Reprobate Romance!
Hallo Lieber Leser! Es freut mich das du dich hierher Verirrt hast! Und hoffe das dir meine Geschichte gefallen wird. Doch wie immer gibt es ein Vorwort und dieses möchte ich nun an euch loswerden , damit ihr euch sofort an die Geschichte setzen könnt.
Reprobate Romance! Ist eines meiner Prosa; Wie es der Titel schon sagt geht es um eine Romance , in der viele Klischees vorkommen und ausgelebt werden. Es ist eine Prosa Welche sich schon länger in meinen Ordnern versteckt. Ich hatte es schon vor einiger Zeit angefangen , jedoch nach 14 Kapiteln abgebrochen , weil mir die Lust fehlte. Nun habe ich sie wieder entdeckt , und wieder Lust bekommen es zu ende zu führen!
Ich möchte mich vorab bei meinen Treuen und Hilfsbereiten Beta-Lesern Bedanken; Skyla Darkheart und Gamesfan. Ich Danke euch wirklich , das ihr die Manuskripte durchgeht , und mir Verbesserungsvorschläge und Korrekturen gebt!
Danke im voraus für alle Reads , Votes und Fans - und vorallem für die PN's , denn ich Liebe Feedback&Kritik. Ich werde mich bemühen , zu antworten! Wie meine anderen Geschichten habe ich vor jede Woche ein , oder zwei , Kapitel zu veröffentlichen.
Und nun wünsche ich euch viel Spaß beim Lesen!
Eure Yukiko!~*~
~Kapitel 1: Eine Wette unter Mädchen!~
Die meisten großartigen Geschichten beginnen spektakulär, an einem ganz besonderen Ort. Oder zumindest spannend.
Meine begann an jenem Abend, als ich meine besten Freundinnen Gloria und Kennedy in unser Haus einlud, um mit ihnen einen richtig schönen Mädchenabend zu verbringen.
Wie üblich ging es dabei sehr lustig zu. Kennedy sorgte für ausreichenden Proviant, Gloria war für die Filme zuständig, weil sie sich auf dem Gebiet der Filmklassiker am besten auskannte. Anscheinend war es mal wieder Zeit für einen Audrey-Hepburn-Marathon, welcher „Frühstück bei Tiffany“, „Sabrina“ und „My Fair Lady“ beinhaltete.
Und ich leitete quasi die Beauty-Abteilung. Nagellack, Gesichtsmasken und Peelings.
Unsere Clique als typische Mädchen-Clique zu bezeichnen, trifft den Nagel auf den Kopf.
In unserer eher gewöhnlichen Schule kennt man uns auch unter dem Titel „die schönen Herzensbrecherinnen, denen niemand etwas abschlagen kann. Schon gar kein männliches Wesen.“
Wobei Kennedy es im Gegensatz zu Gloria und mir tatsächlich darauf anlegt den Jungs reihenweise den Kopf zu verdrehen, wohingegen wir uns eher bedeckt hielten.
Besonders ich übte mich in Zurückhaltung. Meinen Status als beliebtes It-Girl, ein gefragtes Mitglied der Gesellschaft hatte ich mir schließlich hart erarbeitet.
Ich wollte ihn nicht dadurch verlieren, dass ich einen Stempel bekam, weil ich mich auf den falschen Jungen eingelassen hatte.
Deshalb hielt ich mich lieber komplett von Jungs fern. Oder zumindest weitgehend. Es war auch nicht so, als käme ich mit ihnen überhaupt nicht klar, doch die Wahrheit war, dass ich wusste, dass ich mit keinem von ihnen befreundet sein konnte. Weil sie in mir nur das Mädchen mit dem hübschen Gesicht, der zierlichen Figur und dem Faible für modische Kleidung sahen.
Dabei machte mich wesentlich mehr aus als das. Aber ich hatte mir diese Position schließlich selbst ausgesucht. Dass niemand mich oder meine schulischen Leistungen für ernst nahm, empfand ich als nebensächlich. Meine Eltern stimmte es zwar traurig, doch für mich war Status wichtiger als ein brillantes Genie zu sein. Mal abgesehen davon, dass ich ohnehin kein zweiter Einstein geworden wäre. Zwar war ich nicht unbedingt auf den Kopf gefallen, aber mehr steckte auch nicht dahinter.
Wenn mich allerdings jemand fragte, hatte ich mein letztes Buch mit sieben gelesen und es trug den Titel „Märchensammlungen.“ Inzwischen war ich ein richtiger Profi darin mich vor aller Welt zu verstellen. Selbst Gloria und Kennedy glaubten all meine Facetten zu kennen.
Aber hier geht es nicht darum, wie ich meine Persönlichkeit zurechtbog, um in der Gesellschaft der gefragten Kids zurechtzukommen. Sondern darum, wie ich mich auf ein gewagtes Spiel mit dem Feuer einließ. Einfach weil ich es nicht besser wusste.
Weil ich abenteuerlustig, leichtsinnig und vielleicht auch etwas naiv war.
Wir hatten gerade unsere Pizza Hawaii verdrückt und einen Film beendet, in dem eine junge Frau ihr Bestes gab, indem sie nach Paris abreiste, um Abstand von ihrer Liebe zu nehmen, um dort eine Kochschule zu besuchen, wo aus ihr eine echte Dame wurde.
Auch wenn Geschichten dieser Art voller Klischees strotzten, liebten wir sie über alles.
Wir waren eben alle durch und durch Mädchen.
Vielleicht kamen wir deshalb auf diese seltsam verqueren Gedankengänge, die sich langsam aber sicher in unserem Gehirn festsetzten, während wir uns gegenseitig die Fingernägel lackierten.
Kennedy schüttelte ihre Hände, damit ihr limettengrüner Nagellack trocknete.
Meine Fingernägel hatte sie als erstes bearbeitet. Das hell leuchtende Rot war inzwischen längst getrocknet und ich machte mich daran Glorias Nägel in Aquamarin zu lackieren, was hervorragend zu ihrem dunklen Teint und den schwarzen Haaren passte, die inzwischen genauso lang waren wie meine. Allerdings wirkte auch Kennedy mit ihrer blonden, wilden Kurzhaarfrisur nicht unbedingt burschikos. Dafür war sie viel zu gut ausgestattet.
Sie konnte alles tragen. Mal abgesehen von dem einen Sommer, in dem ich mich für einen Fashionkatalog hatte ablichten lassen, war sie die einzige von uns Freundinnen mit einer ernstzunehmenden Erfahrung als Model. Meine Fotos waren damals auch nur auf einem unbedeutenden Internetportal veröffentlicht worden.
Gerade hatten wir darüber gelacht, was Gloria uns von ihrem letzten Date mit Kev erzählt hatte, den sie so sehr anhimmelte, seit sie ihm das erste Mal auf dem Gang unserer Schule begegnet war.
Sie gingen jetzt bereits seit mehreren Monaten miteinander aus und er stellte sich noch immer an wie ein tollpatschiger, unerfahrener kleiner Junge, was wir irgendwie niedlich fanden.
Zumal wir wussten, dass er vor Gloria bereits die ein oder andere Freundin gehabt hatte.
In der Gegenwart meiner schönen Freundin fiel es ihm anscheinend schwer klar zu denken.
Das wunderte mich nicht. Wäre ich ein Kerl gewesen, hätte ich mich wahrscheinlich ebenfalls von ihrem strahlenden Glanz einschüchtern lassen.
„Was sehen wir uns als nächstes an?“, brachte Kennedy zwischen einer weiteren Lachsalve hervor. Entrüstet blickte ich sie an.
„Kennedy, wir reden hier gerade über Glorias Beziehung und nicht darüber, welcher Hepburn-Klassiker nun angebracht wäre“, erinnerte ich sie halb witzelnd, halb streng. Ich liebte es, wenn wir diese gemeinsamen Abende veranstalteten.
Neben dem Schulstress, meinem stressigen Nebenjob in dem Schulbibliothek und der blutrünstigen Scheidung meiner Eltern half mir das dabei nicht den Verstand zu verlieren. Zumindest einigermaßen. Dabei war es nicht so, als hätte es bei meinen Eltern nicht schon viel eher gekriselt. Selbst mein zehnjähriger Bruder Nino hatte irgendwann begriffen, dass die beiden nicht mehr glücklich miteinander waren. Dass sie sich nicht mehr liebten, weil sie unterschiedliche Dinge wollten. Woran selbstverständlich beide nicht ganz unschuldig waren.
Doch ausschlaggebend für ihre Trennung war wahrscheinlich Moms Affäre mit ihrem jüngeren Arbeitskollegen gewesen, mit dem sie jetzt zusammenziehen wollte – welch eine bittere Ironie.
Kein Wunder, dass Dad sich da überlegte aus London nach York zu ziehen, um ein wenig Abstand zu gewinnen. Für mich stand jedenfalls fest, dass ich nicht bei Mom bleiben wollte.
Ich liebte sie zwar trotzdem über alles, aber ich war auf der anderen Seite noch nicht dazu bereit ihr diesen schwerwiegenden Fehler zu verzeihen, der unsere Familie so brutal auseinandergerissen hatte. Und mit ihrem Freund und ihr einen auf happy Family zu machen.
Zusammen mit ihrem Lover, der höchstens fünf Jahre älter war als ich. Nein, danke.
Mit Dad nach York ziehen wollte ich allerdings auch nicht unbedingt.
Dafür würde ich in London viel zu viel vermissen. Natürlich konnte er im Gegensatz zu Mom, die eine Kunstgalerie leitete, überall Autos verkaufen. Doch es gab nicht überall eine lebensfrohe Kennedy und eine dezent verrückte Gloria, die mich komplett machten.
„Ist ja nicht einmal ganz sicher, ob wir überhaupt eine Beziehung führen“, riss Gloria mich aus meinen regen Gedanken und blickte betreten zu Boden.
Scheu war sie ganz und gar nicht. Keine von uns hatte mit Schüchternheit zu kämpfen.
Obwohl ich mich manchmal gerne aus dem Tumult zurückgezogen hätte, den wir stets auslösten, wenn wir gemeinsam durch die Stadt gingen. Manchmal machten wir uns sogar einen Scherz daraus die Anzahl Telefonnummern zu vergleichen, die man uns in der Stadt zugesteckt hatte.
Oft veranstalteten wir daraus einen kleinen Wettbewerb. Aber nur, weil diese besagten Jungs es nicht wussten. Wir zählten schließlich nicht zu den fiesen Tussis, die andere nach Strich und Faden ausnutzten oder die Menschen verletzten. Denn wir hatten uns fest geschworen nur dann etwas mit einem Typen anzufangen, wenn wir es auch tatsächlich ernst mit ihm meinten.
Spielen gehörte für uns zu einem absoluten No-Go. So nahe wie Gloria diesem Ziel mit Kev inzwischen war, war noch keine von uns gekommen. Deshalb überraschten mich auch ihre Worte.
Beinahe wäre mir der Pinsel entglitten und ich hätte mich vermalt, obwohl ich im Lackieren von Fingernägeln eigentlich mindestens ebenso geübt war wie im Stylen meiner Haare, die täglich anders aussahen.
Heute hatte ich mir einen Dutt gemacht, in dem eine Spange in Form einer dunkelroten Schleife steckte. „Hat er dich etwa immer noch nicht gefragt?“, stieß Kennedy beinahe hysterisch hervor.
Diesen schrillen Tonfall beherrschte sie nahezu perfekt.
Daran merkte man immer, wenn sie besonders aufgekratzt oder verwirrt war. Es war, als würde ihre Stimme jedes Mal eine Oktave höher steigen, ohne dass sie es selbst registrierte.
Ratlos zuckte Gloria mit den Schultern und entzog mir ihre linke Hand, während ich die Nagellackflasche zuschraubte, damit der Inhalt nicht austrocknete. Wir waren alle fertig.
Deshalb griff ich nach den Utensilien, die wir benötigt hatten, um sie wieder an ihren Platz zu räumen. Unordnung konnte ich genauso wenig ausstehen wie Rollkragenpullover oder Strümpfe in Sandalen. Während Kennedy und ich gespannt darauf warteten, dass Gloria eine Erklärung dafür liefert, dass Kev und sie, die das absolute Traumpaar abgaben, noch keinen Schritt weiter gekommen waren, stellte ich die Nagellackflaschen zurück auf das weiß gestrichene Regal zu den anderen.
Seit einiger Zeit hatte ich sie nicht mehr gezählt, aber ich war mir ziemlich sicher, dass ich inzwischen über fünfzig verschiedene Farben besaß. Verrückt, oder?
Ihr solltet mal meinen Kleiderschrank sehen. Ich bin heilfroh, dass Dad die kleine Kammer neben meinem Zimmer zu einer Art Wandschrank umfunktioniert hat, der gut beleuchtet ist.
Sonst hätte ich niemals alle Kleidungsstücke untergebracht, die ich mittlerweile besaß.
Dank ausgiebiger Shoppingtouren mit meinen Freundinnen. Und es wurden beinahe täglich mehr. Es war wie ein innerer Zwang, für den ich jedoch nicht viel konnte.
Allgemein war mein Zimmer noch mädchenhafter als das von Barbie. Obwohl meine Wände in einem klassischen Altrosa gestrichen waren, das man stellenweise sowieso nicht erkannte, weil ich einige Kollagen mit Fotos aufgehangen hatte. Bücher erblickte man auf meinen hellen Regalen jedoch kaum welche, weil ich sie alle sicher unter einer riesigen Kiste unter meinem Bett verstaut hatte. Das sparte Platz. Kennedy und Gloria kannten zwar meinen zweitgrößten Laster, aber da sie ihn nicht teilten, wollte ich die klassischen Werke aus dem Weg haben, wenn sie bei mir übernachteten. Kennedy las höchstens Modefachzeitschriften und Gloria nur die Zubereitung auf der Pizzaschachtel. „Er hat sich eben noch nicht getraut“, druckste Gloria für ihre Begriffe verunsichert, wobei sie an meinem hellen Teppich zupfte.
Hoffentlich zog sie nicht zu viele Fäden.
Misstrauisch legte ich die Stirn in Falten. Gloria zählte zu den absolut altmodischen Mädchen, die der Ansicht waren, dass es an dem Jungen war den ersten Schritt zu wagen.
In dieser Hinsicht war Kennedy das genaue Gegenteil, denn sie betonte immer wie emanzipiert die Welt doch inzwischen sei. Dass Gloria mal lieber aufhören sollte in den Fünfzigern zu leben, obwohl sie die Film aus dieser Epoche ebenfalls liebte. Dass seien zwei verschiedene Paar Schuhe.
Ich befand mich in dieser Hinsicht irgendwo in der Mitte. Mir war es im Grunde genommen gleichgültig, wer den ersten Schritt machte. Denn trotz meines mädchenhaften Charakters glaubte ich nicht an irgendwelche Märchen. Nach außen den Schein waren konnte ich, aber wenn es darauf ankam zweifelte ich an der Liebe. Meine Eltern hatten sich auf romantische Weise in Paris kennengelernt und mein Dad hatte meiner Mom einen Antrag auf dem Eiffelturm gemacht. Ihre Romanze hatte alles, was eine perfekte Liebesgeschichte benötigte.
Doch was hatte es gebracht? Wohin hatte es sie geführt?
Ihre Liebe war gescheitert, weil Mom etwas Besseres geboten worden war. Zumindest ihrer Ansicht nach. Sie hatte selbst nach den Sternen gegriffen, obwohl Dad ihr ein ganzes Sonnensystem zu Füßen gelegt hatte.
Doch ich wollte meinen Freundinnen keinesfalls ihre Illusionen rauben, weshalb ich den Mund hielt, während zwischen ihnen eine wilde Diskussion entflammte.
Darüber wer recht behielt und wer sich im Irrtum befand.
„Dann ergreife du eben die Initiative! So schwer kann das doch nicht sein!“, redete Kennedy eindringlich auf Gloria ein, die sich leicht duckte. Als hätte Kennedy versucht sie zu attackieren. Derweilen machte ich mich an meiner Stereoanlage zu schaffen.
Wenn wir uns schon keinen weiteren Film mehr ansahen, wollte ich wenigstens für stimmige Musik sorgen. Während das Gerät sich einschaltete, strich ich über meine cremefarbene Flanellhose mit den großen, schwarzen Punkten, die nicht nur modisch, sondern auch äußerst bequem war.
„Ach ja? Was denkst du denn, wird Kev machen, wenn ich das getan habe?“, wollte Gloria angriffslustig wissen, die befürchtete, dass sie sich dadurch uninteressant machte.
„Begeistert sein vielleicht? Sicherlich wartet er nur darauf, dass du endlich die Gelegenheit beim Schopf packst! Ehrlich... Frauen sollten die Männer mehr überraschen... Oder willst du dich ernsthaft in ein Klischee zwängen lassen?“, wetterte Kennedy und kam jetzt erst richtig in Fahrt.
Ich wusste überhaupt nicht, wie häufig die beiden diese Diskussion bereits geführt hatten.
Nach dem dreiundvierzigsten Mal hatte ich aufgehört zu zählen. Da hielt ich mich lieber neutral – ich war praktisch wie die Schweiz.
„Sag du doch auch mal etwas, Skye!“, forderte Gloria mich hilfesuchend auf, der anscheinend die Argumente ausgegangen waren. Gegen Kennedy kam nicht einmal ein Rudel Wölfe an.
Anstatt ihr zu antwortete, legte ich die CD ein, die auf meiner Kommode lag.
Obwohl klassische Musik nicht zu meinem Lieblingsgenre gehörte, selbst wenn sie stimmig klang, zähle diese Platte zu meinen liebsten überhaupt. Wie oft hatte ich sie bereits gehört?
„Ich halte mich da besser raus“, verkündete ich schlicht, während die ersten Töne des Pianos erklangen. Genervt verdrehte Gloria die Augen. Ob es jedoch an Kennedys kontroversen Ansichten oder an der Musik lag, die jetzt den Dachboden erfüllte, in dem sich mein großes Zimmer befand, damit ich meine Ruhe hatte, konnte ich nicht beurteilen.
Vielleicht auch etwas von beidem. Jedenfalls hatte ich mein Ziel erreicht und meine Freundinnen widmeten sich nun anderen Themen als dem, was Kev wohl davon abhielt Gloria endlich zu küssen, bis sie umfiel. Während ich den zarten, unbeschreiblichen Klängen des Pianos lauschte, griff ich mir in mein kastanienbraunes Haar, das dank einer Pflegespülung von Gloria wieder über ausreichend Glanz verfügte. Manchmal brauchten sie so etwas einfach.
„Was findest du eigentlich an dem?“, grummelte Gloria missgestimmt, die im Gegensatz zu Kennedy meine Begeisterung für den Künstler nicht teilte. Obwohl ihr es weniger auf sein Ausnahmetalent ankam. Ernsthaft... wie gelang es manchen Pianisten nur so viel aus einem Instrument herauszuholen? Nicht umsonst war der gerade einmal achtzehnjährige Jun Taro in ganz Großbritannien als der berüchtigte Jungpianist aller Zeiten bekannt. Und nicht nur dort, denn berühmt geworden war er zuallererst in Asien, wo er aufgewachsen war.
Laut der britischen Medien sorgte er nicht nur in unserem Land dafür, dass klassische Musik endlich wieder gefragt war. Er löste einen regelrechten Hyphe aus, besonders bei den jungen Mädchen. Dass er gut aussah, fand ich zwar ebenfalls – jedenfalls auf den Bildern in verschiedenen Zeitschriften oder im Internet, sowie bei seinen diversen Fernsehauftritten.
Aber mir kam es eher auf die Musik an. Vielleicht lag es ja auch daran, dass meine Mutter selbst aus einer Künstlerfamilie stammte, dass ich damit etwas anfangen konnte.
Kennedy hingegen hatte ihn oftmals als Augenschmaus bezeichnet und sich sehnlichst gewünscht, dass er nicht in Dublin, sondern ebenfalls in London leben würde.
Dabei war er ebenfalls erst vor einem Jahr nach Irland gekommen.
Am besten in ihrer unmittelbaren Nachbarschaft. Obwohl ich bezweifelte, dass ein Prominenter wie er in eine Wohnhaussiedlung gezogen wäre, in dem Ruhe ein Fremdwort war.
Deshalb hielten wir unsere Mädchenabende auch viel lieber in unserem Einfamilienhaus ab.
Auch wenn sich nur noch fragte, wie lange uns das möglich sein würde.
Jetzt wo meine Familie ein gespaltenes Haus war.
Ich hatte immer noch nicht entschieden, für welche Variante des Rosenkrieg-Hölle ich mich entscheiden wollte. Dad vor den Kopf stoßen, indem ich diese Verräterin Mom in ihrer Beziehung unterstützte, oder mein gewohnter Umfeld zu verlassen und in York komplett neu anzufangen.
Keine dieser Optionen erschien mir wirklich berauschend.
Ich konnte es überhaupt nicht abwarten einen von den beiden zu enttäuschen, weil ich lieber bei dem anderen lebte.
Irgendwann hatte sich Gloria an die sanften Klänge der Musik gewöhnt, die sie als langweilig bezeichnete und wir lachten ausgelassen. Die Stimmung wurde immer besser und ausgelassener.
Von dem Streit, welchen die beiden noch vor kurzem gehabt hatten, war absolut keine Spur mehr.
Als ich dann für karamellisiertes Popcorn sorgte, schien die Überdosis an Zucker uns dann unzurechnungsfähig zu machen. Lachend krümmten wir uns auf dem Boden.
Bis auf Kennedy, die sich auf meiner großen Matratze auf meinem Bett ausgebreitet hatte und sich eines meiner bunten Kissen mit dem Blumenmuster geschnappt hatte. Weil ich diese so gerne mochte, zogen mich meine Freundinnen häufig auf. Dabei war das gerade wieder modern und ich hatte es bereits vorher gemocht. Übrigens erging mir das mit vielen Trends so. Mom meinte immer, dass das nur daran läge, dass die Frauen unserer Familie selbst Trends setzten.
Das hatte sie mir gesagt, als meine Welt noch in Ordnung gewesen war. Bevor aus unserer Familie eine zerrüttete Bande geworden war, die sich allmählich ins Nichts auflöste. Dad packte bereits seine Sachen zusammen, woran ich nur ungern dachte.
Am liebsten hätte ich seine Kartons verbrannt. Doch das hätte nur dazu geführt, dass er sich neue besorgte. Sein Entschluss noch einmal neu anzufangen stand fest. Wobei ich wusste, dass er weder mich, noch Nino im Stich lassen wollte. Deshalb hoffte er auch immer noch darauf, dass auch ich ihn begleitete. Ich schuldete meinen Eltern noch eine Antwort. Bei Nino stand schließlich längst fest, dass er Dad nach York begleiten würde, da Mom in ihrem Job viel zu viel zu tun hatte, um sich um ihn zu kümmern. Sagte das nicht schon alles über ihren und Daddys Charakter aus?
Außerdem freute der Kleine sich auf diesen Tapetenwechsel. Dafür würde er Mom ein Wochenende im Monat, sowie während der Ferien besuchen kommen.
Ich wusste, dass Nino mich gerne dabei gehabt hätte. Denn trotz kleinerer Kabbeleien, die unter Geschwistern normal sind, war er verrückt nach mir. Ja, mein kleiner Bruder hing wirklich an mir. Aber darin bestand der Nachteil bereits kurz vor der Volljährigkeit zu stehen. Meine Eltern erwartete eine vernünftige Entscheidung von mir, die ich auch entsprechend begründete.
An diesem Abend versuchte ich so wenig wie möglich darüber nachzudenken, was mir bevorstand. Obwohl der Gedanke mir bereits seit geraumer Zeit durch den Kopf schwirrte.
Er hatte sich dort festgesetzte und häuslich eingerichtet.
Damit ging es ihm mir gut, mir hingegen ging es hundsmiserabel.
Vielleicht ließ ich mich deshalb zu dieser Albernheit mit meinen Freundinnen hinreißen. Vermutlich dachte ich deshalb nicht genauer darüber nach. Lachend lag ich auf dem Boden und blickte unvermittelt an die Zimmerdecke.
„Wisst ihr eigentlich schon von diesem Eliteinternat für Jungs, das sich in einem Vorort von London befindet?? Mit dem Zug sind es von uns aus etwa vierzig Minuten“, lenkte Kennedy kichernd ein.
Stirnrunzelnd griff ich nach einem Kissen und warf es in ihre Richtung. Leider verfehlte es sie.
Wie kam sie jetzt von den Waffeln, die wir neulich in der Schule gebacken hatten und die schrecklicher ausgesehen hatten als sie geschmeckt hatten, auf ein Eliteinternat für Jungs?
„Was interessiert uns eine Knabenschule?“, sprach Gloria meinen Gedanken aus und stieß mit ihrem Fuß gegen mein Bein. Wenn sie es so haben wollte. Ich tat es ihr gleich.
Bald darauf lieferten wir uns ein Duell mit unseren Beinen, das Kennedy gekonnt ignorierte, die sich inzwischen aufgesetzt hatte. „Das fiel mir gerade ein, als ich die einfühlsamen Klänge dieses Poeten gehört habe, der bestimmt ein extrem guter Liebhaber ist“, umschrieb sie es schwungvoll und meinte damit Jun. Da passte sie zu den zahlreichen Mädchen, die für ihn schwärmten und die praktisch einen Schrein errichtet hatten, um ihn anzubeten.
Wie viele Mädchen aus unserer Schule. Mitten in der Bewegung hielt ich inne, was Gloria einen deutlichen Vorteil lieferte. Dafür würde die nächste Runde an mich gehen.
„Was hat denn dieser Mozart für Arme damit zu tun?“, stichelte Gloria gehässig, obwohl er soweit ich wusste eine Stange Geld damit verdient hatte eine Musikrichtung populär zu machen, die normalerweise von Leuten in unserem Alter gemieden wurde.
Vielleicht war er auch deshalb reich.
„Gerüchten zufolge besucht er diese Schule seit einigen Monaten, um dort seinen Abschluss zu machen“, verkündete Kennedy, wobei ihre Augen gefährlich leuchteten.
In ihr konnte man ebenso gut lesen wie in einem Buch. Daher vermutete ich, dass sie sich darüber freute ihn in der Nähe zu wissen.
„Ich dachte er lebt inzwischen in Wales?“, erkundigte sich Gloria mit hochgezogener Augenbraue.
„In Dublin, Schätzchen. Das ist in Irland“, erinnerte ich sie mit einem ironischen Lächeln.
„Leider ist die Schule wie gesagt nur für Jungs und sie soll auch schwer bewacht sein, damit ja keine Unbefugten rein kommen und die reichen Musterknaben beim Lernen stören“, seufzte Kennedy tief, womit sie unsere Unterhaltung komplett unter den Tisch fegte. Oder in diesem Fall eher unter mein Bett. Vielleicht hatte sie bereits einen Plan ausgeheckt, um doch einen Blick auf ihn zu erhaschen. Ich kannte sie doch. Vor drei Jahren hatte sie das Gleiche bei dem Gitarristen ihrer Lieblingsband versucht. Der Schuss war leider komplett nach hinten losgegangen, aber Kennedy gab sich nicht so einfach geschlagen.
Ihr Lebensplan beinhaltete nämlich eine berühmte Persönlichkeit zu heiraten, um selbst zu einer Art First Lady zu werden.
„Wenn du ein Junge wärst, würdest du bestimmt versuchen dich um einen Platz an diesem Internat zu bewerben“, fing nun auch ich an zu sticheln, worauf sie mir einen gespielt bösen Blick zuwarf. Weil ich sie einfach gut genug kannte. Was ich nicht wusste, war, dass dieser Satz den Stein erst ins Rollen brachte. Auf einmal kicherte Gloria eigenartig diabolisch.
Was niemals etwas Gutes verhieß. Shcon gar nicht im Zusammenhang mit dem Zuckergehalt, den wir bereits verdrückt hatten.
„Könnt ihr euch Skye an einem Jungeninternat vorstellen?“, neckte Gloria mich unverhohlen, worauf ich empört nach Luft schnappte. Rein theoretisch hätte sie jeden von uns drei nehmen können. Auch Kennedy begann jetzt lauthals zu lachen.
„Wahrscheinlich würde sie alles aufhübschen und die feinen Schuluniformen mit Blumenbroschen versehen. Dann würde auch alles nach ihrem Parfum nach Glockenblumen duften“, zog sie mich weiter auf. Kerzengerade setzte ich mich in aufrechte Position.
Normalerweise war ich absolut ausgeglichen. Mich brachte nichts so leicht aus der Ruhe. Deshalb wunderte es mich auch, dass ich dermaßen auf ihre Worte ansprang, die eher ein Scherz sein sollten. Aber gerade taten sie wirklich so, als wäre ich eines dieser zarten Modepüppchen.
„Oh ja... und sie würden sich um sie streiten und sich gegenseitig verprügeln...“, meinte Gloria glucksend. Vorwurfsvoll musterte ich meine Freundinnen. Hielten sie mich etwa für dermaßen unfähig mit Jungs zu kommunizieren? Anders als sie nannte ich zwar keine Jungs meine Freunde, aber ich hätte auch locker Kumpel haben können, wenn ich das wirklich gewollt hätte.
Genau das wollte ich ihnen deutlich machen. Trotzig reckte ich mein Kinn.
„Ich wäre ein besserer Junge als jede von euch!“, stellte ich eisern klar, worauf Kennedy und Gloria verwirrte Blicke wechseln. Nur um in der nächsten Sekunde wieder in schallendes Gelächter auszubrechen. Sie nahmen weder mich, noch meine Worte ernst!
„Du würdest die Scherze unter Jungs nicht für zwei Minuten aushalten, ganz zu schweigen von einer Scharade wie dieser“, merkte Kennedy wissend an, „Außerdem würdest du sofort gnadenlos auffliegen.“ Dabei hatte sie keine Ahnung, wie sehr sie damit meinen Wetteifer anstachelte.
Ich lange nach dem Popcorn, aß einige Bissen und schluckte. Schließlich besaß ich Manieren.
Auf einmal grinste Gloria verwegen.
„Siehst du... Du gibst ein hervorragendes Mädchen ab, aber als Junge wärst du leider viel zu ungeeignet. Du würdest keine Freunde finden oder sofort auffliegen“, ergänzte sie ernst.
Das reichte. Endgültig. „Wetten doch?“, wollte ich herausfordernd wissen, worauf Kennedy eine Augenbraue nach oben zog, wobei sie mich von oben bis unten musterte.
Ich wusste ganz genau, was sie dachte. Dass ich mit meiner zarten, blassen Haut nicht über das passende Aussehen verfügte, um als Junge durchzugehen. Dass meine karamellbraunen, langen Haare und meine moosgrünen Augen eher ein Hindernis darstellten. Aber ohne Make-up und mit der richtigen Aufmachung wäre ich sicherlich ein besserer Kerl als manch ein richtiger Junge.
Davon war ich felsenfest überzeugt.
„Sie würden mich lieben“, setzte ich rasch hinzu. Glorias Grinsen deutete etwas Unheilvolles an.
Und damit besiegelte ich mein Schicksal, denn auch ich wollte diese nahezu irrsinnige Herausforderung annehmen. Es überraschte mich nicht einmal mehr, als Gloria mir schließlich vorschlug mich an diesem Internat um ein Stipendium zu bewerben. Schließlich dauerten die Sommerferien noch ganze drei Wochen an und manchmal nahmen Schule, wie diese auch kurzfristig neue Schüler auf.
Wahrscheinlich glaubten sie ich würde in letzter Sekunde kneifen. Selbst wenn ich damit durchkäme. Aber ich besiegelte diese Wette mit einem Schwur. Denn ich war felsenfest davon überzeugt einen dermaßen perfekten Jungen spielen zu können, dass ihnen Hören und Sehen verging. Dass ich mir damit einen gewaltigen Ärger einhandelte, bedachte ich nicht im Mindesten. Vielleicht wollte ich aber auch nicht darüber nachdenken, sondern endlich etwas wagen. Aus meiner Wohlfühlzone entfliegen und etwas gewagtes, verrücktes tun.
Vielleicht war es aber auch einfach nur extrem leichtsinnig.