Hallo Kaito,
zunächst einmal finde ich es sehr mutig von dir, so offen über deine Probleme zu sprechen. Das war bestimmt nicht einfach.
Ich lese eine große Einsamkeit und Schmerz aus deinem Text heraus. Aber auch Hoffnung und Wünsche - Diese zwei Dinge mögen sich eventuell gerade sehr weit entfernt und nicht greifbar anfühlen aber sie sind da und das ist ein großes Geschenk.
Greife sie am Schopfe und arbeite mit ihnen an deinem Schmerz. Nutze sie. Ich sage das ganz bewusst, denn irgendwo haben deine Probleme ihre Wurzel und die solltest du verstehen lernen.
Du schreibst von Vertrauensbrüchen und einer gewissen Angst, erneut Vertrauen zu fassen. Das ist nicht verwunderlich, denn dir wurde Ungutes getan und das hinterlässt Spuren. Du hast für dich gelernt, dass Rückzug eine gute Verteidigung ist und Böses von außen von dir weitgehend abhält. Aber „es ist unmöglich, das Licht richtig zu würdigen, ohne das Dunkle zu kennen.“
Sprich, lerne dich besser kennen. Und damit meine ich nicht „Ja das kommt alles vom Mobbing und Person xy“ sondern viel detaillierter; das Wie und Warum ist sehr entscheidend.
Wie kam es dazu, dass du gemobbt wurdest? Hast du dich verteidigen können, für dich einstehen können? Und wenn nicht, wieso nicht?
Warum hat Person xy dich dermaßen verletzten können, dass es dein weiteres Leben jetzt so beeinflusst?
Was fehlt dir, um dein Selbstbewusstsein aufzubauen?
Warum kannst du Kraft für andere aufbringen (Helfersyndrom) aber nicht unbedingt für dich selbst?
Du hast Psychotherapie und Tagesklinik ausprobiert aber manchmal reicht das nicht. Ich kenne dich nicht aber du wirkst auf mich sehr gebeutelt von deiner Situation. Auch, weil du kaum jemanden in deiner Umgebung hast, auf den du dich stützen kannst. Und es wird ja so kaum besser, eher im Gegenteil, es kommen vielleicht noch ein paar neue Päckchen dazu…
Ich kann dir nur raten, nicht allein damit zu bleiben.
Klinik klingt immer so absolut und ehrfürchtig aber betrachte es als eine Möglichkeit, dich von Außen mal komplett abzukapseln und dich auf nichts anderes als dich selbst zu konzentrieren. Ich meine Vollstationär. Nicht Tagesklinik. Ich halte Tagesklinik für eine gute Anschlußsache aber man ist abends halt doch immer wieder zuhause. Und das ist ein kleiner aber sehr feiner, spürbarer Unterschied.
Klinik benötigt aber auch einen starken Willen, etwas ändern zu wollen. Hat man den, wird man in den meisten Fällen dafür sehr belohnt.
Was ich mir in deiner Situation auch gut vorstellen kann, ist eine angeleitete Selbsthilfegruppe. Ja, man sitzt mit mehreren Leuten im Stuhlkreis und redet über seine Probleme; Man kennt es aus Film und Fernsehen und alle finden das immer sehr witzig.
Aber ernsthaft, es macht viel mit dir - unbewusst. Du kannst in der Gruppe Interaktionen üben und dein Selbstbewusstsein auf die Probe stellen. Und du lernst Gleichgesinnte kennen.
Es dauert, sich in diesen Dingen wieder aufzupäppeln.