Götterwinde

ACG Sommerfest 2024
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  • Hey, guys! (^.^)/"


    Ich habe sehr lange das MMORPG - Final Fantasy XIV gespielt. Dort haben mir im zweiten Addon - Stormblood die Au Ra, besonders die Xaela, sehr gefallen.

    Aus verschiedenen Gründen, hatte ich extrem Lust, darüber eine Fan-Fiction zu schreiben.

    Sei es dessen Kultur, Bräuche oder Welt, die mich so inspirierten und ja, vllt. auch ein wenig ihr Aussehen. <3


    Die Geschichte ist leider so geschrieben, dass man die Lore kennen sollte oder zumindest das Spiel gespielt haben sollte, um viele Dinge zu verstehen.

    Aber keine Angst, vieles ist auch erklärt, sodass vllt. auch jemand bisschen Spaß daran haben könnte, der sich jetzt nicht so gut oder gar nicht mit dieser Welt auskennt.


    Info an nicht FFXIV-Kenner:

    Die Au Ra, besonders die Xaela, sind von der mongolischen Kultur inspiriert. Das bedeutet so viel wie, viele verschiedene Stämme, mit noch verschiedeneren Bräuchen, Ansichten und Lebensweisen, die aneinander nicht riechen können. Viele Konflikte, sei es auf politischer oder kriegerischer Ebene. Bündnisse, Verrat und auch Liebe, könnt ihr in dieser Chronik erwarten.

    Nur mal sehr grob als Vorstellung, was alles so vorkommen kann oder wird.


    Timeline:

    Die Geschichte spielt im Jahr 1515 in der 6. Astral Ära, ca. 60 Jahre vor den Ereignissen aus dem Spiel.

    2 Jahr nachdem das Garleanische-Imperium durch die Entwicklung der Magitek eine industrielle Revolution erlebte und 6 Jahre vor dessen Invasion in Othard.




    Götterwinde

    Kapitel 0 - Prolog


    Ein starker Wind fährt über die kahl-grünen Wiesen der Steppe und bringt das Grün zum Tanzen. Der klare Himmel bricht die Pforten zur Sonne auf, die den Horizont in einem goldenen Schleier umhüllt. Einzig und allein die vorbeiziehenden Yol werfen hin und wieder einen Schatten auf den goldenen Teppich. Die Felserhöhungen sowie die grasenden Dzo's runden das harmonische Panorama ab.


    Diese Aussicht bietet sich einem jungen Xaela, der auf einem Felsvorsprung sitzt und fast schon lethargisch in seinen Gedanken versunken ist. Seine langen schwarzen Haare werden vom Wind getragen, sodass man aus seinem Mittelscheitel heraus die himmelblauen Augen erkennen kann, die traurig in die Ferne schauen, als würden sie sich von dem torpiden Anblick verabschieden müssen. Ehe der junge Xaela seine Gedanken ordnen konnte, zerbrach das beruhigende Rauschen der Gräser hinter ihm. Wie ein Donnergroll schmiss sich eine vertraute Stimme auf ihn.


    "Skol!... Skoool!... Skooooool!..."


    Ein junger Xaela läuft den leichten Abhang, zu dem Platz an dem Skol sitzt, hinab. Aus seiner Gedankenwelt entrissen, blickt dieser nicht zurück, sondern senkt seinen Kopf zu Boden. Er schließt seine Augen und formt ein Lächeln. Seine Traurigkeit verschwindet aus seinem Gesicht und er erhebt sich. Der Junge Xaela keucht, als er bei ihm ankommt.


    "Mensch, hier bist du also! Jeder sucht nach dir!"


    Skol blickt ein letztes Mal in den Horizont, bevor er sich umdreht und den jungen Xaela in den Schwitzkasten nimmt.


    "Na sieh mal einer an wer da meine ruhe gestört hat! Ich habe mich so schön entspannt, Loct!"


    Er lacht und schmeißt seinen Arm neckisch über die Schultern von Loct. Da dieser ein Kopf kleiner ist, wird er fast zu Boden gedrückt. Er blickt nur genervt auf ihn und erträgt seine überspielte Art mal wieder.


    "Was gibt es denn?", fragt er den fast auf den Boden gedrückten Loct verwundert.


    Loct wirft den Arm von Skol über seinen Kopf und richtet sich auf.


    "Deinetwegen bin ich wieder der Lauf Baras für alle! Besonders Hera ist immer wieder so anstrengend, wenn du mal wieder einen deiner Momente hast!", erwidert er genervt, mit einem Hauch von gram in seiner Stimme, "Die Vorbereitungen für das Tsagaan Sar sind schon voll im gange..."


    Sein Blick schweift unzufrieden in die Ferne. Skol versteht, dass er deprimiert ist, da sie als Kahkol nach den Feierlichkeiten nicht am Naadam teilnehmen werden. Bevor er etwas sagen kann, beendet er die Stille.


    "Ich hätte einfach auch gerne mein Wert als Krieger in einem Kampf für meinen Stamm unter Beweis gestellt..."


    Man hört regelrecht die Enttäuschung in seiner Stimme. Skol schaut ihn mit einem emotionslosen Gesichtsausdruck an, da er mit dieser Aussage nichts anzufangen vermag. Er zögert etwas, bevor er anfängt zu sprechen.


    "Vielleicht ist es an der Zeit für Veränderungen...", sagt er besonnen und schaut auf den Horizont, "...der Naadam hilft uns nicht dabei...", Loct schaut ihn nur wie ein verlorenes Schaf an und versteht nicht wirklich was er damit meint.


    "Aaargh! Jetzt bist du wieder so komisch!"


    "Wirklich?", erwidert Skol mit einem Lächeln, "Wir sollten uns langsam auf den Weg machen, oder? Ich möchte ungern Hera weiter warten lassen, sonst kürzt sie mich noch auf deine Größe runter!", er grinst und läuft los.


    "WAS?! Du elender... Bleib stehen!", Loct knirscht mit den Zähnen und beide machen sich auf den Weg zum Dorf.

  • Götterwinde

    Kapitel 1 - Das Tsagaan Sar


    Kahkol Iloh liegt im südöstlichen Teil der Azim-Steppe. Dieser Teil wird auch das Grüne Meer genannt. Lange Grüne Wiesen dessen Horizont nur zu erahnen ist. Die geringe Vegetation und die leichten Felserhöhungen zeichnen die Landschaft aus. Das Dorf liegt zwischen den beiden Flüssen dem Nem Khaal im Norden und dem Yat Khaal im Süden. Diese grenzen auch das Gebiet der Kahkol ein das sich der Stamm vor langer Zeit zu eigen machte.


    Die Vorbereitungen des Tsagaan Sar Festes sind voll im Gange. Die dicht aneinander stehenden Zelte werden mit rotem Stoff geschmückt und die Türen der Zelte mit Blumen dekoriert. Kinder toben zwischen den Zelten und der Geruch von Dzofleisch liegt in der Luft. Frohes Gelächter und eine gute Stimmung durchdringt das Dorf. Auf einem freien Platz inmitten des Dorfes sitzt ein junges Xaela Mädchen. Vor ihr Körbe mit Blumen, die auf dem Boden ausgebreitet sind. Den Kopf leicht auf den Boden gerichtet und langsam eingedämmt, hält sie noch eine angefangene Blumenkette in der Hand, obwohl um sie herum ein reges treiben herrscht finden viele Augen ihren Weg zu ihr. Ihre langen schneeweißen Haare und ihre eisblauen Augen haben so manchen Kahkol-Krieger schon an ihre Nhaama glauben lassen. Ihre Gesichtszüge heben sich von anderen Xaela-Frauen ab, schon fast wie eine Prinzessin aus einem fernen Land saß sie regungslos da und machte den Anschein, als würde die Zeit für sie still stehen. Ihr schneeweißes Haar hüllt sich langsam in einen Schatten, der sich hinter ihr aufzieht. Der Schatten wurde zu einem Gesicht, einem sehr unzufriedenen Gesicht.


    "Ich glaub das jetzt nicht! Sharina! Wach auf!"


    Sharina noch ganz benommen, sieht mit halb geschlossenen Augen hoch zu dem erzürnten Mädchen.


    "J.. ja? Wahaa! Ein Feuer-Exergon! H.. hilfe!", schreit sie entsetzt.


    Wie aus einem Reflex heraus schlägt sie Sharina auf den Kopf.


    "Sag mal, bist du blöd?", fragt sie verblüffenderweise in einem ruhigen und fast schon verständnisvollen Ton.


    Sie beugte sich vor und blickt Sharina wie eine besorgte Mutter an.


    "Naaah, autschi!", gibt Sharina unter Schmerzen wieder.


    Sie reibt sich den Kopf und versucht ihren Blick durch den Schleier der Sonnenstrahlen zu bringen, "Och, Hera... Warum musst du mich immer zu schlagen? Das tut echt super weh.", erwidert sie fast weinerlich.


    Hera schüttelt den Kopf, "Immer wieder das Gleiche mit dir, kleine Prinzessin."


    Sie geht auf die Knie und sammelt die Blütenblätter ein, die der Wind langsam in alle Richtungen wegweht.


    "Ich habe gehofft, dass du mir helfen würdest, wenn schon die Jungs mich in Stich gelassen haben.", fügt sie bedrückt hinzu.


    Anstatt zuzuhören, richtet Sharina ihre Haare und zupf ihre Kleidung zurecht.


    "Nenn mich nicht klein, ich bin zwei Jahre älter, Hera!", gibt sie stolz von sich, "Außerdem auch größer.", fügt sie neckisch hinzu und schaut dabei auf Hera's Brust.


    Hera schaut nur unbeeindruckt und rollt mit den Augen. Sharina steht langsam auf und macht den Eindruck, als hätte sie einen Kampf gewonnen.


    Hera blickt kurz herauf, "Sag mal... Hast du die Jungs eigentlich gesehen?"


    "Du meinst diese zwei Chaochus?", fragt sie etwas angewidert, "Nein, bestimmt nicht."


    Sharina verschwindet kurz danach im Gewusel der Vorbereitungen.


    Bevor Hera alle Blüten zusammengesammelt hat, rennt eine Gruppe von Kindern ihr entgegen. Ganz vorne dabei ein kleiner Xaela, mit breitem Grinsen und einem zuversichtlichen Blick, der genau wusste, was er will. Kurz vor ihr springt dieser hoch in die Lüfte wie ein junger Yol, der zum ersten Mal zu den Wolken greift, zumindest fühlt er sich in diesem Moment so und überrumpelt Hera mit einer großen Umarmung. Beide fallen zu Boden und fangen an zu lachen und zu kichern. Am Rand des Platzes beobachten einige Xaela dieses entzückende Spektakel und halten kurz inne, um sich von der Glückseligkeit, die sich auf dem Hauptplatz des Dorfes für sie bietet, einen kurzen Moment anstecken zu lassen. Sie lachen und grinsen und für einen kurzen Moment scheint die Welt so wie sie ist, perfekt.


    Hera richtet sich auf die Knie und pattet den kleinen Xaela.


    "Nave, irgendwann kannst du mich nicht mehr so an hüpfen, ohne mich nicht zu heiraten.", bedauert sie mit einem breiten Grinsen.


    Nave spring auf und ist voller Enthusiasmus.


    "Hera! Schau, was ich heute zum Geburtstag bekommen habe!"


    Er zeigt ihr voller Stolz ein stumpfen kleinen Dolch.


    "Den hat mir gerade Dahan gegeben! Er will mit mir später üben!", erzählt er voller Vorfreunde.


    Er fuchtelt etwas ungeschickt damit herum, bis Hera ihm den Dolch aus der Hand nimmt. Sie begutachtet das Geschenk und stellt fest, dass man mit diesem Dolch wohl nicht mal ein Yat-Grundel aufschneiden kann. Sie streichelt ihm über seinen Kopf und gibt den Dolch zurück.


    "Du bist jetzt 10 Jahre alt und bald ein Krieger, du hast dir diese Waffe wirklich verdient.", stimmt sie grinsend zu.


    Sie streckt ihren Zeigefinger aus und legt diesen auf die Nasenspitze von Nave.


    "Aber gib gut acht! Eine Waffe birgt auch eine große Verantwortung, egal wie ungefährlich sie auch aussehen mag!", führt sie bemutternd aus.


    Er schaut auf sein Dolch und greift diesen fest. Das glitzern in seinen Augen verrät, dass er es kaum erwarten konnte. Hera blickt ihn erstaunt an. So einen ähnlichen Blick sah sie nur einmal, damals bei Loct, als sie beide von den Kahkol gefunden wurden. Sie schwelgt kurz in Erinnerung, als Nave sich wieder zu Wort meldet.


    "Hera! Ich werde ein großer Krieger, ja! Und dann werde ich zurückkommen und dich heiraten!", sagt er mit einer gewissen Ernsthaftigkeit.


    Bevor Hera etwas sagen kann, läuft dieser schon los und hat ein Entschluss gefasst. Sie schaut ihm mit einem Lächeln hinterher, dass einerseits Freude als auch Trauer vereint. In Gedanken versunken schweift ihr Blick über den Platz bis sie in der Ferne zwei, ihr sehr gut bekannte, Silhouetten erkennt. Ihre Augen werden groß. Sie steht auf und macht sich zügig auf den Weg.

    Auf halber Strecke wird sie von einem jungen Mann, der eine Menge Fische dabei hat, angesprochen.


    "Na, hey Hera! Du siehst heute mal wieder..."


    Noch bevor er zu Ende sprechen kann, wird er schon unterbrochen.


    "Hey, Dahan! Gerade ist schlecht, wir sehen uns auf dem Fest, okay?!", ruft Hera am Vorbeilaufen.


    Wie ein tosender Orkan schneiden ihre kurzen roten Haare den Wind hinter ihr. Ihre rotbraunen Bernsteinaugen treffen sich nur kurz mit den von Dahan, aber es genügt, um ihn etwas in Verlegenheit zu bringen. Er scheint etwas enttäuscht zu sein und macht sich auf den Weg zum Hauptplatz. Dort angekommen erwartet ihn schon ein streng aussehender älterer Mann mit hellbraunen Augen sowie braune Haare, die als Zopf nach hinten gekämmt sind. Trotz seines hohen Alters und der Tatsache, dass die besten Jahre als Krieger hinter ihm liegen, hat er ein starkes Erscheinungsbild. Von außen ist es leicht zu erkennen, dass es sich hier um Vater und Sohn handelt. Dahan's hellbraune Augen sowie die braunen Haare, die er ähnlich wie sein Vater trägt, verraten dies. Er legt die Fische ab, nimmt ein Bündel davon und geht zu seinem Vater. Dieser überwacht die Vorbereitungen des Festes und lässt sein Blick nur selten davon ab.


    "Na, alter Mann!", ruft er lautstark seinem Vater entgegen.


    Er klopft ihm auf die Schulter und hält ihm die Fische vor die Nase.


    "Sieh her, frische Yat Khagan's! Ich hatte großes Glück, dass gerade die Orben den Khaal entlang fuhren!", gibt er frohen Mutes wieder.


    Er grinst wie ein kleines Kind.


    Der Vater sah ihn nur streng an und fragt ihn skeptisch, "Die sind doch sicher sehr teuer gewesen, hm? Zumindest erklärt es, wo du seit heute Morgen warst. Ich wollte mit dir reden."


    Er spricht mit einem gewissen Ernst in der Stimme, was sehr untypisch für ihn ist.


    Dahan's Blick passt sich seinem Vater an, als er leise hinzufügte, "Vater, ich muss auch mit dir reden. Ich war nicht nur wegen des Fisches bei den Orben."


    Der Vater nickt und legt seinen Arm um die Schultern seines Sohnes.


    "Wir sprechen im Haus weiter, komm. Um den Fisch kannst du dich gleich noch kümmern."


    Beide gehen in das große, bereits festlich geschmückte Zelt. Es hebt sich deutlich von anderen Zelten ab. Es ist nicht nur die Größe, sondern verzieren auch Banner und Knochen das Dach. Dort lebt der Khan Bolan dessen Stamm seit Generationen schon Waisen und Flüchtlinge besiegter und vernichteter Stämme aufnimmt.


    Hera, endlich bei den Silhouetten angekommen, holt kurz Luft und bevor sie anfängt diese zu rügen, wird ihr Kopf ganz rot vor Wut.


    "Wo zum heiligen Azim wart ihr die ganze Zeit?!", fragt sie wütend, "Habt ihr vergessen was heute für ein Tag ist, Häh?", fügt sie nicht zimperlich hinzu.


    Sie schaut Loct und Skol abwechselnd an, als will sie von irgendjemanden eine Antwort bekommen. Beide schweigen und schauen sich nur etwas lächelnd an.


    "Und du?!"


    Sie guckt Loct kritisierend an und dieser zuckt vor Schreck etwas.


    "J.. ja!", erwidert er aus der Überforderung heraus.


    "Solltest du Skol nicht schon am frühen Morgen suchen gehen? Was hast du die ganze Zeit getrieben?", fragt sie äußerst nachdrücklich.


    Er beginnt etwas nervös zu werden, dass nun sogar Skol ihn verwundert ansieht, hilft ihm nicht gerade dabei einen klaren Gedanken zu fassen.


    "N.. nun, ich... Ähh...", stottert er los, "Ich machte mich ja auf den Weg, nur... ALSO pass auf! Ich wollte ja Skol suchen gehen, aber dann wollte Nave mit seinen Freunden Steppenkrieger spielen, also spielte ich mit ihnen etwas. Danach war ich so drin, dass ich noch etwas mit dem Schwert trainiert habe! Ja und nach dem Training...", pausierte er etwas lachend, "Du weißt wie schnell ich ja dann müde werde,... aalsooo hab ich mich noch etwas hingelegt...", führt er kleinlaut aus und schaut etwas beschämt zur Seite.


    Hera, die mittlerweile ihre Finger zwischen den Augen hat und versucht keine Kopfschmerzen zu bekommen, wird sogleich aus ihrer Gedankenwelt gerissen, als Skol lautstark anfängt zu lachen. Beide schauen ihn verblüfft an, da er sonst nur äußerst selten lacht und mehr der stille, besonnene Typ ist. Er tritt vor und legt seine Hand auf den Kopf von Hera und lächelt sie liebevoll an.


    "Es ist doch ein besonderer Tag heute, ich geh schon einmal vor, kommst du nach, ja?", sagt er mit einer angenehm ruhigen Stimme und geht seines Weges.


    Sie wird rot und vergräbt vor lauter Scham ihr Gesicht in ihrem Oberteil, so wie ein kleines Mädchen, das gerade ein Liebesgeständnis macht. Für ihre 16 Jahre ist sie sehr erwachsen und übernimmt viele Aufgaben im Stamm und das bewusst, da sie dem ein Jahr älteren Loct und dem zwei Jahre älteren Skol in nichts nachstehen möchte. Loct nutzt währenddessen die Chance von ihr zu fliehen und läuft Skol nach. Hera verweilt kurz, als sie sich fäng und den beiden langsamen Schrittes hinterher schlendert.


    Als die drei am Hauptplatz ankommen, staunen Loct und Skol nur, wie schön das Fest dieses Jahr vorbereitet wurde. Da langsam Abend ist, wird das große Lagerfeuer entzündet. Der Platz ist gehüllt in einem warmen rot-orangen Schleier. Der liebliche Duft von Blumen und leckerem Essen liegt in der Luft. Viele der Dorfbewohner bedienen sich bereits, unterhalten sich und lachen miteinander. Abgerundet wird das ganze mit wunderschönen Klängen aus den Morin Khuur, die einige dazu verleitet zu tanzen, darunter auch Sharina, die wie hypnotisiert für sich selbst tanzt. Aus dem rot-orangenen Schleier läuft Nave mit Dzo-Steak im Mund an den drei vorbei und lächelt sie nur an. Loct dessen Leuchten in den Augen nur noch von seinem lauten Magenknurren übertroffen wird, macht sich ohne ein Wort auf den Weg, um es Nave gleichzutun. Skol und Hera folgen ihm. Skol nimmt sich den selbstgebrauten Met und setzt sich mit seiner gewohnten ernsten Mimik auf einen Korb neben Loct, der gerade fast ganz allein das Buffet vom fest beansprucht. Hera, die immer noch etwas zurückhaltend ist, setzt sich mit einem Steppen-Tee neben den beiden. Die drei schauen sich das fest an und genießen die gute Laune, nur darauf wartend, bis die alljährliche Zeremonie stattfinden kann, um die Feier dann in die Nacht zu entlassen.


    Währenddessen sprechen sich Bolan und Dahan immer noch über die aktuelle Situation aus.


    "... und du bist dir sicher, dass es nicht nur Gerüchte sind?", fragt Bolan seinen Sohn skeptisch.


    "Sie sind sich zwar selbst nicht sicher, aber die Orben haben nie Grund zur Lüge. Außerdem vertraue ich meinem Kontakt. Wir sollten es also ernst nehmen...", erwidert er nachdenklich.


    Bolan schließt die Augen. Nach einer Weile Bedenkzeit dreht er sich zu seinem Sohn und legt seine Hände auf seine Schultern.


    "Gut, wir bringen das Fest heute zu Ende. Morgen werden wir umsiedeln... Da sie erst im nördlichen Teil des Grünen Meeres sind, haben wir noch paar Tage Zeit. Ich bin mir nicht sicher, warum sie kommen. Vielleicht ist auch nichts, aber wir sollten auf Nummer sicher gehen.", sagt er mit einem hauch Enttäuschung in seiner Stimme.


    Der Khan wollte nur ungern woanders hin, da die Kahkol endlich seit langem ein zu Hause gefunden haben, wo sie länger verweilen können. Er wusste, dass die Enttäuschung im Dorf groß sein wird, aber ihm geht das Wohlbefinden und die Sicherheit seines Stammes vor.


    Dahan sieht seinen Vater verständnislos an. Er missbilligt seine Entscheidung. Dieser dreht sich um und wollt langsam zur Tür gehen.


    "Vater, bist du dir sicher, dass wir einfach davonlaufen sollten?", sagt er etwas entsetzt, "Ich zweifle zwar nicht an den Informationen, aber wir sind doch schon seit Generationen hier! Willst du das einfach aufgeben für eine Situation, die wir noch nicht richtig einschätzen können?", gibt er zu bedenken.


    Er tritt näher an seinen Vater.


    "Gibt mir Pferd und zwei gute Krieger. Ich finde heraus, was es mit den Gerüchten auf sich hat!", versichert er.


    Bolan dreht sich zu seinem Sohn um und legt seine Hand auf seine Schulter.


    "Du bist der zukünftige Khan dieses Stammes und ein tapferer und fähiger Krieger geworden. Als Khan und als Vater bin ich sehr stolz auf dich, Dahan. Doch gibt es dinge, die du noch nicht verstehst. Dinge von denen ich uns fern gehalten habe...", gestand er ein, "Ich weiß nicht, ob es richtig war oder falsch, aber ich tat dies aus Überzeugung und zum Wohle unseres Stammes.", ergänzt er, "Wenn die Zeit gekommen ist, wirst du diese Last tragen müssen, aber jetzt habe ich gesprochen."


    Er nickt seinem Sohn zu und gibt ihm zu verstehen, dass alles gut werden wird.


    "Feier die Nacht und lass es dir gut gehen, wir kommen vielleicht lange Zeit nicht mehr dazu.", fordert er ihn auf, "Ach ja und du solltest ihr endlich deine Gefühle offenbaren. Dein Geschenk liegt hier die ganze Zeit herum, deine Mutter denkt schon ich hätte eine Geliebte.", fügt er lächelnd hinzu.


    Dahan räuspert sich etwas verlegen. Bolan dreht sich um und macht sich auf den Weg, um die Zeremonie zu beginnen. Dahan, der immer noch nicht ganz einverstanden ist, akzeptiert die Entscheidung seines Vaters, nicht nur aus Respekt zu ihm, sondern auch aus der Zuversicht, die er ausstrahlt.


    "Vater, warte... Was ist mit dem Jungen?", wirft er ein, "Er fängt langsam an... Bald wird er die Kontrolle verlieren. Wenn es nicht beim Training ist, dann...", er vermag nicht weiterzusprechen.


    Der Vater hält kurz inne. Er schaut leicht zur Seite und erwidert nur, "Wenn wir abgereist sind, werden wir ihm alles erzählen. Er ist langsam alt genug, um zu entscheiden, welchen Weg er gehen möchte."


    Dahan nickt nur zustimmend und folgt seinem Vater nach draußen.


    Draußen herrscht reges Treiben. Als Skol langsam aufsteht, um sich wie immer ein etwas ruhigeren Ort zu suchen, kommen schon Bolan und Dahan aus dem Zelt heraus. Es wurde schnell still auf dem Platz. Alle schauen die beiden an, wie sie zur Dorfmitte gehen. Loct der mittlerweile für drei gegessen hat, sieht Dahan und rennt ihm entgegen.


    "Hey! Dahan! Sag mal, ich weiß ab morgen beginnen die Festtage, aber können wir trotzdem weiter trainieren?", fragt er fast schon fordernd, "Ich merke einfach langsam, dass ich stärker werde und es fühlt sich gut an!"


    Dahen wuschelt ihm durch sein kurzes braunes Haar und als er in die ebenso braunen Augen blickt, muss er sich sehr anstrengen seinen aktuellen Gemütszustand zu verbergen.


    "Klar, was denkst du denn.", lächelt er und geht ohne große Umschweife seinem Vater nach.


    Loct etwas überrascht von dem kühlen aufeinander treffen, aber schon voller Vorfreunde auf das morgige Training, rennt zurück zu den anderen beiden. Das ganze Dorf stoppt kurz mit den Feierlichkeiten und setzt sich um das große Lagerfeuer. Bolan hebt die Arme hoch und winkt fünf Xaela unterschiedlichsten Alters zu. Diese kommen nach vorne und stellen sich in eine Reihe auf. Er begibt sich vor ihnen und dreht sich zur Menge um.


    "Familie, ein Wort, das für viele mit Blutsverwandtschaft verbunden ist. Doch ist Familie viel mehr als das!", spricht er in die Runde und dreht sich zu den aufgereihten Xaela um.


    Dahan überreicht ihm die Blumenketten. Bolan übergibt diese den fünf Xaela und nach jeder Blumenkette drückt er seine Stirn an dessen Stirn und spricht der Menge zugewandt, eine Tugend aus.


    "Glaube,... Mut,... Entschlossenheit,... Opferbereitschaft,... Einigkeit!"


    Er blickt allen fünf noch einmal in die Augen und spricht, "Ihr seit nun ein Teil der Familie, egal ob ausgestoßen, Flüchtling oder Weise spielt nun keine Rolle mehr, jetzt seit ihr Kahkol!", gibt er stolz von sich.


    Die wenigen Krieger, die um das Festgeschehen Wache halten, schlagen synchron mit ihren Speeren fünfmal auf den Boden. Das dumpfe Geräusch ist eine Ehrengabe, nun auch ein Teil von stolzen Kriegern zu sein. Sichtlich froh sind die fünf Xaela als sie sich in die Arme der Menge begeben.


    Glückwünsche und Umarmungen müssen sich nun die Neuankömmlinge über sich ergehen lassen, als der Khan laut verkündet, "Nun, lasst uns mit dem Tsagaan Sar beginnen!"


    Auf dem Hauptplatz beginnt wieder das rege Treiben wie vor der Zeremonie. Dahan, der sich nur schwertut alles auszublenden, setzt sich neben seinem Vater ans Feuer. Sein Vater lächelt ihn nur verständnisvoll an und beide essen und trinken etwas.


    Skol, der sich nun endlich vom Trubel losreißen kann, macht sich auf den Weg, um den Abend in aller Stille zu beenden, wie er es schon immer tat. Wie auch an den Jahren zuvor, folgen Loct und Hera ihm, wie ein unausgesprochenes Versprechen, was sie sich gaben, setzen sie sich am Rand des Dorfes an einem Felsvorsprung, an dem man weit in das Meer aus Grün blicken kann, so weit, dass der Horizont schier unendlich wirkt. Der klare Himmel über ihren Köpfen erstrahlt im Sternenlicht. Es ist eine friedliche Nacht, die Steppe schläft und ein angenehm kühler Wind weht gen Westen. Weit abseits der drei, ist nur das leise Geräusch der Feier zu vernehmen.

    Sie blicken auf den Horizont, jeder in seinen eigenen Gedanken versunken.


    "Wisst ihr...", unterbricht Hera die gedankliche Einsamkeit der drei, "Ich wünschte, wir könnten für immer hier sitzen und einfach in diesem Moment bleiben.", eröffnete sie melancholisch.


    Loct schaut Hera mit einem Lächeln an. Er verstand die beiden nicht oft, aber in diesem Augenblick fühlt er genau das gleiche, "Abgemacht!", schrie er fast schon mit einem breiten Grinsen im Gesicht, "Wir bleiben zusammen, Hera! Für immer!", er schaut Hera schon fast lüstern an.


    Sie erwidert sein Blick mit einem skeptischen Grinsen und schaut sehnsüchtig zu Skol, als wollt sie von ihm eine Antwort erflehen. Dieser blickt mit einem nicht definierbaren Zwiespalt in seinem Gesicht, in die Ferne. Hera empfindet es als ein weinendes Gesicht, das keine Tränen beinhaltet. Sie wundert sich etwas, als Loct beginnt zu sprechen, verliert sie den flüchtigen Gedanken.


    "Wooow, sagt mal...", erkennt er erstaunt, "Waren das schon die ganze Zeit so viele Sterne?"


    Die drei blicken zum Sternenhimmel, als sie erkennen, dass es sich nicht um Sterne handelt, spielt sich entsetzen, Furcht und grauen in den Gesichtern der drei wieder. Nach dieser vom Schicksal geplackter Nacht, sollte am nächsten Morgen schon der Wind die traurige Geschichte der zurückgebliebenen Asche über die ganze Steppe tragen. Lieder der Trauer, Tage des Gedenkens und ein Schmerz, der größer ist, als der Tod selbst, soll von nun an das Schicksal derer sein, die zurückbleiben.


    Kahkol.png

  • Götterwinde

    Kapitel 2 - Windstille


    Die Sonne befindet sich dem Abstieg nah und wird der Nacht bald den Vorzug geben. Die letzten Sonnenstrahlen scheinen über die goldenen Wiesen des Grünen Meeres und direkt in das Gesicht eines sehr müden und ramponierten Xaela-Kriegers. Groß gewachsen steht er auf einer Anhöhe und schaut auf den Horizont. In einer Hand die Pferdeleine, in der anderen ein Wasserbeutel. Seine hellblauen Augen sind durch das ständige blinzeln kaum wahrzunehmen. Die nach vorne gewachsenen Hörner sowie einige Strähnen, die sich in seinem Gesicht befinden, können die Lichtstrahlen nur bedingt abfangen. Seine hellbraunen Haare, die spitz nach hinten fallen, enden bei dem Zopf, der sich am Hinterkopf befindet. Nur das Schnauben und das Klimpern der Rüstung seines Pferdes sowie die Sonnenstrahlen halten ihn noch auf den Beinen. Nicht nur das Pferd ist mit einer starken Lederrüstung umgeben, sondern auch der Xaela-Krieger. Ein langer Nomadischer-Mantel, fernab von jedem Stamm, extra geschaffen für eine große Schlacht, umgibt ihn. Eine prunkvolle Verzierung sowie Fell auf den Schultern ist für diese Kampfmontur charakteristisch. Der Rest der Rüstung tut es dem gleich und schafft ein Bild eines mächtigen Kriegers. Selbst seine Hornspitzen sind mit feinstem Metall der Uras überzogen, um das Abstumpfen zu verhindern. Als dem Xaela-Krieger die Augen langsam drohen gänzlich zuzufallen, springt ihn ein Krieger an und wirft seinen Arm um seine Schultern.


    "Ohhh, Batu! Sieh mal einer an, wer da bei der Arbeit eingepennt ist! Und das sogar im Stehen!", lacht er und trägt daraufhin ein breites Grinsen im Gesicht.


    Der Junge sieht nicht aus wie ein üblicher Xaela-Krieger. Seine grünen Augen und seine blonden spitzen Haare, die mit einem roten Stirnband vom Gesicht getrennt sind und weit über die Schultern fallen sowie seine Hörner, die sich vertikal zu seinem Gesicht befinden und ihn dadurch sehr viel jünger wirken lassen, machen ihn zu einem besonderen Anblick. Die Tatsache, dass er fast zwei Köpfe kleiner ist als Batu und sein jugendliches Verhalten, sorgt immer dafür, dass er für deutlich jünger gehalten wird. Batu der innerlich sehr erschrocken ist, gibt dem Krieger aber nicht die Genugtuung ihm das auch zu zeigen. Stattdessen sieht er ihn nur mit einem müden und genervten Blick an.


    "Sag mal, was soll das eigentlich, Cihan?", fragt er angeschlagen und schaut fast schon angewidert auf ihn, dessen breites Grinsen sogleich verschwindet, als sich zwei weitere Krieger nähern.


    Der eine klein, etwas kleiner als Cihan und mit einem giftigen Blick. Sein langer Scheitel fällt ihm auf die linke Seite bis runter zum Kinn. Seine Augen erstrahlen in einem beruhigendem blau und stehen stark im Kontrast zu seinem bös wirkenden Blick. Durch seine schwarzen Haare und seiner dunkelroten Bemalung um seine Augen herum werden diese noch zusätzlich hervorgehoben. Seine Hörner, die wie bei Cihan ausgeprägt sind, lassen ihn jugendlicher wirken. Der andere überdurchschnittlich groß gewachsen. Sein Pokerface und seine gelben Augen werden mit seinen waagerechten nach hinten heraus immer dünneren Hörner zu einem strengen, aber ansehnlichen Gesicht geformt. Sein Gesicht ist von seinem Mittelscheitel freigelegt und seine langen, glatten und hellgrauen Haare gehen ihm bis zum Rücken. Diese sind sehr gepflegt und zeugen von einem hohen Stand. Cihan löst sich von Batu und streckt seine Arme in Richtung der beiden Krieger aus. Mit einem überheblichen Gesichtsausdruck begrüßt er diese.


    "Da seit ihr ja endlich, dachte schon ich wäre zu schnell und ihr hättet euch verlaufen!", spricht er mit einem provozierenden Ton zu ihnen und mit einem grinsen, als wolle er gleich loslachen.


    "Du bist so ein idiot.", erwidert der kleinere Krieger auf die unverschämtheit von Cihan.


    Dieser schaut ihn nur etwas enttäuscht an.


    "Na na, wird der kleine Akai etwa wieder so wütend, hm?", spricht er mit aufgesetzer Kinderstimme.


    Dieser runzelt seine Stirn und schaut ihn hasserfüllt an.


    "Du solltest unserem Hauptmann mehr Respekt zollen, du Schmutz!", befiehlt er ihm mit knirschenden Zähnen.


    Cihan, der schon an Akais Launen gewöhnt war, schlägt seine Hände über seinen Kopf und sieht überfordert zu Batu rüber, "Immer diese Adligen, verstehe keinen Spaß.", äußert er nüchtern.


    Batu der immer noch übermüdet in die ferne sieht, wünscht sich gerade nichts lieber als woanders zu sein. Er rappelt sich trotzdem etwas auf und gähnt so laut, dass sich die anderen etwas erschrecken. Mit einem Grinsen wendet er sich den dreien zu und mustert diese kurz. Alle drei Krieger tragen ähnliche Nomadische-Mäntel wie ihr Hauptmann. Doch anders als bei ihm, dessen Mantel von schwarz-grauen Leder überzogen ist, tragen sie die typisch schwarz-grünen Muster des Buduga-Stammes.


    "Öhm,... Sagt mal, warum seid ihr so in Kampfmontur unterwegs?", fragt er verblüfft in die Gruppe.


    Die anderen schauen einander etwas verwirrt an.


    "Hauptmann, heute ist der Tag.", antwortet Akai respektvoll.


    "Der Tag...?"


    Bevor er eine klare Erinnerung fassen kann, wird dieser auch schon von einer Stimme, die man nur allzu selten zu hören bekommt, unterbrochen.


    "Die Vorbesprechung zum Einsatz beginnt in Kürze.", wirft der große Krieger ein.


    Alle etwas verwundert davon, dass dieser mal spricht, tritt kurz stille ein. Bis Cihan mit seiner überdrehten Reaktion diese zerbricht.


    "Verdammt, Milan! Du kannst ja doch noch reden!", lacht dieser herzlich.


    Milan entgegnet dieser Aussage nur mit einem Nicken seinerseits und nimmt wieder seine gewohnte Ruhe ein. Batu, der mit einem Grinsen in die Gruppe schaut, genießt diesen Moment des Friedens und die Gesellschaft seiner Krieger.


    Als die kürzlich entstandene Euphorie des sprechenden Milans langsam abnimmt, verkündet Batu daraufhin, "Stimmt, heute ist der Tag und somit auch der letzte, dann gehts wieder nach Hause!", voller Vorfreunde fügt er hinzu, "Dann lasst uns mal aufbrechen und die anderen nicht weiter warten lassen!"


    Sie satteln die Pferde und machen sich auf den Weg zum Lager. Kein Streit, kein Trist und kein Ärgernis verzieren diese jungen Gesichter. Als sei nichts passiert. Sie reden und lachen. Es ergibt sich ein Bild von ausgelassener Harmonie. Doch sollte diese Unbeschwertheit bald für alle ein Ende finden, und später für alle Bewohner des Grünen Meeres als die Nacht der Grünen Hölle bekannt werden.


    Als die Sonne nun kaum am Horizont zu erkennen ist, kommen Batu und seine Krieger an einer Anhöhe nahe dem Lager an. Sie blicken auf das Lager, was eher den Anschein einer Stadt gleicht. Das Netz an Zelten umschließt sich wie ein dichter Wald, dessen Umrisse durch die Fackeln hervorgehoben werden. Diese stehen zahlreich im ganzen Lager. Das prunkvolle Tor mit einem großen Stoßzahn auf der Spitze rundet das Machtbild dieser unglaublichen Menge an Xaela-Kriegern, die sich um die Zelte bewegen, ab. Neben dem Tor sind zahlreiche Banner von Stämmen zu erkennen, darunter auch das schwarz-grüne Buduga-Banner. Am Tor angekommen wird die Gruppe schon von dem Berater des Khans erwartet, der sehr hastig auf Batu zuläuft.


    "Batu! Da seid ihr ja endlich!", schreit er schon von weitem und sprintet Batus verwunderten Gesicht entgegen.


    "Oh, hey Nasu!", etwas ertappt, aber mit einem lächeln, begrüßt er seinen alten Freund, "Immer auf ackse was?! Wirst ja ganz schön durch die gegen gehetzt!", seine Hände an der Hüfte und über den mittlerweile atemlosen Nasu am Lachen, beginnen auch die anderen etwas zu schmunzeln.


    Nasus Erscheinungsbild gleicht einer Frau, lange und gepflegte hellblaue Haare, die ihm bis zum Rücken gehen. Er trägt ein hellblaues Kleid mit weißen Details. Seine Lippen sowie seine Augenpartie sind mit einem dezenten lila gefärbt. Seine Fingernägel und Fußnägel sind ebenfalls in einem dunkellila lackiert. Trotz seiner ausgeprägten Hörner, die spitz nach vorne ragen, hat er ein feminines Gesicht und es wirkt ganz so, als würde das eine mit dem anderen nicht in Harmonie stehen. Seine blasse Haut, sein schmaler Körperbau sowie die Tatsache, dass er wohl zu den kleinste Au Ra Männern in der Steppe zählt, runden das Bild seiner Femininität ab.


    Als er wieder zu Atem kommt und aufblickt, formt sich sein Gesicht zu einem strengen und etwas wütenden Ausdruck, der ganz und gar für Batu gedacht ist.


    "Ihr seit viel zu spät! Die Besprechung für den Einsatz ist schon längst im Gange, wenn nicht schon vorbei!", nicht schreiend, aber laut und mit Einsatz seines ganzen Körpers fuchtelt er wütend im Gesicht von Batu herum und versucht der Gruppe klarzumachen, dass diese sich mehr an Termine halten sollen und es unverantwortlich sei, den Khan warten zu lassen.


    "...immer wieder das Gleiche mit euch, Batu! Das färbt sich doch auch auf deine Leute ab?! Wie bist du eigentlich Kommandant geworden?! Gott! Und dann muss ich natürlich hinterherlaufen!", verärgert fasst er sich an den Kopf und versucht den kommenden Kopfschmerzen Herr zu werden als Batu sich zu Wort meldet.


    "Na ja, ich denke, wegen meinem Charme und guten Aussehen!", er fasst sich am Hinterkopf und kichert etwas.


    Das aufgesetzte Kinderlächeln, was Nasu nur allzu gut kennt, sorgt gleich dafür, dass er sich wieder fängt und ihm sogar ein kleines Lächeln entlockt.


    "Wie auch immer, du Trottel!", er seufzt und rollt mit den Augen, "Kommt jetzt, ich bringe euch zur Besprechung. Aber Beeilung bitte!", äußert er nachdrücklich.


    Als Berater und rechte Hand vom Khan genießt Nasu einen hohen Stellenwert. Auch sein Aussehen spielt eine große Rolle. Dem Khan der Budugas wird nachgesagt, dass er Gefallen an feminine Züge bei Männern empfindet. So ist es auch nicht verwunderlich, dass Nasu und seine Begleitschaft an jedem zweiten Zelt mit Respekt begrüßt werden. Batu und seine Krieger empfinden es als unangenehm und finden endlich Erlösung, als sie bei der Residenz des Khans angekommen sind. Das Zelt ist stark befestigt und mit einem Leuchtfeuer auf dem Dach gegenzeichnet. An der Seite viele in Form gebrachte Stoßzähne, von denen erzählt wird, dass diese aus zahlreichen Matangas geformt wurden. Diese sind erst zu Beginn dick, wie ein Kreuz geformt und dann dünn nach hinten fallend. Repräsentativ für die Hörner des Khans. Am Eingang hinter den zwei großen Buduga-Wachen hört man nur reges treiben und lautstarkes lachen.


    "Meine Güte Nasu, du bist ja noch beliebter geworden, hm?", erkennt Batu und versucht sein schelmisches lächeln weitestgehend zu unterdrücken.


    Nasu unbeeindruckt von dieser Feststellung lächelte nur kurz und geht zu den Wachen. Kurz darauf tritt er ein. Batu und seine Krieger tun es ihm gleich.


    Kurz vorm Eingang angekommen, dreht sich Batu zu seinen Kriegern um und nickt diesen zu.

    "Dann bringen wir es endlich hinter uns, Leute!", verkündet er mit einer vorgespielten Freude.


    An den strengen Blicken der Wachen vorbei, stehen sie nun in einem großen, mit vielen Tischen und Sitzkissen geschmückten Raum. In der Mitte eine große Feuerstelle, die den ganzen Raum erhellt. Auf den Tischen ist reichlich Essen und Trinken vorhanden. Alles ist eher rustikal eingerichtet und zwecks orientiert aufgebaut. Besonders auffallend im Raum ist der provisorische Thron, der auf einem kleinen Podest steht. Ein ganz normaler Stuhl aus Holz, weder besonders noch unbesonders. Viele der anderen Budugas bemerken das Eintreten der Gruppe gar nicht und gehen ihren Gesprächen oder Gelächter weiter nach. Doch einige von ihnen tuscheln und werfen verächtliche Blicke den Neuankömmlingen hinterher. Batu, schon an sowas gewöhnt, gab seinen Kriegern mit einem Kopfnicken zu verstehen, dass er sich vorne zu den anderen Kommandanten setzen wird. Die anderen begeben sich nach hinten, wo alle restlichen Krieger sitzen. Sie setzen sich so weit abseits von allen wie es nur geht und auch wenn Akai versucht Cihan irgendwie loszuwerden klebt dieser an ihm und staunt nur was für ein Trubel bei so einer Einsatzbesprechung herrscht.


    "Wow, das ist ja der Wahnsinn! Ist das immer so voll und laut?!", fragt er voller Begeisterung.


    Akai der versucht die Augen zu schließen und die ganze besprechen wieder schlafend geplant hat beizuwohnen, wird von dem lästigen Gerede von Cihan, wie er es in dem Moment empfand, wach gehalten.


    "Oh, scheiße! Schau dir das Essen mal an! Sind das Mammut-Keulen?!", er zupft und schüttelt Akai an der Schulter.


    Dieser mittlerweile sehr genervt erhebt seine Stimme, "Hör auf mich anzufassen!"


    Trotz des ganzen Trubels, bemerken einige Akais Ausbruch und drehen sich zu ihm um. Dieser etwas peinlich berührt fängt sich wieder und blickt nur genervt auf Cihan, "Ich vergesse immer, dass du noch gar nicht so lang dabei bist... nervig."


    "Ja! Meine erste Einsatzbesprechung!", freut er sich und hüpft förmlich auf seinem Kissen auf und ab.


    Akai der sich diesen Anblick nicht antun will schaut kurz neben sich zu Milan rüber, mit verschränkten Armen und geschlossenen Augen ist er fast schon wie eine Statue am Schlafen oder am Meditieren. Das weiß Akai bis heute nicht ganz genau. Schon fast neidisch blickt er Milan an, bis sich Cihan mal wieder zu Wort meldet.


    "Hey! Akai! Glaubst du, wir kriegen zum Schluss nochmal einen richtig großen Auftrag, hä?", mit einem breiten grinsen schaut er Akai zuversichtlich an.


    Kurz abgelenkt von Cihans dümmlichen Gesichtsausdruck wendet Akai sein blick ab und schaut einmal über den ganzen Raum.


    "Ich denke eher weniger."


    "Was?! Wieso?"


    "Wieso? Weil die Besprechung zum Einsatz bereits vorbei ist.", mit dem Wissen, dass dieser Tag für sie nun vorbei zu sein scheint, streckt er sich und lehnt sich gelangweilt gegen die Wand.


    Cihan, der Akai ohnehin schon nie richtig einschätzen kann, war nicht nur enttäuscht von der Aussage, sondern auch verwirrt, dass Akai das so locker sieht.


    "Wieso denn ohne uns?! Ist das dein Ernst?! Wie kommst du darauf?", komplett aufgelöst und enttäuscht schaut er über den ganzen Raum und bemerkt, dass die meisten Krieger schon mehr als über den Durst getrunken haben und die Stimmung eher feierlich ist.


    "Mann, du nervst vielleicht. Der Khan schert sich nicht darum, ob alle da sind oder nicht.", sagt er ganz nüchtern, "Wenn die uns wirklich gebraucht hätten, hätten die schon viel eher nach uns geschickt. Wir kommen diesmal nicht zum Einsatz."


    Cihan der entsetzt Akais Worten lauscht und für eine kurze Zeit, für seine Verhältnisse, sehr ruhig war, fing an wie ein Vulkan zu brodeln.


    Enttäuschung und Unzufriedenheit durchdrangen seine nächsten Worte, "Ach komm schon! Dabei kam ich schon letztes Mal nicht zum Zug!", nörgelt er, "Wo ist eigentlich dieser Khan!? Dem sage ich was! Einfach seine besten Leute nach hinten zu stellen!"


    Bevor Cihan seinen Unmut weiter kundtun konnte, wurde er in Form eines Trittes gegen sein Bein von Akai gestoppt. Auch Milan öffnet wieder seine Augen.


    "Nicht so laut! Versuch nicht so viel Aufmerksamkeit auf uns zu lenken, Idiot.", äußert er leise und platziert seinen giftigen Blick auf jeden, der meint, zu ihnen schauen zu müssen.


    Cihan mittlerweile ganz verwirrt, "Hä, was meinst du?"


    "Manche gucken schon. Hier sind genug Leute, die nur darauf warten dich beim Khan, als Verräter zu melden. Um dann in seinem Ansehen zu steigen. Wir haben schon so einen schlechten Ruf, da können wir diesen zusätzlichen Stress nicht gebrauchen."


    Cihan sichtlich enttäuscht von der aktuellen Lage, stützt sein Kopf gegen seine Hand und schaut schmollend zum Podest rüber.


    "...und wieso darf der Khan eigentlich auf so einem komischen Ding sitzen?", fragt er gelangweilt sich selbst.


    "Khan Bagatur ist meines Wissens nach der einzige Khan, der sich auf einem Podest setzt."


    Cihan dreht sein Kopf zu Akai, mit einer leichten Verwunderung, dass dieser noch mit ihm spricht.


    "Ach, ist das so?", fügt Cihan schmollend hinzu.


    "Normalerweise sitzen alle Khan's Seite an Seite mit ihren Kommandanten, mit Ausnahme natürlich vom Morgenthron. Für Khan Bagatur, so wird es zumindest erzählt, ist es eine Beleidigung, mit schwächlichen Wesen auf Augenhöhe zu sitzen."


    Akai rappelt sich etwas auf, sein Blick fokussiert auf den Thron.


    "Er soll wohl sehr stark sein... kaum jemand vermag ihn aufzuhalten.", fügt er leicht wütend hinzu und hat sein typisch giftigen Blick aufgesetzt.


    Cihan, immer noch mehr enttäuscht als interessiert, schaut Akai nur gelangweilt an und fragt sich nur, ob er sich eine Mammut-Keule holen soll oder doch der Met die bessere Entscheidung ist, um seine Frustration zu ertränken. Akai der in Richtung Batu blickt, fragt sich, ob er nicht auch schon längst bemerkt hat, wie die Situation ist. Batu der schon sein drittes Met getrunken hat, haut den Krug auf den Tisch und lacht herzlichst. Trotz des ganzen Lärms erschrecken sich manche Kommandanten.


    "Oh Mann! Da hatten wir ja nochmal Glück, dass wir rechtzeitig angekommen sind!", er lacht und sein breites Grinsen ähnelt einem jungen Krieger, der das erste Mal erfolgreich von einer Jagt zurückgekommen ist.


    Einige Kommandanten blicken ihn nur verwirrt an, da er mit sich selbst zu reden scheint. Hinter einer Stoffwand, die sich neben dem Podest befindet, kommt auch Nasu wieder zum Vorschein. Ohne große Umschweife geht er zu Batu und setzt sich schnell neben ihm.


    "Wie ich es mir dachte, die Besprechung ist bereits vorbei.", spricht er hastig und schaut sich dabei nervös im Raum um.


    Batu, wenig überrascht davon, aber verwundert, wieso Nasu so nervös ist, schaut ihn mit einem großen Fragezeichen an. Nachdem Nasus Augen jeden einzelnen Xaela im Zelt eingefangen haben, rückt dieser näher an Batu und senkt seine Stimme.


    "Ich habe gerade mit Khan Bagatur gesprochen. Die gute Nachricht ist, er ist nicht wütend, dass ihr beim Treffen gefehlt habt. Ihr wurdet diesmal ohnehin nicht eingeplant.", er schaut sich aber mal nervös im Raum um.


    Batu, der sich innerlich schon freut, da es für ihn bedeutet, er könne bald schon heimkehren, wartet dennoch gebannt ab, worauf Nasu hinaus will.


    "Es ist nur komisch, da alle Kommandanten und Krieger von uns hier und verteilt auf dem ganzen Lager sind. Die meisten feiern und sind betrunken. Niemand der bereit gemacht wird geschweige denn ausgerüstet wurde, obwohl der Angriff bald beginnen soll. Außerdem fehlen die Krieger vom Himaa-Stamm, die uns seit paar Tagen begleiten.", Nasu legt eine kurze denk pause ein als er hinzufügte, "Ich kann mir nur nicht vorstellen, dass der Khan nur mit den Himma-Stamm angreifen möchte... zumal der Stamm meistens aus Attentätern besteht und für die Auslöschung eingesetzt wird...", er stoppt kurz mit seinem Gedankengang und schaut etwas schockiert zu Batu rüber, "Meinst du der Khan will...?"


    Batu, bereits mit einer Vorahnung im Kopf, schaut auf den Thron. In seinem Gesicht spielt sich ein gewisser Ernst, Misstrauen und Wut ab. Er steht auf und geht ohne große Umschweife aus dem Zelt hinaus. Mit dem Wissen, dass Akais Adleraugen ihn stets im Blick haben und seine Krieger ihm folgen werden. Nasu schaut Batu nur verwirrt hinterher, bis dieser aus seinem Blickwinkel verschwindet.


    Nasus Misstrauen schürt in Batu viele Szenarien. Als dieser draußen ankommt, schließt er seine Augen. Seine Hand an sein Kinn gehalten, fängt er an zu denken. Eine Eigenheit des Kommandanten, der dafür bekannt ist, mit einer guten Strategie aus jeder noch so ausweglosen Situation unbeschadet mit seinen Kriegern herauszukommen. In seinem Kopf geht er alle möglichen Szenarien durch und erwägt die wahrscheinlichste davon. Als er seine Augen aufreißt und sich zum Zelt umdreht, stehen bereits die anderen vor ihm. Da er es immer schon hasste in seinem Denkprozess gestört zu werden, wagten es die anderen nicht etwas von sich zu geben, selbst Cihan hielt sich diesmal zurück und setzt einen ernsten Blick auf. Sie stehen nur da und warten, wissend das ein Befehl kommt und bereit ihrem Kommandanten zu folgen, egal wohin und gegen wen.


    Der angenehm kühle Abendwind zieht an ihnen vorbei gen Westen. Wie ein Wegweiser schlägt dieser gegen die Gräser des Grünen Meeres und trägt das Schicksal der Gruppe in eine ungewisse Zukunft.


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