@ Hel: Schade, dass du dein Statement nicht begründest. Mich würde nämlich interessieren, wie du dazu gekommen bist.
@ Seraphim: Du sollst Antworten auf deine Fragen bekommen - meine persönlichen Gedanken, natürlich.
1. Wer oder was ist für Dich Gott?
Wie heißt es noch gleich: "Du sollst dir kein Bildnis machen"? Gemeint ist natürlich: kein Götzenbild. Gott ist für mich also sicher nicht der klischeehafte "alte Mann mit dem Rauschebart". Aber was er wirklich IST, kann ich natürlich nicht wissen. (Sonst hieße es ja auch "Wissen" und nicht "Glaube" - logisch. Man kann weder die Existenz Gottes beweisen noch deren Gegenteil, da bin ich mir absolut sicher. Und jeder Versuch dieser Art muss irgendwo einen Logikfehler aufweisen.)
Ich stelle mir Gott als eine Energie/Kraft vor, die ein Bewusstsein hat und mit diesem Bewusstsein auf andere Lebewesen einwirken kann. (Und auch wenn ich mich im Folgenden vorwiegend auf die Menschheit konzentriere: Nach meiner Vorstellung kann diese Kraft prinzipiell auf alle Lebewesen einwirken, nicht nur auf Menschen.)
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2. Was beeinflusst Gott heutzutage noch? (Immerhin soll er ja existieren ^^ Er muss doch irgendwas bewegen, an dem man soetwas festmachen kann.)
Die Überzeugung, dass Gott den Menschen die Freiheit gegeben hat, sich für das Gute oder das Böse zu entscheiden, bedeutet ja zwangsläufig, dass Gott heute keinen äußeren Einfluss auf das Weltgeschehen mehr nimmt, etwa im Sinne eines alttestamentarischen Blitzes vom Himmel, der herabfahren würde, wenn Milizen in Somalia Frauen vergewaltigen oder Ähnliches.
Das mag auf den ersten Blick nach einer deistischen Einstellung klingen, wonach sich Gott von seinem Einfluss auf die Erde zurückgezogen hätte. Doch ich glaube, dass Gott diejenigen, die auf ihn hören, sehr wohl beeinflussen kann. Das kann durch einen Traum geschehen oder indem uns plötzlich bewusst wird, dass irgendetwas falsch ist, dass wir etwas anders machen müssen - oder auf vielfache andere Weise. Viele werden all dem wohl keine Beachtung schenken, solche Hinweise für zufällig halten und sie in den Wind schlagen. Aber vielleicht hören wir manchmal doch auf unsere "innere Stimme" und handeln ihr gemäß. (Und solche unaufdringlichen Hinweise bekommen selbstverständlich nicht nur diejenigen, die an Gott glauben. Gott sind alle Menschen und überhaupt alle Lebewesen wichtig - auch die, die nicht an ihn glauben bzw. nicht an ihn glauben können, weil sie kein Bewusstsein dafür haben. Wobei ich ausdrücklich klarstellen möchte, dass ich schlicht und ergreifend nicht weiß, ob Tiere im Allgemeinen - oder nur manche Tiere - ein Bewusstsein haben oder nicht.)
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3. Wie stehst Du zur Bibel? Bist Du der Ansicht, dass alles in der Bibel der Wahrheit entspricht? Wenn ja, warum? Wenn nein, warum sollte man in der Bibel lügen?
Die Exegese - die Wissenschaft der Bibel-Auslegung - betrachtet Genesis 1-11 schon lange nicht mehr als historisch nachweisbare Geschichten (Quelle: evangelischer Theologe). Und dass an der Geschichte von der Erschaffung der Welt in sieben Tagen oder von Adam und Eva einiges unlogisch klingt, liegt ja wohl auf der Hand - woher kam z.B. Kains Frau in Gen. 4,17?!
Ich betrachte die Geschichte von der Erschaffung der Welt als einen Erklärungsversuch, den sich vor Jahrtausenden irgendwelche Pharisäer und Sadduzäer ausdachten, als sie von ihren Gläubigen gefragt wurden, woher denn die Welt und die Lebewesen darauf herkämen. Die Geschichte von Adam und Eva ist für mich ein Erklärungsversuch dafür, wie die Sünde in die Welt kam. Eine "Lüge" im eigentlichen Sinne ist das, was diese Schriftgelehrten da geschrieben haben, aber nicht - sondern eben ein Versuch, Antworten zu geben, über die Sterbliche gar nicht verfügen können.
Die Geschichte von Adam und Eva so zu sehen, wie ich es tue, ist ja eine fast zwangsläufige Konsequenz daraus, dass ich die Erbsünde ablehne: Ich bin davon überzeugt, dass der Mensch an sich weder gut noch böse ist, sondern dass ihn seine Anlagen und seine Umwelt (wieder im Sinne der "Welt um sich herum") beeinflussen und dass er - natürlich im Rahmen dieses äußeren Einflusses - die Freiheit hat, sich für das Gute oder das Böse zu entscheiden.
Neben den beiden genannten Beispielen gibt noch viele weitere solcher Stellen. So ist das Beschneidungsgebot aller Wahrscheinlichkeit nach dadurch entstanden, dass es für das Wüstenvolk der Israeliten sonst sehr schwer gewesen wäre, die Haut unter der beschnittenen Stelle sauber zu halten, was zu Infektionen und Krankheiten hätte führen können. Und die Ablehnung der Homosexualität oder des "Vergießens des Samens" (wir würden es heute "onanieren" nennen) dadurch, dass die Israeliten gerade anfänglich und nach der Rückkehr aus der ägyptischen Gefangenschaft ein sehr kleines Volk waren, das größer werden musste, um nicht auszusterben oder von Angreifern ausgelöscht werden zu können - deshalb musste die Reproduktionsfähigkeit dieses Volkes erhalten werden.
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4. Wie stehst Du zu den Greueltaten der Katholiken in der Geschichte? Immerhin ist alles im Namen der Kirche geschehen.
Ja, diese Gräueltaten sind im Namen Gottes von der Kirche begangen worden. Aber die Frage ist ja nicht, ob sie im Namen Gottes begangen wurden, sondern ob sie Gottes Willen entsprachen - was ich doch eindeutig mit "Nein" beantworten würde! Wie könnte es je dem Willen Gottes entsprechen, z.B. Frauen aufgrund eines Aberglaubens (und nichts anderes ist der frühneuzeitliche Hexenglaube ja!) als Hexen zu verbrennen? Wie könnte es seinem Willen entsprechen, indigene Völker auszurotten oder umzubringen, wenn sie sich nicht zum Christentum bekehren lassen wollen? Natürlich trägt die katholische Kirche dafür den allergrößten Teil der Schuld! Aber nicht Gott. Der ist ja nicht verantwortlich dafür, dass der Glaube an ihn zur Rechtfertigung für allerlei Gräueltaten missbraucht wurde.
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5. Du stehst ja zu Deinem Gott.. Wie stehst Du zu den Göttern aus anderen Religionen? Zum Beispiel den vielen Göttern Indiens? (Finde ich spannend. Immerhin, wenn man an die anderen Götter "mit glaubt" kann mit der Theorie des "Monotheismus" ja irgendwas nicht stimmen ^^. Andererseits, wenn man anderen den Polytheismus ausreden will, was ist dann der eigene Glaube noch wert?? )
Vorneweg: Ich glaube an den Gott der abrahamitischen monotheistischen Religionen, deren größte das Judentum, das Christentum und der Islam sind. Sprich: Der Gott der Juden, Christen und Muslime ist natürlich derselbe Eine Gott. Nur die Ausprägungen und der historische und soziologische Hintergrund, vor dem diese Religionen entstanden und sich ausgeprägt haben, ist unterschiedlich.
Aber was heißt "nur"? Die Unterschiede sind z.T. recht groß. Und der Grund-Unterschied ist wohl der folgende: Während ich als Christin daran glaube, dass Jesus der Sohn Gottes ist, halten ihn die Juden für einen Scharlatan, der das nur behauptet hat. Für die Muslime ist Jesus ebenfalls nicht der Sohn Gottes, gilt ihnen aber als einer der Propheten, deren letzter Mohammed war. Natürlich auch dieser: Die Juden glauben an die Tora (die Fünf Bücher Mose), die Christen an Altes und Neues Testament, und die Heilige Schrift der Muslime ist außerdem der Koran. Alles hängt miteinander zusammen und ist gleichzeitig doch so unterschiedlich.
Doch du hast ja vor allem von polytheistischen Religionen gesprochen. Da möchte ich zuallererst auf den Unterschied zwischen "Toleranz" und "Akzeptanz" hinweisen: Dass ich polytheistische Religionen - oder den Buddhismus, in dem es gar keinen Gott gibt - toleriere, heißt, dass ich Respekt vor diesen anderen Religionen habe. Es heißt aber gleichzeitig, dass ich ihre Glaubensvorstellungen nicht "mit glaube", wie du dich ausdrückst, sondern für falsch halte. Sie zu akzeptieren hieße, dass ich ihre Glaubensvorstellungen auch als die meinen anerkennen würde, was ich nicht tue. Außerdem kann ich schlicht und ergreifend nicht an menschliche, mit Fehlern und Schwächen behaftete Götterwesen glauben, die - aus meiner Sicht - nur den Menschen nachgebildet wurden. Das heißt aber nicht, dass ich denjenigen, die an solche Götter glauben, ihren Glauben ausreden wollen würde. Denn ich toleriere ihren Glauben ja - ich respektiere ihn und damit auch diejenigen, die diesen Glauben haben. Und - wie ich in meinem vorherigen Post in diesem Thread ja schon erwähnt habe: Religionen sind auch in ihrer gesellschaftsstabilisierenden Wirkung wertvoll, da im Kern jeder Religion steht, so zu leben, dass man das Gute anstrebt und das Böse meidet. (Um in diesem Zusammenhang auch etwas anderes klarzustellen, ergänze ich mal: Sekten wie Scientology, die eben gerade nicht nach diesem "Kern der Religionen" streben, sind für mich keine Religionen, sondern Ideologien.)
Pantheistische Naturreligionen mit vielen Göttern haben für mich noch einmal einen besonderen Stellenwert, da sie - nach meiner Glaubensauffassung, die selbstverständlich nicht der Auffassung der Gläubigen dieser Religionen entspricht - in ihrem Glauben an die Beseeltheit der Natur gewissermaßen auch an diese Energie oder Kraft glauben, die mit ihrem Bewusstsein auf alle anderen Lebewesen einwirkt. Und diese Energie ist für mich ja Gott.
Übrigens will ich auch niemandem seinen Glauben oder Unglauben ausreden. Jemanden "zum Glauben zu bekehren" kann für mich überhaupt nur dadurch passieren, indem ihm von Anhängern der jeweiligen Religion ein positives Beispiel für ein Streben nach einem gottesfürchtigen Leben vorgelebt wird und indem er für sich selbst erkennt, dass er von den entsprechenden Glaubensgrundsätzen überzeugt ist und bereit ist, sie anzunehmen.
Und - by the way - zu meinen Freunden zählen selbstverständlich auch Atheisten und Agnostiker. Wobei ich die Haltung der Agnostiker - "ich weiß, dass wir nichts sicher wissen können" - sogar sehr sympathisch finde. Denn es kann ja - wie bereits erwähnt - in der Tat niemand beweisen, dass es Gott gibt oder nicht gibt.
So, ich hoffe, meine Sichtweise erscheint dir logisch nachvollziehbar. :)