Vor ein paar Tagen war ich auf der Suche nach einem neuen Anime und da ich nach wie vor in der Stimmung für Romanzen war, fiel meine Wahl auf Akagami no Shirayuki-hime.
Aufgrund der im Vorhinein gesehenen Bilder und überflogenen Inhaltsbeschreibungen, verfestigte sich in mir die Erwartung einer klischeehaften, kitischigen 0815 Romanze, mit klassischer Rollenverteilung sowie üblicher Eigenschaften der Individuen. Aus diesem Grund möchte ich mit dieser Fragestellung meine Review beginnen.
Akagami no Shirayuki-hime, eine stereotypische Märchenromanze oder doch ganz anders?
Zu Beginn einräumend, ja die Ausgangssituation könnte nicht klischeehafter sein. Eine hübsche junge Dame niederen Standes, die in besonderer Weise durch ihr schönes rotes Haar aus der Masse hervorsticht und in der Stadt als Apothekerin beschäftigt ist, weckt das Interesse bei dem Prinzen des Königreichs, der sie zu seiner Konkubine machen möchte. Unserer Protagonistin gelingt es sich dieser misslichen Lage einzig durch die Intervention eines Traumprinzen aus einem anderen fernen Königreich zu entziehen. So weit so klischeehaft, nun wäre es allerdings dem Anime gegenüber in großem Maße ungerecht, ihm ein mit dieser Beschreibung der Handlung eingehendes Klischeeetikett anzuheften und basierend auf den beginnenden Handlungsverlauf davon auszugehen, dass es sich bei Akagami no Shirayuki-hime um eine märchenhafte Klischeeromanze handelt, in der die Geschlechter ihre dafür vorgesehenen Rollen einnehmen und Merkmale bedienen. Denn wer dies tut der trifft eine Fehlannahme, was uns zuallererst zu unseren Charakteren führt.
Denn im Hinblick auf unsere Protagonisten ist diese Klassifizierung nur geringfügig zutreffend.
Charaktere
Und zugegebenermaßen auf den ersten Blick handelt es sich bei dem männlichen Part unserer Hauptcharaktere um die Personifikation eines Prinzen wie aus dem Bilderbuch. Verständnisvoll, empathisch, witzig, sportlich, gutaussehend, intelligent, kampferfahren usw. Seine Erscheinung vervollständigt neben jenen Attributen das genannte Gesamtbild. Zu seinen Schwächen zählt wohl und dies ist im als sympathisch anzurechnen, dass der Gute ein Arbeitsmuffel ist, was Büroarbeit angeht ^^ Insofern möchte er lieber die Umgebung und die vielseitigen Facetten seines Landes in sich aufnehmen oder schweißtreibendes Schwerttraining praktizieren, statt der lästigen Schreibarbeit im Büro nachzugehen. Dazu hat er Augenblicke der Verlegenheit, oder der Missgunst in der Gegenwart von Shirayuki, in welcher er seinen coolen Habitus fallen lässt. Später lernen wir, dass es sich bei ihm keineswegs um einen vollkommenen Märchenprinzen handelt.
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So ist er im Beziehungsverhältnis zu seinem Bruder gelegentlich in einer Position der Machtlosigkeit, dazu kommt seine größte charakterliche Schwäche, und zwar die Unsicherheit und Sorge, die seiner Position geschuldet ist, Menschen, um sich zu haben denen er vollständig Vertrauen kann, sowie die aufrichtig an seiner Seite bleiben und ihm ihre ehrlichen Gefühle offenbaren davon unabhängig, ob er ein Prinz ist oder nicht.
Bei unserer Protagonistin Shirayuki verhält es sich jedoch auch schon auf den ersten Blick in Bezug auf das Klischee anders. Ihre Eigenschaften und Handlungen widersprechen in vielen Punkten den charakterlichen Zügen der stereotypischen Frauenrolle in diesen Geschichten, die sich für gewöhnlich durch Unfähigkeiten und permanente Hilflosigkeit auszeichnen und deren einziger Zweck es ist rein optisch zu überzeugen. Schon in der ersten Folge zerschlägt sie dieses Narrativ. Denn im Gegensatz zum verbreiteten Klischee des ahnungslosen Dummchens, handelt es sich bei Shirayuki um eine erfahrene Pharmazeutin, die bereits zu Beginn der Geschichte große Expertise in ihrem Bereich besitzt. Zum zweiten weiß sie sich selbst zu helfen und entstehende Problemlagen selbstständig zu begegnen.
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Beispiele wären hierbei ihre Aktion der Flucht vor einer Zukunft als Maitresse eines verwöhnten Blags von Prinzen, der die eigentliche Handlung ins Rollen bringt, oder ihr Einfallsreichtum, um der Gefangenschaft in Episode II zu entkommen, in der sie ihren Wissensfundus und persönlicher Mut mobilisiert, um zu fliehen, genannt werden kann auch ihr Wagemut sich der ihr feindlich gesinnten Person im Schloss persönlich zu stellen und dafür diverse Gefahren zu überwinden, oder aber auch ihre Geistesgegenwärtigkeit und Souveränität beim bravourösen Bestehen der Prüfung zum Hofapothekerlehrling.
Dabei kann kann kritisch vorgebracht werden, dass es in der Serie (gerade zu Beginn) einzelne Situationen gab, die sie nicht auf sich allein gestellt bewältigen konnte, in welchen ihr Zen in Form politischer und militärischer Macht zur Seite stand, um die Bedrohung abzuwenden und somit ihre vorher hochgelobte unabhängige und emanzipatorische Rolle konterkarierte. Pointiert formuliert, in einer Notlage erscheint der der Ritter in schimmernder Rüstung auf seinem Ross und rettet seine Angebetete vor der Gefahr. Allerdings ist diese überspitzte Beschreibung nicht eins zu eins auf die Serie übertragbar ist und sie würde unserer Protagonistin nicht gerecht werden. Denn für die Serie kann der entscheidende und angenehme Unterschied herausgearbeitet werden, dass sich unsere Protagonistin Shirayuki zuvor stets selbst der Herausforderung und Gefahr gestellt hat und sie nur dann auf ihren männlichen Counterpart angewiesen war, wenn ihr die Optionen ausgegangen sind, die zur Lösung des Problems führen könnten. Zusammenfassend, war sie in der Regel allein in der Lage die Herausforderungen zu meistern oder sie war aufgrund ihres Status bzw. der Umstände nicht imstande dazu und Zen kam ihr dahingehend zu Hilfe um durch seine Position, Macht und Einfluss geltend zu machen und ihr aus der Patsche zu helfen. Dementsprechend wäre eine Zuschreibung des Klischees schlicht und ergreifend unzutreffend.
Um auf ihre Charaktereigenschaften zurückzukommen.
Zu den primären Eigenschaften von ihr zählen Zielstrebigkeit, Ehrgeiz und Kühnheit.
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(Ihr Hauptziel ist es aus eigener Kraft heraus und mithilfe eigener Anstrengungen die standesrechtlichen Unterschiede zwischen ihr und Zen eines Tages zu überwinden, und sich mit ihm auf gleicher Ebene zu befinden. Dafür beschreitet sie einen Weg der Eigenständigkeit, auf welchem Zen als Wegweiser aber nicht als aktiven Unterstützer fungieren darf.)
Dazu ist sie mitfühlend, enthusiastisch, lebhaft. Sie lässt sich nicht von ihrem Weg und ihrer Bestimmung abbringen und ist gewillt sich gegen Angriffe zu verteidigen, (z. B. gegen aufkommenden Widerstand am Hof gegen ihre Person). Sie geht selbstbewusst ihren eigenen Weg, und folgt dem vielfach betonten Leitsatz und Katalysator des Anime, „Nimm dein Schicksal selbst in die Hand“. Nicht nur in diesem Kontext ist sie eine erfrischende Abwechslung zu vielen Protagonistinnen im Shoujo-Genre.
Mit dem Attentäter Obi kommen wir zu einem weiteren Sympathieträger der Serie. Er zeichnet sich durch seine informelle Ausdrucksweise aus, ist zumeist cool und lässig und trotzdem auf empathische Weise um seine Mitmenschen besorgt.
Kiki & Mitsuhide stellen Zens, engste Berater, Begleiter, Gefährten und persönliche Leibgarde dar. Gerade die Wortgefechte und Witzeleien zwischen ihnen und Mitsuhides Rolle als derjenige der von Zen und ihr herzlich geneckt wird führt zu einigen amüsanten Situationen. Als zusätzlich sehr angenehm habe das ich das Vertraute und lockere Verhältnis von Zen zu seiner Leibgarde empfunden.
Plot
In Akagami no Shirayuki-hime, wird dem eigentlichen Plot gerade zum Beginn der Serie, zur Einführung Aufmerksamkeit gewidmet. Anschließend geht dieser in das Format mehrerer Kurzgeschichten über, die dazu dienen neue Charaktere einzuführen und die Beziehung unserer Protagonisten zu vertiefen.
Musik
Sowohl das Opening als auch das Ending der Serie haben mir außerordentlich gut gefallen. Die sonstigen Soundtracks waren für die jeweiligen Situationen passend gewählt, von diesen blieb jedoch kein spezifischer über den Anime hinaus nachhaltig im Gedächtnis.
Fazit
Bei Akagami no Shirayuki-hime handelt es sich um einen Anime, den eine außerordentlich positive Atmosphäre umgibt und der eine allgemeine Wohlfühlstimmung, in einem mittelalterlichen Fabelrahmen erzeugt. Der Anime wartet mit sympathischen Charakteren und einer authentischen, nachempfindbaren Beziehung der Protagonisten auf. Des Weiteren sind in großer Menge herzerwärmende und berührende romantische Elemente enthalten. Für Liebhaber des Romance-Genre ist der Anime daher ein Muss.
