Ein paar wenige aus dem Forum kennen ja schon meine fortlaufende und noch in Arbeit befindliche Geschichte "Der Oktopus und die Eule" und ich dachte mir, wieso stelle ich nicht einmal ein paar Zeilen dem Forum zur Verfügung. Eventuell gibt es in absehbarerer Zukunft auch eine TeamSpeak-Vorlesung, mal schauen. Da sich die Geschichte an Kinder richtet, sind die Kapitel sehr kurz gehalten. Viel Spaß.
Der Oktopus und die Eule
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Der Himmel über dem Meer
„Ach, wie herrlich muss doch das Fliegen sein.“, sagte sich der kleine quirlig-gelbe Oktopus, der sich von der weichen Strömung an die Oberfläche hatte treiben lassen. Er blickte mit verträumten Augen hoch zum Himmel, dessen Blau dem des großen Ozeans in nichts nachzustehen schien. Es war ein leuchtendes freundliches Blau, durchsetzt von unzähligen Wölkchen, deren Ganzes im Sonnenlicht dem eines glitzernden Heringsschwarms im Wasser ähnelte - in seiner Bewegung nur deutlich langsamer.
„Da, die Wolke dort sieht aus wie ein Thunfisch und die längliche da drüben wie eine unheimliche Muräne. Also hatte Großvater recht. Wir Fische werden in den Wolken wiedergeboren.“, sinnierte der kleine Oktopus und begann dabei gemächlich seine acht Arme gleichmäßig auszustrecken und mit etwas Schwung wieder einzuziehen, um sich in Bewegung zu setzen. Wenn Fische sterben, so der Großvater, kehren Ihre Seelen erst zurück ins große Meer, steigen dann als Dampf hoch zum Himmel und werden dort zu Wolken. Ist ihre Zeit der Wiederkehr gekommen, so zerfallen diese Wolken in tausende von kleinen Wassertropfen und jene Tropfen, die im salzigen Blau des Meeres landen, bilden das Leben im kommenden Laich. Vielleicht hatte Großvater seine Geschichte etwas ausgeschmückt, aber unwahr schien sie dem kleinen Oktopus nicht zu sein. Schließlich gehören Oktopoden zu den schlauesten Bewohnern im Ozean und Großvater war schon so alt und so weise, es musste also etwas Wahres darin liegen. Er würde seinem Enkel niemals Lügenmärchen erzählen.
„Wann wohl Mama und Papa ins Meer zurückkehren?“, fragte sich der kleine Oktopus und bekam dabei ein Gefühl, als verwandle sich sein sonst so leichter und elastischer Körper in einen schweren Felsbrocken, der ihn kräfteringend nach unten in die kalten Tiefen ziehen wollte. Seine Farbe wechselte schlagartig in ein dunkles Violett.
„Wenn ich nur Fliegen könnte. Dann wäre es bestimmt kein Problem, zu Mama und Papa hochzusteigen und sie zu fragen, wann sie zurückkommen werden. Das muss doch irgendwie möglich sein?“, fragte sich der Oktopus und umrankte sich mit seinen Armen. Er hatte so die Form einer Kugel gebildet. Der Kleine grübelte und grübelte und schwebte wie ein einsamer Lampion inmitten des Ozeans. Nichts umgab ihn in diesem Moment, abgesehen von ein paar Algen, die sich in der Strömung wie Fahnen im Wind hin und her bewegten und Plankter, welche wie kleine funkelnde Sternschnuppen am Oktopus vorbeirauschten. Die Zeit verging.
„Ich hab‘s! Das ist die Idee!“, rief plötzlich der kleine Oktopus freudestrahlend und schnellte dabei alle acht Arme rings um sich herum aus. Seine Farbe wechselte vom dunklen Violett zurück in ein quirliges Gelb - nur seine Wangen waren Orange - und unter der langsam untergehenden Abendsonne, strahlte er wie ein funkelnder Stern am nächtlichen Firmament. Er setzte sich in Bewegung und schwamm dabei so schnell, dass er gefühlt selbst zur Sternschnuppe wurde. Ein Plankter schaute ihm verwundert nach.