Trotzdem kann ich nicht verhindern, dass mir eine Träne aus dem Auge kullert und von meinem Kinn tropft. Ich zucke zusammen, als irgendwo in meiner Nähe ein Ast kracht. Was mache ich jetzt?
    Ich klettere auf einen Baum. Natürlich bin ich hier oben nicht viel sicherer als unten, aber irgendwas muss ich doch machen.
    Jetzt laufen die Tränen und ich fröstele. Schniefend wische ich mir mit dem Ärmel über das Gesicht und zwinge mich, klar zu denken.
    Und mir fällt auf, auf welchem Baum ich mich befinde. Starr sitze ich da. Taste am Stamm entlang und finde die kleine Einbuchtung. Ziehe den Bogen und die Pfeile daraus hervor.


    Vater.


    Ich treffe eine Entscheidung.
    Ich hänge mir den Bogen über die Schulter und klettere den Baum hinunter. Lautlos schleiche ich durch das Unterholz, konzentriere mich auf die Umgebung.
    Und sehe es.
    Das Kaninchen sitzt vor einem großen Busch, dem schon wieder Blätter wachsen. Ich ringe um Selbstbeherrschung, weil die Aufregung meine Hände zittern lässt, aber schließlich gelingt es mir, den Bogen zu spannen und einen Pfeil auf das Kaninchen zu richten.
    Just in dem Moment, als es ruckartig den Kopf zu mir dreht, schieße ich den Pfeil ab.


    Ich kann es nicht glauben.
    Ich habe das Kaninchen genau zwischen die Augen getroffen. Eine dünne Blutlinie läuft aus der kleinen Wunde, vermischt sich mit dem hellbraunen Fell. Langsam hebe ich das tote Tier auf.
    Meine erste Beute!
    Stolz will ich wieder zurückgehen, als ich hängenbleibe. Eine Sekunde später baumele ich in der Luft, das Kaninchen fällt mir aus der Hand und ich schaue mich überrascht um. Und mit der Überraschung kehrt die Angst zurück.
    Was ist denn jetzt los?
    Es raschelt, dann tritt jemand zwischen den Bäumen hervor. Nein, nicht jemand. Er.
    Der Junge, der mich letzte Woche angeschaut hat, als ich wie wild die Trümmer hin und hergeworfen habe.
    Ich starre ihn an. Er starrt mich an.



    Wir sitzen unter einer Eiche und essen Waldbeeren. Der Junge und ich, das Kaninchen im Arm. Erst musste ich ihn davon überzeugen, dass ich es wirklich geschossen und nicht ihm geklaut habe, dann hat er mich über den Bogen ausgefragt. Zerknirscht muss ich sagen, dass ich mich nicht wirklich mit dem Bauen dieser Waffe auskenne, aber das scheint ihm egal zu sein, als ich ihn nach seiner Falle frage. Er wirkt ziemlich stolz auf sich, weil das Ding funktioniert hat. Na ja, nur eben beim falschen Lebewesen.
    „Sag mal“, sagt er plötzlich, „Wie heißt du eigentlich?“
    Ich huste, als sich eine Beere in meine Luftröhre verirrt.
    „Katniss“, keuche ich.
    Er zieht belustigt eine Augenbraue nach oben. „Kätzchen?“
    Soll das ein Scherz sein?
    „Katniss“, wiederhole ich, diesmal deutlich. „Und du?“
    „Gale.“
    Ich nicke.
    Dann weiß ich nicht mehr, was ich sagen soll.
    Verlegen schaue ich mal hierhin, mal dorthin, bis etwas meine Aufmerksamkeit erregt. Fasziniert stehe ich auf und knie mich neben die zarte Blume.
    „Sieh mal“, hauche ich. Gale kommt zu mir.
    „Was ist?“ Er runzelt die Stirn.
    „Löwenzahn. Der allererste.“ Sanft streiche ich am Stiel entlang.
    Erst, wenn der Löwenzahn blüht, fängt der Frühling wirklich an, hat mein Vater immer gesagt.
    Und mit ihm beginnt nicht nur ein neues Jahr, sondern auch eine neue Zeit.
    Ich lächele.


    - ENDE -



    xXx


    - Danke an alle für's anklicken, lesen, kommentieren! Ich weiß, die FF ist relativ kurz und ich hoffe mir fällt bald etwas tolles für eine längere ein, aber für den Anfang bin ich hiermit ganz zufrieden.
    Ja... Man liest sich... hoffe ich. ^_^


    LG San

    -Abends-


    Wir sitzen auf dem eisigen Boden, Prim, meine Mutter und ich, dicht aneinander gedrängt, um die Kälte zu vertreiben. Aber eigentlich ist es heute gar nicht so kalt. Der Frühling kommt früh, dieses Jahr.
    Seit sieben Stunden sind wir nun schon hier und haben die unterschiedlichsten Emotionen erlebt. Unbändige Freude, wenn jemand lebendig aus den Trümmern herausgeholt wurde, grenzenlose Trauer, wenn jemand schon tot war.
    Und Hoffnung.
    Hoffnung, dass ein geliebter Mensch noch am Leben ist.
    Aber Vater ist noch immer nicht erschienen.
    Und so langsam bekomme ich Angst vor der Hoffnung.


    Es ist seltsam, dass es den Menschen, deren Angehörige und Freunde gestorben sind, weniger schwer fällt, mitzuhelfen, als denen, die noch warten.
    Aber wahrscheinlich ist das immer so, schließlich wissen sie es wenigstens. Im Gegensatz zu uns. Vater könnte noch leben, aber er könnte auch tot sein.
    Wir haben mit unserer Ungewissheit mehr zu kämpfen als sie mit ihrer Trauer und ich stelle erschrocken fest, dass ich Hass verspüre.
    Warum dürfen sie sich sicher sein? Warum müssen sie nicht mehr warten und in diesem unerträglichen Spagat zwischen Angst und Hoffnung verharren? Das ist so ungerecht, dass es weh tut.


    Die Abstände, in denen die Arbeiter jemanden zu Tage befördern, werden immer größer. Irgendwann richtet sich der Vorarbeiter auf und ruft seine Männer zu sich. Mit mitleidsvoller Miene wendet er sich an uns.
    „Es tut mir leid“, sagt er, „Aber ich glaube nicht, dass wir noch etwas erreichen. Wer jetzt noch nicht draußen ist, ist tot.“
    Was redet er da? Spinnt er? Sie sollen weitersuchen! Sie dürfen nicht aufgeben! Vater ist doch noch da drin! Er ist … noch begraben… Wie in einem Grab.
    Ich schüttele mich.
    Lautes Gemurmel erhebt sich, verschiedene Leute kommen zu uns, sagen, wie leid es ihnen täte, gehen weiter. Nach Hause.
    Es ist so leicht, jemandem sein Mitleid auszusprechen.
    Endlich, endlich spüre ich, wie mir Tränen über die Wangen laufen. Prim greift zitternd nach meiner Hand, aber ich springe auf, renne zur Baustelle.
    Ein Arbeiter, der warum auch immer noch da ist, will mich zurückhalten, aber ich bin schneller als er. Irgendwann bleibt er stehen. Hoffnungslos.


    Ich werfe mit bloßen Händen Steine hin und her, schürfe mir die Haut auf, lasse meine ganze Wut, meinen Hass und meine Trauer an dieser verdammten Miene aus, die meinen Vater getötet hat.


    Als ich nicht mehr kann, sinke ich erschöpft auf einen Felsbrocken. Ein Grab. Ich sitze auf einem Grab.
    Meine Mutter und Prim sitzen noch immer unter dem Baum, schauen mich an, doch ich weiß, dass sie mich nicht sehen. Aber jetzt steht jemand neben ihnen. Ein Junge, älter als ich. Er starrt mich ebenfalls an. Durch den Schleier aus Tränen kann ich ihn nicht richtig erkennen, aber ich glaube, auch zu ihm sind die Leute gegangen. Er hat auch keinen Vater mehr.
    Ein kleines Mädchen kommt auf ihn zu, zieht an seinem Arm. Er blickt sie an und geht mit ihr weg.



    Wir gehen nach Hause. Prim sitzt wie ein Häufchen Elend in der Küche auf einem Stuhl, ich kauere mich auf dem Boden zusammen. Und Mutter? Mutter holt ihre Töpfe aus dem Schrank, beginnt, Essen hineinzuwerfen. Was macht sie da? Warum so viel? Wir müssen doch sparen. Will sie, dass wir verhungern? Wenn sie weitermacht, haben wir nichts mehr.
    „Was machst du da?“, frage ich.
    Sie hält in der Bewegung inne. Dann stößt sie einen erstickten Schrei aus und der Kochlöffel fällt ihr aus der Hand. Als sei das Scheppern ein Signal, ein Stichwort, fängt meine Mutter an zu schreien.



    xXx


    Kagomechan: Seit ich weiß, dass Bücher nicht an Bäumen wachsen, sondern von Menschen geschrieben werden, die im Grunde nicht viel anders als ich sein können, wollte ich das unbedingt auch mal machen... Ich schreibe, seit ich zehn Jahre alt bin und habe vor kurzem meine allererste FF wieder gefunden... Die ist richtig scheußlich! xD" Danke für das Lob, die FF ist mir persönlich auch ziemlich wichtig... ich denke, das macht auch etwas aus. Ich würde dir empfehlen, zumindest das erste Buch zu lesen, das ist richtig, richtig gut!! Eines meiner absoluten Lieblingsbücher. Das zweite hat mich total enttäuscht und beim dritten hat die Autorin die Kurve gerade noch so gekriegt... Aber das erste ist das Lesen wirklich wert. Aww, danke! ^__^


    Tarmin: Dankeschön... ich bin mir sicher, dass ich hier im Forum noch einiges posten werde... Momentan bin ich seit langem wieder an Naruto dran, ich denke, das werden hier mehr Leute kennen. Ist schließlich einer der bekanntesten Anime... Und das hier ein Animeforum... Ehm, ja ^.^ Danke, nochmal!


    Das ist übrigens der vorletzte Teil, das ist eine Mini-FF... aber vor dem Wochenende wird es den dritten wohl nicht geben.
    Arigato ^_^

    | drei |


    Am Sonntagabend hatte Daniel eine Idee. Er würde einfach eine Beziehung mit einem Mädchen beginnen, dann würde er ja merken, ob er sie liebte oder… nicht. Er fand seine Idee genial und wunderte sich, dass er nicht schon früher darauf gekommen war.
    Jetzt musste er nur noch seine Idee zu einem Plan entwickeln.


    Es gab nicht viele Mädchen, die in Frage kamen. Eigentlich gar keine. Valerie spukte in seinem Kopf herum und er versuchte, den Erfolg mit positiven Gedanken herbeizuzwingen. Sie war eine Nervensäge, ja, aber wenn sie ihm schon nach einer Party hinterherlief, weil sie sich Sorgen machte, dann musste sie sich für ihn interessieren. Er würde sie einfach mal in ein Café einladen oder so.


    Beim Gedanken daran drehte sich ihm der Magen um.


    Ruhig, ganz ruhig.
    Schließlich hing von dem Ergebnis ab, ob er schwul war oder nicht.
    Seufzend ging er ins Bett, aber es dauerte noch lange, bis er endlich eingeschlafen war.




    Verpennt und mit schlechter Laune wartete Daniel auf Kevin. 07:35. Sie hatten noch zehn Minuten bis Schulbeginn, in Daniels Tempo wären sie in fünfzehn da.
    „Guten Morgen“, rief Kevin, als er endlich angeradelt kam.


    „Morgen“, raunzte Daniel zurück. „Hast du heute schon auf die beknackte Uhr geschaut?“


    Kevin ignorierte die Frage. „Wir sollten uns beeilen.“


    Daniel zögerte, überlegte hin und her, wie er seine Frage stellen sollte, während sie schweigend zur Schule fuhren. Als sie die Fahrräder abschlossen, beugte er sich tiefer über den Ständer.
    „Sag mal, Kevin…“


    „Hm?“


    „Warst du schon mal mit Valerie zusammen? Valerie Zaun?“


    Kevin runzelte die Stirn und schaute ihn irritiert an.
    „Ähm… Nein. Warum fragst du?“


    „Ach. Nur so“, murmelte Daniel und versuchte, eine unglückliche, verliebte Miene aufzusetzen.
    Mehr als ein „Hmm“ entlockte sie Kevin aber nicht.



    Sie kamen nicht zu spät. Herr Reinhard, der Englischlehrer, war krank und sie hatten Vertretung. Das kam Daniel aber ganz Recht, denn er wusste noch immer nicht, wie er die Sache angehen sollte.
    Mehrmals überlegte er, Kevin zu fragen, aber der würde ihn wohl eher auslachen, als ihm eine Hilfe sein. Es kann doch nicht so schwer sein, ein Mädchen nach so einer dummen Beziehung zu fragen!



    Direkt. Er würde es einfach ganz direkt machen. Hingehen, sich nicht lange mit einer Begrüßung aufhalten und sie in ein Café einladen. Das würde schon werden. Bestimmt.
    Beschissenes positives Denken.
    „Ich hab' noch was vor“, sagte er Kevin nach der Schule, „du kannst ruhig ohne mich fahren.“


    Ehe er etwas erwidern konnte, kam Desiree angewackelt und hängte sich an Kevins Arm. „Wir fahren zu mir“, erklärte sie hochtrabend, „Meine Eltern sind nicht da und wir haben Zeit für uns.“ Sie zog Kevin praktisch mit ihren Blicken aus.


    Ich glaube, ich muss kotzen.


    Kevin versuchte ein wenig unbeholfen, sie beiseite zu schieben, aber je mehr er schob, desto heftiger klammerte sie.
    „Ich freu mich schon so, Schatz.“ Sie klimperte ihn mit falschen Wimpern an.


    Daniel blieb die Flucht auf ein Klo erspart, als er Valerie erblickte.
    „Also, ich muss dann mal los. Viel … Spaß.“
    Er beeilte sich, um sie einzuholen, quetschte sich durch die Schülermasse und rempelte verschiedene Leute an. Wenige Schritte hinter ihr sagte er ihren Namen.
    „Valerie!“


    Sie drehte sich um, schaute ihn überrascht an.
    „Oh. Daniel.“


    „Eh, ja. Hi.“


    „Was gibt’s?“ Sie lächelte ihn an.


    Reden, reden, reden, reden. Nun mach schon, Daniel!
    „Ich wollte dich fragen, ob du Lust hast, mit mir ins 'Callie’s' zu kommen.“
    Das Callie’s war das beliebteste Cafe unter den Schülern, zehn Minuten Fußmarsch von der Schule entfernt. Der perfekte Ort zum… Reden.


    „Oh. Ja, klar. Ich meine, warum nicht?“ Sie lachte nervös auf und strich sich das dunkle Haar aus der Stirn. „Wann?“


    Wann? Daniel stockte. Ja, wann? Erde an Daniel!
    Er zwang sich zum Lächeln.
    „Jetzt?“


    Sie strahlte ihn an.
    „Okay.“



    Und jetzt?
    Sie saßen in einer Ecke am Tisch und schwiegen sich an. Offensichtlich wartete Valerie darauf, dass er etwas sagte. Nur: Was? Er hätte googeln sollen, verdammte Scheiße. Wie immer war viel los und er beobachtete die anderen Leute, versuchte, Gesprächsfetzen aufzufangen.
    Eine junge, dicke Frau stopfte am Nebentisch Kuchen in sich hinein, während ihre Freundin ihr tröstend den Rücken tätschelte. „Er ist ein Arschloch, Lena, vergiss ihn…“
    Vor der Toilette stolperte eine Kellnerin und ihr fiel fast ein Glas auf den Boden. Ein junger Kerl fing es auf und gab es ihm mit einem charmanten Lächeln zurück. Wahrscheinlich landen die beiden heute Abend zusammen im Bett.
    Die Tür öffnete sich und ein frisch verliebtes Paar betrat den Raum. Sie schlang den Arm um ihn, er hatte seine Hand in ihre hintere Hosentasche geschoben.


    Zum Teufel, überall nur Liebe oder Liebeskummer oder Sehnsucht, heute!
    Die Bedienung kam an ihren Tisch und er schaute Valerie – hoffentlich – freundlich an.
    „Was, ähm, was möchtest du trinken?“, fragte er. Jetzt bloß nicht unhöflich werden.


    „Einen Kaffee, bitte.“


    Er bestellte eine heiße Schokolade – mit viel Sahne.
    Sie schwiegen wieder. Daniel atmete tief ein. Der Geruch im Callie’s war allein schon einen Besuch wert. Er kannte keinen anderen Ort, an dem sich die verschiedenen Düfte so miteinander vermischten, dass sie verschmolzen, aber auf ihre Weise erkennbar blieben. Frisch gebackene Muffins, salzige Tränen, Kaffeearoma, Romantik…
    Ein würziger Geschmack legte sich auf seine Zunge.


    „Alles klar bei dir?“ Er lächelte sie an.


    „Ja. Wie war dein Schultag?“


    Wird das jetzt ein beschissener Smalltalk, oder was?!


    Nervös fingerte Daniel an der hellblauen Tischdecke herum und sie schwiegen, bis die Getränke kamen. Er löffelte die Sahne von seinem Kakao, nur, um etwas zu tun zu haben.
    Valerie nippte an ihrem Kaffee, dann lächelte sie ihn an.
    „Wie komme ich denn zu der Ehre, dass du mich einlädst?“


    Ist das nicht eindeutig, verdammt?!
    Ohne lange zu fackeln – oder gar zu denken – beugte sich Daniel über den Tisch hinweg zu ihr und küsste sie.



    xXx


    Danke, danke für alle lieben Kommentare, ich freue mich sehr! Es ist unvorstellbar, wie glücklich ich bin, wenn ich eine Antwort auf eine Geschichte bekomme - und dann auch noch so positive! ^_^
    Die Story ist bereits beendet, also wird es keine allzu langen Abstände zwischen den Kapiteln geben. Außer diese Woche, ich komme vor dem Wochenende wahrscheinlich nicht mehr ins Internet... Gomen.


    - Danke für's Lesen!

    Vor einiger Zeit habe ich die Bücher gelesen und die haben mich schon so fasziniert, dass ich eine Fanfic angefangen habe, die mir aber leider überhaupt nicht leicht von der Hand ging. Damit war das Thema eigentlich mehr oder weniger für mich abgeschlossen... bis der Film in die Kinos kam. Da redeten plötzlich alle wieder darüber. Ich habe mir den Film nicht angeschaut, weil ich erstens mehr Negatives als Positives gehört habe und ich mir Filme zu Büchern generell selten anschaue. Einer Bekannten gefällt "Tribute von Panem" aber so gut, dass sie sich eine FF dazu von mir gewünscht hat. Sie hatte Geburtstag und da wir eigentlich nicht mehr als lose Bekannte sind, habe ich sie ihr geschenkt und irgenwie fanden sie alle toll. Also habe ich mich spontan entschlossen, sie auch hier zu posten. ^.^
    Es gibt insgesamt drei "Teile", die ich in den nächsten Tagen hochlade. Je nach dem, wie ich Zeit habe.
    Über Kommentare freue ich mich!! ^_^


    xXx


    HOPOPHOBIA
    (Die Angst vor der Hoffnung)



    - Vormittags -


    Mir ist langweilig. Ich sitze im Unterricht und versuche, Menne McTarsh zuzuhören, wie er den gleichen Vortrag wie jedes Jahr hält, weil das Kapitol es jedes Jahr in den Lehrplan schreibt: Über die Dunklen Tage, die Zerstörung von Distrikt 13 durch das Kapitol. In der ersten und zweiten Klasse, vielleicht auch noch in der dritten, war es interessant, aber mittlerweile kann ich den Inhalt von McTarshs Rede fast auswendig herunterbeten.
    Ich muss an Prim denken, meine kleine Schwester, die es zum zweiten Mal hört. Letztes Jahr ist sie total hysterisch nach Hause gekommen und es hat ziemlich lange gedauert, bis wir sie beruhigen konnten. Vater hat ihre Ziege Lady dazu gebracht, ihr an den Fersen zu lecken, als sie sich ins Bett verzogen hat, das hat sie dann wieder aufgemuntert.
    Wie jedes Mal, wenn ich daran denke, muss ich lächeln.
    Ich liebe meinen Vater für die Art, wie er uns immer wieder dazu bringt, finstere Gedanken ganz fest in einer Schublade im hintersten Teil unsrer Köpfe wegzuschließen.


    Ich zucke zusammen, als ich auf die grausamste Art aus meinen Gedanken gerissen werde, die es für uns Schüler gibt: Der Alarm geht los. Ohrenbetäubend laut sorgen die Sirenen dafür, dass wirklich jeder aufschrickt.
    Augenblicklich bricht Chaos aus. McTarsh versucht erfolglos, uns ruhig und zusammen zu halten, aber die Schüler stürmen davon, allen Angst und Verwirrung ins Gesicht geschrieben, nur eine Frage, die gestellt wird: Was ist passiert?
    Ich renne ebenfalls aus dem Raum, sprinte den Gang hinunter und rempele Leute an; unfähig, viel zu denken. Vor Prims Klassenzimmer komme ich schlitternd zum Stehen, reiße die Tür auf und finde meine kleine Schwester genauso vor, wie wir es abgemacht haben, als sie in die Schule kam: Still sitzt sie auf ihrem Platz, beobachtet den Tumult um sich herum aus weit aufgerissenen Augen und wartet auf mich. Sie vertraut mir. Ich nehme sie an der Hand und gemeinsam drängen wir uns zum Ausgang, lassen uns von der Menge mitnehmen.


    Es ist unmöglich, mit Prim zu reden, wir sind von zu viel Krach umgeben, obwohl ich sie am liebsten in den Arm nehmen und beruhigen möchte, als sie zu wimmer anfängt. Aber so verstärke ich nur meinen Händedruck, um ihr zu zeigen, dass sie sich auf mich verlassen kann.
    Erst jetzt gestatte ich mir, mich zu fragen, was los ist.
    Warum wurde der Alarm ausgelöst?
    Was ist so schlimm, dass die Sirenen losgehen?
    Wir sind an Gewalt gewöhnt, jedes Jahr schauen wir den Tributen von Panem bei den Hungerspielen zu, jedes Jahr weinen wir um die beiden, die vom Kapitol in den Tod getrieben wurden. Auch mein Name wird ab dem nächsten Mal in der großen Urne zu finden sein, denn ich bin fast zwölf.
    Was also kann nur geschehen sein?
    Ich beiße mir auf die Lippe, lasse Prim nicht los und das Gefühl ihrer kleinen Hand in meiner hilft mir, ruhig zu bleiben. Zumindest äußerlich.


    Denn als ich erkenne, wohin wir gehen, atme ich hektisch und zittere.
    Es ist das Bergwerk, in dem Vater arbeitet.


    Nur dass es kein Bergwerk in dem Sinne mehr ist, ich erkenne es kaum noch. Überall sind Steinbrocken, Trümmer, weinende Menschen.
    Prim beginnt, zu wimmern.



    Ich halte meine kleine Schwester fest an der Hand und plötzlich wird mir schlecht. Ich presse meine freie Hand auf meinen Bauch, kämpfe gegen den Würgedrang an.
    Wo ist Mutter? Ist sie auch hier?
    Ich suche sie, suche und suche, finde jedes bekannte Gesicht, nur ihres nicht.
    Es ist Prim, die sie entdeckt. Sie zieht an meinem Arm und wir kämpfen uns durch das Gedränge.
    Als wir sie erreichen, frage ich schreien, um den Lärm zu übertönen: „Was ist passiert?“
    Aber meine Mutter antwortet nicht. Ich runzele die Stirn, frage mich, ob sie mich nicht gehört hat, und will gerade noch einmal rufen, als Greasy Sae mich von hinten an der Schulter packt. Ich kenne sie seit ein paar Monaten vom Schwarzmarkt, den mein Vater mit frisch geschossenem Fleisch beliefert, wobei ich ihn manchmal begleite.
    „Katniss“, sagt sie.
    Prim lässt meine Hand los und wirft sich in Mutters Arme, ich wende mich Greasy Sae zu.
    „Was ist hier los?“
    Sie muss nicht schreien, um sich hörbar zu machen, denn für mich hält die Welt an, als sie mir antwortet und ihre Worte hallen wie ein Echo in meinem Innern nach.
    „Es hat eine Explosion gegeben, Katniss. Die Bergarbeiter sind unter den Trümmern gefangen.“
    Die Welt bewegt sich wieder, sie zittert. Und zerbricht dann in Tausende von Scherben.



    Das Erste, was ich als nächstes vernehme, ist Prims Schluchzen. Das Wimmern ist dem Weinen gewichen und die Tränen quellen aus ihren Augen wie kleine Wasserfälle.
    Ich öffne den Mund, um zu schreien, weinen, irgendwie meine Gefühle aus mir herauszulassen – aber es kommt nichts. Stumm wie ein Fisch stehe ich da, starre Greasy Sae an, meine Mutter, die auf die Knie gesunken ist, Prim, die sich noch immer in ihren Armen befindet und sie beide schüttelt. Alle anderen Menschen, auf deren Gesichtern das pure Entsetzen, die blanke Angst zu sehen sind.
    Die Helfer, die Friedenswächter, die scheinbar aus dem Nichts aufgetaucht sind und uns zurückdrängen, die Steine und Trümmer beiseiteschieben, zerstören, um irgendwie die verschütteten Arbeiter zu erreichen. Verzweifeltes Handeln, überall.
    Und ich? Ich stehe wie angewurzelt da, kann es nicht fassen, bin nicht ganz bei mir.
    Ich habe das seltsame Gefühl, lachen zu müssen, ein paar erstickte Laute kommen mir über die Lippen und eine Sekunde später schäme ich mich zutiefst.
    Was ist los? Was ist los mit mir?
    Warum kann ich meiner Trauer nicht Ausdruck verleihen, wie all die anderen auch?


    Etwas drückt gegen meine Brust, drückt, drückt, drückt mich zu Boden, aber ich falle nicht. Ich stehe noch immer an der gleichen Stelle, aufrecht und bewegungslos.



    Meine Gedanken fahren Karussell in meinem Kopf, drehen sich um ein Wort, ein zentrales Wort meines Lebens.


    Vater.



    xXx


    - Danke für's Lesen!

    | zwei |


    Daniel bereute es, nach Hause gekommen zu sein, als seine Mutter die Tür öffnete. Er sah ihr an, dass es wieder Streit gegeben hatte.
    „Hallo, mein Schatz.“ Sie rang sich ein Lächeln ab. „Wie war’s?“


    „Toll“, log er murmelnd, rieb sich möglichst unauffällig die Augen. Er hatte verdammt schlecht geschlafen, was ihm überdeutlich anzusehen war.


    Seine Mutter runzelte die Stirn.
    „Wann bist du denn ins Bett?“


    Gar nicht, ich hab auf einem steinharten, winzigen Sofa geschlafen. Aber er zuckte einfach mit den Schultern und wich der Frage aus.
    „Wohin gehst du?“
    Sie trug ihre Jacke und zog gerade ihre Schuhe an. Mit mindestens zehn Zentimeter Absatz.


    „Ach, ich muss noch kurz ins Büro…“, murmelte sie.


    Daniel hörte seinen Vater im Wohnzimmer verächtlich schnauben.
    „Denk dran, den Schreibtisch sauber zu machen, wenn ihr fertig gefickt habt, Emily. Nicht, dass seine Frau noch den Verdacht bekommt, ihr hättet etwas miteinander.“
    Arschloch!


    Sie schloss kurz die Augen und atmete tief durch.
    „Wenn ich nicht rechtzeitig zum Mittagessen zurück bin, am Kühlschrank hängt die Karte vom Chinesen.“ Sie drückte ihm einen Zwanzig-Euro-Schein in die Hand und küsste ihn rasch auf die Stirn.
    „Bis dann.“


    „Danke“, sagte Daniel, „Bis nachher.“
    Er steckte das Geld in die Hosentasche, ignorierte seinen Vater und ging nach oben in sein Zimmer, wo er die Schuhe in eine Ecke und die Jacke über den Schreibtischstuhl warf.
    Dann legte er sich auf das Bett und starrte die Decke an.



    War es Liebe? Hatte Erik Recht? War er wirklich in Kevin verliebt? Nun, dachte er, das würde zumindest mein idiotisches Verhalten in letzter Zeit erklären.
    Aber schwul? Er? Er hatte noch nie eine Beziehung gehabt, ganz im Gegensatz zu Kevin. Obwohl ihn Kevins Anhängsel eher genervt hatten, statt ihm Lust auf eine eigene Freundin zu machen…
    Oder war es Eifersucht? Warum warf ihn Eriks Kommentar so aus der Bahn? Der hatte das vielleicht nur aus Spaß gesagt und gar nicht gewusst, was er damit angerichtet hatte.
    Aber wenn er wirklich schwul war, was sollte er dann machen?
    Mit Kevin reden?
    Kevin, der sich von einem Mädchen zum nächsten hangelte, begehrt wie ein beknackter Promi? Er war der unschwulste Typ, den er kannte.
    Und seine Eltern?
    Fast hätten ihn seine eigenen Gedanken zum Lachen gebracht. Sein erzkonservativer Vater, der Rassist, war der Meinung, alle homosexuellen Leute gehörten auf den Mars oder sonst wohin verbannt. Ohne Chance auf Rückkehr. Und seine Mutter hatte genug mit ihrem eigenen Liebesleben zu tun. Ob sie nun eine Affäre mit ihrem Chef hatte oder nicht, zurzeit brachte sein Vater sie oft genug auf die Palme. Sollten sie erst mal ihre eigene Liebe wieder hinkriegen.
    Er ging die Leute durch, die er sonst noch kannte. Viele waren es ja nicht und in Frage kam eigentlich keiner. Bis auf Kevin hatte er kaum Freunde.
    Erik? Schließlich war der schwul und Schwule hatten angeblich einen Schwulenradar, oder?
    Daniel zögerte und verwarf den Gedanken schließlich.
    Letztendlich war er überhaupt nicht schwul und hatte sich vollkommen umsonst Gedanken gemacht.
    Aber er kam nicht umhin, ein mulmiges Gefühl zu haben, das sich langsam, aber sicher in ihm ausbreitete und ihm die Luft abschnürte.



    Um sich abzulenken, machte er seine Hausaufgaben. Alle. Er schaffte es sogar, was ihn verwunderte. Normalerweise blieb er zumindest bei Mathe stecken. Blöde Geometrie! Aber gut, er war fertig und ein Blick auf die Uhr zeigte ihm, dass gerade mal eine Stunde vergangen war. Stöhnend packte er seine Bücher für Montag in die Tasche. Englisch, Geschichte, Mathe, Bio, Kunst, Kunst.


    „Daniel!“, brüllte sein Vater von unten.


    Betont langsam schlurfte er die Treppe runter und hörte das Telefon klingeln.
    „Hm?“


    „Das Telefon klingelt, hörst du doch!“


    Daniel verdrehte die Augen, war kurz davor, etwas Unfreundliches zu sagen, überlegte es sich aber anders. Er schnappte sich den Hörer und verließ den Raum.


    „Daniel Jansen, hallo?“


    „Ich bin’s, hi.“ Kevin.


    „Was gibt’s?“


    „Wo zum Henker warst du gestern? Ich hab dich überall gesucht, aber du warst wie vom Erdboden verschluckt. Dein Handy ist auch aus.“
    Oh, oh. Kevin war wütend, das hörte man ihm an.


    „Mir ging’s nicht gut, darum bin ich früher gegangen“, erwiderte Daniel. Das war nicht mal gelogen, er hatte sich schließlich wirklich nicht gut gefühlt.


    „Es wäre nett gewesen, wenn du mir etwas gesagt hättest. Wir hatten eine Abmachung, schon vergessen?“


    Leider nicht.
    „Du warst da aber gerade sehr beschäftigt“, sagte Daniel eisig. Was bildete sich der Kerl eigentlich ein, verflixt?


    Kevin sagte nichts.


    Daniel seufzte. Besser kein Streit.
    „Hör zu, tut mir leid, dass ich dir nichts gesagt hab‘. Klar, dass du jetzt sauer auf mich bist. Aber mir geht’s immer noch nicht wirklich gut, okay?“


    „Okay.“ Kevin räusperte sich. „Gute Besserung. Kommst du am Montag zur Schule?“


    Was interessierte ihn die bescheuerte Schule? Er hatte gerade andere Probleme. Bin ich schwul oder nicht? Wenn er sich Kevins Stimme so anhörte, musste er zugeben, dass sie wirklich angenehm klang. Aber das fand jeder. Kevin hatte eine Sexstimme. Alle Mädchen schmolzen bei seiner Stimme dahin wie Vanilleeis in der Sonne. Ich bin aber weder ein Mädchen noch Vanilleeis…


    „Daniel?“


    Irgendwie mochte er es ja, wie Kevin seinen Namen aussprach, aber war das Liebe? War er noch nie mit einem Mädchen zusammen gewesen, weil er insgeheim und unterbewusst Gefühle für Kevin hegte? Suchte er deshalb auch ständig seine Nähe? Blödsinn, es ist ganz normal, bei Problemen mit seinem besten Freund zu reden! Und sie kannten sich ja auch schon seit einer Ewigkeit. Da war überhaupt keine Verliebtheit! … Oder?


    „Daniel! Bist du noch da?“


    Er zuckte zusammen.
    „Hm, was? Ja. Ich bin hier. Was hast du gesagt?“


    „Du scheinst wirklich durcheinander zu sein. Ich hab gefragt, ob du am Montag in die Schule kommst.“


    „Ach so. Ja. Ja, ich komme. Holst du mich ab?“
    Kevin holte ihn seit zehn Jahren zur Schule ab, weil er zwei Straßen weiter wohnte und Daniels Haus auf dem Weg lag. Trotzdem war sich Daniel kurz unsicher.


    „Ja, klar.“


    „Gut.“ Irgendwie war er erleichtert.


    „Daniel?“, fragte Kevin nach kurzem Schweigen.


    „Hm?“


    „Ist sonst alles… in Ordnung mit dir?“


    Meine Fresse!
    Bevor er antworten konnte, rief sein Vater nach ihm.
    „Wie lang dauert das denn noch, verdammt! Daniel, ich hab Hunger!“


    Er grummelte eine Tonfolge Richtung Wohnzimmer.
    „Ja, mit mir ist sonst alles in Ordnung. Ich muss unser Mittagessen bestellen. Bis Montag.“


    „Tschüss.“
    Kevin legte auf.



    Daniel schnappte sich die Karte vom Kühlschrank und ging ins Wohnzimmer.
    „Was willst du essen?“


    „Hühnchen.“


    Daniel bestellte.


    „In einer halben Stunde kommt das Essen“, informierte er seinen Vater.


    Dieser grunzte.
    „War ja klar, dass deine Mutter wieder ewig braucht“, meinte er gehässig. „Im Bett war sie noch nie die Schnellste.“


    Daniel seufzte entnervt. Besser nichts sagen. Reden ist Silber, Schweigen ist Gold.
    Das würde ein sehr langes Wochenende werden.



    xXx


    @ Kagomechan: Sooo trotzig sollte er eigentlich nicht rüberkommen *drop*. Aber ja, er empfindet mehr als Freundschaft für Daniel. Aber daraus wird erst ein paar Kapitel später mehr. Womit auch deine Frage beantwortet wäre: Ja, es gibt mehr davon! (:


    @ Mila: Hey, du heißt wie meine beste Freundin :D :D Cool. Danke für die Anmerkungen! Freut mich, dass du die Story süß findest. ^.^


    @ Tarmin: Aww, danke für das Lob!! Es gibt insgesamt zwanzig Kapitel und ich habe noch mehrere Geschichten, die abgeschlossen, bzw. in Arbeit sind. Mal sehen, welche ich noch hochlade. ^.~


    - Danke für's Lesen!

    Hallo, ihr Lieben.
    Ich habe vor einer Weile eine eigene Geschichte geschrieben, die ich in nächster Zeit hier hochladen werde. Über Kommentare, auch Kritik, freue ich mich ^.^
    Warnung: MaleXMale (Wer's nicht mag, sollte nicht weiterlesen!)


    Viel Spaß!


    xXx


    | eins |


    Daniel hasste Partys. Er hasste sie wie die Pest, vor allem wenn sein bester Freund Kevin sich so toll ohne ihn amüsierte. Aber im Moment hasste er am Meisten sich selbst, weil er die Beherrschung verloren hatte und beinahe auf das Mädchen losgegangen wäre, dem Kevin gerade die Zunge in den Hals gesteckt hatte, während Daniel mit dem selbst ernannten Barkeeper Jonas um eine Whiskey Cola gestritten hatte. Na ja, das Cola war eher nur der Farbe wegen drin, aber egal.
    Arschlöcher.
    Missmutig kickte er Steinchen vor sich her und lief durch die Nacht zur Bushaltestelle. Er wollte nur noch nach Hause.



    Als er das Wartehäuschen gerade erreichte, hörte er Schritte hinter sich. Er drehte sich um.
    „Valerie?“, fragte er erstaunt. Er wusste gar nicht, dass sie auch auf der Party gewesen war. Sie ist ja auch ziemlich unscheinbar. Er musterte sie, ihre schwarzen, schulterlangen Haare, die fast mit der Nacht verschmolzen und ihr ins Auge hingen. Ihre dunklen Augen funkelten hinter den Kontaktlinsen und als sie atemlos vor ihm zu stehen kam, stellte er fest, wie klein sie war. Fast einen Kopf kleiner als er, dabei war sie genauso alt wie er und ging in die Parallelklasse.


    „Ich hab gesehen, wie du weggelaufen bist und dachte mir, ich schaue mal, ob alles mit dir in Ordnung ist“, sagte sie und schob ihre Ponyfransen mit dem Handrücken beiseite.


    Daniel wusste nicht recht, wie er darauf reagieren sollte, vor allem, weil sie bisher kaum miteinander gesprochen hatten – was größtenteils an ihrer Schüchternheit lag - und sie sich keinen schlechteren Zeitpunkt hatte aussuchen können. Er wollte allein sein, verdammt, und sich aufregen. Nur – über was eigentlich? Über Kevin? Er machte öfter mit Mädchen rum und bisher hatten seine unzähligen Freundinnen auch nicht gestört. Zumindest nicht so. Wie hieß seine jetzige? Desiree oder so. Ja, Desiree Kreuz. Sie war in Valeries Klasse.
    Kevin und er waren zusammen hingegangen, aber es war doch ganz normal, dass sie nicht den ganzen Abend miteinander verbringen würden, auch wenn sie beste Freunde waren, und das seit dem Kindergarten. Oder noch länger. Eigentlich sollte alles mit ihm in Ordnung sein.
    „Mir geht’s gut, danke der Nachfrage“, antwortete er deshalb.


    „Oh.“ Mehr fiel Valerie wohl nicht ein, sie wippte verunsichert auf ihren Füßen vor und zurück.
    „Dann… dann geh ich mal besser wieder. Tut mir leid, wenn ich dich genervt habe.“


    Äh… was? Irgendwie kam sich Daniel seltsam vor, als er sah, wie sie sich auf die Lippe biss und umdrehte. Sie tat ihm leid.
    „Mit wem bist du eigentlich zur Party gegangen?“, fragte er, um einen lockeren Tonfall bemüht. Bis der nächste Bus kam, dauerte es eh noch eine viertel Stunde, da konnte er genauso gut auch Konversation betreiben.


    „Jonas hat mich mitgenommen.“


    Okay, Daniel, das war die falsche Frage. Wieder spürte er Wut. Er konnte diesen Typen nicht ausstehen, er war arrogant, hielt sich für etwas Besseres und steckte noch immer mitten im Stimmbruch, was seltsamerweise niemandem etwas ausmachte.


    „Er ist mein Nachbar“, fuhr Valerie fort.


    „Ach so.“ Jetzt fiel ihm nichts mehr ein und er sah, dass Valerie angestrengt nach weiterem Gesprächsstoff suchte. Es war ihm selten so schwer gefallen, ein Gespräch aufrecht zu erhalten. Er überlegte, ob er sie fragen sollte, ob sie mitfuhr, verwarf den Gedanken aber gleich wieder.


    „Hat’s dir denn gefallen?“, fragte sie nach einigen Minuten des Schweigens.


    Hatte sie gerade ernsthaft gefragt, ob es ihm gefallen hätte? Er starrte sie an. Nein, zum Henker, es hatte ihm nicht gefallen! Er mochte Partys eh nicht und heute musste er auch noch die ganze Zeit allein herumlaufen und mit ein paar Leuten Smalltalk machen. Bah.


    „Oh, tut mir leid. Wenn es dir nicht gefallen hätte, wärst du wohl nicht weggelaufen“, beeilte sie sich zu sagen und ihre Wangen färben sich hauchzart rot.


    Weggelaufen, das hörte sich an, als wäre er ein Feigling. Er wünschte, sie wäre ihm nicht gefolgt. Auch wenn sie es gut gemeint hatte, sie ging ihm auf die Nerven.
    „Mein Bus kommt.“, sagte er, dankbar, dass das klapprige Teil ein paar Minuten zu früh kam.


    „Oh.“ Schon wieder sagte sie Oh. Daniel schüttelte den Kopf.
    „Tschüss.“


    „Bis dann.“ Er hob die Hand zum Abschied und stieg ein.



    Der Fahrer nickte ihm zu und Daniel suchte sich einen Platz ganz hinten. Der Bus war fast leer, nur ein altes Ehepaar saß drei Reihen vor ihm. Er glaubte, sie schliefen. Er wühlte in seiner Jackentasche und fand seinen iPod, den Geldbeutel und eine Packung Kaugummi. Er steckte sich einen Streifen in den Mund und die Kopfhörer in die Ohren. Die Geldbörse verstaute er wieder in der Tasche; der Nachtbus war kostenlos.


    Er stellte Musik an und schaute zu, wie Häuser und Bäume am Fenster vorbeizogen. Er hatte seinen Schlüssel daheim gelassen, weil er eigentlich vorgehabt hatte, bei Kevin zu übernachten. Scheiße gelaufen, Daniel. Wütend drehte er die Lautstärke höher.


    Es brannte kein Licht im Haus. Gereizt trat er gegen das Gartentor. Wenn er seine Eltern jetzt weckte, konnte er gleich sein Testament planen. Verdammter Mist!
    Er fluchte.


    „Alles in Ordnung, Daniel?“


    Er wirbelte herum. Erik Saalberg grinste ihn an. Der zweite, der ihn in der letzten halben Stunde gefragt hatte, ob alles mit ihm in Ordnung war. Sind die denn alle blind, verdammt?
    „Nein“, sagte er, „Ich hab mich ausgesperrt.“ Er deutete unwirsch auf das verschlossene Tor.


    „Oh“, machte Erik und verkniff sich ein Lachen. Wehe, heute sagt noch jemand Oh! Ich drehe durch! „Tja, das ist wirklich Pech.“


    „Darauf bin ich auch schon gekommen.“ Daniel verdrehte genervt die Augen.


    „Ich dachte, die Party geht länger und du übernachtest dann bei Kevin?“


    „Ich hab’s mir anders überlegt“, murmelte er.


    „Habt ihr euch gestritten?“


    Himmel und Hölle, warum interessierten sich die Leute ausgerechnet immer dann für ihn, wenn er keine Lust auf sie hatte!?
    „Nein.“


    Erik schaute ihn immer noch neugierig an.
    Murmelnd erzählte Daniel ihm von seinem Ärger, als Kevin mit Desiree herum gemacht hatte und wie Valerie ihn genervt hatte.


    Erik zog die Augenbrauen zusammen. „Hört sich an, als wärst du eifersüchtig auf Desiree.“ Er grinste.


    „Was?“ Verwirrt schaute Daniel ihn an.


    „Na, du bist doch verliebt in ihn, oder?“ Eriks Grinsen wurde breiter.



    Die Frage kam für Daniel wie ein Schlag ins Gesicht.
    „Was?“, stieß er aus.


    „Du hast mich schon verstanden.“ Jetzt war es an Erik, die Augen zu verdrehen.


    „Red‘ keinen Mist“, brummte Daniel, um Fassung bemüht.
    „Was willst du überhaupt von mir, eh?“


    „Ich wohne hier.“


    „Nein, ich wohne hier. Du wohnst da.“ Daniel zeigte auf das Nachbarhaus.


    „Okay, okay. Schon gut. Ich hab dich hier stehen sehen und mich gewundert, warum du so scharf darauf bist, die Nacht hier draußen zu verbringen. Und weil das jetzt geklärt ist, wäre meine nächste Frage, ob du bei mir pennen willst. Meine Eltern sind nicht da und haben demnach nichts dagegen.“


    „Danke“, murmelte Daniel.




    Es lag nicht daran, dass die Couch in Eriks Wohnzimmer steinhart war. Es die Verwirrung, die Eriks Worten gefolgt war und Daniel nicht schlafen ließ.


    Na, du bist doch verliebt in ihn, oder?


    „So ein Quatsch“, brummte er und zog sich ein Kissen über den Kopf.
    Aber so sicher war er sich doch nicht, auch wenn er es sich nicht eingestehen wollte.


    Langsam glitt er ins Land der Träume, wo Kevin und Desiree und Erik und Valerie ihn bis zum Morgengrauen verfolgten.




    xXx


    - Danke für's Lesen!

    Ich kann nur auf dem Bauch oder auf der linken Seite einschlafen.
    Ich höre Musik (Schlafmodus), aber sonst sind alle Geräte aus... Meistens lese ich vorm Einschlafen.
    Tür ist zu, aber das Fenster ist immer (außer wenn's regnet) weit geöffnet und die Jalousie oben.
    Ahm. Ich habe außer meinem "großen" Kissen noch sieben kleine, die ich alle von Freunden zu meinem letzten Geburtstag geschenkt bekommen habe. Ich hätte das wohl nicht öffentlich schreiben sollen v_v .
    Außerdem ist ein kleiner, zerupfter, grauer (er war mal weiß) Hase namens Schneewittchen (Lieblingsmärchen) immer dabei. Ich hab das Häschen von meiner Ururoma zu meiner Geburt bekommen und er erinnert mich immer an sie ♥

    Ich liebe die Band *__________*


    Nur ehrlich gesagt find ich "A thousand suns" nicht so toll. Kenne die Lieder zwar nicht so gut, aber die die ich kenne gefallen mir nicht so.):


    Ich finde ihre Lieder wie Given up, What I've done, Numb, Breaking the habit, Crawling, Leave out all the rest usw. xD viel besser.:D Aber was solls, sollen sie doch mal was neues ausprobieren. ^^ Die werden schon wieder zu ihrem alten Stil zurückkehren. Hoffentlich..*trauriger Blick*

    Das ist genau meine Meinung ^.^