Das klingt ganz nach einer mitten in der Findungsphase, also für sich selbst persönlich (Persönlichkeitsentwicklung).
Wenn man in der Regel fertig entwickelt ist, jedenfalls im beruflichen, fühlt man dann schon eine Art "sich dazu zu berufen" sein (ich weis man könne nie fertig werden so viel wie es gibt, aber 1 Aspekt ist schon realistisch).
Das Konzept, "fertig entwickelt" zu sein, egal ob beruflich oder persönlich, ist eine interessante Illusion. Es wird damit suggeriert, dass es so etwas wie einen endgültigen Zustand gibt/einen Punkt, an dem man ankommt und sagen kann: Jetzt bin ich vollständig. Jetzt habe ich meinen Platz gefunden.
Das Leben und auch unsere Wahrnehmung verlaufen aber in ständiger Bewegung, geprägt von Erfahrungen, äußeren Einflüssen und inneren Reflexionen. Wie gesagt, was einen heute erfüllt, mag irgendwann unerträglich sein, und was man früher abgelehnt hat, könnte plötzlich an Bedeutung gewinnen.
Auch das Gefühl, sich "berufen" zu fühlen, ist oft kein Ziel, sondern ein Nebenprodukt eines langen Prozesses, der eben von beispielsweise Zufällen, Kompromissen...und manchmal auch Irrwegen/Fehlentscheidungen begleitet wird.
Also meinst du das es das Konzept Person garnicht gibt?
Irgendwo muss das ja auch ein fertiges "Produkt" sein, sonst wärs nicht rausgekommen (die Person).
Klar lassen sich Gefühle von außen auch beeinflussen, aber jeder ist doch schließlich individuell, so klischeehaft das auch klingt, d.h. man hat schon seinen eigenen Kompass, bei der stetig entwickelten Welt.
Wenn ich jetzt nen Tisch anfasse, fühl ich nen Tisch durch den Tisch, klar, aber letzten Endes entscheide ich ja das es ein Tisch war der das auslöste, so ist das auch mit dem Beruf.
Du unterschätzt die Kraft des freien Willens Rechnung
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Nimm es mir nicht übel, aber ich empfinde deine Ausführung als ziemlich seltsam und ich bin mir auch nicht sicher, an welcher Stelle wir einfach verschiedener Meinung sind und an welcher Stelle du nicht verstanden hast, was ich ausdrücken wollte. Nun denn, ich gehe jetzt noch einmal darauf ein und dann ist das Thema für mich durch, da sich bereits jetzt abzeichnet, dass die Diskussion sonst endlos im Kreis verlaufen wird.
Ich habe jedenfalls den Eindruck, dass du meine Überlegungen durch einen sehr engen Rahmen betrachtest. Natürlich gibt es die Person in einem funktionalen Sinn, so wie es auch einen Tisch gibt, den wir anfassen können. Aber deine Behauptung, dass diese Person ein fertiges Produkt sei, das irgendwann einfach "rauskommt", ist mir zu stark vereinfacht. Menschen sind keine statischen Objekte (ja, große Überraschung), sondern unterliegen dynamischen Prozessen. Im Gegensatz zu Menschen, können Objekte nicht verlernen, reflektieren und sich selbst durch Erfahrungen formen.
Zu deinem Verweis auf den freien Willen: Ich unterschätze ihn keineswegs. Aber die Idee eines eigenen "Kompasses", wie du schreibst, der frei und unveränderlich ist, ignoriert nunmal, wie stark unser sagen wir mal, inneres Navigationssystem von Kultur, Erziehung, sozialem Umfeld, und sogar biologischen Faktoren geprägt wird.
Selbst wenn du oder sonst wer den Tisch als Tisch erkennst, dann wurde diese Erkenntnis ja auch nicht aus einem luftleeren Raum getroffen, sondern unser Urteil, dass es ein Tisch ist, basiert doch auch auf erlernten Konzepten und Bedeutungen, die sich Menschen im Laufe des Lebens aneignen.
Daher hinkt dein Vergleich zum Beruf. Ein Beruf ist kein Tisch, den wir einfach anfassen und entscheiden können, was er ist. Der Begriff "Berufung" ist ein soziales Konstrukt, das nicht nur durch den freien Willen geschaffen wird, sondern irgendwo zwischen den eigenen Interessen/Neigungen und der (gesellschaftlichen) Realität liegt.