(Digimon) Next stop: Digital World




  • Begleitet die neuen Spiritträger dabei, wie sie dem Prinzip der gespaltenen Digiwelt auf den Grund gehen.
    Eine Welt zu retten ist immerhin schon schwer genug.



    // Warnung: Es wurden OCs gesichtet. //
    Zudem wird die FF länger.
    Deswegen nur mit Vorsicht zu genießen!




    Das Geschehen spielt zeitlich mehrere Jahrhunderte nach den ersten beiden Staffeln.
    Tai und die Gruppe sind also schon lange vergessen. Die Digimon gerieten in Vergessenheit, weil immer weniger Kinder
    die richtigen Eigenschaften besaßen. Die Welt ist so weit fortgeschritten, dass niemand mehr Fragen über Technik stellt.
    Aber dann plötzlich gerät alles außer Kontrolle. Ein Stillstand. Stromausfall?
    Scheinbar zufällig ausgewählte Jugendliche verschwinden. Auf sie wartet ein noch viel größeres Abenteuer.







  • 1.1 Eine neue Legende nimmt ihren Anfang




    "Mir ist k- k- kalt." Eine leise Stimme drang in Hizashis Ohr. Schneeflocken fielen. Der ganze Park war still. Natürlich, niemand lief in dieser Kälte durch den Park wenn als zweite Option ein Volksfest gegeben war. Aber Hizashi mochte es. Keine Autos, kein Gelächter, kein Chaos. Einfach nur Schnee, der die Luft vor Schallwellen schützte."Pffft", antwortete das Mädchen nur und vergrub ihre Hände in ihrer Jackentasche. Eine Weile lang bewegte sie sich nicht und blickte nachdenklich durch den Park. "Dir ist doch sicherlich auch kalt. Lass uns nach Hause gehen."
    Akari, so hieß das kleine Mädchen mit dem sie durch die Stadt lief, balancierte ungeduldig auf einem großen Stein hinter Hizashi. Sicher meinte ihre Ziehschwester es nur gut, aber Hizashi konnte nun mal nicht einfach so tun, als ob sie sich hier wohl fühlte. Viel lieber wäre sie zu Hause in Japan bei ihrer Mutter und ihrem Bruder geblieben, als mit ihrem Vater nach Australien zu ziehen. Dort wäre es jetzt Sommer und nicht so bitter kalt.
    "Zuhause vermisst mich niemand und das weißt du auch."


    Hizashi hasste ihren Vater dafür, dass er ihre Mutter betrogen hatte und anschließend eine Scheidung wollte, als diese seine Affären nicht akzeptierte. Aber natürlich auch den staatlichen Beschluss, sie habe bessere Zukunftsaussichten wenn sie bei diesem Diktator bleiben würde, während ihr Bruder noch zu klein für einen Umzug sei und die mütterliche Bezugsperson behalten könne. So bestand ihr Leben die letzten zwei Jahre aus Lernen, Druck und Problemen. Nichts was sie tat war gut genug für ihren Vater, keine fehlerfreie Arbeit, die sie nach Hause brachte, befriedigte ihn, nein, es hätte ja auch eine außerordentliche Arbeit sein können. Diese Ferien endlich war ihr Vater eingedeckt mit Arbeit.
    "Wie wäre es dann mit dem Volksfest? Heiße Waffeln, Kartoffelecken und Glühwein?"
    Hizashi seufzte, dann holte sie ein blaues Gerät - nicht viel größer als ein Mobiltelefon - hervor um den schnellsten Weg zu den Ständen zu finden. Skeptisch scrollte die blonde zuvor durch hinzugekommene Daten. Dann lenkte sie etwas von ihrem eigentlichen Ziel ab: "Das Netz ist instabil... "
    Neugierig bewegte sie sich Richtung Haptstraße. "Seltsam, nirgends Stromausfall - was der erste in der Weltgeschichte der letzten zehn Jahren wäre. "Instabil". Weißt du, was das zu bedeuten hat?"
    Akari jedoch legte nur ihren Kopf schief. Mit Technik hatte sie sich noch nie beschäftigt.
    "Ok... wir schauen uns das später an, ich will ja nicht, dass du noch zu einem Schneefuchs digitierst."
    Es schneite immer noch zum grauen Boden hinab und alsbald wurde auch die Sicht auf die ganze Umgebung immer schlimmer. Hätte es sein können, dass nach so vielen Jahren ohne richtigen Schnee nun ein großer Schneesturm lauern würde? Aber mitten in der Stadt, so dachte sich Hizashi, würde schon nichts passieren.
    "Zwei Kartoffelecken bitte." Vorsichtig legte sie das Geld auf den Tisch, nahm die Eckchen an und schlenderte ein paar Meter weiter. Nach langem Betteln von Akari stimmte das ältere Mädchen sogar zu, sich an einen Tisch zu setzen und kurz inne zu halten.


    "Ich dachte, es wäre kalt und wolltest nach Hause?"
    Das kleinere Mädchen zuckte unschuldig mit den Schultern. "Hier lässt es sich aushalten."
    Es war immer noch ungewohnt, dass es so weit weg von Weihnachten so kalt war. Hizashi hätte erwartet irgendwo 'Jingle Bells' zu hören, oder als Rentiere verkleidete Menschen zu sehen. Stattdessen war niemand in Stimmung, Geschenke auszutauschen. Wenn sie so genau darüber nachdachte, vermisste sie die Nächstenliebe für die Weihnachten so bekannt ist.
    "Hizashi, Ärger." Angesprochene reagiere sofort, hielt inne und musterte ihre Umgebung mit ihren Augen. Zwei jüngere Mädchen aus Akaris Klasse liefen zuckerwatteessend die Straße entlang. Und so harmlos dies schien, so trügerisch war es auch. Eine Gruppe aus drei Raufbolden schritt genau auf die Mädchen zu.
    "Na, habt ihr einen schönen Abend? Wie wäre es mit etwas Glühwein?"
    Hizashi kannte die Jungs. Sie besuchten den selben Teakwondounterricht wie sie. Mit dem Unterschied, dass sie Anfänger waren.
    "Na Jungs, immer noch am trainieren für den gelben Gürtel?" Hizashi näherte sich dem Geschehen von hinten und legte ihre Hände auf die Schultern der Mädchen sodass sie genau zwischen ihnen stand. "Zwischen gelb und rot liegen mal eben knappe sechs Jahre, wenn ich euch daran erinnern dürfte.", fügte sie dann hinzu und fokussierte die Augen der nicht viel größeren Jungs. Auch wenn sie es hasste, gezwungen zu werden, den Unterricht zu besuchen, so mochte sie Taekwondo.


    Der Älteste der Gruppe schnaufte, was durch die Kälte leicht zu erkennen war, winkte dann ab und ging einfach weiter.
    Hizashi kniete sich jetzt um auf Augenhöhe mit den Mädchen zu sein: "Nächstes mal bringt ihr eure Eltern mit, ist das klar?"
    Schüchtern nickten die beiden und machten sich endlich auf den Heimweg.
    Genervt seufzte Hizashi. Sie war gelangweilt. Die Daten konnte sie nur an ihrem Computer auswerten und nach Hause wollte sie jetzt nicht. Zudem hörte Akari nicht auf zu nerven. Es interessierte sie jedoch nicht, ob ihre Lippen blau waren, sie fror nicht. Damit ihre Begleiterin jedoch endlich Ruhe gab, zog sie ihren Schal enger und bis unter die Nase und Schritt langsam die Straße entlang. Würde sie kein interessantes Geschäft entdecken, in das Akari unbedingt gehen wollte, würde sie nach Hause gehen. Was sie in dem Schneegestöber allerdings nicht bemerkte waren die Junge von eben.
    Sie folgten ihnen bis etwas außerhalb des Marktes und schubsten Hizashi auf den Boden, bevor sie oder Akari etwas bemerkten.
    "Jetzt immer noch so große Töne spucken?"
    "Genau, wir wollten nur etwas Spaß haben!"
    "Hier wird man uns nicht stören."
    Hizashi schluckte. Es war nicht schwer zu erkennen, dass sie angetrunken waren. Und die beiden naheliegenden Optionen gefielen ihr überhaupt nicht. Ein blaues Auge oder... sie wollte gar nicht darüber nachdenken.
    "Sternzeichen Jungfrau...", fügte der dritte hinzu und für Hizashi bestätigte sich die zweite Option.
    "Lasst mich los, du Grobian!" Das war Akari Stimme, die verzweifelt versuchte, sich aus dem Griff des muskulösen Teenagers zu lösen, um ihrer Schwester zu Hilfe zu eilen.
    Schluckend stand Hizashi auf, musterte die zwei angriffslustigen Schüler und kam zu dem Entschluss, sie besiegen zu können, doch der Boden war zu rutschig um festen Stand zu finden. Teakwondo? Konnte sie vergessen. Keine Zielgenauigkeit und kein Halt um Kraft auszuüben. Zitternd umklammerte sie ihren Minicomputer.
    Ein grelles Licht durchbrach das Schneegestöber. Der Ursprung schien das kleine Gerät in Hizashis Händen zu sein. Geschockt wischen die Angreifer zurück und auch Akari nutzte die Gelegenheit, um sich vom verwirrten Muskelprotz los zu reißen und zu ihrer Schwester zu rennen.


    Anschließend ging alles ganz schnell. Das Leuchten wurde immer heller und heller, bis Hizashi nichts mehr sehen konnte und ihre Augen zusammenkniff. Danach war alles still. Die Kälte der Umgebung war weg, das Wimmern der angetrunkenen Schüler nicht mehr zu hören und der Schmerz vom Sturz schien wie geheilt.
    "Akari ?" Das Mädchen gab sich die größte Mühe, brachte aber nicht mehr als ein angespanntes Flüstern heraus. Als das undurchdringbare Licht endlich verschwand und Hizashi Wind in ihrem Gesicht spürte, zwang sie sich dazu ihre Augen zu öffnen.
    Ungläubig rieb sie sich ihre Augen. Ein Fluss? Umgeben von weiten, grünen Wiesen? Kein Anzeichen von Schnee oder Kälte. Kein einziges Haus und keine Akari.
    Verunsichert blickte sie sich um, während sie sich langsam auf den Boden sinken ließ, um ihre zittrigen Beine zu entlasten.
    "Träume ich? Ist das mein Körper, der versucht mich vor der Realität zu schützen? Oder wurde ich niedergeschlagen und liege nun bewusstlos am Boden?"
    Bei dem Gedanken, ihre Schwester nicht beschützen zu können, lief dem Mädchen ein kalter Schauer über den Rücken. Sie spielte mit dem Gedanken, sich zu zwicken und hoffte, dadurch aufzuwachen, aber es geschah nichts. Erst dann fiel ihr Blick auf den kleinen Computer neben ihr, der nicht mehr wie ein Computer aussah. Er hatte eine andere Form, andere Tasten, einen Bildschirm, der einem alten Gameboy glich, aber es war definitiv ihr blauer Supercomputer. Denn dieser war in keiner Hosentasche aufzufinden.
    Unschlüssig zog sie ihren Schal aus, entledigte sich ihrer dicken Jacke und stand dann wieder auf. Sie träumte nicht, sie war physikalisch wirklich an einem anderen Ort. Zumindest war es - wenn es ein Traum war - ein sehr realer Traum. Sie spürte die Sonne auf ihrem weißen Pullover, den Wind in ihren Haaren und sie konnte das frische Gras riechen. Aber wo genau war sie?



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    Anmerkung:


    Ich habe mich dazu entschieden, die japanische/englische Methode der Digitation zu nutzen.
    Es geht besser von der Hand, ist kürzer und prägnanter, wenn die Digiritter das "Name ... zu Digimon" umgehen können und später auch für Gruppenkämpfe praktischer deutlich zu machen, dass alle digitieren, statt jeden Digiritter einzeln zu nennen. Das würde nur unnötig die Spannung stagnieren.

  • 1.2 Die Kraft eines Digimon



    Chiyo hatte ganz andere Probleme.


    Wenige Augenblicke zuvor waren sie noch am streiten, was sie wohl als nächstes tun sollten. Hizashi wollte unbedingt mehr über diese seltsame Welt herausfinden, die sie seit dem frühen Morgen ihr zu Hause nennen musste. Chiyo hingegen fand sie zu gefährlich - wie eigentlich alles, das Hizashi vorschlug - und wollte sich von den sogenannten Digimon fern halten.


    Die Entscheidung wurde ihnen abgenommen, als außerhalb der Höhle Schritte zu hören waren. Vorsichtig lugte Hizashi um die Ecke und verzog skeptisch ihr Gesicht. Einen Ritter hätte sie am wenigsten erwartet. Als das Digimon, welches vollkommen in eine silberfarbene Rüstung gehüllt war, Hizashi erblickte und sich wieder in Bewegung setzte, schwand Chiyos Optimismus, dass es gutmütig sein könnte.
    Während ihr Gegner sein überdimensionales Schwert zückte, welches so groß war wie Chiyo und mindestens das Zehnfache wog, griff Hizashi nach der Hand ihres zierlichen Begleiters und zerrte ihn tiefer in die Höhle hinein.
    Sowohl auf Knightmons Brust, als auch auf seinem großen Schild, welches es nun in die Hand nahm, die durch einen Eisenhandschuh geschützt war, glühte ein orangenfarbenes Zeichen. Während das Zeichen einem Kolibrikörper glich und von dessen 'Kopf' drei Zacken weggingen, fanden sich diese auch unterhalb des 'Kolibrikörpers'.


    Den Sinn hinter dem Zeichen verstand Hizashi nicht, aber es war ihr in dem Moment auch egal. Das orangene Licht erhellte die Höhle hinter ihnen und nahm ihnen den Vorteil, ungesehen zu sein. Zwar waren sie sichtlich schneller als der Feind, doch an ein Entkommen war nicht zu denken. Zu gering war die Chance, dass dieses felsige Grab einen zweiten Ausgang hatte.
    Wie es so kommen musste, teilte sich der Gang und stellte der Gruppe die Frage, welche Richtung sie einschlagen wollten. Hizashi wusste, Chiyo hätte ihrer Idee zu kämpfen nie zugestimmt, weswegen sie unter dem Vorwand, sich aufzuteilen - um Knightmon zu verwirren - vorschlug, in zwei verschiedene Richtungen zu rennen.


    Selbst Hizashi musste zugeben, dass es reinster Wahnsinn war, sich diesem Ding entgegenstellen zu wollen, doch tat er es, um mehr über die Digimon herauszufinden.
    Als Chiyo endlich in der Dunkelheit des Ganges verschwunden war und auch seine Schritte nicht mehr zu hören waren, zeigte Hizashi sich dem Knightmon und versuchte, es in seinen Gang zu locken. Zu ihrer Freude - oder auch ihrem Pech - folgte der Gegner der Provokation. Trotz seiner schweren Rüstung, legte das Digimon eine hohe Geschwindigkeit an den Tag. Viel zu lange für Hizashis Geschmack ging die wilde Verfolgungsjagd. Sie hatte längst die Orientierung verloren und hatte alle Mühe, nicht vor Sauerstoffmangel Tempo einzubüßen. Als die Decke plötzlich höher und höher wurde und er einige Stalaktiten von der Decke hängen sah, stoppte sie kurz. Die Höhle war um einiges größer, als sie von außen aussah. Ein ganzes Labyrinth schien in ihr verborgen zu sein.


    "Schachmatt..." Ratlos stand das keuchende Mädchen vor einer Felswand. Sie war geradewegs in eine Sackgasse gerannt; hatte die falsche Abzweigung des Labyrinths genommen. Ein kalter Schauer lief über Hizashis Rücken. Nur die Ruhe bewahren, sagte sie sich und zwang sich, den Kloß im Hals herunter zu würgen. So aufrecht sie - nach Luft schnappend - stehen konnte, versuchte sie vor Knightmon selbstsicher zu wirken.
    "Ich habe keine Angst vor dir", behauptete sie, glaubte es aber selbst nicht ganz.
    "Lass Knightmon die Wand hinter dir zerstören!"


    Hizashi staunte nicht schlecht, als sie plötzlich die Stimme eines ihr fremden Jungen durch den D-Tector hörte. "Einen anderen Plan habe ich nicht, also hoffen wir, dass das eine gute Idee ist!"
    Angespannt wartete Hizashi bis das Digimon sein riesiges Schwert erhob und zum Schlag ausholte.Als dieses mächtige Eisen sich in Bewegung setzte, sprang sie zur Seite.
    Hinter ihr erstrahle ein blendendes Leuchten. Knightmon wich einige Schritte zurück - fast als würde es diese Macht verletzen.
    "Ravemon ist ein Freund von mir. Es wird sich um das Knightmon kümmern."
    Hizashi verstand überhaupt nichts mehr. Wer war diese Stimme, wieso half sie ihr und wieso wusste sie überhaupt, wo sie war? Doch das war in dem Moment egal. Hinter dem Mädchen erschien ein weiteres Digimon.
    Ein schwarzer Helm mit rotem Visier legte sich schützend um den Kopf des Digikriegers. Eine dünne, blaue Rüstung umschloss seinen Körper. Die rechte Hand verwandelte sich in eine Rabenklaue, während die linke Hand nur ein Handschuh zierte und ein Katana hielt. Den Rücken zierten Rabenflügel. Der linke komplett in schwarz gehalten und der rechte weiß an der Flügelspitze.
    Das Digimon in Ritterrüstung zeigte sich weniger beeindruckt. Wieder erhob es sein Schwert, doch dieses mal deutete es auf den Rabenkrieger.
    "Ich nehme das Duell an." Ravemon allerdings hatte nicht vor einen Schwertkampf mit seinem Feind auszutragen. Sein Katana würde in Windes Eile zerbrechen. Aber seine Wendigkeit konnte er in dieser engen Höhle auch nicht nutzen und ein Angriff von hinten kam gegen die schwere Panzerung nicht in Frage. Keine ideale Ausgangssituation also.
    "Folge dem Digimon, es wird dich aus der Höhle führen."


    Langsam aber sicher manövrierte Ravemon das Kampfgeschehen zurück durch den Gang in Richtung eines größeren Raumes. Zuvor hatten ihn Hizashi die Tropfsteine, die von der Decke ragten, wenig interessiert. Aber jetzt erkannte sie einen Nutzen in ihnen. Das seltsame Digimon hatte scheinbar eine ähnlich Idee.
    Geduldig wartete Ravemon bis das langsam ebenfalls erschöpfte Ritterdigimon den großen Raum betrat. Es schien wenig begeistert davon, dass Ravemon über ihm - außerhalb seiner Reichweite - flog. Knightmon zückte deswegen sein Schwert, welches es zum Leuchten brachte und schleuderte eine Welle aus Energie auf den Raben.
    In letzter Sekunde realisierte Ravemon den Fernangriff und wich zur Seite aus. Die Felssäule über ihm wurde regelrecht zerschmettert und fiel in Einzelteilen auf den dunklen Höhlenboden. So hatte er es sich nicht gedacht. Ravemon brauchte eine komplette Säule und keinen Säulenpüree.
    Den nächsten Angriff beschloss Ravemon abzuwehren. So schnell sogar, dass die Energie aus Knightmons Angriff einfach an dieser zerschellte und in viele kleine Partikel geteilt wurde.
    Mit dieser 'Wirbelnden Rabenklaue' flog er anschließend auf seinen Gegner zu und fügte der Rüstung einen beachtlichen Schaden zu. Knightmon hatte keine Chance, den flinken Raben zu treffen und musste die Angriffe über sich ergehen lassen.


    Einen Trumpf hatte es aber dennoch in der Hinterhand. Ravemon bemerkte nicht, wie sich aus dem leuchtenden Zeichen auf der Brust des Ritters ein gebündelter Energiestrahl bildete. Diese Explodierte direkt vor Ravemon und schleuderte es quer durch den ganzen Raum. Auf der anderen Seite krachte es von Schmerzen geplagt gegen eine Felswand.
    Hizashi hatte die Zeit damit verbracht, zur anderen Seite des Raumes zu laufen. Ihr Gegner hatte dies offensichtlich ebenfalls bemerkt, hatte es sich schon in Bewegung gesetzt. Knightmon hatte bereits die Hälfte des Raums durchquert. Zielsuchend marschierte es weiter auf Hizashi zu und beachtete seine Umgebung nicht.
    "Das ist die Chance. Energieschwert!" Mit einem kraftvollen Schlag durchdrang Ravemons Schwert auf der anderen Seite des Raumes den steinigen Boden. Dort breitete sich jetzt eine grüne Macht aus, die schließlich die Form eines Pfeils annahm und auf den Fels über Knightmon zuschoss. Fein säuberlich trennte der messerscharfe Windpfeil den Stalaktit von der Decke der Höhle. Die Schwerkraft tat den Rest und der Ritter wurde von oben durchbohrt.

  • 1.3 Das Licht trifft ein



    Kopfschmerzen. Fürchterliche Kopfschmerzen. Irgendetwas war verdammt hell.
    Grummelnd öffnete Kenji seine Augen.
    Sonne. Vereinzelte Wolken hier und da aber ansonsten strahlend blauer Himmel. War er immer noch in Osaka?
    Vorsichtig richtete Kenji sich auf, sank mit der Hand - mit der er sich abstützte - aber komischer Weise ein.


    "Oh..." Verwirrt musterte Kenji den Boden, blinzelte einige Male und nahm eine Handvoll Sand nur um ihn zwischen seinen Fingern rieseln zu lassen. "Sand.", stellte er neutral fest. War er etwa am träumen? Osaka lag nicht am Meer.
    Noch immer verwirrt, stand er auf, klopfte den Sand von seinem dunkelgrünen Hemd und seiner weißen Stoffhose und spielte mit dem Gedanken, seine schwarzen Turnschuhe auszuziehen, um durchs Wasser zu laufen. Immerhin war es ziemlich warm und die Sonne brannte förmlich auf seinen kurzen schwarzen Haaren.
    Dann weckte plötzlich etwas anderes seine Aufmerksamkeit. Kenji Hosentasche leuchtete. Skeptisch griff er in diese und zog ein ihm unbekanntes Gerät hervor. Es war in dunkelblau gehalten und hatte einen weißen Rahmen um das Display, welches gut 50% des Geräts einnahm. Die drei Tasten waren in schwarz gehalten.
    "Eh... was zur Hölle ist mit meinem Handy passiert?", fragte er laut, obwohl er sich denken konnte, dass niemand in der Näher war, der ihn hätte hören können.
    "Nutze den D-Tector um die Spirits zu finden.", erschien auf dem Display. Es war als könne das Gerät verstehen, was Kenji fragte.
    "D-Tector also... und was bitte sind Spirits?" Darauf gab das seltsame Gerät keine Antwort. Wäre ja auch zu schön gewesen.
    Dann stürmte plötzlich eine Gruppe... seltsamer Wesen... an Kenji vorbei.
    "Träume ich etwa doch? Das sind die selben Wesen wie immer... oder drehe ich jetzt langsam durch?"


    Damit meinte der Junge die Albträume, die ihn über die letzten Jahre begleitet hatten. Bisher hatte er sie noch niemandem mitgeteilt. Zu groß war die Angst, er würde dafür eingewiesen werden. Alleine sein Bruder wusste davon. Wo war dieser überhaupt?
    Eine gelbe Fellkugel mit bläulich-braunen Streifen blieb genau vor Kenji stehen und drehte sich um:
    "Beeil dich! Wenn du hier bleibst, wird dieses wildgewordene Digimon dich auch vernichten!"
    Digimon.
    Das Wort traf Kenji wie ein Pfeil. Wo hatte er es schon einmal gehört? Es klang so furchtbar vertraut. Waren diese Wesen also Digimon? Und was sagte dieser Fellball vorhin? Wildgeworden? Etwas Wildgewordenes würde kommen und ihn...
    "Vernichten!"


    Plötzlich verwandelte sich die Urlaubskoulisse in ein Schlachtfeld. Ein roter Laserstrahl schlug nur wenige Meter neben Kenji und dem kleinen Digimon ein und wirbelte eine Menge Sand auf. Alarmiert hob Kenji das kleine Wesen hoch und zerrte es hinter sich her. Er steuerte einen Palast aus Sandstein an, der in eine Felswand geschlagen schien. Er hoffte, dort würden sie sicher sein, doch gerade als sie da waren, brachte der Laserstrahl mehrere Wände zum einstürzen. Kenji signalisierte seinem Begleiter, still zu sein, indem er seinen Zeigefinger auf seine Lippen legte und kletterte dann über die Trümmer der Wände aufs Dach.
    Ein metallischer Roboter kam zum Vorschein und als würde der D-Tector sehen, was Kenji sah, zeigte es plötzlich ein 3D-Modell des Digimons an. "Mekanorimon. Level: Champion. Typus: Virus. Attacke: Fernlichter" War darunter zu lesen.
    "Schätze das ist mein Begrüßungskomitee...", murmelte Kenji weniger motiviert. Wieder feuerte der Roboter mit seinem ungewöhnlich langen Armen einen Laser aus dem roten Kristall-ähnlichen Ding an seinem Rumpf ab.
    Fast schon panisch duckte sich Kenji unter dem Angriff hinweg, verlor sein Gleichgewicht und stolperte mit etwas Glück an dem zweiten Laser vorbei.
    Jetzt begann das ganze Dach des Palastes einzustürzen.
    Kenji , der immer noch am Boden lag, hielt seine Arme schützend über seinen Kopf.
    Die Trümmer schlugen wenige Zentimeter neben ihm ein und rissen den ganzen Boden mit sich.
    "Wie viele verdammte Stockwerke hat dieser Palast?"


    Mit viel Glück konnte sich Kenji an einer Kante festkrallen. Er schluckte bei dem Anblick des tiefschwarzen Lochs unter sich.
    "Raus hier!", rief er in der Hoffnung, dass dem freundlicheren Digimon noch nichts passiert war.
    Dann brach der Rest des Daches ein und schlug den Vorsprung weg, an dem Kenji sich festgehalten hatte.
    Er fiel immer tiefer. Immer schneller. Es schien kein Ende zu nehmen und für einen Moment dachte er schon, er sei tot. Dann erstrahlte Plötzlich ein Licht aus dem Loch und flog genau auf ihn zu.
    Als hätte er es im Traum schon unendlich oft getan, richtete er seinen D-Tector auf das seltsame Licht:
    "Komm zu mir Spirit!"
    Jetzt wurde die ganze Umgebung klarer. Zudem war er nicht mehr am fallen, sondern schien auf dem Licht laufen zu können. Sein D-Tector deutete genau auf den Wolfähnlichen Kopf. Als wolle er ihn verschlucken. Dann ging alles ganz schnell. Der Spirit flog auf das blaue Gerät zu und verschwand in diesem, um zu einer Reihe von Daten zu werden.
    Kenji wusste nicht genau, was überhaupt passierte und wie in aller Welt so etwas möglich war. Er hatte keinen blassen Schimmer wo er war, oder was diese Digimon waren. Aber in diesem Moment wusste er genau was er tun musste.
    Instinktiv streckte er seine Hand aus, konzentrierte sich auf die Datenreihe des Spirits und holte aus, um sie über das hellblaue Licht seines D-Tectors zu ziehen. Eine seltsame Kraft umhüllte ihn und er dachte für einen Moment, er würde ohnmächtig werden.


    Die Daten verwandelten sich in eine weiße Rüstung und umschlossen den Jungen. Kenji Haare verblassten zu einem Blond und wurden kurz darauf bereits von einem Wolfsähnlichen Helm verdeckt.
    Seine Schultern, Unterarme und Knie wurden zusätzlich von lilafarbenen Schützern Verstärkt. Seine Hände wurden von schwarzen Lederhandschuhen bedeckt und seine Schuhe gegen Wolfsähnliche Eisenstiefel mit drei Krallen ausgetauscht. Aber aus irgendeinem Grund fühlte er sich nicht schwer. Als hätte er sogar Schnelligkeit und Instinkte hinzugewonnen. Als sich auf seinem Rücken ein Cape materialisierte, wurde es ihm klar. Es war der Krieger, dessen Rolle er immer in seinen Träumen annahm.
    Lobomon - Das Licht.
    Auf einmal schien das Loch gar nicht mehr so tief. Ein kräftiger Sprung reichte aus, um nach oben zu kommen. Instinktiv wandte er sich nach rechts und sprang über die Trümmer hinweg. Im Sprung zückte er zwei Lichtschwerter, die er während der Digitation hinzugewann und zog sie so schnell übereinander, dass ein Geschoss aus purem Licht entstand.
    Mekanorimon, welches gerade dazu ausholte das schwächliche Digimon mit dem Laser zu durchlöchern, wurde von dem Geschoss direkt in den Rücken getroffen. Anscheinend erkannte es Lobomon als Gefahr an, denn es ließ von dem kleineren ab und versuchte den Digikrieger mit seinen langen Armen zu greifen.
    Die ersten Male konnte Lobomon spielend ausweichen und dem Roboter mit seinen Lichtschwerten zusetzen, doch dann wurde Lobomon gepackt, hoch in die Luft geworfen und wie eine Zielscheibe mit dem Laserstrahl getroffen. Wackelig kam der Digikrieger auf einem noch stehenden Teil der Mauern auf und schoss die Kanone an seinem rechten Handgelenk ab:
    "Lichtkugel!"


    Der Schlag ging genau durch das rote Etwas hindurch, aus welchem Mekanorimon seine Laserstrahlen abschoss. Aufgebracht schlug dieses um sich und versuchte Lobomon von der Mauer zu stürzen. Mit einem geschickten Schwerthieb konnte der Krieger des Lichts schließlich den roten Kristall durchbohren. Keuchend kam er zwischen dem Roboter und dem kleinen Digimon auf.
    Instinktiv griff er nach seinem D-Tector.
    "Seele, die du der Dunkelheit dienst, du sollst durch diesen D-Tector gereinigt werden!"
    Der Roboter wurde komplett schwarz und löste sich in einzelne Datenstränge auf, die in Kenjis D-Tector gespeichert wurden. Schließlich stieg ein graues Digiei zum Himmel auf. Digimon bestanden aus Daten? Und schlüpften aus Eiern? Zum nachdenken blieb aber wenig Zeit. Der Trümmerhaufen unter Lobomon gab nach und als Kenji die Wucht des Aufpralls spürte, war ihm klar, dass seine Rüstung wieder verschwunden war.
    Angestrengt versuchte er das kleine Wesen zu erblicken und als er es unverletzt nicht weit von ihm stehen sah, lächelte er.
    "Ich habe absolut keine Ahnung was da gerade passiert ist... Da war irgend so ein Ding... das mein D-Tector anzog und dann... war ich plötzlich nicht mehr ich."
    Das kleinere Digimon legte aber nur seinen Kopf schief - scheinbar überlegte es, ob Kenji ein Freund oder Feind war - und hüpfte dann wieder seines Weges und ließ den verwirrten Jungen zurück.
    Dafür erblickte er jetzt am Horizont einen anderen Menschen. Ein Mädchen viel eher, welches ebenfalls vor etwas flüchtete. Immer noch erstaunlich gefasst und objektiv, richtete der Schwarzhaarige Junge sich auf. Falls noch mehr Roboter auftauchen würden, wäre er in der Lage mit seinem Spirit zu helfen. Als das dunkelblonde Mädchen aber näher kam, wurde klar, dass sie nicht vor Digimon, sondern einer schwarzen Wand davon lief.
    Perplex beobachtete Kenji das Mädchen; dachte nicht einmal daran wegzulaufen, bis dieses schließlich eine Warnung rief:
    "Das Gebiet löst sich auf! Wenn du nicht als Datensalat enden willst, hör auf zu träumen und renn!"


    Das ließ der Digikrieger des Lichts sich nicht zweimal sagen. Aber wo waren sie vor dem 'Nichts' in Sicherheit? Das Mädchen schien zumindest eine Idee zu haben, denn sie hatte in eine Richtung gedeutet. So gut es sich auch anfühlte, wieder er selbst so sein, so sehr wünschte er sich für den Moment Lobomons Geschwindigkeit zu haben.
    "Im Wald sollten wir sicher sein!"
    Kenji hob seine Hand, wollte etwas erwidern, aber hatte nichts dazu zu sagen. Woher sollte er auch wissen, was im Moment geschah?
    Als der Rettende Rand aus Bäumen endlich in Reichweite kam, blieb er schöpft stehen und schnappte nach Luft. Er wollte so viel Fragen, fand aber keinen Anfang, weswegen er einfach hoffte, sein Gegenüber würde den Anfang machen.
    Als beide Menschen wieder bei Atem waren, fing Kenji mit dem naheliegenden Punkt an und stellte sich vor.
    "Ich bin Hizashi, freut mich.", antwortete sie höflich, vergaß den Smalltalk danach aber schnell wieder.


    "Also was ist dahinten passiert? Und wo sind wir überhaupt?" Kenji hatte es sich in der Zwischenzeit auf einem Baumstumpf bequem gemacht und schüttelte den Sand aus seinen Turnschuhen.
    "Laut diesem Ding sind wir in der Digiwelt, welche von Digimon bevölkert werden." Hizashi holte ein Gerät hervor, welches so aussah wie das von Kenji . Der einzige Unterschied war ein orangenes Gehäuse.
    "D-tector", unterbrach Kenji sie und gab zu verstehen, dass auch er ein solches Gerät besaß.
    Zögerlich nickte Hizashi.
    Ihr Körper hatte noch immer nicht das ganze Adrenalin abgebaut und so fiel ihr ruhiges Atmen ziemlich schwer. Ein paar Atemzüge später, sprach sie weiter:
    "Ich bin neben einem anderen Jungen aufgewacht. Wir waren in einem Dorf voller niedlicher Digimon, die uns Essen anboten, aber dann kam ein ziemlich hässlicher Oger ins eben dieses Dorf und verlangte, den Ort des Spirits zu erfahren. Als die Digimon sich weigerten, drohte er damit, ihr Gebiet zu zerstören. Es rammte einfach seinen Hammer in den Sand und absorbierte die Daten. Also sind wir weggelaufen und haben in einer Höhle Unterschlupf gesucht. Dort wurden wir getrennt."


    Aufmerksam lauschte Kenji der Geschichte, dachte sich seinen Teil und wartete bis Hizashi fertig war.
    "Dann müssen diese Spirits ja ziemlich wichtig sein. Ein Glück, dass ich den Spirit der Küstenregion gefunden habe, kurz bevor du aufgetaucht bist."
    Stolz deutete der Digikrieger auf den Bildschirm und beobachtete wie Hizashi fragend mit den Schultern zuckte. Sie wusste noch immer nicht, was diese Spirits waren.
    "Wissen wir schon, wieso wir hier her geruden wurden? Oder wieso diese Spirits uns zu Digimon machen?", fügte er anschließend hinzu und schnürte sich den zweiten Turnschuh zu.
    Als Hizashi beide Fragen verneinte, stand Kenji auf und begutachtete seine Umgebung. Außer Bäumen war nicht viel zu sehen. Aber herumsitzen war auch keine Lösen. Wenn sie keine Informationen hatten, würden sie eben nach welchen Suchen. Auf Hizashi achtete er dabei nicht. Er war nie gut darin, sich nach anderen zu richten. Sie würde schon mitkommen, wenn sie wollte.

  • 1.4 Endlich gefunden und doch wieder getrennt




    Auch Hizashi und Kenji hatten die Höhle im Waldgebiet wieder erreicht. Sie waren ihren D-Tectoren gefolgt, in der Hoffnung, Hizashis Begleiter zu finden. Am Eingang der felsigen Unterkunft war nichts auffällig, doch je weiter sie vordrangen, desto deutlicher wurden die Anzeichen eines Kampfes. Die wundersamen Geräte spendeten Licht, wenn auch nicht sehr viel.
    "Hier teilt sich der Weg." Ratlos blickte Kenji zu Hizashi, deren D-Tector in die entgegengesetzte Richtung zeigte. Was würden sie jetzt tun? Konnte die Karte etwa fehlerhaft sein? Was hatte das zu bedeuten?
    Die Diskussion wurde ihnen erspart, als ein Vogeldigimon an ihnen vorbeiflog. Dabei schien es so schnell und konzentriert, dass es die Menschen nicht bemerkte. Verwundert drehte sich das Mädchen zum rechten Gang:
    "Das war das Digimon, das mir zuvor geholfen hat!"


    Schulterzuckend blickte Kenji über die Schulter des Mädchens. Ihre Karte zeigte jetzt das gleiche an, wie die seines D-Tectors. Dann war es also entschieden, welchem Gang sie folgten.
    Vorsichtig aber auch zügig schritten die beiden Digiritter durch die Dunkelheit. Es war eine erdrückende Stimmung. Das Licht der D-Tectoren reichte kaum weiter als ein paar Schritte und der Gang wurde immer niedriger und schmäler. Zudem fühlte Kenji sich, als würde er bald von der Stille zerquetscht werden. Umso glücklicher war er, als ein Licht in der Ferne sichtbar wurden und Geräusche den Gang füllten.
    Das zuvor gesehene Digimon schien gegen eine ganze Horde von Feinden zu kämpfen. Sofort beschleunigte Kenji seine Schritte, rannte schon fast in Richtung des großen Raumes. Ein kurzer Blick zu seiner Begleiterin folgte, dann zückte er seinen D-Tector und eilte zum Kampfgeschehen.
    Hizashi konnte nichts weiter tun, als ihn dabei zu beobachten. Sie sah, wie ein Licht den Jungen umhüllte.


    "Kenji Spiritevolution!"


    Wo zuvor der Junge stand, erschien jetzt Lobomon.
    "Wir sind hier, um zu helfen!", rief der Digikrieger des Lichts nur flüchtig, als er zur Seite von Ravemon eilte. Eine ganze Horde von Raremon - schleimigen Digimon aus einer grauen, giftigen Masse mit weißen Krallen an verkümmerten Armen, von Schrott umrandeten Augen und riesigen Zähnen - stand ihnen gegenüber.
    Hizashi schlich sich währenddessen am Kampfgeschehen vorbei und suchte hinter einem großen Felsen Deckung. Sie war ziemlich überrascht, als sie einen weiteren Menschenjungen vorfand.
    "Chiyo, da bist du ja!"
    Auf den ersten Blick schien der Kampf gegen die Schleimwesen gut zu laufen. Als sie dann allerdings mit einer ätzenden Säure um sich spuckten, rutschte Hizashi das Herz in die Hose. Was würde passieren, wenn sie davon getroffen würden?
    Angeekelt blickte Lobomon auf den Boden neben sich. Der Schleim fraß sich regelrecht durch den Stein hindurch und unter ihm wurde ein weiteres Stockwerk sichtbar.Der nächste Schuss galt dem Stein, hinter dem sich Chiyo und Hizashi versteckten.


    "Chiyo?!"


    Jetzt erkannte auch Kenji, von welchem Freund Hizashi da sprach. Der "andere Junge" war niemand anderes, als sein eigener Bruder.
    Alarmiert eilte Lobomon zu den Menschenwesen, wurde aber von mehreren Raremon aufgehalten, die sich in den Weg stellten und den Gang mit ihrer Körpergröße blockierten.Ravemon hatte mit seinen eigenen Problemen zu kämpfen, denn es wurde unter einer Welle von Schleim begraben.
    "Wirbelnde Rabenklaue!" Mit seinem drehenden Handschuh raste der Rabenkrieger auf die Blockade zu und versuchte sich einen Weg frei zu bohren. Durch die flexiblen Körper der Raremon kam er aber leider nicht durch. Also versuchte er es mit seinem Powerflügel. Mit gesammelter Energie in seinen Flügeln flog er erneut auf die Blockade zu. Tatsächlich schaffte er es, sich durch eine Lücke zu quetschen. Von der anderen Seite war es ein leichtes, den Stopfen aus Schleim mit einem Windpfeil wie einen Korken heraus zu schleudern:
    "Energieschwert!"
    Als nächstes wollte Ravemon seinem Kampfpartner zu Hilfe kommen. Auf halbem Weg lösten sich jedoch die Raremon von Lobomon und konzentrierten ihr Feuer auf den Raben. Angeschlagen kam dieser auf dem kalten und harten Boden der Höhle auf. Danach vereinten sich die Raremon zu einer gigantischen Schleimformen und schleuderten eine riesige Pfütze aus Säure auf Lobomon.
    Hizashi war die Erste, die zum Digikrieger eilte.


    "Passt auf!"


    Ohne zu zögern reagierte das Mädchen und stieß Kenji durch ein Loch nicht weit entfernt. Schmerzhaft landeten beide ein Stockwerk tiefer - Kenji digitierte beim Aufprall zurück -, doch waren sie hier zumindest in Sicherheit vor den wildgewordenen Digimon.
    "Geht es dir gut?"
    Kenji reichte Hizashi seine Hand und half ihr dabei, aufzustehen. Dann holte er ihren D-Tector hervor, um wie zuvor die Umgebung etwas zu erhellen.
    "Mir geht es gut, aber..."
    Hizashis Blick wanderte besorgt in Richtung der Decke. Chiyo war noch in Gefahr. Und auch dieses andere Digimon.
    "Wir müssen uns jetzt um uns selbst kümmern. Wenn das erledigt ist, können wir den Anderen helfen."
    Widerwillig musste Hizashi zustimmen. Ihr Begleiter war in keiner Verfassung, um erneut zu digitieren. Jetzt hieß es darauf zu vertrauen, dass Chiyo und Ravemon einen Weg finden würden, ebenfalls zu entkommen.
    "Vielleicht sind sie auch durch ein Säureloch gesprungen. Dann müssten sie irgendwo in diesem unterirdischen Labyrinth sein..."
    Kenji lief fest entschlossen voraus, immer darauf achtend, dass Hizashi auch hinterher kam und sie sich nicht ausversehen trennten. Letzte freute sich zwar, dass ihr Begleiter neuen Mut gefasst hatte und nicht wie zuvor ohne sie davon stürnte, konnte seinem Enthusiasmus aber nicht zustimmen.
    "Hörst du das auch?"


    Kenji blieb alarmiert stehen, ließ seine Begleiterin mit einer kurzen Handbewegung wissen, dass sie ganz leise sein sollte. Es war nur ein unterschwelliges Geräusch, weit entfehrnt, doch es schien näher zu kommen. Fast wie ein Bohren aus den Wänden. Ein unwohles Gefühl breitete sich in Hizashis Magengegend aus, das sie näher zu Kenji gehen ließ. Angespannt suchten ihre Augen den Trüben Halbschatten ab. Dass jedoch die Wand neben ihr einstürzte, hätte sie am wenigsten erwartet. Felsen stürzten herab und die Höhle wurde von dem lauten Geräusch erfüllt. Hizashi wich reflexartig zurück, bemerkte dies aber erst, als sie gegen Kenji stieß.
    "Ein Digimon. Kein Monster", stellte sie erleichtert fest, als sie sich wieder vom Schock gefangen hatte. Kenji - der sich inzwischen vor die Digiritterin ohne Spirit gestellt hatte - hielt seinen D-Tector bereit und versuchte einzuschätzen, ob das maulwurfähnliche Wesen freundlich oder feindlich gesinnt war.
    Sein Rückenfell war violett gehalten, der Rest weiß. Das Gesicht zierte ein riesiger Schlagbohrer, der seine Nase ersetzte. Diesen setzte es jetzt wieder in Bewegung und zeigte damit genau in Kenjis Richtung. Der Digikrieger des Windes wollte bereits digitieren, doch wurde weggezerrt, als Hizashi seine Hand ergriff:
    "Wir sollten keinen Kampf riskieren. Finden wir lieber heraus, wo mein D-Tector hinzeigt."


    Zwar hatte Kenji zugestimmt, den Digimon zu helfen, dass es aber so viel Rennen sein würde, hatte er nicht erwartet. Immer wieder ging es um eine Ecke; die lauten Schritte des schweren Drimogemons - so wurde es von Kenjis D-Tector genannt - hinter sich. Um so genervter war er, als der D-Tector sie zu einer verschlossenen Türe schickte.
    "Jetzt müssen wir kämpfen", merkte der Junge mit einem vorwurfsvollen Unterton an und machte sich zur Digitation bereit.
    "Spiritevolution! Lobomon!"
    Hizashi kümmerte sich währenddessen darum, einen Weg in den verschlossenen Raum zu finden. Immer wieder blickte sie zum Kampfgeschehen, in der Hoffnung Kenji würde es noch gutgehen. Von außen war es klar erkennbar, wie wackelig der Krieger auf den Beinen war.
    "Verdammt!" Sauer hämmerte das Mädchen mit einem umherliegenden Stein auf die metallene Tür ein. Dabei passierte es, dass ihr D-Tector ohne Vorwarnung anfing zu leuchten. Wie ein Schlüssel schien das Glühen das Schloss zu entriegeln.


    Hastig schritt Hizashi in den Raum. Er schien auf den ersten Blick leer. Nur ein einzelner Gegenstand thronte in der Mitte. Ein Spirit. Der H-Spirit des Feuers in Form eines Fuchskopfes.


    "Komm zu mir Spirit!"


    Der Spirit flog auf den gelben D-Tector zu und verwandelte sich in Daten.


    "Spiritevolution! Taomon!"


    Das fuchsähnliche Digimon, welches aus dem Licht der Digitation trat, hatte ein weites Gewand an, wie es nur antike Gelehrte in Japan trugen. Aus seiner lilafarbenen Hose lugten zwei gelbe Pfoten und ein Schwanz mit einem weißen Ende hervor. Taomons Hände wurden vollständig von einem hellen Stoff verdeckt, hielten aber trotzdem einen Pinsel fest. Seine Form war einfach, doch waren an seinem Ende zwei Bändel befestigt. Sie Pinselhaare waren weiß und sahen unbenutzt aus. Über Taomons normalen Kleidern hatte es einen weißen Überwurf, auf welchem das Yin und Yang-Zeichen abgebildet war. Auf seinem fuchsähnlichen Kopf hatte es die Typische Kopfbedeckung, die in Japanischen legenden sehr häufig vorkommt. Der Großteil des Stoffes war in schwarz gehalten, nur die Stellen, die über Taomons Ohren gingen waren lilafarben und bildeten so einen guten Kontrast du dem gelb-weißen Fell. Auch auf dem Schulterschutz fanden sich Schriftzeichen.


    "Zauberkarten!"


    Als Taomon zum Angriff ansetzte, verschwand der Pinsel kurzzeitig. Stattdessen bildeten sich Spielkarten. Die unzähligen Karten, die aus Taomons Ärmeln hervorschossen, trafen Drimogemon, welches gerade zum Angriff auf Lobomon ansetzen wollte. Stattdessen bekam es jetzt eine volle Breitseite ab.
    „Zauberschrift!“ Wieder zog Taomon wieder seinen großen Pinsel hervor und zeichnete ein rotes Schriftzeichen in die Luft.
    Mit einer unglaublichen Geschwindigkeit flog dieses nach seiner Vollendung auf das schon angeschlagene, feindliche Digimon zu und explodierte in dem Moment, als es dieses berührte.
    Der Maulwurf wurde schwarz und seine Daten wurden für Hizashi sichtbar.
    „Seele, die du keine heiligen Daten mehr enthältst, du sollst durch die Seelen in meinem D-Tector deine heilige Kraft zurückerhalten! D-Codes scannen!“
    Zufrieden digitierte das Mädchen zurück. Jetzt konnte sie ebenfalls in Kämpfen helfen.

  • 1.5 Verschnaufpause in der Spielzeugstadt




    "Ich weiß ja, dass uns jemand unseren Platz in der Digiwelt streitig machen will, aber einen Menschen angreifen und töten? Das geht zu weit, Riku. Natürlich verhindere ich das."
    Airi - komplett vertieft in seine Flüche - lag auf dem rotem Dach eines kleinen Spielzeughauses aus Bauklötzen. Seine Arme hatte er hinterm Kopf verschränkt. Mit den Füßen stützte er sich von der Regenrinne ab, um nicht die Steigung herunter zu rutschen.
    Eigentlich war es ja sein Auftrag, ins unterirdische Labyrinth einzudringen und die neuen Digikrieger abzufangen. Er hielt es jedoch für eine bessere Idee, in der Nähe des Ausgangs zu warten - so seine Ausrede - um die anderen abzufangen, sollten sie lebend herauskommen.
    Dass Ravemon ihnen half, statt sie anzugreifen hatte er dabei gekonnt verschwiegen.


    "Wer sagt denn überhaupt, dass sie gegen uns handeln werden?", murmelte er noch immer nachdenklich und zupfte sich sein graues T-Shirt zurecht. Langsam wurde ihm kalt, da er sich die ganze Zeit nicht bewegt hatte. Daher beschloss er, seine nachtblaue Weste anzuziehen.
    "Vielleicht sollte ich nochmal mit meinen Freunden sprechen. Immerhin haben wir das selbe Ziel, wie die Digiritter, die von Magnamon hergerufen wurden."


    Motiviert setzte sich Airi auf, zog seine dunkelgrünen Chuks wieder an und hüpfte dann vom niedrigen Dach. Unten angekommen überprüfte er die Hosentaschen seiner schwarzen Jeans. Irgendwo hier musste doch sein D-Tector gewesen sein. Als er ihn endlich gefunden hatte, öffnete er die Kartenfunktion. Eigentlich wollte er nach Shino suchen, doch wurde seine Aufmerksamkeit von einem fremden Punkt in Anspruch genommen.


    "Kenji! Hizashi!"


    Nicht weit außerhalb der Stadt lief ein ziemlich aufgewühlter Junge vorbei. Er hatte ungefähr Airis Größe, war aber ziemlich zierlich gebaut. Zwar suchte er aktiv nach seinen Freunden, doch war seine Körperhaltung ziemlich passiv und zurück gezogen. Fast schon schutzlos. Entweder er hatte kein gutes Selbstbewusstsein, oder er fühlte sich alleine und verloren.
    Airi wusste, wie es sich anfühlte, ein Digimon zu werden. Hätte dieser Junge einen Spirit gehabt, hätte er viel leichter Mut fassen können. War er also noch nicht in der Lage dazu, zu digitieren?


    Neugierig lief Airi über den grünen Spielzeugteppich, der eher wie ein Rasen aussah, in die Richtung des Jungen. Die offene Fläche außerhalb der Stadt schien endlos und ein angenehmer Wind strich an dem Digiritter vorbei. Dieser grinste über beide Ohren. Zu groß war die Vorfreude, eine neue Person in dieser Welt kennen zu lernen. Eine Person, der er keine Rechenschaft schuldig war.


    "Kann ich dir irgendwie helfen?"


    Als der Junge sich erschreckte und sich panisch umdrehte, fühlte Airi sich schuldig. Verlegen kratzte er sich am Hinterkopf:
    "Entschuldige, ich wollte dich nicht erschrecken. Ich bin Airian, aber nenn mich Airi. Und wie heißt du? Kann ich dir irgendwie helfen?"
    Der Blondschopf fürchtete, zu direkt zu sein, erhielt zu seiner Freude aber doch eine Antwort.
    "Ich bin Chiyo. Du könntest wirklich helfen. Hast du hier vielleicht irgendwo weitere Menschen gesehen?"
    Jetzt war es an Chiyo einen neugierigen Blick aufzusetzen, mit dem er seine vorige Frage ergänzte:
    "Was machst du hier eigentlich alleine? Und bist du auch ein Digikrieger? Hast du schon deinen Spirit gefunden?"
    Bevor sich Airi der ganzen Fragen annehmen konnte, wurde er von Chiyos Magenknurren unterbrochen. Er konnte gerade noch ein Lachen unterdrücken, scheiterte aber kurz darauf, als Chiyo rot anlief.
    "Wenn du möchtest, lade ich dich auf einen Snack ein. Es hilft deinen Freunden sicher nicht, wenn du völlig entkräftest bei ihnen ankommst."
    Dabei wedelte der Blondschopf mit einem schwarzen Geldbeutel. Chiyo beobachtete diese Geste nur verwirrt, folgte aber dem ihm fremden Jungen, der in Richtung der Spielzeugstadt deutete.


    "Du bist also schon länger hier in der Digiwelt?"


    Worauf Chiyo diese Aussage stützte? Nun, Airi kannte sich scheinbar viel besser aus, hatte sogar Geld, welches in der Digiwelt zählte und schien nicht halb so aufgeregt oder verloren, wie Chiyo es war.
    Airi zögerte kurz.
    Wie viel konnte er erzählen, ohne verdächtig zu wirken? Andererseits wollte er auch nicht lügen. Das wäre für ihn nicht vertretbar gewesen.
    "Eine Weile. Wenn du Fragen hast... kann ich versuchen die zu beantworten, aber versprechen kann ich nichts."
    Chiyo hatte sich scheinbar mehr erhofft, denn er sah bedrückt auf seinen D-Tector. Jetzt tat es dem Blondschopf Leid, ihn so abgewimmelt zu haben. Aber es war noch nicht zu spät, ein richtiges Gespräch zu führen:
    "Diese Geräte, die wie beide haben, nennen sich D-Tectoren. Man benutzt sie, um Daten zu sammeln oder Spirits in Daten zu verwandeln. Spirits sind... naja im Prinzip die Geister von uralten Digimon. Zumindest erkläre ich mir das so. Mit dem D-Tector können wir selbst zu diesen Digimon werden. Es gibt H-Spirits und B-Spirits. H steht für Hybrid, also etwas Menschlichem. B steht für Beast, etwas Tierischem."


    Airi pausierte kurz und versicherte sich, dass Chiyo überhaupt noch zuhörte. Tatsächlich schien dieser der Erklärung aufmerksam zu folgen und wieder etwas besser gelaunt zu sein. Also konnte Airi sicher auch noch etwas hinzufügen:
    "Wie die Digiwelt programmiert wurde und wieso fast keiner etwas davon weiß, ist mir bis heute schleierhaft. Aber fest steht, dass irgendjemand versucht, dieses Programm zu verseuchen. Der einzige Weg ist es, alle Daten zu scannen und zu sichern und die Digiwelt anschließend neu aufzubauen."
    Jetzt schien Chiyo etwas verwirrt zu sein.
    "Aber wieso sollten sie uns Menschen in diese Welt rufen, nur um ... naja ... Es fühlt sich falsch an, über das Schicksal einer Welt zu entscheiden, die man überhaupt nicht kennt. Was können wir denn tun, was die Digimon nicht können?"
    Jetzt war auch Airi ratlos. Von diesem Blickpunkt hatte er es bisher nicht betrachtet. Hatten sie überhaupt das Recht, ihren Kopf durchzusetzen? Zwar hatte Icedevimon ihn gebeten zu helfen, doch mied es die Gruppe. So vertieft in seine Gedanken, bemerkte er nicht einmal, dass Chiyo das Restaurant bereits gesehen und vorgelaufen war, weswegen Airi alleine vor dem Stadttor stand und auf seinen D-Tector starrte.
    Ein kleines Lichtlein ging in dem Teenager auf. War das Eindringen in diese wundersame Welt am Ende der Grund für den drohenden Untergang? Kamen durch diese verwischte Grenze noch andere Gefahren?


    "Du musst schnell kommen!"


    Das war Chiyo. Fast schon panisch sprintete er in Airis Richtung. Skeptisch beobachtete er die hastigen Schritte seines Gegenübers.
    "Ich muss mit ihnen reden und sie davon überzeugen, die Daten erneut auszuwerten..."
    Chiyo, der endlich bei Airi angekommen war, aber vor lauter Luft schnappen nicht reden konnte, wisperte nur ein "Bitte was?"
    Ablenken ließ er sich trotzdem nicht. Chiyo nahm einmal tief Luft und fing an das Problem zu schildern:
    "Irgendein böses Digimon greift die Spielzeugstadt an! Es hat irgendetwas von Daten geredet und dass es jeden auslöscht, der nicht kooperiert."
    Für halbe Theorien war jetzt keine Zeit mehr. Er musste sich schnell entscheiden und eine Seite wählen. Sauer blickte er in die Richtung, aus der Anzeichen von einem Kampf zu hören war. Sie wagten es, die Stadt des Ewigen Anfangs anzugreifen? Viel wusste der Blondschopf ja nicht, aber dass dies ein heiliger Ort war - der einzige Ort in der Digiwelt, an dem neue Digieier entstanden - wusste sogar er.


    "Das wurde niemals vereinbart! Dieses Gebiet war tabu!"


    Chiyo konnte nur noch zusehen, wie Airi zum Kampf entschlossen losstürmte.
    "Ist der jetzt total durch geknallt? Zuerst sieht er so aus, als hätte er einen Geist gesehen und dann lässt er mich hier zurück, um sich kopfüber in Gefahr zu stürzen. Also ich weiß ja nicht so recht, was ich davon halten soll."
    Als Chiyo endlich wieder bei Atem war, folgte er dem 'verrückten' Jungen, ließ es sich aber nicht nehmen, nebenbei die Bäume zu bewundern. Zuvor schon war ihm aufgefallen, dass Spielzeug an diesen hing. Jetzt aber hoffte er auf eine Art Waffe. Ein Plastikschwert oder eine Wasserpistole. Irgendetwas, was ihn auch nützlich erscheinen ließ.

  • 1.6 Digibabys in Gefahr!




    "Endlich gefunden", erleichtert seufzte der Junge. Er dachte schon, er würde Airi überhaupt nicht mehr einholen. Zuletzt genannter schien unentschlossen, was er tun sollte, lehnte deswegen für die Gegner nicht sichtbar gegen eine Hauswand und lauschte dem Gespräch der Digimon.
    "Wenn ihr kleinen Hosenscheißer nicht sofort wieder zu Digieiern werden wollt, dann sagt ihr mir, wo die Daten versteckt sind!"
    Die Stimme gehörte zu einem Scorpiomon, das wie der Name schon vermuten lässt, einen Skorpion darstellte. Mit dem Unterschied, dass er zur besseren Tarnung sandfarben war und an der Unterseite des Körpers Klingen trug. Auch sein Stachel und seine vorderen Scheren waren messerscharf.
    "Was ist los?" Besorgt blickte Chiyo zwischen Airi und den bedrohten Baby-Digimon umher. Wieso griff er nicht ein? Das große Meeresdigimon schritt immer näher an die kleinen kugeligen Digimon heran. Einige von diesen hatten sogar noch einen Schnuller im Mund und versuchten sich irgendwo in ihrer Babywiege zu verstecken.
    "Scorpiomon ist auf dem Ultra-Level. Es ist ein viel zu mächtiger Gegner. Ich habe nur meinen B-Spirit."
    Verbissen umklammerte Airi seinen D-Tector. Dabei verschwieg er dem Jungen, dass er seinen B-Spirit noch nicht richtig kontrollieren konnte.
    "Aber die sind doch nicht schwächer als H-Spirits, oder? Du musst ihnen helfen!", kam jetzt wieder von Chiyo.


    "Ich weiß. Das werde ich auch."


    Noch immer mit sich selbst ringend, blickte Airi ein letztes Mal um die Ecke.
    Sie waren noch ungesehen. Die letzte Chance, weg zu laufen.


    "Ich kann meinen Spirit noch nicht richtig kontrollieren."


    Diese Anmerkung jagte Chiyo einen kalten Schauer über den Rücken.
    Wie hatte er es nur wagen können, jemals schlecht von dieser Person zu denken?
    Betrübt beobachtete er, wie Airi mehrere Datenstränge um seine Hand entstehen ließ.
    Der Digikrieger schien - trotz der zuvor geäußerten Stärke von Scorpiomon - fest entschlossen.


    "B-Spiritevolution! Raidramon!"


    Was, wenn er den Kampf nicht überlebte? Dann wäre das Chiyos Schuld. Immerhin hatte er den Digikrieger zum Kämpfen überredet. Angespannt beobachtete der zierliche Junge die Digitation.
    Erst jetzt begriff er die Bedeutung eines "Beast"-Spirits. Airis Körper veränderte sich komplett. Er wurde nicht wie bei Lobomon oder Taomon von einer Rüstung umschlossen, sondern wurde in eine vierbeinige, tierische Gestalt gezwungen.
    Der blaue Körper des Digimon, welches jetzt vor Chiyo stand, war umgeben von einer schwarzen Rüstung. Die obere Hälfte der Beine war jeweils mit einer doppelten Rüstung verstärkt. Vorne wurde dieser Schutz von einer roten Scheibe verziert, unter der eine Steckdose - zumindest wusste Chiyo nicht, was es sonst sein sollte - lag. Seitlich des Rumpfes waren gelbe Streifen zu sehen, die fast wie Zähne wirkten. Das selbe Gelb zierte auch - in Form von zwei senkrechten Streifen 'durch' die roten Augen des Digimons - den schwarzen Helm. Zwischen den Augen ragte ein gelbes Horn nach oben, welches fast so aussah wie ein Blitz. Unterkiefer und Hals des Digimons waren ungeschützt. Ebenso der blaue Schwanz, der dem ganzen Digimon ein aero-dynamisches Aussehen verlieh.
    In dieser Form war es dem Digikrieger ein Leichtes, die Distanz zu Scorpiomon in wenigen Sekunden zurück zu legen. Mit voller Geschwindigkeit und vollem Körpereinsatz rammte er den Feind regelrecht. Scorpiomon wusste nicht, was vor sich ging, als es hoch in die Luft katapultiert wurde und knapp außerhalb des Spielzeugparks auf einem großen Plüschwürfel landete.
    Mit einem geschickten Sprung überquerte Chiyo den Holzzaun, um die Ablenkung auszunutzen und zu den jungen Digimon im eingezäunten, geschützten Bereich zu kommen.


    "Geht es euch allen gut?"


    Jubel ertönte aus den Wiegen. Teils aus Erleichterung und teils, um Airi aus der Entfernung anzufeuern.
    "Na warte, du kleine Plage!"
    Sauer krabbelte der Skorpion von dem überdimensionierten Würfel. Es brauchte ein paar Sekunden, um sich zu orientieren. Rechts von ihm war die farbenfrohe Straße, direkt auf der anderen Seite mehrere Geschäfte, die Teigwaren, Getränke, Süßigkeiten und Spielzeug verkauften. Hinter ihm die Stadtmitte mit einer riesigen Tanne in der Mitte und links ein ziemlich schmaler, aber tiefer Fluss. Geradeaus waren die Babydigimon, doch Raidramon versperrte diesen Weg. Skeptisch beäugte Scorpiomon seinen Gegner.


    "Du wagst es, dich mir in den Weg zu stellen? Ausgerechnet du?"


    Als Antwort auf diese Frage nahm Raidramon Kampfhaltung ein. Es winkelte Vorder- und Hinterbeine an - jeder Zeit dazu bereit, los zu sprinten. Es musste sich nicht erklären.
    Dafür zu interessieren schien Skorpiomon sich sowieso nicht, denn es zögerte keinen Moment damit, den Kampf zu beginnen. Auf Raidramon fokussiert stellte sich der Skorpion auf die hinteren Klauen und zog seine Vorderen Waffen übereinander, um ein blaues Kreuz aus Energie auf seinen Gegner zu schleudern.
    "Schwanzmesser!"
    Für Raidramons Geschwindigkeit war es kein Problem, dem Projektil auszuweichen. Es machte einen kurzen Satz nach vorne, ließ das Kreuz hinter sich einschlagen und sammelte Elektrizität für seinen eigenen Angriff.
    "Gewitter Klinge!"
    Eine große Menge an Energie sammelte sich im Horn des Digikriegers und schoss dann in Form eines elektrischen Strahls auf Scorpiomon zu. Letzteres war nicht mobil genug, rechtzeitig auszuweichen und bekam die komplette Attacke zu spüren. Es war sichtlich angeschlagen, machte aber keine Anzeichen, den Kampf aufzugeben. Stattdessen schüttelte es die Elektrizität einfach ab und ignorierte den Schmerz.
    "Ich wäre kein Ultradigimon, wenn ich mich so leicht besiegen ließe!"
    Überraschend schnell setzte es sich jetzt wieder auf die hinteren Klingen und brachte mehrere Kanonen an seiner Unterseite zum Vorschein.
    "Was zur Hölle?"
    Hämisch grinsend - nun, falls ein Skoprion überhaupt Emotionen zeigen konnte - über Raidramons Überraschung, fing es an, unzählbar viele kleine Stacheln aus diesen versteckten Kanonen zu feuern:
    "Stachelüberraschung!"
    Raidramon gelang es zwar, den meisten Strahlen auszuweichen, in dem es sich mit vielen Sprüngen immer weiter in Scorpiomons Richtung zubewegte, musste aber trotzdem einige harte Treffer einstecken.
    Als der Krieger des Donners endlich die Distanz verringert hatte und direkt vor Scorpiomon stand, schleuderte Raidramon einen gewaltigen Strahl elektrischer Energie aus seinem Maul:
    "Blitzstrahl!"


    Dieser Konter brachte den gewünschten Erfolg. Scorpiomon wurde wieder einmal in hohem Bogen durch die Lüfte katapultiert und kam als schwarzer Schatten neben dem Fluss auf. Airi wäre am liebsten zurück digitiert. Sein ganzer Körper schmerzte. Zwar konnte er sich dem Drang seinen Instinkten nachzugeben ganz gut widersetzen, doch konnte er bei weitem nicht die volle Kraft des B-Spirits nutzen. Trotzdem zwang er sich, den Datenfluss in seinem Körper aufrecht zu erhalten und bewegte sich auf den besiegten Feind zu.
    Gerade überlegte Airi, wie er in seiner animalischen Form hätte die Daten scannen können, da wurde er von einer aufbrausenden, weiblichen Stimme unterbrochen. Sein Atem stockte. Er kannte diese Stimme.


    "Scorpiomon! Wieso brauchst du denn so lange?"


    Aus dem Wasser des Flusses tauchte jetzt ein weiteres Digimon auf. Mehr oder weniger desinteressiert blickte es zu Scorpiomon, blinzelte einmal nachdenklich und entschied sich dann scheinbar dafür, dem Verbündeten zu helfen, in dem es sich zwischen den Skorpion und Raidramon stellte. Das Wesen, welches die Statur eines kleinen Mädchens hatte, trug eine hellblaue, Badeanzug-ähnliche Rüstung, die sich aber auch noch über Hände und Fußgelenke ausbreitete. Am Becken hatte das Digimon grün bis türkise Flossen, die die selbe Farbe wie der restliche Körper hatten. Der blaue Kopfschutz, der ebenso gut eine Krone darstellen könnte, war wiederrum in der Farbe der Rüstung gehalten und war wie diese mit runden Rubinen verziert. Im Großen und Ganzen konnte man allerdings sagen, dass das Fischdigimon bis auf die flossenähnlichen Ohren sehr menschlich wirkte.
    Instinktiv wich Raidramon mehrere Meter zurück. Es wusste um die Stärke von Lanamon und wollte in keiner ungünstigen Position starten.
    Scorpiomons Schatten verblasste zu seinem üblichen sandigen Farbton. Sofort erschrak das Digimon - immerhin stand sein Boss neben ihm - und verbeugte sich höflich. Anschließend wurde es dazu abkommandiert, die Daten zu besorgen.


    "Verdammt!" Dieser Fluch stammte von Raidramon, welches sofort dazu ansetzte, mit einem weiten Sprung zu dem Skorpion aufzuschließen und diesen von Chiyo und den frisch geschlüpften Digimon fern zu halten.
    "Du bleibst schön hier. Vielleicht sind wir noch immer gleichgestellt, was mit untersagt, dir Befehle zu geben, doch Verrat wird hart bestraft!"


    Mitten in der Luft wurde Raidramon von einer riesigen Welle erfasst. Wo genau diese herkam, wusste es selbst nicht so genau. Die Wassermassen drückten Raidramon in die entgegengesetzte Richtung des Flusses, sodass der Park jetzt rechts von ihm und der Fluss vor ihm war.
    Am liebsten wäre Airi - noch immer im Körper von Raidramon - sofort wieder in Scorpiomons Richtung gesprintet. Lanamon konnte er aber nicht einfach ignorieren. Sie in die Richtung der Babys zu lassen, wäre deren Untergang gewesen.


    "Wieso stehst du da so dämlich rum? Hier spielt die Musik! Es sei denn, du möchtest deinen kleinen Freund retten."


    Angespannt wechselte Raidramon in Kampfhaltung. Seine Augen waren nur noch kleine Schlitze, die auf Lanamon fixiert waren. Die Beine waren derart angewinkelt, dass die Elle fast das nasse Gras berührte. Er musste jetzt darauf vertrauen, dass Chiyo die Babys in Sicherheit bringen konnte.
    Dann machte der Krieger des Donners sich dazu bereit, seinen wohl mächtigsten Angriff zu entfesseln. Bisher hatte er es vermieden, doch jetzt musste er seine Kraft vertrauen. In seinem Körper sammelte er wie bei den anderen Angriffen auch eine große Menge an Elektrizität an. Dieses Mal konnte er diese allerdings nicht in seinem Horn oder Maul kanalisieren. Stattdessen schoss er den Strom aus seinem kompletten Körper in Lanamons Richtung:


    "Blauer Donnerschlag!"


    Mit einem Knistern traf der Strahl auf Lanamon, die nicht damit gerechnet hatte, dass Raidramon von Scorpiomon ablassen würde und deswegen - seit ihrem provokativen Kommentar - ihren Diener beobachtete.
    Ziemlich genervt fiel sie durch den Rückstoß in den Fluss, wo sie sich fluchend neu orientierte und mit einem simplen Fingerschnippen eine Wassersäule entstehen ließ. Dieser Strahl aus fast schon massivem Wasser, schoss senkrecht in die Luft und bildete eine Plattform, auf der Lanamon stehen konnte. Vor Wut kochend, stemmte sie ihre Hände in die Hüften und brüllte förmlich in Raidramons Richtung:


    "Spinnst du?! Wie kannst du es wagen, mich einfach hinterrücks anzugreifen!"


    Ihr klar zu machen, dass es weder hinterrücks noch verboten war, wäre verschwendete Zeit gewesen. Raidramon schabte nur ungeduldig mit der rechten Pfote über den matschigen Boden. Dieses Verhalten passte Lanamon gar nicht. Aufgebracht ließ sie weitere Säulen entstehen und bewegte diese in Raidramons Richtung. Noch war die Distanz groß genug, um den Säulen leicht zu entkommen. Mit Sprüngen manövrierte sich Raidramon geschickt um das Wasser herum. Trotzdem musste es den Abstand zu Lanamon verringern, wenn es einen weiteren Gegenangriff starten wollte.
    Je näher Raidramon dem Fluss kam, desto schneller wurden auch die Wassersäulen.
    "Gewitterklinge!"
    Die Säulen, denen nicht auszuweichen war, zerstörte der Digiritter mit Energieprojektilen aus seinem Horn. Zwar konnte Lanamon ihm so nichts anhaben, doch spielte er mit dem Feuer, je näher er ihrem bevorzugten Lebensraum kam. Im Fluss war der Digikrieger des Wassers klar im Vorteil.

  • Ich bin zwar leider nicht mehr ganz firm mit der Digiwelt und deshalb an mancher Stelle noch etwas verwirrt, aber ich muss sagen, dass sich deine Fic sehr gut lesen lässt. (Und zumindest an die Spielzeugstadt erinnere ich mich noch recht gut :D)
    Dein Schreibstil ist allein schon vom Handwerklichen her in meinem Empfinden sauber und strukturiert, und auch deine Befürchtung dich zu wiederholen findet in meinen Augen keine Nahrung.
    Und die Story selbst ist lebendig und bildreich - und auch die Kämpfe finde ich recht unterhaltsam. (Und Kämpfe so zu beschreiben, dass sie weder überhastet noch langatmig werden ist alles andere als einfach.)



    Von daher, kein Grund für grosses Gemecker bisher. LEIDER! Da werd ich wohl dranbleiben müssen, und sehen, wie sich die Fic weiterentwickelt; Vielleicht find ich ja doch noch was, das ich dir reindrücken kann..!


    xD

    I see the lights of the village

    gleam through the rain and the mist

    and a feeling of sadness comes o´er me

    that my soul cannot resist

  • 1.7 Beschützer in goldener Rüstung




    Scorpiomon hatte in der Zwischenzeit Chiyo und die Babydigimon wieder erreicht und verbeugte sich einmal triumphierend.
    "Wenn ihr jetzt so gütig wäret, mir zu zeigen, wo die D-Codes lagern."
    Chiyo - noch immer auf den Kampf zwischen Lanamon und Raidramon konzentriert - schüttelte widerwillig seinen Kopf.


    "Ihr weigert euch immer noch?"


    Erst jetzt blickte der braunhaarige Junge zu seinem Gegenüber:
    "Ich werde nicht zulassen, dass du diese Neugeborenen verletzt! Airi gibt sein Bestes, sie zu beschützen, auch wenn ihm der Gedanke zu Digitieren zuvor nicht zusagte! Es wird sicher nicht daran scheitern, dass ich dich vorbei lasse!"
    So viel Eifer hätte man dem zierlichen Jungen gar nicht zugetraut. Lautstark stimmten die kleinen Digimon zu und begannen zahllose Seifenblasen auf den Skorpion zu schleudern.
    Verwirrt blickte Chiyo sich um. Er war beeindruckt vom Mut der kleinen Digimon und auch etwas enttäuscht von sich selbst. Wie schafften es, diese jungen Wesen weniger ängstlich zu sein, als er selbst?
    Leider war der Regen aus Seifenblasen nicht annähernd stark genug, um Scorpiomon etwas an zu haben. Ungeduldig schüttelte der Skorpion sich und stapfte, als die letzten zerplatzt waren, auf die ersten Kinderwiegen zu.
    "Ich werde nicht zulassen, dass du dieses Digiei zerstörst!"
    Unter Protest stellte sich der Digiritter vor die Wiege, auf die Scorpiomon zuschritt.


    "Was willst du schon ausrichten?"


    Scorpiomon hielt kurz inne, setzte aber dann zum Angriff an, als Chiyo keine Antwort parat hatte.
    "Sanddusche!"
    Aus den Kanonen an Scorpiomons Unterseite wurde nun gefühlt eine Tonne Sand geschleudert. Chiyo beugte sich tapfer über die Wiege und schirmte das zerbrechliche Ei vor dem Sandsturm ab. Wie lange der Beschuss anhielt? Es kam ihm wie eine Ewigkeit vor. Eine Ewigkeit, in der er weder sehen noch atmen konnte. Erst als der Schmerz der rauen Sandkörner abnahm, knickte Chiyo ein. Erschöpft kniete er jetzt vor der Wiege und versicherte sich davon, dass dem Ei nichts passiert war.


    "Du stehst noch?"


    Nicht nur Chiyo war von sich selbst überrascht, auch Scorpiomon war beeindruckt von der Sturheit des Digikriegers.
    Als Airi den Lärm aus dem Park hörte, wandte er seine Aufmerksamkeit für den Bruchteil einer Sekunde vom Kampffeld ab und überlegte, ob er nicht doch helfen sollte. Dieser Moment des Zögerns war genug für Lanamon, die Leichtigkeit in Raidramons Ausweichmanöver zu unterbrechen. Bisher hatte er sich keinen Kopf über die zerstörten Säulen gemacht, doch ließ es sich nicht leugnen, dass die ganze Wiese schon mehrere Zentimeter unter Wasser stand. Mit einer Handbewegung, die verdächtig nach Voodoo aussah, übernahm die zierliche Kriegerin die Kontrolle über eben dieses Wasser hinter Raidramon und brachte es in die Form einer Welle.


    "Du hättest dich nicht mit mir anlegen sollen!"


    Die gewaltigen Wassermassen trafen das unachtsame Raidramon von hinten und schwemmten es geradewegs in den Fluss hinein. Kaltes Wasser umschloss den Körper des Digikriegers und fast schon panisch versuchte er, wieder ans Ufer zu kommen.


    "Schön hier geblieben!"


    Jetzt, da Raidramon endlich im Fluss war, konnte Lanamon die Macht über ihr Element komplett ausnutzen. Beide Hände übereinander reibend kreierte sie einen Strudel, der ihren Gegner unter die Oberfläche zog. Endlich war ihr Feind da, wo sie ihn haben wollte. Nun hieß es nur noch, sich zurück zu lehnen und abzuwarten. Schadensfroh setzte sie sich auf den Turm aus Wasser, der sie noch immer über dem Fluss schweben ließ und konzentrierte sich auf die Energie des Strudels, um diesen nicht abreißen zu lassen.



    "Dann werde ich dich eben mit meinen Klingen erledigen!"
    Scorpiomon holte zum finalen Schlag aus. Seine messerscharfe Klinge war hoch erhoben. Langsam stand Chiyo auf und drehte sich zu seinem Gegner um. Er hatte so lange durchgehalten, da würde er jetzt nicht aufgeben. Außerdem hätte er es sich selbst niemals verzeihen können, jemanden im Stich zu lassen, der seine Hilfe benötigte.


    "Ich respektiere deinen Mut, aber jetzt wirst du sterben!"


    War das das Ende? Zitternd schloss Chiyo seine Augen. Es gab noch so viel, das er tun musste. So viel, was er vor hatte. Der Junge war zu sehr damit beschäftigt, den Schmerz zu erwarten, und bemerkte daher nicht, was sich hinter seinem Rücken abspielte. Erst als Scorpiomon fluchend zurück wich, öffnete Chiyo seine Augen und realisierte das grelle Leuchten hinter sich. Verwirrt drehte er sich um. Das Digiei leuchtete? Wurde Scorpiomon etwa von diesem Leuchten verletzt? Wieso schmerzte es für ihn nicht?
    "Das kann doch nicht sein! Die vermissten Daten vom Krieger des Metalls hier? "
    Scorpiomon erklärte zwar soeben, was dieses Ei darstellen sollte, verstehen konnte Chiyo aber trotzdem noch nicht. Das goldene Digiei vor ihm leuchtete mit jeder Sekunde stärker, bis es sich plötzlich in viele Datenstränge verwandelte, die einen Gegenstand umschlossen hielten. Dieser Gegenstand war der Oberkörper eines Kriegers, gehüllt in eine goldene Rüstung.
    Wollte das Digiei sich dafür bedanken, dass Chiyo es beschützt hat? Oder war es sogar Schicksal und dieser Spirit stand ihm von vorne herein zu?
    Entschlossen griff der Jugendliche nach seinem dunkelgrünen D-Tector und richtete ihn auf die leuchtenden Daten aus:


    "Komm zu mir Spirit!"


    Das schützende Netz aus Daten entknotete sich und löste sich nach und nach auf. Der zurück gebliebene Spirit flog auf Chiyo zu und verschwand im D-Tector. Sofort ließ der Junge die D-Codes des Spirits um seine linke Hand entstehen und zog diese über den Scanner des Gerätes. Ein gleißendes Licht legte sich um den Digikrieger, während er die Transformation zum Digimon vollzog.


    "Spiritevolution! Grademon!"


    Aus dem Licht, welches eben noch Chiyo umhüllte, trat nun der zuvor gesehene Krieger mit goldener Rüstung. Seinen Rücken zierte ein königsblauer Umhang, der wiederum eine Schwertscheide verhüllte. Aus der anderen grünen Schwertscheide, die an Grademons Rüstung befestigt war, zog dieses nun ein langes und feines Schwert. Aus dem roten Schulterschutz auf jeder Seite, ragte eine weitere Klinge hervor, die jedoch fest mit der Rüstung verbunden war. Auch Chiyos Kopf war nun durch einen goldenen Helm geschützt, dessen Form einem Phönix glich. Aus den Fußschützern ragten große Krallen, die jedoch eher mit ihrer Länge beeindruckten, als mit ihrer Breite.


    Airi - die Digitation mit letzten Kräften aufrecht erhaltend - versuchte währenddessen krampfhaft, den Reflex - Luft zu holen - zu unterdrücken. Der Strudel drehte sich so schnell, dass er absolut keine Orientierung mehr hatte. Zwar schrie alles in ihm auf, dass er eine Lösung finden musste, doch konnte er keinen klaren Gedanken fassen. Alles, woran er denken musste, war die Tatsache, dass er doch überhaupt nicht schwimmen konnte. Sein Herz raste und sein Körper pulsierte, da er versuchte, den Sauerstoffmangel irgendwie auszugleichen.


    "War das schon alles? Ich hatte mich doch so auf einen Kampf gefreut."


    Lanamon schien sich nach nicht mal zwei Minuten zu langweilen und so ließ sie sich zurück in den Fluss fallen, um nach ihrem regungslosen Opfer zu suchen. Die Spirits und die Belohnung für das Ausliefern eines Verräters, wollte sie sich auf keinen Fall entgehen lassen.
    Dabei machte sie jedoch den Fehler, ihren Gegner zu unterschätzen. Gerade wollte sie zum vernichtenden Schlag unter Wasser ausholen, da öffnete Raidramon seine Augen. Furchterregende Augen, die Lanamon nun förmlich durchbohrten. War das Airi, oder war das die animalische Seite des B-Spirits?
    Der Krieger des Donners entfesselte eine starke Ladung Elektrizität, die sich im ganzen Wasser ausbreitete. Nun war es an Lanamon panisch das Weite zu suchen und aus dem Fluss zu fliehen, um dem wildgewordenen Tier zu entgehen. Mit einigen Brandwunden gelangte sie schließlich ans rettende Land und starrte geschockt auf den Fluss. Die Elektrizität knisterte noch immer in ihrem Körper.


    Das war also die furchterregende Macht eines B-Spirits.
    "Scorpiomon, ich ziehe mich zurück! Kümmere dich um die Babys, du hast jetzt freie Bahn!"


    Der Skorpion hatte jedoch andere Probleme. Probleme, die eine goldene Rüstung trugen und fest entschlossen waren, sein Leben zu beenden.
    "Du hast mich gefragt, was ich denn schon groß ausrichten könnte. Stell dich mir im Kampf und finde es heraus!"
    Unbeeindruckt lockerte Scorpiomon seine Muskeln - sofern es denn welche hatte - und stellte sich dann wieder auf die hinteren Klingen, um die Kanonen frei zu legen. Für Grademon war diese Stachelüberraschung nicht mehr ganz so überraschend. Präventiv faltete es seine Hände und murmelte etwas Unverständliches. Kurz darauf fing die Rüstung an zu strahlen. Ohne einen Kratzer zu hinterlassen, prallten die Stacheln an dem Digikrieger ab und fielen zu Boden.
    Das schien dem Skoprion gar nicht zu schmecken, denn es ging jetzt in den Nahkampf über und versuchte, mit seinen messerscharfen Klingen verletzliche Stellen zu treffen. Grademons Antwort darauf war sein "Crossblade", welches eine fast undurchdringbare Abfolge von Schwerthieben war. Scorpiomon gab sich die größte Mühe, konnte aber nicht an den Doppelschwertern vorbeikommen. Stattdessen steckte es selbst zahlreiche Treffer ein.


    "Jetzt mach schon, du schwache Schnecke! Ich habe diesen Wicht nicht besiegt, damit du dich jetzt töten lässt!"


    Das war wieder Lanamon, welches ihren Diener anfeuerte. Aber was sagte sie da? Den Digikrieger besiegt? Ein Hektischer Blick von Grademon zum Fluss. Raidramon oder Airi waren nirgends zu sehen.


    "Platz da!"


    Alles in Chiyo schrie auf. Er musste sofort zu Airi. Immerhin hatte er diesen doch erst zum Kämpfen überredet! Fast schon, als wäre es ein unbedeutender Angriff, hob Grademon sein Schwert in die Luft. Die Klinge füllte sich mit einem goldenen Licht, welches der Krieger des Goldes anschließend wie ein Projektil auf Scorpiomon schleuderte. Das vor dem Kampf schon angeschlagene Digimon wurde erneut schwarz.
    Sinnlose Worte sparte der Digikrieger sich. Er scannte wortlos seinen Gegner und begab sich dann auf direktem Wege zu Lanamon. Letzteres erschrak, als plötzlich ein weiteres Digimon auf sie zustürmte. Einen weiteren Kampf würde sie mit diesen Verletzungen nicht überstehen. Ihr blieb nur, die Flucht zu ergreifen.


    Grademon kümmerte das wenig, viel wichtiger war ihm ein schneller Sprung ins Wasser. Die Kälte ignorierend, tauchte er tiefer hinab, löste dabei sogar die Digitation auf, um nicht von Grademons Rüstung behindert zu werden. Trotzdem schien die Zeit endlos. Das Wasser war trüb und mit aufgewirbeltem Sand versetzt. Die meisten Sonnenstrahlen wurden davon abgeblockt und auch Fische waren keine mehr vorhanden, die den Fluss hätten irgendwie lebhafter erscheinen lassen. Chiyo betete, dass diese Szene sich nicht in einen Horrorfilm verwandeln würde. Tapfer biss er die Zähne zusammen und weigerte sich, dem Verlangen - aufzutauchen und nach Luft zu schnappen - nachzugeben. Airi war bereits viel länger unter Wasser, so lange sogar, dass jeder logisch denkende Mensch aufgeben würde, da konnte er seine eigenen Bedürfnisse auch mal hinten an stellen.


    Als Chiyo endlich am Grund des Flusses angekommen war, griff er den bewusstlosen Airi, klemmte ihn sich unter den Arm und zerrte ihn danach so schnell er konnte, an die Wasseroberfläche. Nach Luft ringend, schleifte der zierliche Junge den Blondschopf ans Ufer, überprüfte aber ohne sich selbst eine Pause zu gönnen, sofort den Atem seines Freundes.


    "Verdammt... keine Reaktion? Was soll das?", Chiyo hatte bereits durch diverse Bücher, die er immer einsam in den Schulpausen gelesen hatte, viel über Erste-Hilfe gelernt und so setzte er dazu an, Airi wieder zu beleben. Er war sich zwar nicht sicher, ob er dies richtig tun würde, aber Zeit für Zweifel blieben nun keine. Chiyo hatte so eine furchtbare Angst, dass sein neuer Freund sterben könnte; er zitterte regelrecht am ganzen Körper. Dann aber dachte Chiyo daran, wie dieser vor wenigen Augenblicken noch sein Leben gegeben hätte, um ihn und die Digimon zu retten.


    " Nicht mit mir! Das werde ich nicht zulassen..."


    Und so begann der Jugendliche mit einer Herz-Lungen-Wiederbelebung, solange, bis ihm selbst schwindelig wurde und die Angst ihm Tränen in die Augen trieb.
    "Wieso klappt das nicht? Jetzt komm endlich zu dir!", vor lauter Verzweiflung, dass er es nicht schaffte, ballte er seine rechte Hand zur Fast und schlug wütend auf Airis Brust, sodass dieser kurzerhand vor Schreck das geschluckte Wasser ausspuckte und zu sich kam.


    Erleichtert - fast schon lachend - lehnte sich Chiyo zurück und saß nun auf seinem Hosenboden. Die zuvor unterdrückten Tränen liefen nun ungestoppt seine Wangen hinunter. Selbst die Peinlichkeit dieses Anblicks war ihm gerade egal. Er wollte so viel sagen, doch brachte kein Wort heraus.
    Airi hingegen schien ziemlich gefasst, oder eher teilnahmslos. Entkräftet und nach Luft schnappend blickte er sich um. Der Schock saß ihm tief in den Knochen und er versuchte, die letzten Minuten in sein Gedächtnis zu rufen. Hatte er Lanamon in die Flucht geschlagen? Wenn ja, wie? Wie konnte Chiyo Scorpiomon plötzlich aufhalten und wieso war er selbst überhaupt noch am Leben? Natürlich freute er sich darüber, aber hauptsächlich war er enttäuscht, Lanamon unterlegen gewesen zu sein.


    Als er wieder einigermaßen gut Atmen konnte, setzte der Blondschopf sich vorsichtig auf. Jetzt blickte er Chiyo genau an, sagte aber noch immer nichts. Wie gerne hätte der zierliche Junge gewusst, was gerade im Kopf seines Freundes vor sich ging. Ging es ihm gut? War er verletzt? Wieso redete er nicht?
    Vor lauter Neugier über seinen Gegenüber, stoppten auch endlich die Tränen, die zuvor endlos schienen. Noch immer besorgt, rieb er die Letzten aus seinen Augen und schluckte den Kloß unter, der ihn bisher vom Reden abgehalten hatte:
    "Es tut mir so Leid! Ich wollte dir keinen Vorwurf machen. Ich wusste doch nicht, dass ein B-Spirit so schwer zu kontrollieren ist!"
    Endlich zeigte der Junge eine Reaktion. Zögerlich schüttelte er seinen Kopf. Jetzt wurde auch sein Blick klarer und Chiyo meinte, Schuld, oder zumindest Enttäuschung daraus ablesen zu können. Ein Gefühl, dass er nur zu gut kannte. Nicht gut genug für etwas zu sein.


    "Bitte sag so etwas nicht."


    Airis Stimme war ungewohnt ernst. Nicht halb so energiegeladen oder fröhlich, wie er klang, als er sich zuvor vorgestellt hatte.
    Chiyo brauchte sich nicht zu entschuldigen. Das wäre doch seine Aufgabe gewesen. Dafür, dass er Chiyo anlog - sicht nicht traute, ihm von seinem Auftrag zu erzählen. Eigentlich sollte er Chiyo - alle anderen Menschen - ausschalten, um seinen Freunden zu helfen. Doch nun würde Lanamon von seinem Verrat berichten.
    "Ich habe die Digimon beschützt, weil ich mich dazu entschieden habe. Nicht, weil du mich dazu überzeugt hast."
    Um seine Aussage zu untermalen, rang sich der Blondschopf ein Lächeln ab. Dann jedoch schien ihm etwas wichtiges einzufallen und er schreckte auf, nur um sich anschließend verlegen grinsend am Hinterkopf zu kratzen:
    "Weißt du, eigentlich sollte ich mich bei dir für die Rettung bedanken und dir nicht irgendwelche Entschuldigungen ausreden. Also Danke."

  • 1.8 Verblassendes Licht





    Komplette Dunkelheit. Fast schon panisch versuchte Kenji etwas in der Dunkelheit erkennen zu können, doch er konnte nicht einmal die eigene Hand vor Augen sehen. Eine bedrohliche Kälte umhüllte ihn. Es war nicht die typische Kälte einer Höhle, oder die Kälte, die man verspürte, wenn man nass war. Sondern etwas viel Bedeutenderes. Es fühlte sich so an, als würde er von der endlosen Dunkelheit erdrückt werden. Hätte er nicht entfernt Wassertropfen gehört, die ins Knöcheltiefe Wasser am Boden des Raumes fielen, hätte er daran gezweifelt, überhaupt noch am Leben zu sein.
    Schluckend hielt sich Kenji seinen rechten Arm. Es war das erste Mal, dass er die Verletzungen, die der als Digimon erlitt, auch nach dem Auflösen den Digitation noch spürte. Mit zu großer Wucht war er zuvor gegen eine der Säulen geschmettert worden. Von niemand anderem als einem fremden Menschen, der ohne wirkliche Erklärung einfach so einen Kampf anzettelte. Allein bei dem Gedanken daran, fing Kenji an zu fluchen. Wie konnte es überhaupt soweit kommen?



    Erst vor kurzer Zeit hatte Kenji es geschafft, Hizashi die Chance zum Weglaufen zu verschaffen. Es war ein vielversprechender Plan. Mit einem starken Angriff hatte er die Decke einstürzen lassen und die sich nähernden Rockmon darunter begraben. Dass er damit seinen eigenen Fluchtweg blockierte, fiel ihm erst zu spät auf.
    Er ärgerte sich über sich selbst, wurde aber von seinem D-Tector abgelenkt. Ein merkwürdiges Zeichen erschien auf dem Display. Das Herz des jungen Digikriegers setzte einen Schlag aus, als er das seltsame Auge ansah. Falls es überhaupt ein Auge war.
    Kurz darauf verschwand das helle Leuchten wieder und das Gerät öffnete ganz von alleine die Kartenfunktion. Zuerst hatte es also die Aufmerksamkeit des Jungen gesucht und nun wollte es ihm etwas zeigen?


    Schulterzuckend - fast als wäre es keine große Sache - folgte Kenji dem Pfeil. Er hatte momentan nichts besseres zu tun, irrte verloren in einem Labyrinth herum und wenn ihm sein D-Tector einen Ausweg zeigen wollte, wieso sollte er diese Hilfe ablehnen?
    Wie sich später herausstellte, war das Ziel des Weges kein wirklicher Ausgang sondern nur der Weg in die Traufe. Zu Kenjis Freude konnte er immerhin wieder etwas sehen. Vor ihm erstreckte sich ein riesiger, kreisförmiger Raum, fast wie eine Lichtung im Wald - nur eben für eine Höhle. Er war so hoch, dass er die Decke nicht sehen konnte und mindestens genauso tief. Überall waren Eingänge zu Tunneln verstreut, die scheinbar sinnlos über den zylinderförmigen Raum verteilt waren.


    "Dann ist das hier der Mittelpunkt des Labyrinths?" Die Augen des Jungen wanderten zwischen den Eingängen umher. Wo kam überhaupt das Licht her? Wie sollte irgendwer diesen Raum durchqueren? Er konnte schlecht von Säule zu Säule zu springen, um auf gut Glück irgendeinen anderen Tunnel zu betreten und auf einen Ausgang zu hoffen.
    Noch immer streiften Kenji Augen umher, in der Hoffnung eine Lösung zu erspähen. Belohnt wurde er für seine Wachsamkeit aber mit etwas komplett anderem. Zeitgleich mit ihm war ein weiterer Junge angekommen. Dieser schien jedoch nur halb so überrascht zu sein wie Kenji. Mit einem Gesichtsausdruck, der vor Vorfreude fast überlief, rief der Junge von seinem Tunneleingang aus durch den ganzen Raum zu Kenji hinüber:


    "Endlich habe ich dich gefunden!"


    Perplex zuckte Kenji mit den Schultern. Er kannte diese Person nicht und wusste noch viel weniger, was sie von ihm wollte. "Der Fremde" so beschloss Kenji ihn in seinen Gedanken zu nennen, hatte braune, glatt gekämmte Haare, trug ein schwarzes Oberteil und eine dunkelblaue Jeans. Mehr Details konnte Kenji auf die Ferne nicht erkennen.


    "Du hast kein Recht, hier zu sein, Mensch!"


    Die Mimik des Fremden verfinsterte sich und er holte einen schwarzen D-Tector hervor. Wollte er etwa kämpfen? Er sprach von Menschen, als sei er selbst keiner. So verwirrend es auch schien, so sicher wusste Kenji, dass es Ernst war. Der Fremde zögerte keine Sekunde und ließ D-Codes um seine Hand erscheinen, um mit deren Hilfe zu digitieren.


    "Spiritevolution! Duskmon!"


    Als das Licht der Digitation nachließ, stand ein Krieger in dunkler Rüstung auf der anderen Seite des Raumes. Schultern und Knie wurden von Augen geziert und auch am Oberkörper des Fremden war ein Auge zu sehen. Die Hände hatten sich zu dämonischen Köpfen verwandelt, aus denen rote Schwerter ragten. Die Schuhe ähnelten knochigen Überresten. Der Helm rundete das dämonische Aussehen nur noch mehr ab, denn er war im Großen und Ganzen ein Schädel ohne Unterkiefer, der links und rechts Ausbuchtungen für die Augen hatte und von drei Hörnern sowie drei roten Kristallen geziert wurde. Das einzige noch Menschliche an diesem Digimon waren die langen, gelben Haare, die unter der Rüstung hervor schauten.


    "Wenn du glaubst, ich würde mich nicht verteidigen, nur weil du ein Mensch bist, dann hast du dich gewaltig geirrt!"
    Auch Kenji hatte seinen D-Tector in der Hand. Entschlossen ließ er die Daten des Spirits um seine Hand entstehen und zog sie über das Leuchten an der Seite des Gerätes.
    "Spiritevolution! Lobomon!"


    Die altbekannte Rüstung des Kriegers umhüllte Kenji Körper. Es war noch immer ein seltsames Gefühl, plötzlich die Reflexe und den Instinkt eines Digimons zu besitzen. Als die Digitation abgeschlossen war, ruhten Lobomons Augen ruhig auf seinem Gegner. Es war bereit zu kämpfen, doch irgendetwas an Duskmon war noch immer störend.
    "Es ist fast so, als könnte ich die Macht spüren, die von ihm ausgeht... Was unterscheidet dieses Digimon von anderen? Sind das meine Instinkte, die mich warnen wollen?"
    Duskmon schien von der passiven Haltung seines Gegenübers weniger begeistert.


    "Was murmelst du da vor dich hin? Kämpfe, Lobomon!"


    Diese Provokation ließ der Krieger des Lichts sich nicht gefallen. Sein Lichtschwert in der Hand, überquerte Lobomon den Abgrund und sprang vom Tunnel auf die erste Säule. Jetzt erklärte sich auch, wieso der Raum hell erleuchtet war. Das Gestein der Säulen schien aus irgendeinem Grund Licht abzugeben.
    "Eine letzte Sache, Duskmon. Wieso hast du mich gesucht? Es klang nämlich nicht so, als hättest du nur irgendeinen Menschen gesucht!"
    Der dämonische Krieger hörte zu Lobomons Freude sogar zu. Auch wenn es gemein war, es hätte Duskmon keine solche Selbstdisziplin zugetraut. Dazu sah es zu ... finster aus.
    "Ich brauche die Spirits des Lichts, um die Zone der Engel zu betreten und meine Rechnung mit dem Ältesten zu begleichen!"
    Zone der Engel? Ältester? DIE Spirits? Lobomon verstand kein Wort. Trotzdem würde es seinen Spirit verteidigen. Egal wie stark sein Feind auch zu sein schien.


    Zeitgleich sprangen die beiden Krieger auf die größte Säule, die in der Mitte des Raumes ein perfektes Kampffeld bot. Die ganze Höhle bebte, als die Schwerter aufeinander trafen. In diesem Moment wurde Lobomon bewusst, was an seinem Gegner so besonders war. Duskmon - Der Digikrieger der Finsternis. Es war fast schon lächerlich an ein Schicksal zu glauben und doch stand er jetzt seinem Gegenteil gegenüber. Dieser Theorie folgend, müsste auch das Licht immer gewinnen, doch so sehr sich Lobomon auch anstrengte, es konnte keinen einzigen Treffer landen. Mit Leichtigkeit wehrte Duskmon die Schläge ab und verzog dabei keine Miene.
    Je mehr Lobomon realisierte, dass seine Angriffe keine Wirkung zeigten, desto mehr fing sein Körper an zu zittern. Irgendwie musste er doch einen Treffer landen können!


    "Zwillingslaser!"


    Aus den Daten des Spirits ließ der Krieger des Lichts ein zweites Schwert entstehen und zog beide übereinander. Durch die Energie der Klingen entstand eine Sichel aus Licht, die genau auf Duskmon zuflog und es auch tatsächlich traf.
    Gespannt beobachtete Lobomon, wie sich die kleine Wolke aus Lichtpartikeln verzog, die sich beim Aufprall auf die Rüstung gebildet hatte.


    "Das kann doch nicht möglich sein!"


    Duskmon stand genau wie zuvor. Es hatte keinen Muskel gerührt und keinen Kratzer abbekommen. Geschockt wich Lobomon einige Schritte zurück. Es hatte bereits befürchtet, dass sein Gegner stark war, aber dass Duskmons Macht seine so weit übersteigen würde?


    "Du bist nicht würdig! Ich werde mir die Spirits mit Gewalt holen."


    Kopfschüttelnd umklammerte Lobomon den Griff seiner Lichtschwerter. Es wollte widersprechen, doch fielen ihm keine passenden Worte ein.


    "Sengende Augäpfel!"


    Energie sammelte sich in den Augen der Rüstung. Sie waren nicht wie angenommen nur Dekoration, sondern Waffen. Jedes einzelne Auge. Rote Strahlen schossen auf Lobomon zu. Letzteres konnte nur knapp mit seinem Sprung entkommen. Die feuerrote Energie traf auf eine der leuchtenden Säulen und pulverisierte die getroffene Stelle förmlich, woraufhin der Rest des Gebildes in sich zusammen fiel. Einzelne Trümmer fielen ins Wasserbecken am Boden, das wahrscheinlich aus gesammeltem Regenwasser entstanden war.
    Trotzdem kam es Lobomon nicht in den Sinn, einfach weg zu laufen. Stattdessen stand es wie angewurzelt da und versuchte einen Schwachpunkt in der Verteidigung des Feindes zu finden.
    Duskmon jedoch schien das nicht zu kümmern, denn es setzte mit einem zweiten Angriff nach. Mit beiden Schwertern bildete es einen Halbmond. Erst konnte Lobomon sich keinen Reim auf diese Handbewegung machen. Kurz darauf wurde aber klar, was passierte. Die Schwerter von Duskmon begannen in einem unheimlichen rot zu strahlen. Das Leuchten breitete sich aus und bildete einen leuchtenden Kreis, den Duskmon wie ein Wurfgeschoss in die Richtung seines Gegners warf.


    " Strudel der Finsternis!"


    Lobomon wollte wie zuvor ausweichen - immerhin war Duskmon nicht so schnell wie Kenji selbst - doch entfaltete sich die gesammelte Energie der Kugel noch im Flug. Wie eine Explosion breitete sich die glühend rote Macht aus und traf sowohl Lobomon als auch die Säule in der Mitte des Raumes.
    Der Krieger des Lichts wurde mit einer fast schon unvorstellbaren Wucht gegen die letzte noch stehende Säule im Raum geschleudert und riss diese allein durch den Rückstoß ein. Als Mensch kam Kenji auf dem Boden des Raumes wieder auf. Wenigstens das Wasser hatte seinen Sturz ein wenig abgebremst.
    Der ganze Raum war mit Dunkelheit erfüllt. Keine Säule war mehr da, die hätte Licht spenden können. Unter Schmerzen setzte sich der Digikrieger auf.
    Es war das erste Mal, dass er die Verletzungen, die der als Digimon erlitt, auch nach dem Auflösen den Digitation noch spürte.


    "Sitz hier nicht so bedröppelt rum, komm schon!"


    Kenji bekam fast einen Herzinfarkt, als plötzlich etwas direkt neben ihm stand und regelrecht anschrie. Immer noch neben sich stehend, versuchte er, Duskmon zu orten. Erfolglos ohne die Instinkte von Lobomons Spirit.
    Stattdessen wurde der Junge jetzt von dem unbekannten Wesen weggezerrt. Offenbar wusste dieses, wo der Ausgang war, denn es rannte geradewegs auf einen Tunnelausgang zu. Wegen dem fehlenden Licht, stolperte Kenji fast die jetzt erscheinende Treppe nach oben. Wer hätte auch schon in einem Tunnel Stufen erwartet?
    Höher und immer höher hinaus ging die wilde Verfolgungsjagd. Nun, das heißt, falls Duksmon ihnen folgte. Kenji hatte keine Zeit, sich um zu drehen, da das Digimon noch immer sein Handgelenk fest umgriffen hatte und keine Anzeichen machte, stehen zu bleiben.


    "Das war knapp..."
    Wenige Minuten später kam endlich Licht in Sicht.
    Frische Luft, Sonne, Rettung.


    Völlig außer Puste blickte Kenjizu seinem Retter. Erstmals konnte er das ganze Digimon sehen. Es glich verdächtig einer weißen Katze, lief aber auf zwei Beinen. Seine Vorderpfoten wurden durch gelbe Handschuhe mit orangenen Tigerstreifen geschützt. Sein Schwanz war mit lila Streifen verziert und endete in einem lila Pinselähnlichen Fellstück. Dieses war auch an den Katzenohren zu finden.
    "Wir haben eine Anomalie gespürt. Es war richtig, zu kommen, auch wenn ich niemals die Spirits des Lichts erwartet hätte."
    Das Katzendigimon legte seinen Kopf schief und musterte den Jungen sehr, fast schon zu genau.
    "Ich bin übrigens Gatomon und ich heiße dich in der Zone der Engel willkommen!"
    Verwirrt stellte sich Kenji ebenfalls vor. Dann blickte er sich neugierig um. Bisher war nichts außer Wald zu sehen.
    "Ich dachte, man kann diese Zone nicht einfach betreten. Deswegen hat Duskmon doch versucht, an meinen Spirit zu kommen."
    Gatomons Gesicht war ernst, teilweise sogar besorgt.
    "Du hast Recht, wir sollten hier nicht ewig bleiben."
    Dann machte es eine kurze Handbewegung und eine Barriere kam zum Vorschein. Erneut griff es nach Kenjis Hand und zerrte den viel größeren Menschen hinter sich her.
    "Die Zone der Engel ist unter einem magischen Schild verborgen. Vielleicht dachte Duskmon deswegen, die Spirits des Lichts könnten ihm helfen."

  • Ähm, nur zur Information, ich lese zwar nicht so schnell, aber auch nicht soo langsam als dass du auf mich Rücksicht nehmen müsstest; Kannst also von mir aus gerne mal wieder ein Kapitel uppen, wenn du magst ^^

    I see the lights of the village

    gleam through the rain and the mist

    and a feeling of sadness comes o´er me

    that my soul cannot resist

  • 1.9 Abschied aus der Spielzeugstadt




    Nachdem Airi und Chiyo beide wieder bei Kräften waren und ausgiebig Luft schnappten, liefen die Beiden erschöpft aber zufrieden zu den beschützten Babydigimon. Als die edlen Retter in Sichtweite kamen, fingen die kleinen Wesen an zu jubeln. Verwunderung war auf Chiyos Gesicht abzulesen, während Airi sich verlegen am Hinterkopf kratzte.
    "Airi!", aus einiger Entfernung drang nun eine freudige Stimme. Sofort drehte sich angesprochener Blondschopf in die Richtung der dichter besiedelten Stadt. Ein orangenes Reptil näherte sich von dort mit hastigen, aber eher tollpatschigen Schritten.
    Glücklich lief Airi dem Digimon entgegen, gefolgt von einem noch immer verwunderten Chiyo. Bisher hatte dieser keine solch freundlichen Digimon gesehen.


    "Ist das einer deiner Freunde?", fragte der Ältere von beiden, als der Blondschopf das Reptil umarmte. Letzteres nickte stolz und stellte sich selbst als Agumon vor.
    Dann streckte es seine rechte Hand - mit samt den drei Krallen - in Chiyos Richtung aus.
    "Oh, freut mich, deine Bekanntschaft zu machen."
    Das kleine Digimon erklärte ebenfalls, dass es den Kampf beobachtet hatte, bis es Airi aus den Augen verlor, woraufhin es losgestürmt war, um zu helfen.
    "Ich bin so froh, dass es dir gut geht. Ihr habt uns wirklich aus der Patsche geholfen. Wie können wir dir nur jemals genug dafür danken?"
    Der Blondschopf kniete sich grinsend, um nun auf Augenhöge mit Agumon zu sprechen.


    "Ich glaube, ich habe da so eine Idee. Vorher brauche ich aber noch deine Hilfe."
    Neugierig beobachtete Chiyo, wie sein menschlicher Begleiter seine Weste auszog und vor sich selbst ausdrehte, um das darin enthaltene Wasser loszuwerden. Erst jetzt bemerkte Chiyo, dass er selbst ganz ausgekühlt war.


    "Kleine Flamme!"


    Agumon entzündete den Boden vor Airi. Erst als dieser seine Weste zum trocknen daneben hielt, ergab alles einen Sinn. Als das Kleidungsstück schließlich getrocknet war, schritt der Blondschopf genau auf Chiyo zu.
    Perplex starrte Letzterer jetzt die Weste an. Was wollte Airi von ihm?
    "Zieh sie dir über, damit du nicht frierst." Fast schon nebensächlich, drückte Airi ihm die Weste in die Hand.



    Wenig später saßen Airi, Agumon und Chiyo gemeinsam im Restaurant.
    "Oh, du bist der beste, Agumon!", stieß Chiyo laut auf, als er mitbekam, wie dieser das Essen bezahlte und alles Notwendige zum Tisch trug.
    Airi half ein wenig mit dem Besteck und so setzten sich alle hin und warteten, bis Digitamamon aus der Küche zurück kam, um ihnen das Essen zu bringen.


    "Hm... wie wird das Digimon uns eigentlich das Essen servieren? Ich meine, so ganz ohne Arme?"


    Doch die Frage Chiyos wurde recht schnell beantwortetet, als das Digimon in Form eines Eis plötzlich um die Ecke gebogen kam und ein großes Tablett um seinen Körper geschnürt hatte. Auf der Spitze der Eierschale wiederum saß eine kleine Maus - oder war es eine Ratte? -, die ein wenig frech grinste und daraufhin das ganze Essen vom Tablett nahm und auf dem Tisch an die jeweiligen Menschen und Digimon verteilte. Alle schienen neugierig darüber, wieso jemand die Spielzeugstadt angreifen würde. Selbst Rookiedigimon, die Chiyo zuvor nie gesehen hatte, gesellten sich zu ihnen. Eines von ihnen schien wie ein kleiner Wolf mit gestreiftem Fell, ein anderes sah so aus wie eine Pflanze mit einer Blume auf dem Kopf und ein wieder anderes Digimon sah aus wie ein pinker Vogel.


    Dann begann auch schon Airis Erklärung zur Digiwelt. Diese Behandelte sowohl die Beobachtungen des Zerfalls der einzelnen Daten, wie auch die Idee von Lanamon und ihrer Gruppe, diesen Verfall zu stoppen.
    "Aber wenn sie alle Gebiete löschen, um sie zu erneuern, dann sterben doch alle Digimon, die nicht rechtzeitig evakuiert werden?", warf das wolfsähnliche Digimon besorgt ein.
    "Nichts Persönliches! Ich versuche nur, auszuschließen, dass du zu den Bösen gehörst, von denen du redest!", kam von dem Vogelähnlichen Digimon.
    Agumon versuchte die Anschuldigungen aus dem Weg zu räumen, doch hörten die fremden Digimon nicht auf, Airi förmlich zu verhören, was dadurch nicht besser wurde, dass er nichts darauf antwortete.


    Kurzerhand stand also jetzt Chiyo auf und legte beide Hände auf den Tisch, während er das pinke Digimon genau musterte.


    "Airi gehört nicht zu diesen bösen Menschen! Definitiv nicht! Im Gegensatz zu denen, hat er keine Lust daran, Menschen und Digimon einfach abzuschlachten! Er hat sein Leben riskiert, um eure Babydigimon zu retten, obwohl es leicht zu erkennen war, dass ihn das Digitieren sehr auslaugte!"


    Chiyo wandte sich von den fremden Digimon ab und entfernte sich langsam vom Tisch. Er wusste nicht wieso die Digimon so paranoid waren. Gut, diese Frau schien Airi zu kennen, doch genauso gut wäre das aus einem alten Kampf möglich gewesen. Warum also hätten sich nicht einfach alle vertragen können, ohne irgendwelche Unterstellungen zu äußern?
    Nachdem sich Chiyo vom Tisch entfernt hatte, kam er kurzerhand später in einem anderen Bereich des Restaurants an, wo er die Weste von Airi zurecht rückte, um der Kälte zu trotzen.


    "Kann man hier etwa schlafen?", neugierig schaute sich Chiyo etwas genauer um und entdeckte mehrere Betten, aber auch ein paar einfache Matratzen auf dem Boden liegen.
    "Ganz genau, Kleiner", sprach nun hinter dem Jugendlichen Digitamamon, welches mit einem für ihn freundlichen Ausdruck in Richtung des Menschen sah.
    "Wenn ihr mögt, könnt ihr heute Nacht hier übernachten. Mein altes Restaurant wurde zwar beim Angriff dieses Fischweibs vernichtet, aber ohne deinen Freund dahinten am Tisch wäre ich wohl inzwischen Haifutter. Die heutige Nacht würde also aufs Haus gehen. Seid lieber froh darüber, gerade nachts laufen hier in letzter Zeit komische Digimon herum."


    Nachdem das Eidigimon seinen letzten Satz ausgesprochen hatte, verschwand es kurzerhand wieder in Richtung der restlichen Gruppe, um denen noch etwas Trinken einzuschenken.
    "Supi, das klingt doch ganz in Ordnung. Schlaf brauchen wir glaube ich alle und dann auch noch an einem so gemütlichen Ort?", lächelnd sah sich der Junge weiter im Raum um.



    Später mitten in der Nacht wurde Chiyo urplötzlich wach, als er bemerkte, wie sich Airi langsam auf der Matratze aufrichtete und dann kurzerhand aufstand. Da die Betten und auch die Matratzen insgesamt nicht für die beiden Menschen und die vier Digimon reichten und der Raum sowieso recht klein gehalten war, hatten sich Chiyo und Airi dafür entschieden, sich eine Matratze zu teilen, was schlussendlich dazu führte, dass Chiyo jegliche Bewegungen seines Schlafnachbarns mitbekam.


    "Nanu?", verwundert rieb sich der Braunhaarige seine schläfrigen Augen. Dann streckte auch er sich und richtete sich auf.
    "Wo willst du hin, Airi?", fast schon ein wenig laut, stellte sich der eigentlich ältere Junge hinter seinen Freund und fragte diesen neugierig. Dieser aber beantwortete vorerst nicht seine Frage und griff nur seine Hand, um ihn in einen anderen Raum zu zerren. Dort fing er dann leise an zu flüstern, um die anderen nicht aufzuwecken.


    "Tut mir leid, Chiyo, aber ich kann einfach nicht in der Spielzeugstadt bleiben. Ich habe das Gefühl, dass mir nicht alle vertrauen und ich will auch keine weitere Unruhe stiften."
    "Aber Airi!", wieder relativ laut stieß der verwunderte Jugendliche seine Antwort aus, ehe Airi seinen rechten Zeigefinger an seinen Mund legte, um ihm zu zeigen, dass er ruhiger sprechen solle.
    "Tut mir leid...", flüsterte Chiyo nun fast schon unhörbar.
    "Aber ich werde dich nicht alleine gehen lassen. Nimm mich mit, Airi! Wir sind doch Freunde! Und ich vertraue dir! Ich suche zwar auch nach Hizashi und Kenji, aber du brauchst meine Hilfe dringender! Mir hast du bewiesen, dass du ein netter Mensch bist!", mit einem ernsten Blick griff der Braunhaarige nach Airis rechter Hand.


    Dann ging er aus dem Restaurant raus und zog Airi, welcher verwundert über Chiyos Antwort zu sein schien, hinter sich her. Gemeinsam würden sie nun in der Nacht die Spielzeugstadt verlassen.
    Am Tor der still daliegenden Stadt blieb Airi ein letztes Mal stehen. Zwar lief Chiyo ein Stück hinter ihm, doch meinte er in dessen Haltung erkennen zu können, wie angespannt er war.
    Er setzte dazu an, etwas zu sagen, hielt aber dann inne und seufzte. Hatte er etwa vor etwas Angst? Dabei schien der Blondschopf doch immer so ausgelassen zu sein.


    "Sie haben doch Recht. Ich bringe jeden in Gefahr, wenn ich hier bleibe. Lanamon wird sicher auf Rache aus sein. Ich muss dringend meinen H-Spirit finden."
    Daher wehte also der Wind. Die Schuld, die Chiyo zuvor meinte zu sehen.
    "Ich habe keine Angst vor dem, was kommen könnte, Airi. Und ich vertaue dir. Ich bin dein Freund und ich werde dich begleiten, so gut ich es kann, werde ich dich im Kampf unterstützen!"
    Chiyo drehte sich noch einmal in Richtung der Innenstadt der Spielzeugstadt, ehe er sich dann wieder weg drehte und gemeinsam mit Airi in Richtung Heimwald lief.



    Es dauerte eine sehr lange Weile, bis die beiden Jugendlichen endlich ins tiefe Innere des Heimwaldes eindrangen.
    "Ab hier heißt es vorsichtig sein. Es könnten nun an jeder Ecke die Handlanger Grumblemons lauern", Airi musterte aufmerksam die Umgebung, während er mit einer Hand bereits seinen D-Tector in der Hand hielt.
    "Also heißt das, dieser Grumblemon hat dieses Gebiet eingenommen?", Chiyo schaute sich fragend um. Seitdem die beiden in der Umgebung angekommen waren, hatten sie noch kein einziges Digimon angetroffen. Gab es hier überhaupt welche? Und wie würden sie auf die Menschen reagieren?


    Inzwischen waren schon mehrere Stunden vergangen und die Sonne drohte langsam wieder aufzugehen.
    Chiyo beruhigte dies sehr, waren er und sein Kollege doch schon seit Ewigkeiten durch die düstere Atmosphäre des Heimwaldes gewatet.
    "Sind wir denn bald da?", fast schon ein wenig lustlos wirkte die Frage des Braunhaarigen, wenngleich dieser dennoch recht euphorisch durch die Umgebung schaute, jedoch bei jedem noch so leisen Geräusch hinter einem Gebüsch zusammen schreckte und sich an der Weste von Airi fest klammerte, die er noch immer trug.


    Plötzlich blieb Letzterer abrupt stehen, sodass Chiyo, welcher noch durch die Umgebung schaute, direkt in diesen hineinrannte und zu Boden kraxelte.
    Airi drehte sich erschrocken um und half seinem Freund kurzerhand mit ein paar entschuldigenden Worten wieder auf die Beine hoch.


    "Sieh doch, da oben ist Hizashi!"


    Wieder völlig wach und motiviert zeigte Chiyo auf einen Hügel, der etwas außerhalb des Waldes lag. Er wollte schon lossprinten, als er von Airi festgehalten wurde. Dieser zeigte ermahnend auf den Boden. Wenige Meter vor Chiyo erstreckte sich eine riesige Schlucht. Wie konnte er diese nur übersehen haben? Und wie würden sie diese überqueren? Hizashi schien die Gruppe zumindest nicht zu bemerken.


    "Nicht weit von hier gibt es eine Brücke."


    Chiyo freute sich, dass Airi sich so gut auskannte. Vielleicht waren die Digimon der Spielzeugstadt deswegen auch so verunsichert. Die nächste Überraschung ließ jedoch nicht auf sich warten. Zwar kam die hölzerne Brücke bald in Sichtweite, doch ermahnte Airi seinen Freund dazu, stehen zu bleiben. Vor der gewölbten, flachen Brücke stand eine massive Gestalt. Bei näherer Betrachtung stellte sie sich als steinerner Golem heraus, bei dem die einzelnen Körperteile mit Drahtseilen zusammen gehalten wurden. Die Hände des Ungetüm waren gut und gerne dreimal so groß, wie der kleine - durch einen schwarzen Helm geschützten - Kopf.
    "Rockmon sind Felsendigimon, deren Körper aus sehr hartem Gestein besteht. Das hilft ihnen zum einen im Kampf und zum anderen beim Überleben in ihrem Lebensraum, den felsigen Gebieten der Digiwelt. Sie leben sehr primitiv, da sie nicht wirklich mit viel Hirn ausgestattet sind.", folgte eine Erklärung von Airi, der diese wohl von seinem D-Tector ablesen konnte.


    Vorsichtig näherte das Zweiergespann sich dem Rockmon.
    Sie wollten nicht den Eindruck erwecken, in sein Revier einzudringen.
    Als der Golem jedoch die D-Tectoren der Menschen erspähte, wurde es von einer Sekunde zur nächsten aggressiv.


    Auch Chiyo reagierte im Bruchteil eines Moments und hatte seinen Spirit auf dem Display ausgewählt.
    Airi hingegen zögerte. War er noch zu geschwächt, um zu digitieren?
    Besorgt blickte Chiyo zwischen dem auf sie zu stapfende Digimon und dem Blondschopf umher.


    "Es will nur sein Gebiet verteidigen. Wir können nicht kämpfen."


    Überrascht musterte Chiyo seinen Gegenüber. Im Gegensatz zu ihm, schien Airi bisher nur gutartige Digimon getroffen zu haben.
    Er selbst war es gewohnt, von Digimon als Angreiffern zu denken, doch dieser Junge sah lebende Wesen in diesen Monstern.
    Chiyo selbst war Gewalt abgeneigt, doch er würde sich selbst ohne zu zögern verteidigen.


    "Überlass das mir, ich werde es beschäftigen. Vielleicht ergreift es ja ganz von alleine die Flucht."


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    Und damit wäre auch diese FF wiederbelebt °^° @Haggard
    Hoffe, ich bringe die Charaktere noch gut genug rüber ~

  • Auch hier wars wieder ein leichtes, den Anschluss wiederzufinden, und die Charaktere sind mir nach wie vor sympatisch.
    Airis und Chiyos unterschiedlichen Auffassungen kommen gut zur Geltung und auch warum Airi Bedenken hatte bei der Gruppe zu bleiben kam gut rüber.
    Ihre Route durch den Wald ist mir persönlich vielleicht etwas zu hastig geraten, denn so ein Wald kann - gerade im der Dämmerung auch eine ganze Menge an Eindrücken, ja sogar Gerüchen zu bieten haben (feuchtes Moos, modrige Blätter usw xD) ist aber weiter kein Problem; Schliesslich bin ich nun gespannt darauf wie die Begegnung mit dem Steingolem endet;
    Und im übrigen wünsch ich der Story auch, wie ich grade sehe alles Gute zum Geburtstag... =D

    I see the lights of the village

    gleam through the rain and the mist

    and a feeling of sadness comes o´er me

    that my soul cannot resist