Beiträge von Incubus

    Ich glaube, ich könnte eine Beziehung mit einem Androiden führen, aber es wäre eine große Herausforderung und es müsste viel Vorarbeit im Kopf vorausgehen. Ob ich dazu schon jetzt bereit wäre, weiß ich nicht, aber grundsätzlich denke ich, dass ich das könnte.

    Aber einige der hier genannten Kriterien finde ich auch sehr wichtig:

    Wie von Fr. Hatake ausgeführt, denke ich auch, dass ein unabhängiges Ego das wichtigste Kriterium für mich ist. Aber: Ich denke nicht, dass ein "Ausschaltknopf" eine gute Sache wäre (obwohl ich mir das bei vielen Menschen häufig denke...), ebenso eine Programmierung nach bestimmten Regeln (z.B. Asimovs), obwohl das im Grunde nichts anderes ist als unser sozialer Code, nach dem wir programmiert sind, wenn man so will. Der Android sollte aber irgendwie die Möglichkeit zur freien Entscheidung besitzen...

    Es geht hier ums Glauben und nicht ob man faktisch und wissenschaftlich darlegen kann ob Geister oder ähnliches existiert.

    Ich respektiere Glauben voll und ganz. Ich denke, wir alle glauben sehr viel und wissen eigentlich nur recht wenig oder vertrauen auf das Wissen anderer. Aber Behauptungen wie "Es soll bewiesen werden, dass XY nicht existiert", halte ich für falsch. Das ist eine Umkehr der Beweislast. Was wäre, wenn dieser Schluss gültig wäre? Stell dir mal Verschwörungstheorien vor und nun versuche, alle dort getroffenen Behauptungen als falsch zu entlarven bzw. Gegenbeweise zu finden. Bei wie vielen geht das überhaupt abschließend? Nein, diese Theorien, Thesen, Behauptungen müssen die Beweislast tragen (Beweis benutze ich btw. nicht positivistisch, sondern eher als "gültigen Schluss"). Die sollen gültige Schlüsse aufstellen, anbieten, die dann überprüft werden können, so muss das funktionieren. Ansonsten kann ja jeder kommen.

    Kurz: Es ist okay zu sagen: Ich glaube X. Es ist nicht okay zu sagen: Ich glaube X, solange das Gegenteil nicht bewiesen ist, wenn es keinen gültigen Schluss gibt, der darauf hinweist, dass X wahr sein könnte. Denn dann begibt man sich vom Glauben hin zu einer Aussage über das Wesen von Wissen, und das ist auch ohne diese Haltung schon schwer genug.

    Eine ernstgemeinte Frage nach eurer Meinung:

    Würdet ihr aktuell eine Liebesbeziehung/tiefgreifende Freundschaft mit hochentwickelten Androiden eingehen, angenommen, sie würden existieren?

    • Warum, warum nicht? Was stört euch an dem Gedanken, was ist interessant?
    • Unter welchen Bedingungen würdet ihr sie eingehen, was müssten Androiden mitbringen?
    • Würde es einen Unterschied machen, wenn ihr sie kaufen müsstet? Wie sieht es mit Second-Hand-Androiden aus? Was, wenn sie als Staatsbürger*innen frei existieren könnten?

    Begriff: Ein Android ist ein humanoider Roboter oder ein anderes künstliches Wesen, das oft aus einem fleischähnlichen Material besteht. Von mir aus können Androiden für diese Frage von hoher emotionaler/analytischer/kreativer etc. Intelligenz sein.

    wobei Reiko hier ja nicht sagt, dass sie glaubt es gäbe Übernatürliches - sondern, dass sie es ohne Gegenbeweis zumindest mal nicht ausschließen will.

    Und das ist ja an sich ein durchaus wissenschaftlicher Ansatz zu sagen, dass man eine Theorie, die man nicht widerlegen kann, insofern erstmal nicht grundsätzlich für falsch erklärt. Halt auch nicht für richtig. Man sagt halt "es könnte sein".

    Das ist doch genau was ich sage: Wie soll denn so ein Gegenbeweis erfolgen? Wir haben bereits Tausende und Abertausende von Gegenbeweisen. Wie viele sollen es denn noch werden, bis die Einsicht einkehrt? Wie wäre es aber stattdessen mit auch nur einem einzigen Beweis, der unsere Kriterien von intersubjektivem Wissen genügt? An dieser Haltung ist überhaupt nichts wissenschaftlich. Die "Theorie" von der du hier sprichst wird mit jeder Messung, jeder Theorie, die ohne die Existenz von diesen Dingen auskommt, widerlegt.

    Ansonsten stimme ich dir zu, ich bin großer Freund von jeglicher Art von Speculative Fiction.

    Solange es keinen Beweis gibt, dass die NICHT existieren. Dann denke ich schon, dass es sowas geben könnte!

    Dank Karl Popper hat die Wissenschaftscommunity die Einstellung, dass Theorien falsifizierbar sein müssen, d.h. dass es möglich sein muss, die aufgestellten Thesen zu widerlegen. Es gibt wenige Ausnahmen (im Bereich der Metaphysik) wo das nicht gilt, aber die Gründe, warum Pseudowissenschaften solche sind, sind 1) Immunisierungsstrategien ("Die Tatsache, dass du es nicht beweisen kannst, beweist, dass Gott allmächtig ist") und 2) eine fehlende Falsifizierbarkeit - wenn du nur weiße Schwäne in einem See siehst, gehst du dann davon aus, dass es auf der Welt nur weiße Schwäne gibt? Nein. Du suchst schwarze Schwäne, um die These zu widerlegen. Wie aber soll die Existenz empirisch nicht erfassbarer / messbarer Entitäten gelingen? Soll jeder Winkel der Welt abgesucht werden? Soll jegliche Technik eingesetzt, alles daran gesetzt werden, irgendwie etwas zu finden? Und wann wäre der Moment erreicht, wo wir sagen: Okay, es gibt keine Geister.

    Wenn hier jemand in der Beweispflicht steht, dann die Menschen, die solche Thesen aufstellen, nicht alle anderen, die dann widerlegen müssen. Ansonsten widerlege mal das:

    Ich trage seit 20 Jahren einen Anhänger, der mich vor riesigen Eisriesen schützt. Scheint ja zu klappen, hab hier noch keinen gesehen, du etwa? Widerlege bitte, dass das nicht wirkt.

    Das Problem an der ganzen Sache ist doch, dass man es versucht 110% korrekt zu machen, um bloß nicht den kleinsten Anschein zu erwecken, man würde jemanden beleidigen oder ungleich behandeln.

    Das ist überhaupt nicht das Problem an der Sache. Das Problem an der Sache ist, dass Menschen, die von der Heteronormativität abweichen oder essentialistische Konzepte ("Natur") infrage stellen, diskriminiert, ausgestoßen, angegriffen, be- und verhindert werden. Das, was du hier als Problem verkaufst, ist vielleicht dein eigenes Problem aber sicherlich kein gesamtgesellschaftliches. Wenn überhaupt, ist es das Problem innerhalb der Logik der Unterdrücker*innen.

    Aber das lustigste daran ist: Das kommt alles in der Masse von Leuten, die es gar nicht betrifft!

    Diskriminierungskategorien stützen sich gegenseitig: Sexismus, Rassismus, Homo- und Transphobie, Ausgrenzung von Menschen mit Behinderung, Unterdrückung von Tieren usw. baut auf den selben Elementen eines dem zugrunde liegenden Weltbildes auf. Es betrifft mich also sehr wohl, wenn Menschen/Lebewesen unterdrückt werden, auch wenn ich es nicht direkt bin. Wie kurz gedacht wäre denn alles andere? Gesellschaft bedeutet, in einer (Abhänigkeits-)Beziehung zueinander zu stehen.

    Denn es hört bei mir dort auf, wo sich eine große Masse einer kleinen Minderheit beugen soll weil man das ganze bis ins Kleinste Überzieht.

    Das ist die Logik der Unterdrückung. Die "große Masse an Normalos" (deine Ausdrücke) ist doch in der unterdrückenden / diskriminierenden Funktion - wenn diese "große Masse", die es übrigens nicht gibt, ebenso wenig wie "Normalos", nichts ändert, wer denn dann? Wie dann sollen denn die Unterdrückten jemals Gerechtigkeit erfahren? Indem SIE die "große Masse" werden? Klingt für mich sehr wenig rechtstaatlich und eher per Definition faschistisch.

    Dann brauchen wir auch keine * oder sonstige Wortverstümmelungen. Weil das ist ehrlich gesagt Kinderkacke.

    Deine Resistenz gegenüber wissenschaftlichen Erkenntnissen zu diesem Thema ist bemerkenswert.

    Wenn sich eine solche Person alleine nur wegen der Anrede diskriminiert fühlt, nicht wegen dem Text oder dem Inhalt, sollte sich mal ernsthaft überlegen ob es nicht wichtiger Probleme gibt.

    Die "Anrede" (deine Wortwahl) IST der Inhalt. Hast du überhaupt das Problem verstanden?

    Ich habe vom Amt auch schon Schreiben bekommen, in denen meine Name falsch geschrieben wurde, ich mit Frau oder Fam. und nicht mit Herr angeschrieben wurde. Und? geht deswegen die Welt unter?

    Korrigiere: Ich konnte meine obige Frage selbst beantworten.

    Der Umgang ist eigentlich ganz einfach. Wenn alle Respektvoll miteinander umgehen, und das ist in beide Richtungen gemeint, dann kann man sich viel Unsinn ersparen und wenn wir lernen etwas entspannter damit umzugehen sollten auch betreffende Personen ebenso die Gelassenheit finden, nicht alles auf die Goldwaage zu legen.

    Es wird hier einfach sehr deutlich, dass du niemals Diskriminierung/Unterdrückung erfahren hast und überhaupt kein Bewusstsein dafür hast. Tatsächlich hast du Diskriminierung vermutlich schon sehr oft erfahren (Klassismus), ich denke, du gehörst jetzt wohl eher nicht zu den Top 10% der Gesellschaft, aber du scheinst diese Unterdrückung/Diskriminierung nicht als solche wahrzunehmen. Hättest du einen Leidensdruck, dann wüsstest du, worum es hier eigentlich geht. Zieh dich doch mal als Frau an, für einen Tag nur, und mache ein paar Erfahrungen. Du wärst erstaunt, wie "respektvoll" der Status Quo ist.

    Btw. geht es hier auch nicht um gendergerechte Sprache, auch wenn die in der Tat damit zusammenhängt, um ein Bewusstsein zu schaffen, das du offenbar nicht hast.

    Er meinte, dass der Mensch im Allgemeinen eher ein kulturelles, als ein natürliches Wesen ist.


    So sind wir zwar logischerweise ein Ergebnis der Revolution, doch es ist eben nicht wirklich natürlich, dass ich in der Lage bin auf der Couch Netflix zu gucken, während ich auf meine Tiefkühlpizza warte. Auch unsere Rolle im Klimawandel ist etwas, was "natürlich" eigentlich nicht existieren sollte.

    Die Frage ist doch: Was eigentlich macht die Beschaffenheit der Grenzen zwischen dem Natürlichen und dem Kulturellen/Sozialen eigentlich aus? Also ernst gemeint: Wer oder was legt fest, ab wann etwas (eine Entität, ein Phänomen) natürlich ist oder kulturell-sozial? Wo ist die Grenze?

    Wenn Geschlecht nicht mehr oder weniger natürlich ist als Netflix, Tiefkühlpizza, Fliegenflügel, Saturn oder der Gürtel des Orion, dann kann es nicht mehr um diese Abgrenzungen gehen. Dann gibt es gegenwärtig das männliche und weibliche Geschlecht, aber es ist nicht fixiert, sondern das vorläufige Ergebnis immer wiederkehrender Prozesse, die es konstituieren und - das ist ebenso wichtig - es ist kontingent; es könnte völlig anders sein. Die gesamte Diskussion dreht sich doch im Kern allein um die Frage, ob und wie mit Menschen, die nicht den normativen Vorstellungen/Diskursen entsprechen, umgegangen wird. Wenn es keine "echtere" oder "weniger echte" Frau gibt, keinen "echten" Mann und so weiter, dann wären die gegenwärtigen Debatten überflüssig. Diese Vorstellungen vom "Echten" basieren einzig auf einer essentialistischen Vorstellung vom Natürlichen, dass es nicht gibt, oder anders: Es gibt nichts Unnatürliches.

    Ich sehe es nur in einem viel engeren Rahmen und würde Veränderung oder Neudefinitionen erst dann als solche bezeichnen oder anerkennen, wenn sie tatsächlich stattfinden.

    Ja, das ist in Ordnung. Ich finde es nur wichtig, eine Argumentation (nicht für dich, für andere) zu liefern, warum

    Aber, ich sehe das ganz ähnlich wie DareMo. Es gibt zwei Geschlechter beim Menschen, weiblich und männlich - in Kombination zur Fortpflanzung befehigt.

    Es gibt von Natur aus 2 Geschlechter, Punkt.

    Ein drittes Geschlecht ist von der Natur nicht vorgesehen (zumindest beim Menschen), es gibt jedoch Ausnahmen, wie immer in der Natur, aber das sind eben ganz geringe Einzelfälle im Vergleich zur Gesamtmasse.

    ein gefährlicher Fehlschluss ist, da es sich hier um Phänomene handelt, die sich zwar prozessual reproduzieren, aber nicht fixiert, statisch und autonom sind. Und wenn wir anerkennen, dass Geschlecht ein stetiges Werden ist und kein Sein, sowie alles im Universum, dann kann ein "natürliches/biologisches" Geschlecht auch nicht als Kontrastfolie für angeblich "unnatürliche Geschlechter", Anpassungen, Genderfluditität usw. genutzt werden, da es keine Essenz des Geschlechtlichen gibt. Es kann dann höchstens von dem differenziert werden, was innerhalb des Phänomens Geschlecht im Moment passiert, aber da dieses Phänomen keinen präexistierenden Status besitzt, nicht weniger oder mehr real oder natürlich ist, kann auch nicht gesagt werden: Dies oder jenes sei unnatürlich, weniger natürlich, nicht biologisch usw. Alles ist das Produkt von Wirkmächten, die diese Phänomene hervorbringen, that's it.

    Inwiefern sollen Weltereignisse beeinflussen, ob ich mich als Mensch sehe?

    Keine Ahnung, inwiefern haben Kopernikus, Freud und Marx das verändert, was du Mensch nennst?

    Man könnte (kann?) Gurkenzellen bestimmt synthetisch herstellen und zu einer Gurke formen und diese wohlmöglich auch Gurke nennen.

    Selbstverständlich.

    Ein menschliches Bewusstsein könnte aber etwas komplizierter sein.

    Bewusstsein ist ja nochmal eine gänzlich andere Diskussion. Wie und warum Bewusstsein emergiert, was genau es ist - das führt hier zu weit.

    Was aber keine Zukunftsmusik ist, ist die Tatsache, dass du mit mir hier innerhalb dieser virtuellen Räume kommunizierst. Wo wir uns unterscheiden, ist, dass ich diese technologischen Erweiterungen nicht vom Menschsein abkoppeln möchte, sondern sie als Elemente eines Ganzen betrachte, die gemeinsam das ausmachen, was hier Mensch genannt wird. Ich bleibe bei meinen greifbaren Beispielen: Bei einer künstlichen Herzklappe, Brille, Insulinpumpe, Rollstuhl, Prothese funktioniert der Essenzbegriff noch, da dann schlicht ausgeklammert wird, was hier eigentlich geschieht. Nach dem Prinzip "Es ist noch mehr natürlicher Leib als künstlicher Eingriff vorhanden" kann dann gesagt werden: Ja gut, das ist ein Leib, der hat zwar eine Prothese, Herzklappe und Brille, aber er ist zu 95% "natürlicher" Leib. Was aber, wenn wir diesen Anteil - nur hypothetisch, und darum geht es in der Argumentation - hochschrauben? Was sagt uns das grundsätzlich über das Wesen des Menschseins, über Kategorien und Begriffe?

    Folglich wäre alles andere anzunehmen, als das im hier und jetzt biologische Frauen und Männer existieren, aus meiner Sicht reine Spinnerei.

    Es existieren Männer und Frauen, aber nicht absolut. Versuch einfach, für meine Perspektive das Sein nicht als etwas fixiertes und autonom existentes zu betrachten, sondern als relationales dynamisches Werden, ähnlich wie Wörter bei De Saussures Semiotik immer relativ zu anderen Wörtern und sich in ihrer Bedeutung verändernd begriffen werden müssen. So wie sich Gene über die Evolution verändern, mutieren, sogar durch Strahlung ihren Code innerhalb der Lebzeit verändern können, sind zwar "Mann und Frau" biologisch im Moment für uns definierbare Phänomene, wenn man so will, aber sie sind nicht "natürlich" und dadurch statisch und fixiert, noch sind sie unveränderlich. Auch wenn wir die Technologie noch nicht besitzen, spielt das für den Gedankengang keine Rolle: Ob Chromosome oder Geschlechtsteile - nichts ist statisch. Und wenn alles prozessual ist, dynamisch, adaptiv, wie es die Evolutionstheorie immerhin vertritt, abhängig von der Umwelt und ihren Faktoren, Anpassung stattfindet, stetige Veränderung, dann sind auch Geschlechter nicht statisch, sondern fluide. Klar kannst du versuchen, sie über sprachliche Repräsentationen dingfest zu machen, aber wozu?

    Elefanten verlieren ihre Stoßzähne in bestimmten Gebieten, da dort aufgrund von Bürgerkriege vermehrt Jagd auf sie gemacht wurde. Neuere Elefantengenerationen besitzen aus Anpassung daher keine mehr. Wo sind Stoßzähne weniger integral, natürlich, fixiert als Geschlecht?

    Evolution: Mehr Elefanten ohne Stoßzähne durch Wilderei
    Noch ist nicht klar, wie das Merkmal vererbt wird und wie sich das Verhalten der Elefanten dadurch verändert.
    www.nationalgeographic.de

    Und zum Thema Diskurs / Materie: Habitustheorien beschreiben seit jeher, wie Diskurs auf Materie einwirkt. Judith Butler beschreibt, wie Geschlecht, auch in seiner körperlichen Materialisierung, performativ ist, d.h. über sich über ein stetiges Tun in die Welt bringt. Würden wir Dinge anders tun, eingreifen, verändern, unseren Habitus wechseln, wären die angeblich so prädeterminierten Körper vermutlich völlig andere.

    Alles worum es hier geht, ist anzuerkennen, dass Geschlecht nicht fixiert, absolut, statisch und autonom ist, weil nichts im Universum das ist. Und wenn das gelingt, dann hindert nichts, absolut nichts daran, die Grenze "biologisch/sozial Mann/Frau" aufzulösen, da sie nicht existiert. Was es gibt, sind aktuelle Zustände, Phänomene, Ereignisse. Wir können diese Ereignisse beeinflussen.

    Eine hypothetische Möglichkeit in ferner Zukunft beeinflusst mein gegenwärtiges Verständnis vom Menschsein nicht

    Oh, also lässt dich das Artensterben und der Klimawandel kalt? Oder zukünftig mögliche Kriege? Mögliche Pandemien? Das alles beeinflusst nicht, wie du dich als Mensch in der Welt begreifst? Schade! Und btw.: Gedankenexperiment bedeutet, mit Prämissen zu arbeiten. Das hätte auch einfach ein Sokratisches Gespräch werden können, aber wir führen hier ja keinen Monolog. Sieh es einfach als eine Form der Argumentation. Wenn du die Prämissen ablehnst, in Ordnung. Aber Beinprothesen, Brillen, Insulinpumpen, künstliche Herzklappen abzulehnen ist halt irgendwie merkwürdig. Es geht darum, dass der Mensch keine Essenz besitzt, sondern ein Zusammenspiel aus Wirkmächten ist, die sich in ihrer Beschaffenheit und Beziehung zueinander verändern können.

    Bis die genetisch eindeutigen Differenzen nicht behoben sind oder werden können lässt sich nicht bestreiten, dass es einen biologischen Mann und eine biologische Frau gibt.

    Schade auch, dass du offenbar nicht auf das eingehst, was ich schreibe sondern einfach nur deinen Standpunkt wiederholst. Ist aber okay für mich, ist ja auch nur ein Forum. Es ist eben der Unterschied zwischen Sein und Werden. Guck dir doch einfach mal Prozessphilosophie an, wenn du willst.

    Ebenso ist ein Mensch noch definiert und dadurch von einer Gurke zu unterscheiden.

    Ah, schöne Absurdität, die überhaupt nichts mit dem Thema zu tun hat. Du bist übrigens auch kein Blasebalk - ist das jetzt irgendwie relevant?

    In meinem Verständnis ist ein Körper, der keinerlei menschliche (oder überhaupt) Genetik aufweist, auch kein Mensch mehr und nicht als Frau/Mann einzuordnen.

    Sei dir gegönnt. Aber bitte nicht zum Fakt erklären. Ich könnte jetzt halt meine Argumente auch alle wiederholen, aber... ich denke, dann drehen wir uns im Kreis. Du machst halt Genetik an einen absurden Naturbegriff fest und verkennst, dass diese Genetik problemlos synthetisch sein könnte. Du hast irgendwie Angst davor, dass dann etwas Urmenschliches verloren gehen könnte, aber da ist nichts Urmenschliches, das verloren gehen kann. Und wenn ja: Erklär mir mal bitte, was das sein soll.

    Noch einmal: Es geht hier doch darum, dass manche Menschen behaupten, dass Geschlecht etwas "Natürliches" sei - dem ist auch so, wenn Technologie genau so zu unserer Natur dazugehört wie das Schneckenhaus zur Schnecke. Ansonsten aber ist die Natur/Kultur-Dichotomie eine Denkfalle, die durch diverse Beispiele entkräftet werden kann. Irgendwann müssen sich die Vertreter*innen dieser Denkfalle auf absurde Essenzen berufen, eben auf die Seins-Ontologie, um das Ganze haltbar zu machen. Ist halt nicht unbedingt clever. Ich liefere noch ein Beispiel:

    Stephen Hawking hat in den 90er Jahren einen Vortrag an einer kalifornischen Uni gehalten. Unsere Protagonistin wollte gerne zusehen - natürlich war es überall ziemlich überlaufen, der gesamte Hörsaal war voll und vor der Uni wurden Lautsprecher aufgestellt, damit die Leute dort auf dem Rasen mithören konnten. Die Protagonistin hat sich in die erste Reihe gequetscht, um dabei zu sein, und siehe da: Hawking saß dort, reglos wie immer, und kommunizierte über sein Gerät mit dem dazugehörigen Synthesizer Speech Plus CallText 5010, den wir sicherlich alle vom Klang her kennen. Er wurde schlicht über die Boxen im Saal übertragen. War unsere Protagonistin dem Teil von Hawking, der hier zählt, jetzt näher als wenn sie draußen auf dem Rasen zugehört hätte? Oder wurde Hawking über seine Technologie erweitert, seine Gedanken in die Umgebung gebracht?

    WIr reden hier nicht über ferne Zukünfte. Die Beispiele des Gedankenexperiments sind zugespitzt, damit sie streitbarer werden, aber wir benutzen alle ständig Erweiterungen unserer selbst, die eine feste Grenze zwischen Mensch und Nicht-Mensch verschwimmen lassen. Stell dir halt eine künstliche Herzklappe vor, und jetzt stell dir vor, dass du jedes Teil des Körpers graduell austauschst. Von mir aus lass das Gehirn weg - bedeutet das, dass diese "Menschenessenz" im Gehirn sitzt? Genauso verhält es sich mit dem Geschlecht. Es gibt kein SEIN, nur ein WERDEN. Menschen kommen als solche auf die Welt, ja. Sie besitzen Gene, korrekt. Aber sie sind im Werden begriffen.

    Hier geht es darum, dass Menschen, die ihr Geschlecht angleichen, dann dieses Geschlecht werden, weil es einfach keine Essenz gibt, die sie nicht sein könnten, ganz "biologisch und natürlich". Ich kann es jetzt nicht noch einfacher erklären und jeder, der möchte, kann sich von diesen Beispielen etwas mitnehmen oder es bleiben lassen. Wer will, kann Literaturhinweise von mir erfragen.

    Punkt bleibt doch, dass wir es noch nicht können und das vermutlich auch noch sehr lange nicht.

    Nein, das ist genau nicht der Punkt, daher nannte ich es ein Gedankenexperiment. Der Punkt des Ganzen war es, zu verdeutlichen, dass es keine "Essenz des Menschlichen" (oder "Weiblichen" oder "Männlichen") gibt, statt eines Seins also ein Werden in den Mittelpunkt rückt. Und dieses Werden entkräftet jegliche angeblich biologische / natürliche Argumentation, wie etwas zu sein hat. Und ja: Die Definition des Menschen steht schon länger auf der Kippe, korrekt. Oder um es besser auszudrücken: Sie ist fluide und passt sich an, statt lehrbuchartig festgeschrieben zu werden, da das einfach unmöglich ist.

    Noch sind wir aber keine modularen Objekte und das scheint mir auch ganz gut so.

    Das ist halt deine Moralvorstellung. Zum "modularen Objekt" wird dadurch auch ohnehin niemand, aber dein Rückgriff auf den (vermutlich als "leblos" genutzten) Objektbegriff lässt erkennen, dass du nicht ganz begriffen hast, worum es mir ging. Ist aber auch nicht so wichtig.

    Die Begrifflichkeiten von "echter" Mann/Frau finde ich auch äußerst befremdlich und würde sie nicht benutzen.

    Supi, das ist gut. Aber genau darum geht es hier und in ähnlichen Diskussionen. Wie viele Geschlechter gibt es? Wann ist ein Mann ein Mann (gibt es sogar einen Song drüber...)?

    Ich würde die rein biologische Unterscheidung anhand der Chromosomen festmachen, das ist vom Zeitpunkt der Befruchtung an fest. Gibt natürlich auch da wieder Ausnahmen. Von dem Standpunkt aus würde ich auch sagen, dass das biologische Geschlecht nicht zu ändern ist.

    Chromosome sind ein Aspekt des Ganzen. Aber die Grundfrage bleibt: Wann ist ein Mensch, irgendein Mensch, egal welches Geschlecht er hat, ein Mensch? Was macht ihn menschlich?

    Ich will ein Gedankenexperiment versuchen (nicht von mir, zugegeben):

    Stellen wir uns einen Menschen vor, der Stück für Stück die Elemente seines Organismus austauscht. Nehmen wir hierfür an, dass die Technologie existiert. Der Mensch beginnt mit seinen Händen, Beinen, meinetwegen seiner Nase und tauscht diese gegen produzierte Körperteile aus (hierzwecks besserer Anschauung Cyborg-Teile). Bis dahin unkompliziert, oder? Eben ein Mann / eine Frau, die ein paar "Ersatzteile" hat.

    Dann folgt die Leber, dann die Nieren. Schließlich auch die Geschlechtsorgane, und -auch wenn das ferne Zukunft oder gar unmöglich bleiben mag- zum Schluss das Gehirn. Wir stellen ihn uns jetzt als Menschen vor, an dem nichts "Biologisches" mehr ist, der aber dennoch Mensch ist. Oder nicht? Und wenn jetzt das "Nein" kommt - ab wann denn nicht mehr? Ab der zweiten Hand? Der Leber? Der zweiten Gehirnhälfte? Was macht sein Menschsein aus? Was hat sein Frausein ausgemacht, sein Mannsein?

    Dieser Cyborg könnte theoretisch auch ein anderes Geschlecht bekommen. Er könnte sich einfach ein anderes aussuchen, oder beide, samt drei Geschlechtsorgane. Warum auch nicht? Er könnte seine Chromosome selbst gestalten und bestimmen, wie diese konstituiert sein sollen, syntethisch natürlich. Und er könnte diese dann reproduzieren. Er könnte sich mit der richtigen Technologie selbst entwerfen und würde funktionieren, es wäre ein funktionsfähiger Körper. Was anderes ist eine Brille, eine Tastatur und Bildschirm, das Sprachgerät mit dem Stephen Hawking kommunizierte, eine Insulinpumpe als genau das? Eine technische Erweiterung oder Veränderung des angeblich "natürlichen" Körpers.

    Worauf ich hinaus will: "Natürlich" gibt es Chromosome. "Natürlich" sind sie das, was uns -biologisch gesehen- zu männlichen oder weiblichen Säugetieren macht. Aber sie sind 1) nicht alternativlos und unveränderlich in Stein gemeißelt (Judtih Butler lässt grüßen) und 2) nicht das, was uns als Menschen ausmacht.

    Und diese gesamte Diskussion kreist nicht darum, wann und wie Menschen mit einem Geschlecht auf die Welt kommen, sondern was Geschlecht bedeutet, wie es sozusagen "ganz real und biologisch" zugesprochen oder abgesprochen wird und was Mensch tun muss/darf/kann, um sich über Grenzen hinwegzusetzen. Es ist eben faktisch falsch zu sagen: Menschen, die eine Geschlechtsangleichung hatten sind keine "echten" Frauen/Männer, weil sie es in der Tat sind. Es gibt dieses "Echte" nicht, das ist eine veraltete Illusion. Und ja: Irgendwann werden wir auch Chromosome nach belieben gestalten können - Haut- und Haarfarben, Größe, all das. Wo sind dann die "echten" Männer und Frauen? Oder die "echten" Weißen? Oder die "echten" Menschen? Diese ganzen Differenzlinien sind Schnee von Gestern.

    Nur wird aus einer biologischen Frau eben kein biologischer Mann, und aus einem biologischen Mann keine biologische Frau.

    Dir ist klar, dass die Biologie eine menschgeschaffene Wissenschaft ist, die eine eigene Taxonomien eingeführt hat um die Welt zu beschreiben und dass diese sich im stetigen Wandel befinden, wenn Phänomene in der Welt auftreten, die mit den alten Kategorien nicht zusammenpassen? Es passen sich ja nicht die Phänomene den Kategorien an?!

    Ich meine... hoffentlich ist dir klar, dass das biologische Weltbild, dass die meisten Menschen haben, etwa 100 Jahre alt ist und mittlerweile ganz andere Konzepte und Kategorien vertreten werden? Natürlich kann aus einem "biologischen Mann" eine "biologische Frau" werden, was macht denn das "Frau-Sein" deiner Meinung nach aus? Ist das irgendeine Essenz oder so, die ich in meinem Herzen trage, oder ein gottgegebener Funke? Oder ist es vielleicht das, was Leute anderen zusprechen oder absprechen wollen..?


    Was gibt es denn so:

    1) Weibliche Geschlechtsorgane: Müssen leider häufig wegen Krebs entfernt werden. Sind diese Frauen dann keine Frauen mehr?

    2) Hormone: Können eingenommen werden.

    3) Alles andere, was von Menschen herumprojeziert, abgeladen, aufgeladen, zu- und abgesprochen wird, u.a. auch hier in diesem Thread

    Wieso sollte das Geschlecht auf "biologische Merkmale" reduzierbar sein? Wenn du jetzt mit diesem "Von Geburt an"-Zeug kommst: Ab wann denn genau? 2. Monat? 4. Monat? 8. Monat? Ab wann ist ein Foetus ein Baby, wann ist ein Mensch eine Frau, wann ein Mädchen? Ab 12? Ab 18? Und was ist mit Menschen, die bei der Geburt unterentwickelt sind oder denen Geschlechtsteile fehlen. Sind die dann automatisch geschlechtslos? Was ist mit Männern, die nur einen Hoden haben - sind das halbe Männer?

    Diese stumpfe Kategorisieriung ist einfach total veraltet und nicht State of the Art, hat sich aber festgesetzt, weil Menschen ihre feinen kleinen abgesteckten Grenzen einfach lieben.

    Menschen überschätzen ihren freien Willen und ihre Fähigkeit, selber Entscheidungen zu treffen. Es gibt interdisziplinär viele Hinweise darauf, dass unsere Rationalität Grenzen kennt, dass wir beeinflusst sind von diversen Akteuren, ob Darmbakterien, Hormonen, Wetter und so weiter. Menschen schreiben außerdem ihrer Fähigkeit sprechen zu können deutlich zu viel Bedeutung zu und degradieren auf dieser Basis andere bewusste Lebensformen.

    Was man in dem Zusammenhang aber nicht vergessen darf: Das Zeug soll ja kein Gemüse (gesund) ersetzen, sondern Fleisch (ungesund).

    Und ob man jetzt ungesund mit ungesund ersetzt oder nicht... ¯\_(ツ)_/

    Das ist einfach haargenau der Punkt. Wir benutzen die Fertigprodukte vielleicht an zwei Tagen der Woche, selten drei, aber dann fühlen wir uns bereits schuldig und versprechen, gesünder zu leben. Jeder weiß, dass hochverarbeitete Produkte immer ungesund sind, ganz egal welcher Art. Fleisch hingegen, insbesondere rotes Fleisch, ist jedoch noch ungesünder. Ärzt*innen empfehlen nicht umsonst, davon die Finger zu lassen oder es wie gefährliche Drogen zu handhaben, deren Versuchung man vielleicht ab und an nachgibt. Stichwort: Ernährungsdocs, wenn wir schon bei Fernseherformaten sind.

    Finde es nur nicht ok, dass es viele Menschen nunmal nicht so vernünftig handhaben, und dann anfangen, aus irgendwelchen (meist egoistischen) Gründen heraus irgendwas vorzuspielen/vorzutäuschen, den Partner hinhalten oder einfach ganz bewusst solche Themen totschweigen.

    Naja, komm. So sind Menschen eben. Wenn sich Menschen verlieben, Gefühle entwickeln, kaum noch essen oder schlafen und sich nacheinander sehnen, denken die wenigsten daran, sämtliche Zukunftspläne auf den Tisch zu knallen. Warst du eigentlich mal richtig verliebt? Wenn ja: Wie kommst du darauf, dass hier etwas derartiges möglich wäre? Klar gibt es Fälle, etwa beim Online-Dating, wo Menschen sich "übereinander informieren", bevor sie sich verlieben, aber generell sind wir schlecht darin, mögliche Gegenwarten zugungsten ferner Zukünfte zu opfern. Menschen machen halt einfach, dann passieren Dinge, das Leben halt.

    Finde deine Argumentation etwas weltfremd und merkwürdig und außerdem begreife ich nicht ganz, warum du das "nicht ok" findest. Geht dich das denn überhaupt etwas an, was andere Paare wie machen? Ist eine ernstgemeinte Frage, ich weiß es nämlich nicht.

    Das wäre jetzt auch halt für mich ein Modell, wo ich sagen würde, Leute die gar nichts damit zu tun haben, zahlen nichts

    Ja, so funktioniert Gesellschaft. Ich bin jung und nicht oft krank? Ich zahle wenig Krankenbeiträge, alte Menschen müssen dafür das Zehnfache zahlen. Ich bin gut gebildet und bekomme einen Bürojob und bin keiner körperlichen Abnutzung ausgesetzt? Super, weniger Beiträge für mich, mehr für Handwerker*innen. Ich bin männlich - warum sollte ich die Infrastruktur für Gynäkologie zahlen? Ich besitze kein Auto, warum soll ich dann für Straßen zahlen? Ich lebe nicht in Ostdeutschland, warum habe ich dafür so lange gezahlt? Ich habe keine Kinder, warum zahle ich für Kitas?

    Warum gibt es überhaupt dieses blöde Konzept, dass ich irgendwie mit anderen in Beziehung stehe und wir irgendwie alle gemeinsam eine Welt schaffen? Nerv :(