Jaymes
Während die anderen noch dabei sind, die Tests über sich ergehen zu lassen, werde ich bereits, von einem Soldaten begleitet, in die östliche Festung gebracht. Durch ein großes Tor, auf dem in großen, roten Buchstaben "Wir sind das Schwert der Zukunft, der Pfeil der Menschheit" geschrieben steht, komme ich in den Eingangsbereich der Festung. Kalte Steinwände, auf denen in einigen teilen schon der Schimmel angesetzt hat, zeigen schon deutlich auf, was mich die nächsten Monate hier erwarten wird - hartes, unnachgiebiges Training. Selbst hier gibt es also keine wirkliche Gleichbehandlung. Die Magier und Priester dürfen in einer schönen Burg wohnen, während wir Krieger hier in diesem verrottenden Gebäude festsitzen, denke ich mir während ich in einen kleineren Raum gebracht werde. Wie ich in einem Gespräch gehört hatte, durften die Anwärter einer magischen Ausbildung in kleinen WGs mit richtigen Betten wohnen, wohingegen wir Krieger und Bogenschützen in großen Sammelräumen auf Hängematten leben sollten.
Nachdem ich in den Raum getreten war, erhob sich ein weißhaariger, älterer Mann in Militäruniform von seinem Sitz, mustert mich und lächelt mich dann aus gütigen Augen an. "Mein Name ist Colonel Roy Martinez und ich bin der Leiter dieser Abteilung. Las uns kurz deine Daten durchgehen und dann zeigt dir der Herr neben dir deinen Schlafplatz", sagt er mit ruhiger Stimme. Nachdem wir meine persönlichen Daten wie Name, Geburtsdatum usw. durchgegangen sind, blickt er kurz erstaunt auf. "Bogenschütze also? Das ist ja echt mal was neues!" Nachdem er meinen fragenden Gesichtsausdruck sieht, führt er das noch weiter aus. "Fast alle höheren Halbdämonen, und das soll jetzt nicht rassistisch klingen, kommen eher in die Schwertkampfausbildung. Ich schätze, das passt einfach am besten zu ihrem Temperament! Als Bogenschütze muss man nunmal öfter geduldig sein und den rechten Moment abwarten, dass passt nunmal häufig nicht zu den Höheren." Ich lasse mir kurz seine Worte durch den Kopf gehen und erwidere dann "Keine Sorge, Sir, ich kann gut abwarten.", sage ich ihm selbstbewusst. "Das ist gut zu hören, mein Junge. Jedenfalls wollte ich mich kurz für das verhalten einiger meiner Männer entschuldigen. Ich weiß nicht ob du betroffen warst, aber es gab anscheinend einen kurzen Zwischenfall mit einem der Halbdämonen." Ich nicke wissend und meine "Ich war nicht betroffen, aber ich bin sowas schon gewöhnt", nicht ohne ein wenig verzweiflung in meiner Stimme. Der Colonel mustert mich dieses Mal ein wenig länger und schüttelt dann, die Stirn in Falten gelegt, seinen Kopf. "Ich verstehe was du meinst, mein Junge, aber sei dir eins gewiss: Es ist nicht die Mehrheit, die über Halbdämonen negativ denkt! Vor allem nicht im Militär! Wir wissen, zu was ihr Jungs zu leisten im Stande seid und ICH selber bin wahrlich stolz mit einigen von Ihnen gedient zu haben. Sie waren immer tapfer, mutig und treu!" Seine Stimme sackt beim letzten Satz kurz ab und ich bemerke eine gewisse Traurigkeit in seiner Stimme. "Nein, es sind ein paar unter uns, die noch nicht den Wert von Halbdämonen erkannt haben. Zumeist sind es irgendwelche Fanatiker, die dann aber leider ein schlechtes Licht auf uns Militärs werfen, weil es nunmal solche Leute sind, die im Gedächtnis bleiben. Nicht die guten!" Martinez schaut zu dem Soldaten, der mich hineinbegleitet hat. "Ok, mein Junge, eigentlich sollte das ganze hier nicht solange dauern, daher denke ich, wir sollten eine solche Diskussion doch ein anderes Mal weiterführen!" Er zeigt auf den Soldaten "Fiero, wenn Sie so freundlich wären Rekrut Zander bitte zu seinem Schlafplatz zu bringen?", befiehlt er. Etwas bedrückt salutiere ich kurz und verlasse dann hinter Fiero den Raum. Wow, selbst meine Mutter ist oftmals nicht so nett zu mir. Anscheinend hat dieses Drecksloch doch etwas gutes!
Fiero, der nun neben mich getreten ist und mich in meinen Gedanken verloren anschaut, ist dann auch der, der mich aus meinen Gedanken reißt. "Ich weiß was du denkst!", sagt er, mich mit einem warmen Lächeln aufmunternd "Der Colonel ist schon etwas ganz besonderes, nicht? Er behandelt wirklich jeden gleich und ist wohl die Person hier, die bei Problemen am meisten hinter dir steht." Er führt mich durch die verschiedenen Teile der Festung. Durch Küche, Duschräume, Waffenkammern führt unser weg und er jedes mal wenn wir einen neuen Bereich betreten, erklärt er mir alles. Als wir gerade, das erste Mal in den letzten Minuten, still nebeneinander hergehen, fängt er plötzlich an vom Colonel zu erzählen. "Ich hatte einmal das Vergnügen unter dem Colonel auf Mission zu gehen. Damals war ich noch ein Rekrut, wie du jetzt, 17 Jahre jung und hatte noch nie einen Dämonen mit eigenen Augen gesehen. Der Colonel war damals mein Ausbilder und noch ein Lieutenant. Es war unsere Prüfungsmission und wir sollten eine Höhle untersuchen, die unsere Späher ausfindig gemacht hatten. Als wir dort ankamen und immer tiefer in die dunkle Höhle vorrückten, bemerkten wir einige Leichen, die noch keine paar Stunden alt waren. Wir waren gerade dabei die Leichen zu untersuchen, als wir auf sie trafen: Schreier! Eine ganze Horde davon sogar. Du hast wahrscheinlich noch nie von ihnen gehört, aber Schreier oder "schreiender Dämon", wie sie eigentlich heißen sind widerliche kleine Viecher, die eigentlich immer nur in Gruppen von 6-8 rumlaufen und sich durch laute, wehklagende Schreie kommunizieren. Doch, wie wir später herausfanden, waren wir in ihr Nest eingedrungen, sodass wir gleich Dutzenden von ihnen entgegentraten. Selbst in kleinen Gruppen sind sie einer Gruppe von Rekruten schon eine echte Herausforderung, aber es waren bestimmt 50 oder mehr von ihnen! Kannst du dir das vorstellen?", fragte er rhetorisch. Gebannt und mit einer steigenden Gänsehaut hörte ich ihm weiter zu. "Jedenfalls kamen sie aus allen Ecken herausgekrochen und griffen uns an. Und was meinst du haben die Ausbilder gemacht denkst du?" Gerade als ich antworten will, setzt Fiero die Geschichte bereits fort ... "Gar nichts haben sie gemacht!",sagt er mit aufkommender Wut."Ich hörte sie alle sowas sagen wie: "Das sind Rekruten, die müssen das schon alleine schaffen!" oder "Wenn sie jetzt wegen ein paar Schreiern sterben, hätten sie uns später nichts genutzt". Alle, bis auf einen - Colonel Martinez! Er gab einen der Ausbilder eine Backpfeife, schrie ihnen ins Gesicht, was sie denn für ein wertloser Haufen Dreck seien, und kam uns zu Hilfe!
Einige von uns waren zu diesem Zeitpunkt schon gestorben", murmelte er nun und blickte bedrückt auf den Boden. Wir waren im Schlafsaal der Jungen angekommen.
"Der Colonel hat uns allen das Leben gerettet! Er hat sogar einige unserer Verletzten, auf seinen Schultern tragend, nach draußen getragen", schloss er die Geschichte ab. Fiero wirkte nun noch bedrückter. "Das Ende vom Lied war, dass der Colonel zwar befördert, aber dann hier zum Vergammeln untergebracht wurde." Fiero erfasste nun wieder die Wut. "Solche Leute", schrie er nun fast, "Solche Leute brauchen wir an der Front, nicht als Schreiberling an einen Stuhl gefesselt!!!"
Fiero schwieg nun einige Zeit, zeigte mir meine Hängematte (die sich am hinteren Ende des Saals befand) und ging wieder nach draußen um den nächsten Rekruten erst zum Colonel, dann hierhin zu bringen.
Ich war nun allein und in meinen Gedanken konnte ich lebhaft den Colonel sehen, wie er die Dämonen bekämpfte und die Soldaten dann später raustrug.
Ja Fiero, solche Leute braucht die Welt wahrlich viel mehr von!