Ich finde hierbei, wie bei so vielen Dingen, ist eine differenzierte Betrachtungsweise wichtig.
Auf der einen Seite ist es erstmal eine persönliche Entscheidung. Jeder Mensch hat Autonomie über seinen eigenen Körper. Wenn ein Mensch sich also entscheidet, dass er nicht mehr leben möchte, ist das von der Grundidee her erstmal zu akzeptieren. Genauso, wie wenn jemand sich vollsaufen oder Drogen nehmen will. Man muss nicht gut finden, wofür sich jemand anderes entscheidet, aber man muss es respektieren. Weiterhin gibt es auch durchaus legitime Gründe für einen Suizid. Unheilbare Krankheiten oder Ähnliches. Wenn jemand nur noch ein Jahr in Schmerzen zu leben hat, finde ich es legitim, wenn er sich entscheidet, dass er es dann lieber jetzt beenden möchte. Große Dosis Morphium in den Arm und fertig ist die Kiste.
Das ist natürlich keine einfache Sache, denn hier muss man dann auch betrachten, dass nicht bei jedem Menschen wirklich eine ungetrübte Entscheidungsfähigkeit existiert. Beispielsweise alte Leute, die sich umbringen, um niemandem zur Last zu fallen, wenn sie ein Pflegefall werden. Das kann eine rationale und wohlüberlegte Entscheidung sein, es kann aber auch sein, dass die Angehörigen diese Person - wenn auch unbewusst - dazu gedrängt haben, sich das Leben zu nehmen. Ein anderer Punkt, der bei Suiziden auch eine große Rolle spielt, ist die psychische Verfassung. Depressionen lösen bekannterweise auch Suizide aus. Ist ein Mensch, der depressiv - also, geistig krank - ist, in der Lage, eine rationale Entscheidung über sein eigenes Weiterleben zu treffen? Man könnte gut sagen, dass hier die Depression die Entscheidung trifft. Wenn wir den Menschen von seiner Depression heilen würden, würde er sich anders entscheiden. Hier kommen wir dann auch in spannende philosophische Gebiete, wie z.B. die Frage "Wenn ich durch Medikamente meine Persönlichkeit ändere, bin ich dann noch ich, oder verschwinde ich, und eine neue Person mit all meinen Erinnerungen nimmt meinen Platz ein?", aber das ist hier erstmal nicht das Thema.
Abschließend also: Suizid ist erstmal ein Recht, das jedem Menschen offen stehen sollte (daher bin ich auch Befürworter der Sterbehilfe), aber in der Praxis ist es oftmals schwierig zu entscheiden, ob es wirklich eine freie Entscheidung nach rationaler Abwägung oder ein Zwang von außen (oder innen) war. Und in der Praxis gibt es oft bessere Lösungen als den Suizid, die ein Mensch aufgrund von Depression gar nicht sieht.