Es gibt auch gute Lootboxen
Nein, die gibt es nicht.
Das MMORPG Guild Wars 2 ist da ein Paradebeispiel. Das Grundspiel ist kostenlos. Will man mehr Funktionen und Zugang zu Addons, muss man seinen Account für 10-30€ (je nach Aktion) upgraden.
Außerdem gibt es einen Edelstein-Shop, in dem man schöne Items für Echtgeld oder InGame Gold kaufen kann. Auch Lootboxen gibt es, die die ganz besonderen Gegenstände beinhalten können.
Doch anders als bei vielen anderen Spielen, kann man diese exklusive Items auch einfach im spiel-eigenen Handelsposten von anderen Spielern mit Gold kaufen. Einfach, aber effektiv!
Hier sehe ich nun mehrere Probleme, von denen eines nicht direkt mit den Lootboxen zu tun hat.. sondern mit einem parallel entstandenen Störfaktor.
Der Edelstein-Shop:
Ich zocke kein Guild Wars 2, aber ich gehe stark davon aus, dass der Edelstein-Shop des Spiels den Shops von Spielen wie Heroes of the Storm oder Bethesdas Creation Club ähneln dürfte.. korrigiere mich bitte wenn ich damit falsch liegen sollte.
Im Creation Club beispielsweise kannst du ebenfalls direkt bestimmte Ingame-Items einkaufen, was Skins, Waffen, Rüstungen und Gegenstände für den Siedlungsbau beinhaltet. Das Problem ist nur, dass die - wie ich soetwas immer nenne - Bullshit-Währung, für die du diese Gegenstände kaufen kannst, nicht exakt in der Höhe, die du benötigst, kaufen kannst. Nehmen wir zum Beispiel an, dass du eine Rüstung für 150 Bullshit-Credits (im folgenden BC) kaufen möchtest. Im BC-Währungsshop kannst du aber nur 75 BC, oder 250 BC einkaufen. Demnach musst du für 100 BC mehr bezahlen als du benötigst, um das gewünschte Item kaufen zu können. Danach hast du diese 100 BC über und schaust selbstverständlich wieder in den Shop hinein um zu sehen, ob du dir hierfür etwas vernünftiges holen kannst.. nur um festzustellen, dass die anderen Items, die du haben möchtest, auch wieder 150 BC kosten. Zwar gibt es zwei Skins für jeweils 50 BC im Shop, aber die willst du nicht.
Und damit hast du dann die Wahl: Du verwendest die BC's, die du mit echtem Geld bezahlt hast, nicht und verschenkst dein Geld.. oder du kaufst noch mehr BC um das andere Item, für welches dir 50 BC fehlten, zu kaufen. Das günstigste BC-Paket kostet 75 BC.. womit du erneut mehr BC erhalten würdest, als du brauchst.
Diese Bullshit-Währungen und die Preismodelle der in solchen Shops liegenden Items wurden eindeutig in all den Spielen, in denen ich bisher auf das Konzept traf, so konzipiert.. dass du immer mehr BC kaufen musst, als du brauchst. Und auch das ist wieder einer dieser Tricks, mit denen man uns zum Kauf von mehr und mehr BC 'ermutigen' möchte. Die Strategie dahinter ist eine ganz ähnliche wie die unserer geliebten Lootboxen. Es liegt nämlich in unserer Natur zu schauen ob wir unser restliches Guthaben nicht ebenfalls sinnvoll verwenden können, wenn wir welches haben. Dadurch, das wir uns umschauen, entwickeln wir automatisch den Willen ein weiteres Item zu kaufen und das nur um zu sehen, das uns ein ganz klein wenig Guthaben dafür fehlt.. und der damit verbundene Frust, der soll uns zum Kauf weiterer BC's verleiten.. was den Kreislauf gegebenenfalls ein weiteres mal von vorne einleitet.
Sobald eine fiktive Währung ins Spiel gebracht wird, die man gegen echtes Geld kaufen kann, versucht der Publisher uns gegenüber unseres Geldes zu desensibilisieren.. und die Preismodelle solcher Itemshops haben sind meist so gestaltet, das du mit den Kaufbaren BC-Paketen grundsätzlich entweder zu viel BC, oder zu wenig BC, erhalten kannst.. Zwar ist es möglich auch so einzukaufen, das man sein gesamtes Guthaben bis auf den letzten BC verwendet.. aber die meisten Leute rechnen sich keine Einkaufsstrategien für den Shop durch nur um eine Einkaufsliste zu erhalten, mit der sie auf 0 kommen können. Die meisten Leute wollen 'ne coole Rüstung kaufen.. und dann haben sie 200 BC über, genug für all die Trash-Items die kein Mensch haben will, aber knapp zu wenig für andere potentiell spannende Gegenstände..
Der letzte Teil den du erwähntest ist ebenfalls problematisch zu betrachten. Das man solche Items auch - in welcher Form auch immer - erspielen kann ist eine Ausrede, die Publisher gerne verwenden. In Star Wars Battlefront 2 konntest du dir deine Waffen- und Fähigkeitsupgrades auch erspielen, in einem endlosen Grind. Dieses Konzept nennt man eine Paywall. Shadow of War's richtiges Ending befand sich hinter einer solchen Paywall. Auch dort hattest du die Wahl entweder Tage lang zu grinden, oder Lootboxen zu kaufen und den Vorgang abzukürzen.
Tu mir bitte einen Gefallen und verteidige solche Systeme niemals. Shadow of War belegte, das wir - solange die Spieler es akzeptieren - solche Paywalls ansonsten sogar in Einzelspieler-Kampangen vorfinden werden! Shadow of War hatte eine solche Paywall bereits! Damit soll es aber bitte auch das erste und letzte AAA-Spiel sein, bei dem wir diesen Mist vorfinden durften! Also bitte.. keine Paywalls mehr verteidigen. Das in Guild Wars 2 ist eine Paywall. In einem Free2Play Titel sind solche Paywalls noch tolerierbar, aber auch nur da.
Die Publisher haben es heutzutage aber auch wirklich nicht einfach. Der Online-Trend wächst immerzu und laufende Serverkosten entstehen. Diese müssen gedeckt werden, sonst ist es bald zu ende mit dem Online-Vergnügen.
Daher sind Lootboxen durchaus eine gute Variante diese zu decken, aber kommt auf die Art an, wie sie implementiert werden.
World of Warcraft kommt seit über 10 Jahren ohne Lootboxen aus, und es besitzt außerdem einen fairen Ingame-Shop in welchem du Gegenstände gegen ihren Wert in Euro direkt einkaufen kannst. Das Problem mit den Serverkosten kann man ganz einfach mit einer geringfügugen, monatlichen, Grundgebühr aus dem Weg schaffen. Mittlerweile kannst du diese Grundgebühr in World of Warcraft sogar übergehen. Es gibt sogenannte WoW Tokens, die man im Echtgeld-Shop kaufen kann. Die kannst du in WoW's Auktionshaus dann für hunderttausend Gold an andere Spieler verkaufen.. und diese Spieler können den Token dann gegen einen Monat WoW einlösen.
WoW ist ein Paradebeispiel dafür, wie ein faires Geschäftsmodell auf GW2's Ebene funktionieren kann. Egal ob dir WoW nun gefällt oder nicht, WoW's Moneratisierung ist fair. Es kommt ohne Lootboxen, ohne Paywalls und ohne Bullshit-Währungen aus. Grundsätzlich bekommst du nur das, was du haben möchtest, ganz ohne dass irgendetwas in dem Spiel auch nur ansatzweise versucht dich zum Kauf weiterer Gegenstände hin zu manipulieren.
Abgesehen davon möchte ich noch anmerken, das viele Publisher (EA beispielsweise) gerne die Produktionskosten ihrer Spiele als Entschuldigung für Lootboxen o.ä. ansetzen. Aber wenn Lootboxen die Firmen am Ende tragen, dann muss ich dich nun etwas fragen: Wie kommt es, das EA nur wenige Stunden nach Battlefront 2's Release den Echtgeldshop abschaltete? Und wie kommt es, das EA gegenüber den eigenen Aktionären bekannt gab, dass das Abschalten des Echtgeld-Shops keinerlei spürbaren Effekt auf EA's Wirtschaftlichkeit haben würde? ;-)
Die meisten Publisher wollen uns glauben lassen, dass sie auf das Geld dieser Lootboxen angewiesen sind. Die meisten Publisher lügen. Jim Sterling nennt die gesamte Games Industrie nicht grundlos "Industry of lies". Egal ob Activision, EA, Ubisoft oder WB Games.. all diese Publisher und ein Großteil der Entwickler haben es sich zur Gewohnheit werden lassen uns immer und immer wieder ins Gesicht zu lügen. Sie lügen uns im Bezug auf Spielinhalte an, genau so lügen sie uns im Bezug auf die Wichtigkeit ihrer Lootboxen an. Die Wahrheit sieht vielmehr so aus: Sie wollen ihren Umsatz um jeden Preis maximieren, und sie schrecken auch nicht mehr davor zurück ganze Spielmechaniken über den Haufen zu werfen um dieses Ziel mit ihren Lootboxen o.ä. zu erreichen, siehe Star Wars Battlefront 2 und Shadow of War.
Zitat von Nimmermehr
Sind Lootboxen jetzt schlecht?
Diese Frage ist, so wie mit vielen Dingen im Leben, nicht mit einem klaren „Ja“ oder „Nein“ zu beantworten.
Doch, das kann man. Stell einfach die Frage, ob Lootboxen tatsächlich notwendig sind und ob sie Pro-Consumer oder Anto-Consumer Items darstellen ;-) Das Lootboxen notwendig sind, das behaupten unsere Publisher lediglich.. obwohl sie bis vor kurzem noch wunderbar ohne ihre Milliardenumsätze machten, und während Studios wie CD Project RED bis heute auch ohne ganz gut fahren. Was die andere Frage betrifft, da muss ich wohl nicht groß erläutern, dass Lootboxen ganz eindeutig Anti-Consumer Maßnahmen der Publisher darstellen, oder?
Ohne Frage ist es grenzwertig, wenn Publisher versuchen schamlos Geld aus den Taschen des Verbrauchers zu ziehen. Andererseits sind Lootboxen auch eine fantastische Methode fortlaufende Kosten zu decken.
Selbiges kann man auch vom Anfixen des örtlichen Drogendealers sagen. Wenn der eine Drogensucht bei einem Teenager 'auslöst' ist auch das eine wunderbare Methode um seine fortlaufenden Kosten zu decken. Ob eine Methode funktioniert oder nicht, das sollte uns aber nicht interessieren. Uns sollte eher folgendes Interessieren: Ist es richtig, das Publisher X auf diese eindeutig kundenunfreundliche Methode zurückgreift? Ich denke nicht. Die Methode ist nämlich eindeutig zu manipulativ, und vorallem für Kinder und Personen, die anfällig für Dinge wie eine Glücksspielsucht sind, gefährlich. Das macht diese 'fantastische Methode' zu einer äußerst unseriösen Art der Monetarisierung. Besonders, da einige Publisher mittlerweile in Interviews zugaben, dass in ihren Daten hin und wieder Personen auftauchten, die tausende an Dollarn für Lootboxen ausgaben. Vor kurzem verfeuerte ein 13jähriger in den UK den Medien nach auch die gesamten Ersparnisse seiner Mutter im PSN über Lootboxen. Die Mutter wusste nicht, dass ihre Kreditkarteninformationen vom System gespeichert wurden, und das Kind freute sich über die vielen Lootboxen.
Deine fantastische Methode ist mit Gefahren verbunden. Das stellt Publisher, die darauf zurückgreifen auf die selbe Stufe wie einen Barkeeper, der wissentlich versucht einem trockenen Alkoholiker ein Bier unterzuschieben.
Es gibt faire Monetarisierungsmodelle, wie Spiele World of Warcraft und Warframe im MMO-Segment des Marktes belegen.
Abgesehen davon solltest du die Serverkosten solcher Spiele nicht überschätzen. So ein Server kostet keine fünf millionen Euro im Jahr, sondern eher irgendetwas zwischen ein paar hundert bis zu ein paar tausend Euro jährlich. Auch die Personalkosten dürften sich in Grenzen halten. Ich komme u.a. aus der IT Branche und war vor wenigen Jahren noch bei Europas größtem Serveranbieter beschäftigt, beziehungsweise bei dem, dem Europas größtes Datacenter gehörte. In unserem Rechenzentrum befanden sich tausende von Servern. Es waren rund um die Uhr Techniker vor Ort, aber es waren nie mehr als zwei.. und in den meisten Fällen funktionierte es mit dieser Besetzung auch ganz gut.
Also nein, dieses Bild der astronomischen Serverkosten, welches Publisher uns gerne zeichnen möchten.. das kann ich so nicht annehmen. Unsere Angebote umschlossen Budget-Server (14,95 €/monatl.) als auch Premium-Server für bis zu 1.200,- Euro im Monat. Und ich möchte mir hier mal anmaßen, dass die meisten Publisher sicher nicht nach den teuersten Servern greifen werden, um ihre Spiele darüber zu betreiben. Sie nehmen den Server, der den Job erledigt bekommen kann.. und für die meisten Spiele dürften relativ günstige Server vollkommen ausreichend sein.
Lange Rede, wenig Sinn: Die meisten Publisher dürften die Serverkosten locker aus ihrer Portokasse begleichen können..
Es kommt darauf an, ob Lootboxen sinnvoll ins Spiel eingebracht werden.
Eine Lootbox ist - für uns als Endverbraucher - nie etwas sinnvolles. Nie.
Sie dürfen das Spiel nicht zu sehr beeinflussen, müssen Alternativen offen lassen und vor allem klar von einem süchtig machenden Prinzip Abstand nehmen.
Wenn du den Lootboxen das Suchtpotential nehmen möchtest, dann musst du ihnen das Konzept einer Lootbox nehmen. Eine Lootbox ist nichts anderes als ein glorifiziertes, staatlich nicht überwachtes, Glücksspiel. Glücksspiel hat grundsätzlich ein Suchtpotential.
Lootboxen, Paywalls und die von dir benannten Bullshit-Währungen sind alle für sich recht unseriöse Maßnahmen unserer geliebten Publisher, welche einen negativen Einfluss auf all die Spiele ausüben in welchen sie integriert wurden (immerhin wird das Spieldesign immer an diese Monetarisierungsmodelle angepasst, Lootboxen und Bullshitwährungen sollen schließlich attraktiv erscheinen!).. und welche uns ausschließlich Nachteile bringen.
Damals sagte ich noch all den Leuten, die ihre "aber das sind doch nur kosmetische Gegenstände! Die musst du nicht kaufen"-Ausrede brachten, dass es nur eine Frage der Zeit ist, bis wir Paywalls und Pay2Win Modelle im AAA-Bereich sehen würden. Dieses Jahr sahen wir sie.. und das nicht, weil die Industrie in finanziellen Problemen steckt, sondern weil sie nach folgendem Muster denkt: Je mehr Geld wir einnehmen, desto besser! Streck ihnen die Hand aus und sie werden dir deinen Arm ausreißen.. um dich mit ihm zu verprügeln. Und deswegen müssen wir uns weiterhin gegen Lootboxen, Pay2Win Modelle, Paywalls und Bullshit-Währungen zur Wehr setzen. Unsere Publisher werden nämlich niemals mit dem was sie haben zufrieden sein. Solange diese Konzepte akzeptiert werden, werden sie mehr und mehr in kommende Titel implementiert werden.. vermutlich so lange, bis man irgendwann sogar für das Kürzen von Ladebildschirmen, oder ein schnelleres Matchmaking, bezahlen darf.
Also nein! Wir haben als Kunden nicht einen Grund dazu diese Methoden zu rechtfertigen, verteidigen oder tolerieren. Wir haben aber unzählige Gründe dafür uns jedes Mal erneut - ganz wie bei SWBF2 - aufzulehnen, sobald ein Spiel eine solche Methode verwendet.. und diese unzähligen Gründe sind all die Spiele, die folgen werden. Ein Monetarisierungs-Konzept das funktioniert, das wird - wie dieses Jahr mehrfach gezeigt wurde - nicht nur weiterverwendet, sondern 'verfeinert'. Diese Verfeinerung ist aber zu unseren Lasten, weswegen wir soetwas nicht länger tolerieren sollten.. auch nicht wenn es in unseren Lieblingsspielen auftauchte. Viele Fans neigen dazu Lootboxen o.ä. zu verteidigen, sobald ihr Lieblingsspiel von ihnen betroffen ist.. dazu möchte ich mal einen kleinen Denkansatz in den Raum stellen: Ein Spiel ist keine Lootbox. Lootboxen zu kritisieren bedeutet nicht, dass Spiel zu kritisieren.