Da ich das Thema und die Art der Beteiligung sehr interessant finde, möchte ich anders als Ainz_Sama über mir einen zwar subjektiven, aber hoffentlich logisch nachvollziehbaren Beitrag schreiben.
Prinzipiell möchte ich zunächst anmerken, dass ich zum Thema explizit keine starke Meinung habe, zu den implizierten Konzepten jedoch schon. So steht für mich außer Frage, dass Gedanken, welcher Art auch immer, NIEMALS alleinig als solche unter Strafe stehen dürfen. Dies bezieht sich insbesondere darauf, jemandem über Rückschlüsse gewisse Gedankengänge vorzuwerfen.
Um also zu beurteilen, inwiefern Lolicon moralisch bzw. rechtlich vertretbar sein sollte, müssen mehrere Punkte geklärt werden:
1. Was bedeutet Pädophilie?
2. Ist Lolicon gleich Lolicon?
3. Welche Gründe könnte es sonst geben, (sexuell) davon angezogen zu werden?
4. Wer wird durch zeichnerische Darstellungen im Lolicon-Stil geschädigt?
Zum ersten Punkt, es handelt sich hierbei um eine sexuelle Neigung hin zu präpubertären Kindern [1], sprich jenen, die u.a. keine primären oder sekundären Geschlechtsorgane ausgebildet haben. Die eigentliche Frage hierbei, die sich jeder persönlich stellen muss, ist, ob allein dieser Umstand strafbar sein und präventiv eingegriffen werden sollte. Fakt ist, dass die Betroffenen selbst keine Schuld daran tragen, diese Neigungen zu besitzen. Des Weiteren gibt es keine Möglichkeit dies von außen festzustellen (ohne psychologische Analyse etc.), solange dem keine eindeutigen Handlungen wie Kindesmissbrauch oder der Konsum von KiPo gefolgt sind. Davon auszugehen, dass dem Ansehen von Lolicon-Manga/Anime pädophile Neigungen zugrunde liegen, ist somit reine Spekulation. Es ist allgemein gut nachvollziehbar, weshalb diese Personen gesellschaftlich geächtet werden, jedoch muss man sich die Frage stellen, was genau man ohne vorangegangene strafbare Handlungen überhaupt bestrafen können will.
Die Definitionen zu Lolicon gehen soweit ich mich informieren konnte durchaus auseinander, nicht zuletzt aufgrund von unterschiedlichen Meinungen und Wertvorstellungen. So handelt es sich für einige dabei um Darstellungen jeglicher Minderjähriger, wohingegen es andere auf präpubertäre Kinder beschränken. Hierbei ergibt sich schon der erste komplizierte Umstand, der kaum definitiv festgemacht werden kann. Wie alt ist ein fiktiver, gezeichneter Charakter denn wirklich? Bestimmt der Künstler das Alter? Wird vom Erscheinungsbild darauf geschlossen und wenn ja, wessen Meinungen ist hierfür bestimmend, bei Zeichnungen, die allein schon vom Stil merklich von der Realität abweichen? Angenommen der Künstler bestimme das Alter, somit wäre die gesamte Diskussion hinfällig, da einfach jeder Charakter als volljährig bezeichnet werden könnte. Im Gegenteil dazu ließe sich sagen, dass das Vorhandensein typischer weiblicher (ich beziehe mich hier der Einfachheit halber nur auf weibliche Charaktere) Proportionen genügt, um eigentlich kein Kind darzustellen. Geht man nun davon aus, dass eine kindlich gezeichnete Figur definitiv sehr jung sein muss, kommt der Aspekt der dahinterliegenden Geschichte dazu. Ein dafür passendes Beispiel wären Vampire, welche in vielerlei Lore folgendermaßen beschrieben werden, dass diese nach ihrer Umwandlung zum Vampir sowohl unsterblich werden, als auch zu altern aufhören. Somit könnte des Storytellings nach schlüssig eine kindlich dargestellte fiktive Person hunderte Jahre alt sein. Ich gehe davon aus, dass niemand annehmen würde, dass nach hunderten von Jahren an Lebzeit noch keine geistige Reife eingetreten sei. Handelt es sich in einem solchen Fall also noch wirklich um ein "Kind"? Es ist nunmal ein fiktives Werk.
Außerdem sollte unbedingt zwischen explizit dargestellten sexuellen Handlungen an den in Frage stehenden Charakteren und potenziell suggestiven Inhalten unterschieden werden. Dabei bewegt sich die Fragestellung vielleicht eher in Richtung dessen, ob nicht die Darstellung (und deren Verbreitung) von sexuellen Gewaltakten unabhängig vom Medium zu verbieten sei, wobei andere Formen von Gewalt ja frei gezeigt werden.
Am Beispiel des Vampirs lässt sich evtl. ablesen, dass Konsumenten ggf. selbst bei sexuellem Interesse nicht unbedingt auf die Erscheinung, sondern den erzählerischen Aspekt sowie das Character Building Wert legen können. Andere mögen überhaupt nicht aus sexueller Erregung, sondern einfachem Gefallen an Lolicon-Inhalten interessiert sein. Insbesondere bei nicht direkt expliziten Bildern ist schwer und nicht ohne Rückschlüsse zu ziehen festzustellen, welche Motivationen dem Ansehen bzw. Lesen von Lolicon einer Person zugrunde liegen.
Letztlich und wie häufig angemerkt muss man sich vor Augen führen, wer durch die Verbreitung und den Konsum zu Schaden kommt. Wie wir hoffentlich einstimmig feststellen können, sind dies anders als bei KiPo definitiv keine realen Kinder (Personen). Viel eher müsste man evtl. in Richtung Jugendschutz denken und verhindern, dass Minderjährige einfachen Zugriff auf diese Inhalte haben. Einige würden dies vermutlich damit begründen, dass sich sexuelle Ausrichtung und Neigungen v.a. in der Pubertät bilden, wie jedoch eine Langzeitstudie gezeigt hat [2], kann sich dies auch einige Jahre später noch ändern. Die Studie zeigt ebenfalls, dass eine Änderung der Präferenzen bei Männern, die für unsere Thematik viel deutlicher im Fokus stehen dürften, merklich seltener eintritt als bei Frauen. Ich halte es demnach für sinnig darauf zu schließen, dass das Entstehen solcher Neigungen durch das Ansehen von Lolicon-Inhalten eher unwahrscheinlich ist. Viel nachvollziehbarer wäre eine bereits vorhandene Störung, welche vermutlich wie viele andere [3] dieser Art auf traumatische Umstände, Erlebnisse und Missbrauch im Kindesalter der Betroffenen zurückzuführen wäre.
Ich kann es nachvollziehen, weshalb viele diese Kategorie verabscheuen und Lolicon für sich mit KiPo verbinden. Jedoch muss ich ernsthaft fragen, ob Euch bewusst ist, wie grauenvoll der (sexuelle) Missbrauch von Kindern wirklich ist. In der Dokumentation des WDR zum Fall in Lügde [4] wird eine Szene gezeigt, in der sich der zuständige politische Vertreter mit einem Ermittler trifft, welcher sich das sichergestellte Material aus dem Fall ansehen muss. Hierbei hört man das Schreien eines Kindes, welches in einem Video sexuell misshandelt wird. Ich kann nur dringendst davon abraten, sich diese Stelle im Video anzutun, es ist enorm verstörend und ihr würdet es im Zweifelsfall bereuen. Wer in diesem Wissen so etwas mit fiktiven, also ausgedachten gezeichneten Darstellungen auch nur annähernd auf eine Stufe stellt, dem ist meiner Meinung nach absolut nicht mehr zu helfen.
Zusammenfassend möchte ich also festhalten, dass ich Meinungen, die dem Ganzen stark entgegenstehen zwar verstehen kann, jedoch meiner Ansicht nach keine Implikationen alleine je zur Strafbarkeit ausreichen sollten, sowie dass der alleinige Umstand für eine Person pädophil zu sein kein Verbrechen darstellt. Wie Japan mit tatsächlicher KiPo umgeht steht auf einem gänzlich anderen Blatt, und ich denke, dass man Kinder nicht schützt, indem man Lolicon verteufelt bzw. verbietet.
Bitte bedenkt, dass mein Post lediglich meine Meinung reflektiert und nur dort wo gekennzeichnet wissenschaftliche Belege referenziert. Zudem habe ich persönlich kein Interesse an Lolicon, aber finde, dass deren Seite es nicht verdient, aufgrund von Vorurteilen und dergleichen direkt mit KiPo in eine Schublade gesteckt zu werden.
[1] https://de.wikipedia.org/wiki/P%C3%A4dophilie
[2] https://medicalxpress.com/news…orientation%20development