Wenn ich sage „Ich glaube nicht, dass Gollum wirklich existiert.“, dann verweise ich damit auch darauf, dass das nur meine eigene Meinung ist. Allerdings dürfte es wohl allen hier klar sein, dass Gollum tatsächlich nicht wirklich existiert (hat) – unabhängig davon, ob ich daran glaube oder nicht. Es ist schlicht eine unbestreitbare Tatsache. Und genauso ist es mit Gott. Ich, du, wir, sie können daran glauben oder nicht, er ist und bleibt dennoch nicht real. Punkt.
Naja, ich denke nicht, dass ein Atheist unbedingt ein solch' dogmatisches Denken haben muss. Wenn wir von einem Demiurg im Sinne des abrahamischen Monotheismus sprechen (mit dessen Existenz oder Nichtexistenz ich mich als Heide eigentlich nicht befasse), dann ist es aus meiner Sicht nicht zu beweisen, ob es ihn gibt oder nicht gibt. Vor allem aber, ist es nicht zu beweisen, dass es ihn nicht gibt. Denn man kann generell kaum beweisen, dass ein Objekt (oder im Falle des christlichen Gottes ein Nichtobjekt, heh) nicht existiert. Du kannst nicht raus in die Welt gehen und beweisen, dass es keine Einhörner gibt oder keine neongrüne Kartoffeln. Du kannst nur mit der Tatsache konfrontiert werden, dass du diese Dinge nicht gefunden hast und auch niemand sonst, der das belegen könnte. Daher kommst du zu der, nicht unberechtigten, Annahme, dass diese Dinge mit hoher Wahrscheinlichkeit nicht existieren oder wir als Gesellschaft zumindest keine Grundlage dafür haben, um davon auszugehen, dass sie existieren. Aber es bleibt eine Annahme, bewiesen hast du nichts. Vielleicht beißen irgendwo auf einer einsamen Insel Einhörner ins Gras und in der Erde wachsen neongrüne Kartoffeln. Ist es wahrscheinlich? - Nein. Haben wir grundlage davon auszugehen, dass dem so ist? - Nein. Haben wir bewiesen, dass das nicht sein kann? - Nein. Ein Bisschen Skeptizismus hat noch keinem geschadet. ;)
Aber religiöser Glaube ist ohnehin in der Regel nichts, was den Anspruch hat, eine Wissenschaft zu sein. Daher stellt es auch kein Problem dar, wenn bspw. christliche Dogmen nicht falsifizierbar sind. Religion ist etwas grundsätzlich irrationales, aber auch etwas natürliches. Daher erscheinen mir auch Leute, die den Anspruch haben, Atheisten zu sein, recht komisch. Ihr glaubt nicht an den christlichen Gott und vielleicht auch nicht an Karma und nicht an Ortsgeister - okay. Aber vielleicht an die Gleichheit der Menschen, an natürliche Rechte? Oder entgegen an das eigene Blut? Oder vielleicht seid ihr dialektische Materialisten und glaubt an Produktionsbeziehungen, an Klassenbewusstsein und daran, dass die Lehren von Marx wahrhaftig sind, weil sie richtig sind? - In jedem Fall erscheint mir das durchaus religiös, was auch nichts schlimmes ist.
Und ich finde schon, dass es ausreicht, nicht an Gott (+Götter, Karma, Wiedergeburt usw.) zu glauben, um Atheist in dem Sinne zu sein, wie dieses Wort hierzulande für gewöhnlich gebraucht wird. Ein Atheist ist jemand, der nicht an Gott glaubt und nicht zwingend jemand, der (aus meiner Sicht töricht) glaubt, die Nichtexistenz Gottes seie bewiesen.
Genau das ist für mich Atheismus; jeder der es anders sieht, ist ein Agnostiker oder eine andere Abweichungen davon.
Ein Agnostiker ist jemand, der die Existenz oder Nichtexistenz Gottes für nicht nachweisbar hält. Und ein Gnostiker hält sie entgegen für nachweisbar. Strenggenommen kann ein Agnostiker sowohl gläubig als auch nichtgläubig sein. Also auch ein Atheist kann ein Agnostiker sein und die meisten sind es meiner Wahrnehmung nach glücklicherweise auch. Die bei dem einfachen Volk zur Zeit vorherrschende Verwendung des Wortes "Agnostiker" als jemanden, der einfach nicht weiß, was er glauben soll, der zu dem Thema keine Meinung hat oder der sich nicht für kompetent genug hält, um sich zu dem Thema zu äußern, halte ich für etwas verschwommen und oberflächlich.
Religiöser Glauben sollte aus meiner Sicht generell nichts mit Beweisen und Belegen zu tun haben. Das ist nicht sein Spielfeld.