Ich denke, es ist relativ wenig zuträglich, wenn man äußere Kategorien an einen Film wie diesen heranträgt, soll heißen, die Handlungsweisen von Figuren aus der eigenen Warte als "dumm" o.Ä. bezeichnet. Strukturell ist "Die letzten Glühwürmchen" buchstäblich tragisch, und es ist notwendig, die inneren Beweggründe der handelnden Personen zu verstehen, um die Tragik des Werkes zu verstehen. Ich bin zu faul (und habe den Film nicht mehr genug im Kopf), um das jetzt komplett auszubuchstabieren, aber es sollten ein paar Dinge festgehalten werden:
- Seita und Setsuko sind die Kinder eines hochrangigen Offiziers. Sie werden von ihrer Tante effektiv um ihre Rationen betrogen, wobei sie ihnen natürlich im Gegenzug Logis anbietet, was allerdings den Bach runtergeht, je weiter der Krieg fortschreitet. Dass Seita es schwer findet, sich da zu entschuldigen, finde ich "nachvollziehbar".Dass das dem zugrundeliegende Ehrgefühl uns vielleicht anachronistisch scheint oder kulturell nicht zugänglich ist - geschenkt.
- Seita versucht an verschiedenen Stellen, die Situation zum Besseren zu wenden. Dummerweise verpasst er das, was man in der Tragödientheorie als "kairos" bezeichnet. Den günstigen Moment, in dem das Ruder noch gedreht werden kann - das ist genretypisch und beispielsweise mit Kreons (Nicht-)Handlungsweise in der Antigone analog. Als er nämlich endlich Geld und Nahrung beisammen hat, ist Setsuko bereits zu unterernährt und Japan hat bedingungslos kapituliert.
- Es handelt sich, wie bereits schon angeführt wurde, um Kinder. Inwiefern man die Handlungsweise im Detail glaubwürdig findet, sei mal dahingestellt, trotzdem sehen sie sich vollkommen auf sich allein gestellt einer zerbombten Welt gegenüber, deren Funktionsweise sie nicht verstehen. So denkt Seita, Setsuko sei krank. Er versteht nicht, dass sie einfach unterernährt ist, dass sie nicht die gleichen körperlichen Voraussetzungen hat wie er.
Das mit dem Mitleid ist natürlich immer so eine Sache. Ich hatte auch kein "Mitleid", fand aber die Geschichte dennoch rührend und gut erzählt, schonungslos und, als Film, gut inszeniert.
Das Motiv der Glühwürmchen habe ich jetzt nicht weiter erwähnt, aber da wäre natürlich auch noch ein Ansatzpunkt für Interpretationen - Setsuko, oder die Kinder im Krieg, als eben das/die "letzte(n) Glühwürmchen", oder der alte Schutzbunker als das "Grave"/"haka", die kontrastiert werden mit den Fliegern, die "wie Glühwürmchen" aussehen und, gegenteilig, in Analogie gebracht zu den tatsächlichen Glühwürmchen, die Seita und Setsuko fangen.