Ai, das Thema ist mal ein bodenloses Fass. Erziehung beschreibt ja zunächst erstmal das aktive Herbeiführen von Bildungs- und Lernprozessen, um das Verhalten und Erleben des Kindes dauerhaft zu verändern. Und da sind wir schon bei einem wichtigen Stichwort angekommen: Veränderung.
Ein Kind ist wie ein Schwamm und saugt wirklich jeden Impuls aus seinem Umfeld auf. Je jünger das Kind, umso 'saugstärker' ist es und umso eher können fundamentale Fehler gemacht werden, die das Kind für den Rest seines Lebens prägen.
Und mit den wachsenden Anforderungen an Kindern (siehe sich einer nur an, wie man mittlerweile schon im Kindergarten mit Schulkram und Förderprogrammen vollgebombt wird), ist das ein Tanz auf einem heißen Draht. Also ja, Erziehung ist eine sauschwere Aufgabe und letztendlich wird jeder irgendwann mal in einen Misthaufen treten und irgendwas gewaltig verbocken. Es gibt bei dem Thema ja zwei große Meinungscamps, die zwischen autoritäre und laissez-faire Erziehungsstile unterscheiden. Sprich, Camp Nummer eins sagt, dass ein Kind nach Vorstellungen und Idealen geformt werden muss und Camp Nummer zwei sagt, dass sich das Kind frei entfalten soll und man es dabei unterstützen soll.
Ich würde mal behaupten, dass ich eher nach einem autoritären Stile erzogen wurde, weil die Mutter hat noch nach ganz alter Schule mit kalter Dusche und Holzkochlöffel bestraft und der Vater war auch die Sorte "wenn du das jetzt nicht machst, passieren Dinge" und hat sich immer aufgeplustert. Entsprechend zerrüttet ist das Verhältnis zwischen ihm und mir auch, weil ich bin extrem nachtragend und er weigert sich bis heute, diesen Fehler einzusehen. Er war zwar eine 200 prozentige Verbesserung im Vergleich zum Erzeuger, aber dennoch weit weg vom idealen Vater. Fehler auf die Goldwaage gelegt, aber gute Dinge nie wirklich geschätzt.
Und gerade diese Lebenserfahrung ist es, was mich zur Entscheidung gebracht hat, keine Kinder haben zu wollen. Ich habe aus erster Hand erlebt, wie eine verbockte Erziehung aussieht und wie es einem selbst bis ins Erwachsenenalter innerlich zerreißen kann. Und da ich weiß, dass ich es nicht besser machen kann, ist es besser, einem Kind solch ein Schicksal direkt zu ersparen. Erziehung ist bockschwer. Es hat schließlich seine Gründe, warum Erzieher nach 15 Jahren komplett durch im Kopp sind und entweder in die Führungsetage gehen oder direkt aus dem Berufsfeld ausscheiden.
Und ich bin auch nicht bereit, mein eigenes Leben für ein Kind zu opfern. Ich bin ja jetzt schon extrem davon angefressen, dass ich nicht mehr die Zeit habe, die ich gerne hätte, um meinen Hobbys und Interessen nachzugehen. Da hat ein Kind keinen Platz. Weder im Kalender noch im Geldbeutel.
Ich habe zwei Katzen und die sind genug Arbeit. :P
Ein weiteres spannendes Phänomen in der Entwicklungspsychologie ist ja, dass Kinder fast immer einen von zwei Wegen einschlagen: entweder werden sie 1:1 wie ihre Eltern oder machen eine 180°-Wende und werden das exakte Gegenteil. Und ich denke auch, dass sich diese Entwicklung mit dem Verhältnis zwischen Kind und Eltern während der jungen Jahre erklären lässt. Meine Schwester ist z.B. genau wie meine Mutter geworden, ich habe mich von allem losgerissen und bin einen eigenen Weg gegangen.
Zusammengefasst ist Erziehung eine Königsdisziplin, bei der man nur verlieren kann. Irgendwann macht man immer einen Fehler und je nachdem, wie man selbst gestrickt ist, haben diese Fehler entsprechend Konsequenzen. Man bekommt von allem und jedem gesagt, wie man sein Kind zu erziehen hat und dennoch hat es niemand besser hinbekommen.