Welcome to the NHK (Manga Adaption)

Es ist schon eine Weile her seit meinem letzten Blogartikel und noch viel länger ist es her seitdem ich mal etwas zu Anime oder Manga geschrieben habe. Auch wenn meine Interessen sich im laufe der Zeit ein Stück weit in andere Bereiche verschoben haben verfolge ich auch weiterhin dieses Thema und einige Animes und Mangas die ich in der Vergangenheit geschaut oder gelesen habe hängen mir auch heute noch sehr am Herzen. Eines dieser Werke ist die Mangaserie Welcome to the NHK. Man könnte da sagen das es buchstäblich Liebe auf dem ersten Blick war. Dieses bizarre, tragikomische, aber dann doch bitterernste Werk mit all ihren schrulligen Charakteren, deren Leben und Schicksal einem Nahe gehen, berührt mich immer wieder aufs neue.


Da ich wieder so in eine Phase komme wo ich an diese Serie denke hab ich mir gedacht "Hey, warum schreibst du nicht einfach mal warum dich persönlich diese Serie so fesselt und emotional berührt?". Gesagt getan. Eins schon mal Vorweg. Ich werde hier keine richtige Review/Rezension zu "Welcome to the NHK" schreiben. Stattdessen werde ich im folgenden einige Punkte, Aspekte und die dazugehörigen Handlungsabschnitte herauspicken die mich besonders fasziniert haben oder ich bemerkenswert fand. Deshalb an dieser Stelle schon mal eine dicke Spoilerwarnung! für die die diese grandiose Mangaserie noch nicht gelesen haben.

Es gibt davon noch eine Light Novel, die vor dem Manga rauskam, und eine Anime-Adaption, die wiederum auf den Manga basiert. Sowohl Light Novel als auch Anime weichen jedoch von der Manga Fassung ab auf die ich mich im folgenden beziehen werde.


Wer konkret wissen möchte worum es in "Welcome to the NHK" geht und mehr zu in Erfahrung bringen möchte den Verweise auf den jeweiligen Anisearch Eintrag. Dort findet ihr auch gute Kritiken/Rezensionen zu.


Nun genug mit dem Vorgeplänkel und kommen wir nun zu den einzelnen Punkten.



1. Es gibt kein Entrinnen


Für unseren Helden der Geschichte Tatsuhiro Sato ist das Leben alles andere als nach Plan verlaufen. Nachdem er recht schnell sein Studium abgebrochen hatte zog er sich in die vier Wände seiner kleinen Wohnung zurück. Von den Erwartungen und Anforderungen des realen Lebens zeigt er sich überfordert und flüchtet sich in seine eigene abgedrehte Welt, die u.a. eine Verschwörungstheorie beinhaltet wonach man es Leuten wie ihn besonders schwer macht und vereinfacht ausgedrückt alle ihn nur verletzen wollen.

Mit der ersten Zufallsbegegnung mit Misaki, die es sich zum Ziel gemacht hat Sato zu helfen, legt sich zwar diese Verschwörungsfantasie. In der Serie gibt es jedoch immer wieder Phasen wo Sato versucht aus seinem Leben auszubrechen und davor zu flüchten, ob nun physisch oder psychisch. Das ist eines der elementaren Bestandteile der Handlung und auch Satos Charakter, der dazu tendiert Aufgaben die er sich zunächst fest vornimmt aus Angst und Selbstzweifel schleifen zu lassen und immer wieder neue Ausflüchte, Ausreden und Lügenmärchen findet.


Doch egal wie oft Sato versucht abzuhauen und unterzutauchen. Seine Probleme holen ihn immer wieder ein. Ein Beispiel ist seine Computerspielsucht das in der Serie zwar etwas überzeichnet dargestellt wird, aber von der grundlegenden Problematik her auch ungeschönt dem Leser vor Augen geführt wird. Aus einer anfänglichen Jux-Idee über wertvolle Items eines MMORPG an Geld zu kommen verfällt Sato recht schnell dieser doch scheinbar so viel aufregenderen Fantasy-Welt des Spiels, wo er mal nicht der erbärmliche Hikikomori ist sondern mal ein richtiger Held sein kann. Indes verfällt Satos reales Leben immer mehr, woran er selber gar nicht mehr denken will. Erst durch eine Intervention seines alten Schulkameraden und Nachbarn Yamazaki war es möglich Sato da rauszuholen und ihm bewusst werden zu lassen in was für einem Zustand er sich befindet so das er gerade noch von seiner Computerspielsucht wegkommen konnte.


Ein anderer interessanter Fall findet sich später in der Geschichte nachdem Sato aufgrund eines (teils durch Drogen begünstigten) Nervenzusammenbruchs wieder zu seinen Eltern zieht. Sato ist sich da seiner Probleme durchaus bewusst und möchte vor seinen Eltern nicht als Versager dastehen so das er ihnen weiß macht konkrete Pläne für die Zukunft zu haben. Tatsächlich schenken ihm seine Eltern, die ihm durchaus auch helfen wollen, noch einmal Vertrauen. Ein weiteres mal glauben sie an ihm das er weiß was er tut. Die bittere Wahrheit ist das er das tief im inneren nicht weiß und zusammen mit dem Vertrauen seiner Eltern und den damit einhergehenden Erwartungen wird er auch direkt innerlich von geradezu erdrückt, was im Manga Anhand bestimmter Schlüsselszenen besonders deutlich wird.


Da Sato bekanntlich alles andere als vor Selbstvertrauen strotzt und alleine völlig überfordert und ziellos ist geht der allseits bekannte Fluchtmechanismus von vorne los, wenn auch da nicht ganz so spektakulär wie zu der Zeit als er seine Computerspielsucht hatte. In der Zeit wo er eigentlich nach Jobangeboten suchen sollte schaut er sich stundenlang Pornos an. Dieser Problematik wird er sich immer wieder bewusst, was ihn umso mehr schmerzt. So verbrannte er zuletzt seine alte Pornosammlung aus Jugendtagen, nur um tags darauf schon wieder am Computer auf irgendwelchen Pornoseiten zu surfen.

Unbemerkt von seinen Eltern stellt sich bei Sato das Gefühl der Leere ein. Das Gefühl nichts erreicht zu haben. Das Gefühl der Perspektivlosigkeit. Dabei flüchtet er sich immer mehr in seine Pornos und stellt sogar selber völlig frustriert fest das er sich zwar immer deprimierter fühlt, aber sogleich auch seine sexuelle Erregungen zunehmen. Das ganze konnte nicht lange gut gehen. Als Satos Mutter ihn zufällig in seinem Zimmer dabei erwischte wie er ganz ungeniert masturbierte (und das in gänzlich überzeichneter Form) brach alles in sich zusammen und damit auch die frustrierte und verzweifelte Wahrheit aus ihm heraus.


Seitdem versteckte sich Sato umso mehr vor seinen Eltern aus Scham. Ließ sich nur Nachts aus seinem Zimmer blicken als seine Eltern schon schliefen. Statt das eine Besserung Eintritt flüchtet sich Sato in eine weitere Wahnvorstellung. Nämlich das Misaki ein Engel sei. So widmet sich Sato voll und ganz dieser Vorstellung was schon geradezu kulthaften Charakter hat ehe er von seinem Vater vollends zur Rede gestellt wird.

Die Auseinandersetzung mit den Eltern geht noch etwas weiter inklusive weitere Flucht daraus entgegen jeglicher Vernunft, aber fürs erste soll diese Veranschaulichung reichen.


Man macht es sich zu einfach Satos Verhalten auf eine mangelnde Willensstärke runterzubrechen. Es ist vielmehr eine Mischung verschiedener angehäufter unschöner Erfahrungen und einem mangelnden Selbstwertgefühl als Folge mangelnder Erfolgserlebnisse das Sato immer wieder daran hindert etwas was er sich vornimmt auch richtig durchzuziehen. Sein Fluchtreflex ist ziemlich ausgeprägt. Das Problem des mangelnden Selbstwertgefühls, Selbstvertrauen und der Angst vom Leben enttäuscht zu werden ist nicht neu bei Sato. So hatte er in der Oberschulzeit ein Mädchen auf unschöne Art und Weise abblitzen lassen, weil er sich eine Beziehung nicht zutraute und so wie ich das sehe auch Angst vor dem Ungewissen hat.


Insgesamt ist das für mich ein durchaus schöner Aspekt von "Welcome to the NHK". Egal wie oft Sato versucht abzuhauen und irgendwohin zu flüchten. Seine Probleme vor denen er wegläuft holen in da doch immer wieder ein. Die Momente wo er auf den Boden der Tatsachen geholt wird sind stets zutiefst unangenehm und hart. Werden auch dem Leser genauso präsentiert. Während beispielsweise viele heutige Isekai-Werke ähnliche Situationen wie die von Sato lediglich als Ausgangspunkt oder gar nur als Aufhänger nehmen um danach in eine schöne bunte Fantasy-Welt abzudriften und sich darin mit einem neuen Leben einzurichten verbleibt "Welcome to the NHK" trotz aller Absurditäten stets dort wo es besonders hart und auch mal unangenehm ist. Nämlich in der Realität. Man kann nicht einfach so vor seinen Problemen und unbefriedigendem Leben in eine bunte Fantasy-Welt flüchten, sondern muss lernen damit umzugehen und zurechtzukommen. Sich all dem zu stellen. Auch das lehrt einem "Welcome to the NHK" am Ende der Geschichte.


2. Die zwei Seiten des Tatsuhiro Sato


Im ersten Punkt hatte ich schon ansatzweise die Zwiespältigkeit zwischen Bewusstsein und Handlung Satos verdeutlicht. Zum einen ist ihm voll und ganz bewusst das es mit seinem Leben so nicht mehr weitergehen kann und er daran was ändern muss. Andererseits könnten seine daraufhin erfolgenden Handlungen und Vorgehensweisen ihn nicht weiter von diesem Ziel wegbringen. Es entspinnt sich ein innerer Konflikt der Sato immer wieder vor neuen Problemen stellt, die wiederum auf seinen alten ungelösten Problemen beruhen. Dabei ist Sato ein Charakter voller Widersprüche.


Auf der einen Seite gibt er sich äußerlich cool, energetisch, ausgelassen, nur um seine eigene Unsicherheit und Ängste vor allen anderen zu überspielen. Sato wägt durchaus vernünftig seine momentane Lage und Situation ab nur um danach sich in Verschwörungstheorien und Wahnvorstellungen zu verirren um dort eine Erklärung für seine Misere zu finden. Scheinbar optimistisch und voller Tatendrang schmiedet er mit seinem Kumpanen Yamazaki Pläne für ein Erotikspiel nur um das ganze schließlich nur noch halbherzig anzupacken und sich gedanklich anderen Dingen zu widmen. Sato hat als Schriftsteller durchaus Talent, was er aufgrund seines mangelnden Durchhaltevermögens und Selbstvertrauen nicht voll und ganz ausschöpfen kann.

Als Perversling sondergleichen frönt Sato verschiedene heftige Sex-Fantasien bzw. Fetische und schießt heimlich Fotos von Schülerinnen, könnte andererseits in echt jedoch keiner Frau ein Haar krümmen und zeigt sich in Momenten wo es darum geht körperliche Nähe zuzulassen von einer zutiefst sensiblen und verletzlichen Seite.


Ich könnte das noch ewig so weiter fortführen. Der Punkt hier dürfte klar sein. Als tragische Hauptfigur kommt man nicht umhin Satos Charakter vielschichtig zu gestalten um ihn nicht nur für den Leser interessanter zu machen, sondern auch identifizierbar. Eine Figur die man trotz all der abgedrehten und schrulligen Momente auch als richtigen Menschen wahrnimmt und einem mit seinem Schicksal ans Herz wächst ohne das er einen direkt völlig vereinnahmt und man auch als Leser sagen kann das er in dem Punkt definitiv Scheiße gebaut hat. Einen solchen Spagat zu halten ist alles andere als leicht. Überzeichnet man zu sehr läuft man Gefahr ins comichafte abzudriften so das der Leser den Bezug zur Situation und den Charakteren verliert. Zeichnet man ein zu realistisches Bild ab kann es sein das man den Leser mit dieser Schwere zu sehr erdrückt.


"Welcome to the NHK" schafft diesen Spagat in dem man Sato Dinge erleben lässt deren Probleme so erdrückend real sind das dies jeder auf Anhieb nachvollziehen kann. Computerspielsucht, Network-Marketing Betrug, Arbeitslosigkeit, Schulden, Versagens- und Zukunftsängste, Obdachlosigkeit, Vertrauen und Misstrauen, Liebe, Scham. All diese Momente und Situation nimmt sich Sato an oder stolpert gar unglücklich hinein. Wenn Sato sich auf dem richtigen Weg wähnt freut er sich geradezu mit einer kindlichen Naivität ehe am Ende die Erkenntnis kommt das es für ihn nur schlimmer wird und so völlig grotesk durchdreht. Im Manga werden diese Reaktionen des Öfteren überzeichnet was schon fast ins slapstickhafte übergeht und so durchaus eine komödiantische Wirkung hat. Dies nimmt die schwere aus dieser Situation heraus ohne jedoch das ganze völlig ins lächerliche zu ziehen. Insgesamt ergibt sich so eine tragikomische Wirkung, wo einem das anfängliche Lachen schnell mal im Halse stecken bleibt wenn nochmal rekapituliert wird in was für einer Situation sich Sato derzeit befindet. Man fühlt mit ihm.


Ebenso mitfühlen tut man mit ihm wenn man als Leser die Beziehung zwischen ihm und seiner alten Schulkameradin Hitomi Kashiwa verfolgt. Sato selbst hatte sich nach dem wiedersehen mit ihr zunächst Hoffnungen gemacht mit ihr zusammenzukommen, musste aber feststellen das sie schon verlobt war. Später als Sato obdachlos wurde war sie es die ihn zunächst einmal aufnahm und sich um ihn kümmerte. Kashiwa selbst hatte sich zu dem Zeitpunkt fürs erste eine eigene Wohnung zugelegt, weil es zwischen ihr und ihrem neuen Ehemann kriselt.

Dabei gestaltet sich die Beziehung zwischen Sato und Kashiwa alles andere als leicht. Es kommt zu Streitereien, weil Sato und Kashiwa zunächst sich gegenseitig was vorspielen, was am Ende schnell heraus kommt, und sich so offenbart das beide ihre ganz eigenen Probleme haben. Inmitten des Streits wo Sato offen zugab mit ihr eine Affäre anfangen zu wollen und Kashiwa entgegen seinen Erwartungen bereit ist darauf einzugehen wird ihm klar das dies nicht die Art von Beziehung ist die er mit ihr haben wollen würde und statt Sex bietet Sato der verdutzten Kashiwa ein Kartenspiel unter guten Freunden an. Man kann sich darüber streiten, ob Sato in dem Punkt wieder einmal Angst hatte und zurückschreckte voll aufs ganze zu gehen oder ob er verstanden hatte das eine Affäre mit einer alten Schulfreundin in so einer Situation unvernünftig wäre.


Für mich jedenfalls ist dies das erwachsenste was Sato bis dato gemacht hat. Besonnen und reif denkt der sonst so sprunghafte und leicht naive Sato diesmal nicht nur an sich selbst sondern auch an andere und deren Wohlergehen. Dies wird im Manga auch so dargestellt. Es sind auch solche Momente wo man als Leser erkennt das in Sato doch mehr drin steckt als es zunächst den Anschein machte.


3. Mehr als nur Nebencharaktere


Wie so oft ist eine gute Hauptfigur nichts ohne gute Nebenfiguren mit denen er interagieren kann und "Welcome to the NHK" hat so einige zu bieten. Sie jedoch nur als Stichwortgeber oder bloße Statisten zu reduzieren wird ihnen nicht gerecht. Denn auch die Nebencharaktere bleiben einem in Erinnerung. Das liegt daran das auch sie im laufe der Geschichte zu handelnden Protagonisten werden. Sie alle haben jeweils ihre ganz eigene Geschichte und auch Probleme denen in der Mangaserie mehr als genug Raum gegeben wird und sich auch mit Satos Geschichte überschneiden oder auch gar miteinander verflochten sind.


Eine der hervorstechendsten dieser Charaktere ist natürlich Misaki. Die Schülerin die in Sato jemanden gefunden hat dem sie helfen kann und damit auch was erreichen kann. In ihrem selbst auferlegten Projekt hat sie es sich zum Ziel gesetzt Sato von seinem Hikikomori Dasein zu heilen. Dieser Hauptpfaden zieht sich bis zum Ende der Geschichte und ist mit vielen Hindernissen, Problemen, Streitereien, aber auch ein paar emotional berührenden Momenten gepflastert. Was jedoch an Misaki interessant ist ist wie wenig man über sie selbst erfährt. Oft richtet sie ihren Fokus auf andere um von ihrem eigenen Leben abzulenken.

Von dem bekommt man im laufe der Geschichte Bruchstück serviert aus dem man sich ihren Hintergrund zusammenreimen kann. Der wahre Charakter von ihr bleibt einem allerdings weitestgehend verschlossen. Von der Ausgangslage her ist ihr Leben jedoch mit dem vom Sato durchaus vergleichbar. Auch sie ist mit ihrem Leben unzufrieden, überfordert, verdrängt es lieber und zieht vor sich aus diesem zurückzuziehen. Die Zeit mit Sato stellt ihre Art der Flucht dar. Und so entwickelt sich zwischen den beiden eine einerseits innige Chemie, die am Ende doch von einer gewissen Distanz geprägt ist. Denn beide haben Angst sich dem jeweils anderen vollkommen zu öffnen.


Satos Nachbar Yamazaki ist, könnte man sagen, der Antreiber und Anheizer für Sato. Die beiden hegen eine freundschaftliche Beziehung zueinander, seitdem Sato Yamazaki damals in der Schulzeit vor Schlägern gerettet hatte (und dafür später selbst verprügelt wurde). Auch Yamazaki hatte es nicht leicht im Leben. In seiner Kindheit war er ein typisches Mobbingopfer, der gerne herumgeschubst wurde. Eher zufällig entdeckte er die Vorzüge der Animewelt in die er sich aus seinem harten Alltag hineinflüchten konnte. So wurde er zu einem ebenso typischen Otaku. Die Welt der Animes konnte jedoch nie wirklich die Leere in seinem Herzen füllen die er hat und so wurde Yamazaki immer deprimierter. Seine Geschichte ist (salopp gesagt) geprägt von der Suche nach dem Sinn des Lebens. Das klingt ziemlich hochtrabend, aber im Grunde genommen ist Yamazaki stets auf der Suche nach einem Ziel nach dessen Erreichen er Stolz zurückblicken kann und vielleicht diese Leere füllen kann. Sei es nun der Versuch ein eigenes Erotikspiel zu entwickeln, irgendwie einem schwer kranken Mädchen das eine Operation benötigt zu helfen, einer alten Freundin den Traum zu erfüllen Synchronsprecherin zu werden oder Geld für die geschlechtsangleichenden Operationen einer Transfrau aufzutreiben die er in einem Maid-Cafe kennengelernt hat. Auch wenn Yamazaki nicht alles davon schafft so legt er Wert darauf selbst über sein Leben bestimmen zu können. Umso aufgebrachter ist er als seine Eltern darauf bestehen das er deren Bauernhof auf dem Land übernehmen soll.


Auch Megumi Kobayashi, die früher in derselben Schulklasse wie die von Sato war und Klassensprecherin war hat alles andere als ein leichtes Leben. Als junge Frau verdingt sie sich ihren Lebensunterhalt als Verkäuferin innerhalb eines Network-Marketing Netzwerkes. In dieser Funktion traf sie zufällig Sato wieder den sie sogleich einspannte damit er selber überteuert die ganzen Produkte von ihr kauft um sie seinerseits anderen anzudrehen. Kobayashi macht das alles nicht weil es ihr Spaß macht. Aus der einst idealistischen Klassensprecherin ist eine vom harten, realen Leben gezeichnete Frau geworden die sehen muss wie sie über die Runden kommt und dabei auch noch ihren Bruder, der selber ein Hikikomori ist, durchfüttern muss. Für sie gibt es keinen Ausweg aus diesem Leben auszubrechen. Sie steckt in einer Sackgasse und das ist ihr bewusst so das sie ihr Schicksal annimmt. Über ihren Bruder kreuzen sich ihre Wege im laufe der Geschichte auch mit dem von Misaki und auch Sato selbst kommt mit dem Bruder über das MMORPG, was ihn einst Computerspielsüchtig machte, in Kontakt ohne zu wissen mit wem er es wirklich zu tun hatte.


Es gibt da noch ein paar weitere interessante Nebencharaktere wie etwa vorher genannte Hitomi Kashiwa, die mit Sato befreundet ist und mit ihm im Literaturclub war. Sie ist abhängig von Tabletten und ist unzufrieden mit ihrem Ehemann Akira Jougasaki, der an Misakis Schule als Schul-Therapeut arbeitet. Er wiederum betreut Misaki bei ihrem Versuch die Schullaufbahn wieder fortzusetzen. Bei der Arbeit sehr engagiert und empathisch hat er selber schwer mit der Ehe mit Kashiwa zu kämpfen, die oft von Streitereien und Misstrauen geprägt ist, und wird davon regelrecht zermürbt, zumal er auf dieses Eheproblem selber keine Lösung weiß.


Das sind schon mal alle Nebencharaktere deren Geschichte und Hintergründe mich in den Bann gezogen haben und es ist für mich ziemlich bemerkenswert wie eng deren Handlungspfade miteinander und mit dem von Sato verbunden sind. So bildet sich insgesamt ein richtiges Esemble in der alle eines gemeinsam haben. Nämlich das jeder von ihnen ein Problem hat was ihnen zusetzt. Keiner von denen ist mit ihrem Leben wirklich zufrieden. Dieser Aspekt wird im Manga entsprechend gewürdigt. Es zeigt das niemand perfekt ist und jeder versucht nach seinem Glück zu streben, aber jedoch nicht immer erreichen kann. Satos Leben ist geprägt von Rückschlägen, aber auch einigen wenigen Glücksmomenten. Auch das machen die anderen durch.

An sich hätte man sich durchaus auch nur auf Sato konzentrieren können bei der Geschichte. Ich persönlich finde es so jedoch viel besser das den anderen Charakteren auch der nötige Raum gegeben wird deren Hintergründe und Probleme zu behandeln. So bleiben sie einem genauso in guter Erinnerung und es verdeutlicht auch das Sato nicht alleine ist mit seinen Problemen.


4. Ein zeitloser Klassiker


"Welcome to the NHK" hat schon so einige Jahre auf dem Buckel. Dennoch hat dieses Werk auch heute noch nichts von seinem Glanz verloren. In die Jahre gekommen ist es also schon mal gar nicht. Das liegt zum einen an den Themen die darin angesprochen werden. Man kann es traurig finden das diese Probleme heutzutage immer noch eine Rolle spielen, gar sogar zugenommen haben, aber Hikikomori, Sucht jeglicher Form, der harte Arbeitsalltag, der soziale Druck und psychische Probleme sind im heutigen Japan und woanders in abgewandelter Form immer noch allgegenwärtig und werden es wohl auch in Zukunft sein.


Der Identifizierungsgrad ist da immer noch recht hoch, wobei "Welcome to the NHK" gar nicht erst versucht einem mögliche Lösungen für diese Probleme anzubieten. Sie spricht diese Probleme jedoch mit einer schonungslosen Härte an ohne Umschweife. Das bleibt hängen. Das nimmt einen mit. Gleiches kann man auch über die Charaktere sagen, die auf all diese Situationen mit einer derben Schrulligkeit reagieren das man nicht umhin kommt darüber zu schmunzeln. Auf der anderen Seite sind sie sich auch über den ernst der Lage bewusst in denen sie sich befinden so das sie stellenweise auch ihre ruhigen nachdenklichen Momente haben.


Da "Welcome to the NHK" zu den moderneren Werken gehört ist ebenso auch die moderne Popkultur mehr als präsent. Beeindruckend finde ich hier das das ganze aus heutiger Sicht kaum angestaubt wirkt. Denn Animes, Maid-Cafes, Computerspiele sind nach wie vor populär und werden auch in Zukunft noch eine Rolle spielen. Was das betrifft kam ich noch eine Weile ins grübeln wie man das bloß geschafft hatte der zeitgenössischen Popkultur raumzugeben ohne das das ganze mit größeren Zeitabstand betrachtet angestaubt wirkt. Dann merkte ich das in der Serie zwar auf all diese moderneren popkulturellen Aspekte eingegangen wird, aber man da nie zu spezifisch wurde. Heißt das etwa genauere popkulturelle Referenzen ausblieben. Beispielsweise wurde etwa nicht konkreter auf zu der Zeit populären Animes angespielt oder angesprochen. Das ist wie ich finde ein interessanter Weg damit umzugehen der aber auch nicht immer einfach ist. Sollte man in der heutigen Zeit ein ähnliches Werk verfassen wäre der Gedanke naheliegend Isekai-Anime oder VTuber Anspielungen einzubauen, da das Dinge sind die aktuell omnipräsent sind in der Anime-Otaku Welt. Ob diese Sachen in Zukunft auch so präsent bleiben oder nicht doch nur eine Zeiterscheinung bleiben kann man natürlich kaum vorhersehen.


Sicherlich ist es vermessen anzunehmen das man bei "Welcome to the NHK" schon von vornherein beabsichtigte alles zeitlos zu gestalten, vor allem wenn man auch die moderne Popkultur behandelt wo immer ein Risiko besteht das einiges davon heutzutage keine große Rolle mehr spielen bzw. da sich der Trend schon längst dem Ende zugeneigt hatte. Unabhängig davon finde ich jedoch das diese Serie sich auch heute noch wunderbar liest und sich so aktuell wie eh und je fühlt. Am Puls der Zeit. Bei den Themen die jeden betreffen können oder man sich einfinden kann und in jeder Zeitepoche eine Rolle spielen. Das zeichnet für mich einen zeitlosen, modernen Klassiker aus.


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Das dürfte es soweit gewesen sein. Womöglich hätte ich noch ein paar Punkte mehr finden können was mich an "Welcome to the NHK" so fasziniert, aber das sind erst mal die Sachen die mir direkt auf der Zunge lagen. Ich hoffe ich konnte für euch nachvollziehbar ausführen warum diese Serie aus meiner Sicht eines der bemerkenswertesten Werke der letzten 20 Jahre ist.

Sollte ich aus eurer Sicht was übersehen haben oder ihr anderer Meinung sein lasst es mich gerne unter den Kommentaren wissen. Ich freue mich auf euer Feedback. (':

Kommentare 2

  • Ein sehr schön geschriebener und interessanter Blog-Artikel mal wieder! Ich selbst kenne bisher nur die Anime-Adaption von "Welcome to the NHK", welche mir sehr gut gefallen hat und mich teils auch zutiefst bewegt hat. Mit der Light Novel oder Manga-Adaption hatte ich mich bisher aber kaum beschäftigt. Ich hätte nicht gedacht, dass die Unterschiede was den Umfang angeht dann teils doch so groß sind, im Manga kommen dann ja doch nochmal einige zusätzliche Charaktere und Handlungsstränge als im Anime hinzu. Mich überrascht es vor allem, was für einen starken Fokus dort auf die Nebencharaktere gesetzt wird. Den Anime hab ich zuletzt vor vielen Jahren gesehen, aber dort hatte ich das Gefühl dass es in erster Linie Satos Geschichte war. Ich finde es aber ansprechend, dass im Manga auch noch die Schicksale von so vielen anderen Charakteren beleuchtet werden, die die vielfältigen Thematiken dieses Werks nochmal zusätzlich hervorheben und unterstreichen. So werde ich auf jeden Fall irgendwann mal (wenn ich ihn in die Hände bekommen sollte, andernfalls muss ich halt online schauen) die Manga-Version lesen!

    Ich glaube, dass viele Themen die "Welcome to the NHK" anspricht besonders während der andauernden Isolation durch die Pandemie viele Leute ansprechen und bewegen wird. Satos düstere Gedanken wegen seines Zustands als Hikikomori werden sicher auch im letzten Jahr durch den Lockdown bei vielen von uns aufgekommen sein. Am bewegendsten fand ich in der Anime-Fassung übrigens die Doppelfolge auf der "Selbstmord-Insel" nenn ich sie mal, in der sich die Anwesenden umbringen wollten und sogar Sato, der als Einziger aus der Gruppe anfangs nicht mitmachen wollte, dann doch kurz davor war sich von der Klippe zu stürzen. Als dann aber einer der anderen an die Reaktion seiner Eltern ob seines Suizids denken musste, brach er zusammen und bewegte alle dazu sich nicht das Leben zu nehmen. Diese Folge fand ich sehr bewegend, ebenso wie die folgende wo man dann auch die tatsächliche Reaktion der Eltern sieht, die aber nicht als Beschimpfung ausfällt, sondern eher als Trost und Bekundung von Liebe. Die Art und Weise wie "Welcome to the NHK" dieses sehr ernste Thema anspricht, empfand ich als sehr realistisch und zutiefst bewegend, das hat mich bis heute mitgenommen. Danach ging es mit diesem ganzen "Pyramide Scheme" Storydrang etwas bergab fand ich, aber die letzten Folgen waren dann auch wieder großartig! Dies ist ein Werk das sehr viele wichtige Themen behandelt und dabei hilft, sein eigenes Handeln zu hinterfragen, ich wünschte der Anime wäre, besonders hierzulande, deutlich bekannter. Aber leider war es bisher immer unmöglich, ihn sich auf legale Weise hier anzuschauen. Daher freut es mich umso mehr, dass der Anime bald endlich offiziell hier erscheint! :love: Hoffentlich können dadurch noch mehr Menschen dieses Meisterwerk wert zu schätzen wissen! :<3:

    Danke 1
    • Die "Selbstmord-Insel" gab es so im Manga auch. Allerdings liefen da ein paar Kleinigkeiten da anders ab. War so im Manga zumindest auch ganz ok, aber im Vergleich zu den späteren Kapiteln für mich bei weitem nicht so stark. Im Anime ist das nochmal was anderes.

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