Du sprichst hier eine ganze Menge Themen zeitgleich an, von denen ich einige gerne kommentieren möchte.
Insgesamt stimme ich Dir sofort zu, dass "toxische Positivität" - so kenne ich das Phänomen - eine problematische Haltung ist. Nicht alles ist gut, nicht alles ist positiv, es ist auch in Ordnung, negative Gefühle zu empfinden; 100% der Fall.
Kritisch sehe ich die von dir verlinkten YouTube-Kanäle. Ich bin mir nie sicher darüber gewesen, inwiefern die ganzen Common-Sense-Philosophien, die Selbsthilferatgeber, die überaus zahlreichen Hilfskanäle, die uns auf breiter medialer Front überschwemmen (ob Buch, ob social media, ob Fernsehen, ...) tatsächlich einen positiven Impact haben können bzw. ernsthaft Menschen nachhaltig helfen. Bei vielen bin ich mir sogar im Gegenteil sicher, dass sie aus dem Bedürfnis der Menschen, Sicherheit, Halt, Ordnung im Leben zu haben, schlicht Profit schlagen wollen. Es ist doch im Grunde so, dass wir uns vielleicht zuvor darüber im Klaren sein sollten, was "Glück" eigentlich für ein Begriff ist, was wir damit verbinden und wie dieses Ziel - "Glücklich sein" - überhaupt erreicht werden kann, wenn diese Fragen geklärt sind. Es gibt nicht wenige, die das Konzept "Glück", wie es heute diskursiv zirkuliert, gänzlich ablehnen oder selbst für toxisch halten (dazu gehöre ich).
So oder so, was Du hier ansprichst, ist äußerst gegenwärtig und ein absolut relevantes Phänomen. Ich bin daher gespannt, wie das andere bewerten. Kurz gefasst: Es gibt psychische Fallstricke, die uns in eine ungesunde Selbsthaltung bringen, es gibt negative Gedankenkonstrukte und Weltbewertungsstrategien - ob eine Legion aus Selbsthilferatgebern uns dabei hilft, diese zu vermeiden oder aufzulösen, will ich zumindest stark in Zweifel ziehen.