Kapitel 8
Sie wusste nicht, wie viel Zeit vergangen war. Sie erwachte auf einem Berghang. Ein Ruf in der Ferne.... in ihrem wirren Kopf klang es nach “Eierkarton“... Und das Geräusch von einem Schwert, welches durch die Luft fetzte. Es bedurfte ihrer ganzen Willenskraft um aufzustehen. Sie folgte dem Kampfgeräusch. Ein Schwertkämpfer, der einen Dieb zu Fall gebracht hatte. Er hatte braunes Haar, trug blaue Kleidung... doch diese voluminöse Frisur kam ihr seltsam bekannt vor.
Er musterte sie unschlüssig:“ wer bist du?“ Sie trat zögerlich näher: “...Yasuo?“ Er kratze sich am Kopf: “kennen wir uns?“ Es tat weh das zu hören. “Ich bin es. Darqueria.“ Ein Blick des Erkennens. Doch jemand näherte sich ihnen. Sein Körper war teilweise von Bandagen bedeckt... sein langes Haar war schwarz und seine Augen strahlten in einem hellen Licht. Eine Art rote Krone bedeckte seinen Kopf. Aber er war es. Es konnte nicht anders sein.
Ihr Herz machte einen Sprung. Doch auch er schien sie nicht zu erkennen. “Wir sollten weiterziehen.“, sagte Yone ohne sie zu bemerken. Yasuo nickte. Er warf ihr einen Blick zu, bevor er seinem Bruder folgte. Darqueria verwandelte sich und sah zu Boden: “...leb wohl... Yone...“ Yone drehte sich ruckartig um und sah sie nur noch fortfliegen.
Lange dachte sie nach. Was sollte sie nun tun? Ihre Gedanken kreisten um alle. Um Yone.... um Yasuo... um das Rehmädchen... um Riven... Ahri.... selbst um Teemo... Als sie an Thresh dachte, blieb sie mitten in der Luft stehen. Er hatte sie benutzt und verraten. Es tat so weh an ihn zu denken... So weh..., dass sie am Liebsten sterben würde... Darquerias Weg führte sie in den verschneiten Norden. Und auch ihr Herz schien sich allmählich abzukühlen. Sie gehörte nicht hierher. Es war dumm zu glauben, dass es irgendwo einen Ort gab, an den sie sich zuhause fühlen konnte. Und dennoch... die Zeit bei Thresh hatte ihr gut getan. Sicher - er wollte sie nur loswerden. Sie war eine unbekannte Größe in seiner Rechnung. Was hatte er mit ihr bezwecken wollen? Warum hatte er sie nicht gleich zurück dorthin geschickt? War sie vielleicht doch nützlich für ihn gewesen? Aber warum hatte er sie dann erst vor Ahri gerettet um sie dann in den Abgrund zu reißen? Vielleicht hatte er ganz eigene Pläne... Sie rastete in einer Höhle, als sie etwas bemerkte. Ein ... Schnuppern? Sie bemerkte, dass ein pelziges kleines Wesen mit Hörnern und einer großen Zunge an ihrer Provianttasche hockte und neugierig die Nase hineinsteckte. Wie nannten die Einheimischen diese Geschöpfe noch gleich? Poros? Doch seltsam, im Gegensatz zu seinen Artgenossen war dieser Poro statt weiß, komplett schwarz. Er bemerkte ihren Blick und schien nach einem Versteck zu suchen - und verkroch sich in ihre Tasche. “Ich tu dir nichts.“, sagte sie kühl. Der schwarze Poro lugte neugierig aus seinem Versteck. Darqueria lächelte und zog einen Keks aus ihrem Umhang und legte ihn vor den Poro. Dieser stieß ein freudiges Quietschen aus und machte sich über den Keks her, welcher fast so groß wie er selbst war. Niedlich.“Ah, du hast ihn gefunden.“, ein alter Poro-Hirte betrat die Höhle. Er hatte einen langen weißen Bart und ein gutmütiges, wettergegerbtes Gesicht. “Ich fürchtete schon, er würde nie einen Freund finden.“ Einen.... Freund? Darqueria blickte auf das flauschige schwarze Geschöpf, welches es sich mittlerweile auf ihrer Schulter gemütlich gemacht hatte. “Wie du bemerkt hast, ist dieser Poro etwas ... anders. Er hat sich der Herde nie zugehörig gefühlt. Ich würde mich freuen, wenn er wenigstens in dir eine Bezugsperson findet.“, sagte er. Darqueria streichelte das Geschöpf und nickte. “in Ordnung.“ Der Poro-Hirte schien sich aufrichtig zu freuen. Er rastete kurze Zeit bei ihr und erzählte ihr Geschichten über die Poros.
Nach einer umfangreichen Einweisung in die Poro-Pflege brach sie wieder auf. Sie warf den abgerissenen Kopf des Poro-Hirten achtlos hinter sich. Seine Seele fing sie in ihrer Hand ein. Sie lächelte kühl.
Der Poro, welchen sie nun “Gwindel“ getauft hatte, schlief gemütlich in ihrer Kapuze. Sie gelangte in eine kleine Stadt. Eine Dunkelheit schien auf ihr zu liegen und ein seltsamer schwarzer Nebel lag auf dem Meer am Hafen. Sie hatte für Gwindel ein paar Kekse erstanden, als sie ein Gespräch hörte. “...wenn wir Thresh töten wollen, müssen wir schnell handeln. Die Allianz steht bereits am Hafen. Wir müssen uns beeilen, Senna.“ Der Mann, der das gesagt hatte, trug zwei Pistolen bei sich. Sein Haar und seine Haut war dunkel und seine Kleidung hell, in den Farben weiß und gold von Demacia gehalten. Die Frau die ihn begleitete, hatte ebenfalls schwarzes Haar und dunkle Haut. Sie trug eine Kapuze, welche aus Nebelschwaden zu bestehen schien und ihre Augen leuchteten grünlich - zudem hielt sie ein mysteriöses Gewehr in den Händen.
Darqueria grübelte. Sie wollen.... Thresh... töten? Interessant... wenn auch naiv...Sie verwandelte sich und folgte dem Paar lautlos und unbemerkt.
Mit einem Schiff setzten sie auf eine Insel über, welche von einem gigantischen Tempel eingenommen wurde. Der Nebel verdichtete sich. Sie stiegen ab. Sie konnten gradezu spüren wie das Leben aus ihnen wich und sie ihrer Kraft beraubte. Die Schatteninseln... welch finsterer Ort. Alles hier wirkte irgendwie tot. Die Erde war schwarz, die Bäume abgestorben und tot. Überall waren unheimliche Statuen errichtet worden, welche sie zu beobachten schienen. Und der Nebel... er war überall. Senna warf Lucian, ihrem Mann, einen Blick zu. Er nickte beruhigend und nahm ihre Hand. Es würde heute enden. Endgültig. Die Allianz, ein Bündnis aus Kriegern und Magiern aller Welt, hatte bereits einige Magier vorgeschickt. Sie waren die Nachhut, die ihn zur Stecke bringen sollte... und dann wäre das, was Thresh Senna angetan hatte, endlich gesühnt.
Plötzlich erfasste eine Druckwelle die Insel. Ein Schuss löste sich aus Sennas Gewehr. “Was war das?” Eine Gestalt tauchte am Horizont auf. Eine schwarzhaarige blasse Frau mit grünlichen Hörnern und ledrigen Fügeln. Eine Art grüne Dämonenenergie umgab sie. Sie landete vor Thresh. “Verschwindet! Er gehört MIR!” Ihre grün leuchtenden Augen waren zu einem Ausdruck des Wahnsinns verzehrt. Aufgeben? Nein! Doch diese Frau setzte einen mächtigen Zauber ein, der sie alle fort ins Meer schleuderte.
“Darqueria... ich hätte nicht gedacht, dass du den Weg zu mir zurück finden würdest... freiwillig...” Sie drehte sich um und die Ketten die ihr als Rock dienten rasselten. “Ich bin nur hier, um dich eigenhändig in Stücke zu reißen!”, ihre Stimme war voller Hass, “Du hast mich zurück in den ABGRUND GESCHICKT!” Sie warf einen Ball aus grünem Feuer nach ihm. “Vielleicht weil ich wusste, du würdest deinen Vater vernichten und von selbst in die Welt der Lebenden gelangen.”, erwiderte er. Er trat näher. Was hatte er vor? “Ich bedaure, dass du mich nun in dieser Gestalt sehen musst... ich fürchte, meine Geistergestalt hat dir besser gefallen...”
Darqueria betrachtete ihn. Er sah tatsächlich komplett anders aus. Sein Körper schien aus blau-grünlichem Rauch zu bestehen und seine Maske war wie das Antlitz eines Skeletts. Er trug einen schwärzlichen Mantel und seine Laterne wirkte wie das Leuchtfeuer eines gesunkenen Schiffs. Der Hauch des Untodes umgab ihn. Ihr gefiel diese Gestalt. Das ist eine List... Es kann nicht anders sein... Thresh war ihr nun nahe genug, um ihr eine Haarsträhne aus dem Gesicht zu streichen. Warum tat sie nichts? “Es wärmt mein Herz dich wiederzusehen...” Vielleicht weil er der Einzige war, der sie auf Anhieb erkannt hatte? Nein... Nein... sie durfte ihren Gefühlen nicht nachgeben. “Du hast mich benutzt.”, sagte sie kalt. “Ich brauchte dich zu meinem Bedauern... Durch dich können keine Seelen mehr vom Abgrund verschluckt werden...” Sie schwieg. Auch der Hass der sich bei ihr angestaut hatte, konnte ihre Zuneigung zu ihm nicht entgültig verhüllen... "Du weißt, dass das nicht sehr glaubhaft klingt, oder?", erwiderte sie und hockte sich auf eine umgestürzte Säule. Ihr Blick war kühl... "Du hast mich doch schon von Anfang an durchschaut." Sie kicherte. Meinte er das ernst? "Nein... ich fürchte, ich mochte dich zu sehr... ich war wohl blind...deswegen ist der Schmerz auch so besonders süß..." Er überlegte, “...und nun willst du mich töten...“ Darqueria übergab ihm die gefangene Seele des Poro-Hirten. “Ich weiß es nicht. Vielleicht war es richtig. Vielleicht wäre der Abgrund besser für mich... es gibt keinen Ort, an den ich gehöre...“ “...“, Thresh wandte sich um: "Ich glaube wir müssen das auf später verschieben... wir haben Besuch..." Einige Schiffe waren am Horizont erschienen. Allesamt.. mit dem Wappen von Demacia. “Sag mal, wie viele Seelen hast du eigentlich gesammelt, während ich weg war?“, fragte Darqueria geschockt. Je mehr sich der Nebel lichtete, desto mehr Schiffe wurden sichtbar. “Du solltest gehen.“, sagte Thresh. Darqueria sah nur ungläubig zu ihm, “Das sind zu viele. Du wirst einen Angriff von ihnen niemals überleben!“ Thresh ignorierte das: “Geh. Such Schicksal auf. Sie ist die Einzige, die dir helfen kann.“ Darqueria hatte gemischte Gefühle bei der Sache. Warum wollte sie bleiben? Vor wenigen Minuten wollte sie ihn noch töten! ...andererseits... hätte sie das wirklich getan? Eigentlich konnte sie aus einem Bündnis auch einen Nutzen für sich ziehen... “Ich kann jetzt nicht gehen...“, sagte sie mit belegter Stimme. “Wenn du auch nur einen Bruchteil deiner neuen Kräfte einsetzt, wird wieder alles aus dem Gleichgewicht geraten und eine neue Art Abgrund wird sich auftun und dich verschlingen. Du bist zu mächtig für diese Dimension.“ Darqueria sah zu Boden.
“So, so... sähr interessaant....“, sagte Schicksal, während sie die beiden beobachtete, “ganz andärs als ihr Vater...“ Schicksal warf dem Aschegefäß in der Ecke einen Blick zu. “Jetzt 'ör auf! Schwäche... sehen anders aus. Wäre sie schwach, sie wurde schon längst gegangen sein...“, sie schien mit der Asche zu reden. Allgemein sah sie doch recht wirr aus: Schicksal war eine kleine hutzelige alte Frau mit wirren grauen Haaren die aussahen, als hätte sie in eine Steckdose gefasst. Sie trug ein ärmliches anmutendes Kleid, dutzende Armbänder und Talismane. Ihre Haut war blaugrau und ihre Augen , welche durch die Hornbrille ziemlich vergrößert wurden, hatten die Farbe von zermatschtem Schnee. Außerdem waren ihre Ohren lang und spitz und standen etwas ab und zwei Hauer ragten über ihre Lippen hinaus. Sie wandte sich wieder ihrem sehenden Rauch zu. Äußerst interessant... Darqueria würde alles tun, damit er überlebte. Selbst wenn er ihr wehgetan und sie nur ausgenutzt hatte. “Dummes Wesen.“, sagte Val'garoths Asche. “Ruhe! Du verstähst ohnehiin nichts von Liebäh.“ sie warf einen Topf nach der Asche - obwohl Asche sowieso nichts spüren konnte. Sie lächelte: “Sie 'at ein guttes Herz... es wierd Zeit fur mich, aufzubrechen...“ Schicksal nahm ihren hölzernen Stab, wedelte ihn sinnlos in der Luft herum, damit ein Portal entstand und trat hindurch.