Falscher Freund

  • Falscher Freund


    Ich müsste wohl lügen, um es dir zu sagen…
    Na bitte, na fein! Na, dann lüge ich eben!
    Dann werde ich schweigend mich weiter beklagen
    Und gleichzeitig alles, was du willst, dir geben!


    Dann werde ich Worte um Worte erfinden,
    Du kennst mich, du weißt doch, wie gut ich das kann!
    Ich konnte so oft schon in Lügen verschwinden,
    Gleich wie in der Finsternis, im eig'nen Bann.


    Dann werde ich Fratzen mit Masken vertauschen!
    Probleme, die hab' ich weiß Gott nicht damit!
    Dann wirst du - wie lange wohl? - Märchen nur lauschen
    Und folgst meinen Schatten, da ich dir entglitt.


    Doch wenigstens lachst du und freust dich am Schwindel,
    Durch den du ganz heimlich so vieles gewannst.
    Doch ahnst du, dass sich um die liebliche Spindel
    Dein eigener Faden der Lüge verfranst?


    Ich biete dir nicht meine rettende Schere,
    Spinn weiter, Freund, spinne dein eigenes Netz,
    In dem ich mich selbst viel zu lang schon verzehre,
    Lüg' weiter, Freund, lüg' dir dein eig'nes Gesetz.


    Spiel Richter und Henker und bleibe verdorben,
    Ruh' auf dem Gesetzbuch gleich auf einem Thron,
    Sprich Wahrheit und Lüge, die du dir umworben,
    Sprich Lüge und Wahrheit im selbigen Ton.


    Dann fällt es nicht auf, dass ich selbst nicht mehr lüge,
    Nein, sagen muss ich dir nie mehr nur ein Wort.
    Ich schweige, verstumme, betrachte, betrüge,
    Ich leide, ich lache so lange so fort.


    Vielleicht, hätt' ich damals, als alles begonnen,
    Nur einmal ganz leise die Wahrheit gesagt,
    Dann wäre die Freundschaft nicht weiter verronnen,
    Dann hätten wir beide uns nicht so geplagt.


    Dann hätten wir beide den Boden gefunden,
    Dann hätten wir über uns selber gelacht.
    Doch irgendwie sind wir im Spielchen verschwunden,
    Das uns beiden seltsame Freude gemacht...


    Doch ich musste lügen, um es dir zu sagen,
    Und lügen, das weißt du, das konnte ich gut.
    Ich wollte mich einfach nicht lauthals beklagen.
    Du ahnst es nicht, doch dazu fehlte mir Mut...


    Nur sag mir, bevor wir uns beide jetzt trennen,
    Denn eines, das weiß ich selbst heute noch nicht.
    Ich habe verlernt, mich in mir zu erkennen,
    Und fremd wurde irgendwann auch dein Gesicht.


    Doch trotz allen Schwindels, sag' mir ungelogen,
    Und dann zieh' den letzten, vernichtenden Strich:
    Wer hat sich von beiden am meisten betrogen?
    Und wer war der falsche Freund - du oder ich?


  • Wow die erste xD


    Ein echt schön geschriebenes Gedicht. Es hat mir sehr gefallen, da es mich wirklich mitgerissen hat und ich nicht aufhören konnte zu lesen. Ich hab auch eine Lieblingsstelle, okay zwei xD Die fünfte und sechste Strophe *-* Das war finde ich am besten geschrieben. So der schreibstyl *-* Ich liebe sowas x3


    Lg

  • Uh danke ^^
    Es freut mich wenn dir das Gedicht gefallen hat, vor allem, wenn es mitreißen konnte, was ich n bisschen angezweifelt hab - weil es dem Leser ja absichtlich nicht verraten wird, was das lyrische Ich dem lyrischen Du denn sagt oo"
    Aber... danke :3
    Und was die fünfte und sechste Strophe angeht, ich weiß ja nicht was du mit dem Stil meinst, aber wenn es die Metaphern und Bilder sind - die waren absichtlich ^___^ Die mag ich zu sehr, als dass ich sie mir irgendwann abgewöhnen könnte ._."
    Danke jedenfalls ^^

  • Ja genau das meinte ich, hatte nur vergessen wie ich das schreiben sollte xD Ich liebe sowas ^^

  • Das Gedicht ist wirklich bemerkenswert...dein Stil ist wie immer einfach wunderbar. Mir gefällt die "Wandlung" in diesem Gedicht...also zunächst im ersten Teil scheint der Lügner der eigentliche false friend zu sein, aber er schafft es die andere Person so zu wandeln, dass sie letztendlich so wie er wird und er sich vielleicht selber in dieser Person erkennt und sich vielleicht dadurch zum "besseren" wendet. Naja es findet kein eigentlicher Rollentausch statt..das nicht, aber ab der zweiten Hälfte, besteht bei unserem false friend die Einsicht in sich selber ala "scio te ipsum". "Ich habe verlernt, mich in mir zu erkennen, Und fremd wurde irgendwann auch dein Gesicht."
    Er erkennt sozusagen, seine Verhaltensweise an und interpretiert dieses auch jetzt scheinbar als falsches Verhalten und er erkennt wie er seinen "Freund" in sich selbst verwandelt hat. Er war feige um die Wahrheit zu äußern also griff er auf natürliche menschliche Methode - die Lüge zurück.
    Also eigentlich sind beide falsche Freunde, dann letztendlich. Man könnte den ersten natürlich beschuldigen kein wahrer freund zu sein, weil er sein Gegenüber immer angelogen hat, aber sein Gegenüber könnte genausowenig ein wahrer Freund sein, weil er nicht in der Lage war seinem Freund aus den Lügen zu helfen, weil ich glaube dass es ihm die ganze zeit bewusst war, dass sein "Freund" lügt, sonst würde er sich selbst nicht so verwandeln...(Amicus certus in re incerta cernitur) die res incerta hatte beide betroffen, dennoch haben sie sich nicht geholfen...


    umm ja ich hoffe du verstehst was ich damit in etwa sagen wollte weil ichs sehr knapp formuliert habe...aber *thumbs up*

  • Wah, Kitetsu *auf die knie fall* ;___;
    Nein, nicht, weil du genau - aber auf den Punkt genau - das getroffen hast, was ich mit diesem Gedicht aussagen wollte uû sondern wegen den LATEIN-Zitaten...! o_o
    Okay, Spaß beiseite, aber die Lateinzitate behalte ich trotzdem xDD
    Jah, du hast Recht - und an das "Amicus certus in re inverta cernitur" (ich habs versucht es zu übersetzen, aber es gibt keine wirklich treffenden deutschen Worte - nimm allein den sicheren Freude oder die unsichere Sache... najah, gut es würde gehen, aber es klingt im Original verständlich besser xD) hab ich nichtmal gedacht. Aber ich muss sehen, es untermalt den Inhalt des Gedichtes treffend und ... einfach perfekt *_*
    Und die Wandlung... Ich bin ehrlich, ich saß da am Ende (So etwas wie eine Wandlung war anfangs nicht vorgesehen xD) und hab etwas mit dem Kopf gewackelt und überlegt, ob ich es so stehenlassen kann, vor allem da ich selbst überlegen musste, ab welcher Stelle im Gedicht das lyrische Ich als falscher Freund und wann das lyrische Du als falscher Freund dasteht, aber es überschneidet sich ziemlich und wankt und schwankt und letzen Endes sind beides die Schuldigen, aber Erkenntnis kommt wie gewöhnlich immer zu spät ^^"
    Also ich muss sagen... Ich bin von diesem Kommentar glatt begeisterter als du es von diesem Gedicht sein kannst - das Recht nehme ich dir jetzt einfach mal weg xD
    Und ich danke dir ö.ö Vor allem weil der achso knappe Kommentar wirklich ausführlich war - inhaltlich zumindest und es hat mir wirklich gefallen, was du da geschrieben hast (nicht weil du mich gelobt hast xD [naja, klar. Auch!] aber... es wirkte alles so belegt und richtig und wow oO Und das zu meinem Gedicht xDDD
    Danke dir -^^-

  • Omg *___* fantastisch. Irgendwie wirkt mir dein Gedicht fast als hätte der eine den anderen zum Lügen aufgestachelt. So nach dem Motto: schau, ich lüg dir was vor, aber kannst du das auch und kannst dus genauso gut wie ich? Und irgenwie zeigt dein Gedicht auch diesen schmalen Grad an dem man sich verheddern und verfangen kann
    Die Wende in deinem Gedicht, gerade die letzten Strophen machen dein Gedicht unheimlich interessant ^^ ich weiß gar nicht wie ich es beschreiben soll aber es wirkt fast wie ein finaler Faustschlag. Wie die Suche nach der Schuld
    auch wenn ich wahrscheinlich mit meiner Definition ziemlich daneben liege, ich liebe dein Gedicht trotzdem ^^ es ist echt klasse geworden :) +knuddel+ <3

  • Nah, es war gewiss irgendwie so, dass der eine den anderen zum Lügen angestachelt hat - wie und auf welche Art und Weise ist sicher nur schwer festzustellen xD Aber das mit dem schmalen Grat ist wirklich treffend gesagt, denn wie man sieht, haben sich beide ziemlich verheddert und verfangen... ^^'
    Und eine Suche nach der Schuld ist es sicherlich ö.ö
    Wobei ich fast denke, dass das lyrische Ich auch so eine halbe Beichte ablegen wollte - aber wer weiß, vielleicht hofft es noch immer drauf, dass das lyrische Du sagt "Ich war's!" ûû
    Und dann kann's ja weitergehen...!
    o_O"


    Naja, danke jedenfalls für den Kommentar, hat mich richtig gefreut -^^-
    Und verstricken will ich mich jetzt auch gar nicht mehr weiter, denn bei diesem Gedicht ist es tatsächlich so, dass lyrisches Du und Ich ein bisschen ferner sind für mich xD"
    Von daher ^^ lass ich hier jedem gerne seine Eigeninterpretation, was ich ja sonst auch mach ^.~

  • Na dann hab ich ja ein klitzekleines bisschen von dem Sinn des Gedichts erhascht ^^
    So oder so ^^ an deinem Finale hab ich mich festgebissen xD dieses "du oder ich" lässt mir gar keine Ruhe mehr <3 ich liebe es einfach +knuff+

  • Nah, ich denke schon, dass du n bisschen mehr als ein klitzekleines bisschen "erhaschen" konntest xD Zumindest wenn ich deinem Kommentar da trauen darf ^^ - Weil sooooo unglaublich tiefsinnig mit versteckten Botschaften sind meine Gedichte nicht xD Und ich musste bei deinem Kommentar nicht denken: Ohgott, was will die von mir?! xD


    Aber schön, wenn dir das Ende gefällt ö.ö
    Ich bin ja ein Mensch, der viel Wert auf die Enden legt xD Ich fürchte da ja manches Mal, dass im Mittelteil einiges verloren gegangen ist ^^"
    Und daanke *reknuff*
    Ich hab die lieb <3~

  • Also ich denke ich kann dich beruhigen ^^ im Mittelteil ist ganz und gar nichts verloren gegangen ^^ dein Gedicht ist von Anfang bis Ende aussagekräftig und unterstreicht eben noch dieses gegenseitige Spiel ^^ Also keine Sorge ^^ man ließt, man ließt es gerne und äußerst zufrieden ^^


    Hab dich auch lieb <3

  • Na dann bin ich ja mal zufrieden ^^


    Und ach ja, du meintest in deinem Thread ja was von Stolperfallen, jetzt hab ich es glatt vergessen, es dir noch zu erklären. Aber passt ja, es ist ja genau das Gedicht hier xDD
    Denn ja, bei mir gibt es auch welche xDD Man sooooll es ja nicht meinen, aber es IST durchaus so..! Nah, bei dem Gedicht hier zum Beispiel war es... irgendwo am Anfang, aber mir fällt gerade die konkrete Stelle nicht mehr ein, ich seh sie bei den letzten zehn Beiträgen auch nicht mehr. Am Ende aber - die nagt jetzt noch an mir xD Dieses "Und fremd wurde irgendwann auch dein Gesicht"
    Da betont man vom Metrum her ja das "auch" - Was wirklich total dämlich klingt. Eigentlich sollte die Betonung nämlich auf dem "dein" liegen, um das ein bisschen hervorzuheben, dass das lyrische Ich nicht nur sich selbst entfremdet, sondern auch das lyrische Du ^^" Aber ich konnte das "dein" vom "Gesicht" nicht trennen und musste es einfach so stehenlassen^^"
    Aber wenn du sagst, man liest es gerne oo" Dann danke ich ^^