Ich bin wie einige andere hier auch der Meinung, dass Zwangslesen in der Schule eine sinnvolle Sache ist.
Nicht nachvollziehen kann ich, ebenso wie @Schattenmeer, Aussagen wie "Zwangslesen in der Schule hat mir das Lesen von Büchern allgemein verdorben." Versteh ich absolut nicht. Es gibt so viele Bücher, so viele Genres.. wie kann da EIN Buch solch eine Auswirkung haben, dass man nicht (mehr) lesen mag? Das Beispiel mag ein wenig hinken, aber ich lehne das Schauen von Filmen ja auch nicht ab, nur weil mir ein Film nicht gefallen hat (hinken tut das Beispiel insofern, dass Filmeschauen mehr eine passive und Bücherlesen mehr eine aktive ist Tätigkeit ist.. und dennoch sehe ich da einen Vergleich).
Ich gehe sogar soweit zu sagen, dass schulisches Zwangslesen immer bereichernd für einen ist, ob einem das Buch nun gefällt oder nicht. Denn sich mit Texten auseinanderzusetzen hilft in so vielen Bereichen - Rechtschreibung, Grammatik, Sprachgefühl, Interpretationsfähigkeit, alles mögliche wird dabei gefördert, ohne dass es unbedingt bewusst passiert. Gerade für die Schüler, die privat nie oder selten ein Buch in die Hand nehmen, ist das eine gute und hilfreiche Sache - z.B. auch für spätere Aufsätze.
Mir ist es auch schon oft passiert, dass ich eine Schullektüre nicht mochte. Daraus ergaben sich für mich aber fast immer interessante Diskussionen, weil ich meine Kritikpunkte eben auch begründet habe und dadurch Gespräche entstanden, aus denen ich und andere viel ziehen konnten.
Einen faden Beigeschmack hat Zwangslesen manchmal aber dennoch für mich: Wenn mir das Buch eigentlich gut bis sehr gut gefällt, es aber so totdiskutiert und überanalysiert wird, dass mir die Lust daran vergeht.
In meinem letztjährigen Ausbildungsjahr hatten wir das Theaterstück "Ein Volksfeind" von Hendrik Ibsen gelesen. Ich bin nach wie vor sehr froh, dass wir das getan haben, da ich das Buch sowie die Theateraufführung, die wir hinterher gesehen hatten, sehr mag. Meine Lehrerin hatte jedoch einen großen Hang zu sehr viel Interpretation, mit Begründungen, die ich und meine ganze Klasse stellenweise gar nicht nachvollziehen konnten. Beispielsweise sah sie ein tieferes Interesse eines Mannes zu einer Frau, die gefühlt zwei Dialoge im ganzen Buch hatten, welche wiederum nur davon handelten, dass die Frau "Danke" sagte. Gut, wenn sie das so sieht, soll sie es so sehen - allerdings war es für sie ein Fakt, den sie in der Klausur bei der Charakterisierung eben jenes Mannes erwartet hatte. Niemand hatte das, also gab es da schonmal für jeden weniger Punkte. Und das bei lauter anderen Dingen, wo wir doch ziemlich ratlos vor unseren Klausuren saßen und nicht wussten, woher sie die Interpretationen genau nahm. Das war dann der Punkt, wo mir plötzlich das Buch auf die Nerven ging, dabei konnte es dafür ja nichts.
Diese Lehrerin hat allerdings auch einen Satz gesagt, den ich sehr mochte, als drei Personen sich beklagt haben, der Schreibstil sei anstrengend und das Buch uninteressant:
"Sie sollen damit auch nicht unterhalten werden, sondern lernen und arbeiten. Dafür sind Sie ja hier."