So. Bevor man sich hier nun gegenseitig zerfleischt, möchte ich mich mal mit ein paar Fakten zu Wort melden, denn ich steh' total auf Fakten und die Vermutungen, die man damit anstellen kann. Also.
Im Jahre 2017 wurden insgesamt 153.501 Ehen geschieden. Im Jahre 1990 waren es 122.869. Noch immer eine Hausnummer, im Vergleich zum Jahre 2003, wo 213.975 Ehen geschieden wurden, ein gewaltiger Unterschied. Soviel also dazu, wie viele Ehen mittlerweile allgemein geschieden werden. So viel schlimmer (aka "Generation Beziehungsunfähig") als bis vor 28 Jahren ist es nun also definitiv nicht. Hier nachlesbar.
Kommen wir zum zweiten Punkt, dem Scheidungsalter. Hier wird oft unterschwellig suggeriert, dass heutige Beziehungen ohnehin nicht lange anhalten und sich immer schneller geschieden wird. Im Jahr 2001 waren die Frauen, die sich scheiden ließen, durchschnittlich 38,6 Jahre alt, die Männer 41,2 Jahre alt. 2017 steigt das Alter merkbar an: Frauen sind durchschnittlich 43,8 Jahre alt, Männer 46,8. Es sind also nicht vornehmlich die bösen, jungen Leute, die schnellstmöglich heiraten und sich dann schnellstmöglich wieder trennen. Hier nachlesbar.
Die durchschnittliche Ehedauer ist auch so eine Sache. Zwar heiraten sowohl Frauen (31,5 Jahre) als auch Männer (34 Jahre) inzwischen wesentlich später als früher, allerdings hält ihre Ehe auch im Vergleich zum Jahre 2006 um 1,3 Jahre länger, nämlich durchschnittlich 15 Jahre.
Kurzum: So hoch und so dramatisch, wie die Scheidungsrate hier stellenweise dargestellt wird, ist es nicht. Lustigerweise ist die Scheidungsrate im Vergleich zu den Eheschließungen wesentlich höher als früher, da man heutzutage tatsächlich weniger heiraten will. Es gibt also in Relation zur Eheschließung an sich mehr Scheidungen, aber bleiben diese auch länger zusammen. Das als kleine Anmerkung am Rande, bevor sich jemand beschwert, dass ich das nicht miteinbeziehe.
Kommen wir zu einem anderen Punkt: Dem Geld und den bösen Frauen, die hinter diesem her sind. Zuerst einmal: Wenn man sich scheiden lässt, dann schreibt das Gesetz einen Vermögensausgleich vor. Das bedeutet, dass gewonnene Güter WÄHREND der Ehe gleichermaßen aufgeteilt werden müssen - allerdings nicht immer. Dazu komme ich gleich. Güter, die vor der Eheschließung gewonnen wurden, gehören der jeweiligen Person, die sie gewonnen hat. Unterhalt bekommt die Frau übrigens nur dann, wenn sie ein Kind betreut (allerdings gilt dieses Betreuungsgeld auch nur bis zum vollendeten dritten Lebensjahr), wegen ihres Alters keine Erwerbstätigkeit mehr nachweisen kann oder findet, aufgrund von Alter und Gebrechen nicht mehr arbeiten kann, sich nicht selbst trotz Erwerbstätigkeit unterhalten kann oder eine Ausbildung, Fortbildung oder Umschulung absolviert, die sie aufgrund ihrer Ehe zuvor nicht absolvieren konnte. Hier nachzulesen. Natürlich gibt es auch hier gewisse Sonderfälle, s.h. die ganzen Sachen mit "gegebenenfalls", grundsätzlich jedoch ist das wohl nicht der Fall - außer die Frau hat eben den größten Teil der Ehe nur als Hausfrau verbracht und kann deshalb nicht mehr in ihren Job zurückkehren.
So, jetzt kommt aber der Knackpunkt: All das - oder zumindest ein ganz, ganz großer Großteil - kann durch einen Ehevertrag vorzeitig geregelt werden, damit der Mann (oder die Frau, je nachdem) keinerlei Nachteil davonträgt. Hier nachzulesen. Und das ist der springende Punkt, warum ich beim Thema "Ja, aber das Geld danach!" immer ein wenig mit den Augen rollen muss. Wenn man Angst um sein Vermögen hat, wenn man sich voll und ganz absichern möchte, dann macht man gottverdammt nochmal einen Ehevertrag. Dieses Herumgejammere, dass letztlich ja alles nur auf's Geld hinausläuft, gerade bei einer Scheidung, ist einfach kein Argument, da sich all das ganz einfach in sicheren Tüchern einpacken lässt. Wer, tut mir leid, so blöd ist und sich von einer geldgeilen Ollen oder einem Typen einlullen lässt, tja, der ist eben selbst Schuld, ganz einfach. Mit so etwas habe ich dann auch kein Mitleid.
Das Gleiche gilt im Übrigen auch für Beziehungen, bei denen man gleich "all in" geht, hundsteure Geschenke macht und sich dann wundert, warum die Person plötzlich abhaut. Ja, es gibt so Idioten. Und ja, sowas tut natürlich weh. Aber irgendwo muss man auch ein wenig Menschenverstand besitzen und sich selbst sagen können: "Okay, vielleicht ist das drölftausendeuro teure Pony doch ein wenig übertrieben." Klar liebt man seinen Partner und klar, möchte man ihn auf Händen tragen. Das bedeutet aber nicht, dass man ihm jeden Wunsch erfüllen und ihm so viel Kohle und materielle Güter in den Hintern schieben muss, dass es oben wieder rauskommt. Manchmal muss man einfach "Nein." und "Das musst du dir mal selbst verdienen." sagen. Wenn der Partner damit nicht klar kommt, dann weiß man eigentlich sofort, wen man da eigentlich vor sich hat. Es wundert mich ohnehin immer sehr, was sich manche Paare gegenseitig schenken. Klar, in Notsituationen mag ein großes, sinnvolles Geschenk echt die Rettung auf Erden sein, im Normalfall ist sowas jedoch unheimlich blindäugig. Und gerade derjenige, der so hinter seinem Geld her ist und jede Investition in einen Menschen, der einen auf langfristige Zeit verlässt, als unnötig und Abzockerei ansieht, der muss sich einfach vorher genaue Gedanken machen, da man niemandem in den Kopf gucken kann. Selbst der tollste Freund oder die tollste Freundin kann sich nämlich als geldgeiles Stück entpuppen. Darum: Gar nicht erst das Risiko eingehen, das ohnehin ziemlich unnötig ist.
Und @chaosd, das ist wirklich nicht böse gemeint und ich kann dich wirklich gut leiden, aber ich finde es definitiv nicht schön, dass du den meisten Frauen, die sich scheiden lassen, reine Boshaftigkeit zu unterstellen scheinst. Ca. 79.000 der von Frauen eingereichten Scheidungen sind auf einvernehmlicher Basis eingereicht worden (leider habe ich auf diese Zahl keinen Zugriff mehr, da mir die Seite irgendwas von einem Premiumaccount von 49€ pro Monat vormachen will. Pff.). Das ist die eine Sache.
Die andere Sache ist ein ganz konkretes Beispiels, mit dem du in deiner Argumentationskette ebenfalls arbeitest. Ich möchte dir einmal kurz erzählen, was die Mutter meines Freundes gemacht hat, nachdem sie die Scheidung eingereicht hat. Nämlich rein gar nichts. Der Vater meines Freundes hat ihr alles genommen. Sie konnte einen Bruchteil ihrer Möbel mit in die neue, winzige Wohnung nehmen, die Eigentumswohnung, für die ursprünglich BEIDE Partner eingetragen waren, gehört ihr schon lange nicht mehr. (Und übrigens wurde sie auch, soweit ich weiß, nicht ausgezahlt.) Sie musste sich einen neuen Job suchen, während sie zeitgleich nicht nur irgendwie für sich, sondern auch für den jüngeren Bruder meines Freundes sorgen musste, der KEINEN Unterhalt von seinem Vater bekommen hat.
Vor ein paar Wochen war ich bei der Mutter meines Freundes, die mir ziemlich wütend erzählt hat, dass ihr Ex-Mann ihr nun mit dem Anwalt droht. Warum? Sie hat damals für ihn ein paar Fonds eröffnet. Aus irgendeinem Grund konnten diese nicht über seinen Namen laufen, weshalb sie sie auf ihren Namen hat laufen lassen. In den letzten paar Jahren hat sie natürlich das entsprechende Geld ausgezahlt bekommen, das rechtmäßig eigentlich ihr gehört, da ihr Name nun einmal drunter steht. Und dennoch macht ihr Ex-Mann nun so einen Stress und riskiert sogar, den Kontakt zu seinem anderen Sohn zu verlieren, der das natürlich gar nicht lustig findet.
Nach all den Jahren, in denen sie versucht hat sich eine neue Existenz aufzubauen, nachdem sie mit 0 aus der Ehe rausgekommen ist, will er ihr nun auch noch das bisschen Luxus wegnehmen, das sie nun dazugewinnen konnte. Aller Wahrscheinlichkeit nach wird er damit nicht durchkommen und gar nicht erst klagen, aber allein der Gedanke dahinter zeigt doch schon, dass er ziemlich geldgeil unterwegs ist. Ist das fair und rechtens? Ich denke nicht. Natürlich denke ich mir auch bei ihr: "Hätte sie sich damals mal richtig abgesichert...", aber es geht um den Punkt, der hier gemacht wird - dass ja fast nur Frauen die Bösen sind, die das Geld wollen.
Diesen kleinen Rant verfasse ich nicht, weil ich eine Frau bin, sondern weil ich es einfach unsinnig finde, wenn sich über solche Dinge aufgeregt werden, die sich unheimlich leicht absichern lassen. Wer sein Geld und seine Besitztümer vor und während der Ehe behalten will, der macht einen Ehevertrag, Punkt. Und wer in einer Beziehung nicht abgezockt werden will, der bläst seinem Partner nicht durchweg Zucker in den Hintern, sondern macht Geschenke zu etwas Besonderem. Und wer Angst um sein Geld und dessen Verschwendung hat, der gibt erst gar nicht so viel Geld für einen Menschen aus, so einfach ist das. Tut mir wirklich leid, aber blindäugig zu sein und sich dann nachträglich zu beschweren ist... Na ja, dafür kann ich einfach kein Mitleid aufbringen.