Takeru Mikami -> Im Haus der Farm
Ein leises Pochen durchdringt die unteren Wände des Hauses. Es erinnert an einen Herzschlag. Dennoch setzte ab und an aus. Ich fange an zu blinzeln und nun bekomme auch ich das Pochen mit. Meine Augen öffnen sich für einen Moment. Doch alles ist dunkel. Nur schwer kann ich mich orientieren. Mein Feuerzeug bringt Licht ins Dunkle. Dennoch brauche Ich einige Sekunden um mir klar zu machen wo ich eigentlich bin.
Ich sitze auf dem Sessel im Wohnzimmer. Aber nicht zuhause sondern in der Farm in der wir halt machten. Mein Blick wanderte intuitiv zur Uhr. 4:30 war es.
Ich blicke mich um und bemerke, dass Sou nicht mehr auf dem Sofa liegt. Das Glas Wasser liegt zerbrochen auf dem Boden und die Tablette hatte sie auch nicht angerührt. Vorsichtig folge ich einer kleiner Spur von Verwüstung bis zum Badezimmer. Die Laute werden deutlicher. "Sou? Alles okay?", frage ich mit gemischten Gefühlen. Das Pochen hört auf ein Mal auf. Ich ziehe die Tür einen Spalt auf und blicke hinein.
Das Licht ist aus und nur durch mein Feuerzeug erkenne ich einige Umrisse. Ich erkenne eine Person an der Wand. Die Größe passt zu Sou.
Ich ziehe die Tür langsam auf und betätige den Lichtschalter im Badezimmer.
Das Bild was sich mir dar bietet, habe ich zuvor noch nie erlebt. Der Boden ist bedeckt mit 2-3 bräunlich-roten Pfützen. Eines der Regale liegt zertrümmert auf dem Boden. Überall sind einzelne Blutspritzer. Und in der Ecke.. dort steht Sou. Ihr Kopf lehnt an der blutigen Wand. Ihr Rücken ist gekrümmt und ihre Haare fallen ihr so ins Gesicht, dass ich es überhaupt nicht erkennen kann. Sie hält sich den rechten Arm, der von mir abgewendet ist. Der ekelerregende Gestank von blutiger Kotze steigt mir in die Nase. Doch ich reagiere nicht. Genauso wenig, wie Sou auf meine Worte reagierte.
Ich komme einen Schritt auf sie zu. "Komm nicht näher.", höre ich sie wimmern. "Aber...", will ich ihr widersprechen. Doch als sie ihre Kopf anhebt und es wiederholt halte ich kurz inne. "Komm bitte nicht näher.", bittet sie mich schon fast flehend. Ich kann nun langsam ihr Gesicht erkennen. Es war blutverschmiert. Die Haut an der Stirn ist vom Kopf-gegen-die-Wand-Schlagen komplett blutig. Ihre Augen sind trüb, fast willenlos. Trotzdem laufen Tränen ununterbrochen aus ihnen heraus.
Ich bemerke, wie sie sich weiter am rechten Oberarm festhält. "Du wurdest gebissen, oder?" Zögerlich schaut sie mich an. Dabei greift sie in das blutüberströmte Waschbecken um den Stand zu halten. Für einen Moment versucht sie die Tränen zu unterdrücken. "Ich..wollte helfen und nicht nur im Weg rumstehen."
Ich gehe einen weiteren Schritt auf sie zu, doch sie blockiert. "Geh weg." Schmerzverzerrt beginnt sie zu husten und Spuckt einiges an Blut ins Waschbecken. Sie entdeckt sich selber im Spiegel. Fassungslos nimmt sie sich wahr. Im Hintergrund erkennt sie mein Spiegelbild. "Ich werde auch zu einem Zombie." Das Blut was von ihrer Wunde an der Stirn hinunter fließt ,tropft mittlerweile auf den Boden.
Stumm bleibe ich stehen. Sollte ich ihr Hoffnung machen? In ihrem Zustand ist es offensichtlich. Es hätte keinen Zweck. Stumm stehe ich weiter da. Wut, Verzweiflung, Hass, Hilfslosigkeit, Reue. Alles kommt in mir hoch. Es macht mich verdammt wütend weggelaufen zu sein, Refina zu folgen und die Anderen alleine gelassen zu haben. Im gleichen Moment verspüre ich wieder den Hass auf Intrex, die uns die scheiße eingebrockt haben. Was ist denn los mit dieser Scheißwelt! Wieso kann ich nichts mehr machen?! Es brodelt in mir.
Doch von meinen Gefühlen, lasse ich nichts nach außen dringen. Ich stehe weiterhin nur da und sehe Sou an. Sie hebt ihren Arm und will mit einer Hand nach mir greifen. Ihre Augen wirken fassungslos von ihrem eigenem Handeln und versuchen es aufzuhalten. Doch das Verlangen in ihr, ist zu groß. Sie stürmt auf mich zu und versucht mich zu beißen.
Gerade so weiche ich aus, dabei stoße ich mich an der Türklinke. Sou landet unsanft in der Dusche. Eingewickelt im Duschvorgang beginnt sie wieder zu schluchzen. Doch den Schmerz spürt sie gar nicht mehr. Sie dreht sich zur Seite, sodass sich der Duschvorgang von iihr löst. Nun hatte auch dieser ihr Blut an sich. Sitzend in der Dusche sieht sie zu mir hoch. Ihre Tränen sind ihr derweil ausgegangen.
"So endet es also. Fast wie bei Fast Devil 3. In der Dusche." Ein wenig Galgenhumor kommt bei ihr durch. Ich muss schmunzeln, denn das war noch der letzte Teil von Sou, den man noch an ihr erkannte.
"Ich hatte das Spiel noch gar nicht durch. Danke für den Spoiler.", versuche ich humorvoll zurückzugeben. "Aber werd wohl eh nicht mehr durchspielen.", füge ich hinzu.
Sou lächelt für eine Sekunde, nimmt aber gleichzeitig ein Messer aus der Tasche und hält es sich hin. Sie will sich umbringen.. Erneut kommt ein drückendes Gefühl der Hilfslosigkeit über mich. Ich warte einen Moment und halte ihr meine Pistole hin. "Damit tuts nicht so weh."
Sie erkennt das Model sofort. Und nimmt die Waffe an sich.
So scheiße wie in diesem Moment habe ich mich noch nie, noch nie in meinem gottverdammten Leben gefühlt. Es fühlt sich so an, als würde ich ihr eine Schlinge umlegen. Doch trotz des Gefühls kann ich es nicht realisieren. Leichte Tränen schießen mir in die Augen. Dabei ist es doch Sou, die sich gerade von ihrem Leben verabschieden will. Was sie nur denken mag?
"Pass auf die Anderen auf, Takeru. Auf Saki und Refina und auf Haruma und auch auf den doofen Inyong.. ja? Und bitte falls du meine Eltern triffst, dann sag ihnen, dass es mir Leid tut und ich sie liebe."
Bei ihren Worten kann ich die Tränen nicht zurückhalten. Gerade wenn ich daran denke, dass es ihre Letzten sein werden.. "Ja, na klar, mach ich! ", antworte ich während ich mir die Tränen wegwische. "Wir haben dich alle .." Sie hat den Schuss ausgelöst und meine Worte verstummen.