Ich geh jetzt einfach mal Stück für Stück durch das Kapitel:
„Jedoch gibt es zwei Menschen die meine eher negative Persönlichkeit komplett umkrempeln.“
Hier würde ich gerne auf die in meinen Augen wichtigste Form des Geschichten Erzählens hinweisen: Show, dont tell! Oder auf Deutsch: Zeigen, nicht erzählen! Es ist an sich nicht verkehrt, dass sich der Charakter kurz vorstellt, aber der Leser will sich ein eigenes Bild von den Charakteren machen können, ohne dass du ihm vorschreibst, was er zu glauben haben soll. Ich schreibe dir hier drunter mal kurz zwei Beispiele dazu auf:
Bsp 1: Mike stand seinem ewigen Erzrivalen Tom gegenüber. Er blickte ihn ernst an, die Vorfreude auf den bevorstehenden Kampf überwältigte ihn! (Hier wurde einfach nur erzählt, wie Mike sich fühlt. Irgendwie langweilig, oder? Versuchen wir, das ganze Mal auszudehnen)
Bsp2: Mike nahm seine Umgebung kaum noch war. Er stand mal wieder Tom gegenüber und konnte sich nur noch auf ihn konzentrieren. Die lauten Geräusche der Straße, das Donnern in den Wolken, die aufgeschreckten Vögel. Nichts vermochte, ihn jetzt aus der Fassung zu bringen. Würde er dieses Mal wieder verlieren? Schweißperlen tropften seine Stirn runter, seine Atmung wurde schneller, fast schon fing er an zu hecheln. Jede Faser seines Körpers war angespannt. So fühlte es sich immer an. Immer, wenn er Tom gegenüberstand. Ohne, dass er es selbst merkte, schlich ein flüchtiges Grinsen auf sein Gesicht. Genoss er es etwa? Diese Ruhe vor dem Sturm... (Hier wurde weder gesagt, ob Mike der Begegnung mit Tom ernst gegenübersteht oder nicht. Aber so, wie die Situation beschrieben wurde, konnte sich jeder Leser ein klares Bild von seinen Gefühlen machen)
In deinem Fall zeichnest du einen Manga. Das heißt, du kannst „Show, dont Tell!“ sogar noch besser umsetzen als jeder Autor! Nutze das! Belege alle Charaktereigenschaften, die du darstellen willst mit eigenen Panels.
„Wir nennen Sie beide auf ihren Wunsch Sakõ“
Auch hier hätte man eine tolle Szene draus schreiben können, wie Sako darauf beharrt, so genannt zu werden. So würde der Leser direkt einen tollen Einblick auf ihren Charakter bekommen.
Der gesamte erste Absatz wirkt eher wie ein paar Stichpunkte, die du aus den einzelnen Steckbriefen (Falls du welche angelegt hast) rauskopiert hast. Kann also besser gestrichen werden, stattdessen sollte direkt mit der Szene danach, dem Gang zur Schule gestartet werden. Als alternative würde ich dir anbieten:
Eine Szene (Rückblende), in welcher Hirotas Einsamkeit sowie die schlechte Behandlung seiner ehemaligen Freunde deutlich wird (Zum Beispiel schlendert er, nachdem er verprügelt und von Freunden in Stich gelassen wurde, allein durch eine dunkle Seitengasse und tritt wütend darüber gegen eine Mülltonne). Dann endet die Rückblende und er steht plötzlich vor seinen zwei Freunden (Er war quasi in Gedanken versunken auf den Weg zur Schule oder Ähnliches). Ein Dialog mit den beiden folgt, bei welchen sie sich kurz Sorgen um ihn machen (Zeigt, dass sie echte Freunde sind). Anschließend kann Buki ihn aufmuntern, indem er ihn animiert Quatsch zu machen (Wir sehen, dass Hirota durchaus in der Lage ist, auch extrovertiert zu handeln). Nach dem „Quatsch machen“ verfällt er jedoch sofort wieder in sein normales Selbst. In diesem Gespräch kann dann auch einfließen, dass Sako bei ihren Spitznamen angesprochen wird (Sie regt sich zB. Kurz drüber auf, weil es einer der Jungs vergessen hat)
„Die Schule war langweilig wie immer und so wurde es abends.“
Warum lässt du die Charaktere in der ersten Szene zur Schule gehen, wenn dort eh nichts handlungsrelevantes passiert? Genausogut kann die erste Szene sein, dass sie die Schule wieder verlassen. Auch dann kann sich der Hauptcharakter drüber beschweren, wie langweilig sie war. Wenn du uns seine Langeweile jedoch als wichtigen Charaktermerkmal verkaufen willst, solltest du seine Langeweile während des Unterrichts in einige Bilder zusammenfassen. Am besten wäre natürlich eine typische Szene, in welcher der Lehrer sich aufregt, dass Hirota nicht zuhört.
„Ich schritt ein und rief, sie sollen sie sofort in Ruhe lassen.“
Jeder normale Mensch, vor allem wenn er so introvertiert ist wie Hirota bis jetzt beschrieben wurde, hätte wenigstens ein bisschen gezögert, ehe er in die dunkle Gasse eintrat, um zu helfen. Hier hast du den Charakter unglaubhaft dargestellt, da er bis jetzt ganz anders beschrieben wurde als wie er in diesem Moment handelt. Dies bedarf einer Erklärung entweder noch während der Szene durch seine Gedankengänge oder wenigstens danach. Aber das darf auf keinen Fall so stehen gelassen werden.
„Sie machten mich ziemlich fertig.“
Hier wäre eine schöne Möglichkeit, mit Rückblenden zu arbeiten. Zwischen den einzelnen Schlägen der Typen einfach nochmal die Szene mit den falschen Freunden und der einsamen Gasse zeigen. Das zeigt, dass sich Hirota noch immer etwas einsam fühlt, dass seine Vergangenheit ihn noch immer belastet.
Es muss viel mehr Dialoge geben. Bis jetzt ist es eine Erzählung des Charakters und es gibt viel zu wenig wörtliche Rede von den anderen auftretenen Personen. Das muss im Manga selbst unbedingt geändert werden und eigentlich sollte jeder einzelne Satz, jede einzelne Sprechblase bereits in diesem Skript was du veröffentlicht hast, vorkommen! Gute Dialoge zu schreiben ist eine Kunst für sich! Es wird den Leser nur langweilen, wenn du ihm einfach nur sagst, worüber die Charaktere gesprochen haben, er will ihre Sätze, ihre Mimik und wie sie welches Wort betont haben selber sehen, um sich ein eigenes Bild von der Situation machen zu können!!! (Show, dont tell!!!)
„Es stimmt das Tätowierungen in Japan einen schlechten Ruf haben (...)“
Mal ne Anmerkung zwischendurch. Es ist wirklich sehr sehr gewagt von dir, eine Geschichte zu schreiben die in Japan spielt. Ich nehme an, dass du die japanische Kultur bis jetzt nur aus Mangas kennst, oder? Wenn dem so ist, dann bezweifle ich stark, dass du sie in deiner Geschichte so umsetzen kannst, dass sie glaubhaft wirkt. Weißt du zum Beispiel wie die Müllentsorgung in Japan funktioniert? Es gibt einzelne Bereiche innerhalb der Gemeinden, auf welchen Müll einfach gesammelt und schließlich abtransportert wird, und dass glaube ich auch nur in ländlichen Gebieten. Wenn du also irgendwann mal schreiben solltest: Hirota stellt die Biotonne raus, damit sie abgeholt wird, aber dein Leser weiß, dass es in Japan eigentlich ganz anders ist, dann verliert deine Geschichte an Glaubwürdigkeit und wird zunehmend unrealistischer. Vorteilhafter wäre es für dich also, von einem Gebiet zu schreiben, dass du auch ausreichend kennst!
„Was würde besser zu dir passen, als dass Feuer selbst?“
Zuerst: Dass du direkt sagst, es ist Feuer, nimmt die ganze Spannung raus. Lass den Charakter erst selbst seine Fähigkeiten entdecken, sodass der Leser auch nicht weiß, was es sein wird, und dann kann er den alten Opa nochmal besuchen und er weiß dann, dass es das Tatoo Feuer heißt.
Und schließlich: Alles würde besser passen. So wie der Hauptcharakter bis jetzt beschrieben wurde, passt Feuer überhaupt nicht zu ihm. Das kann ich hier jedoch durchgehen lassen, da diese Beschreibung ja von einem anderen Charakter der Story kommt. Jedoch ist dieser Charakter bis jetzt schwach dargestellt. Ich weiß eigentlich nur dass er ein Opa ist und irgendwas von einem Auserwählten gefaselt hat. Aber wie wirkt er auf mich? Ist er eher mysteriös, oder kommt er verrückt rüber, ja vielleicht auch weise? Ich kann mir einfach kein Bild machen, es gibt zu wenig Informationen die ich verwerten kann!
„Nun wird mich Sakõ so mehr mögen, sobald ich das Tattoo trage, bis wir mal miteinander ausgehen können.“
Wieso erfahre ich als Leser erst jetzt, dass Hirota auf Sako steht? Hätte man in der ersten Szene in dem Dialog super unterbringen können, indem Hirota einfach mal rot wird bei ihrem Anblick oder ähnliches. Ich schätze ihn nämlich nicht so ein, dass er seine Gefühle gut verbergen kann.
„Es war traditionelles Tätowierwerkzeug.“
Das ist der erste Satz im gesamten bisherigen Text, wo ich mir denke: Gut, hier wurde sich was dabei gedacht! Denn dass der Opa traditionelles Werkzeug benutzt gibt mir Auskunft über seinen Charakter! Bitte viel viel mehr von solchen Details einbauen!!!! Und im Manga kannst du an solche kleinigkeiten auch einfach „ran zoomen“.
„Ich konnte mir nicht erklären warum ich dies nicht aushalten konnte, wo ich doch ziemlich viel einstecken kann.“
Show, dont Tell! Oder wenigstens erklären. Wieso kann er viel einstecken? Dafür gibt es absolut keinen Grund bisher, da er eher wie ein unsportlicher Typ wirkt. Gut wäre hier gewesen, wenn er die Schläge zuvor in der Gasse einfach weggesteckt hätte. Jedoch wissen wir das als Leser nicht, weil du es uns nicht gezeigt hast.
„Laut dem Thermometer müsste ich schon tot sein, da die Temperatur hohes Fieber stark übertrumpfte.“
Sorry, aber das ist so langweilig erzählt! Ich meine, der Typ kriegt gerade nach und nach seine SUPERKRÄFTE!!!! Da wollen wir gespannt drauf sein, da wollen wir mit jeder Pore mitfiebern!!! Er soll sich richtig erschrecken, dass sein Fieber auf einmal so hoch ist, er soll den Fiebermesser dabei am besten ausspucken und damit seine Mutter treffen oder so. Er soll nachts schweißgebadet hochschrecken und gequält hecheln! Er soll das Fenster aufmachen, weil ihm viel zu heiß ist, aber es nützt nichts! Er soll vor lauter Panik den Kühlschrank aufreißen und alles rauswühlen, nur um seinen Oberkörper reinzulegen!!! Irgendwie sowas. Ich will als Leser neugierig werden! Ich will Lust darauf haben, mich mehr mit der kommenden neuen Fähigkeit zu beschäftigen! Es wäre übrigens sehr viel spannender, wenn wir nicht alle schon wüssten, dass es sich um ein Feuertatoo handelt!!!
„Mein Name ist Hirota Gushiken, Schüler der Nihon Shoki. Mein Kampfgeist ist wie ein loderndes Feuer und ist auch durch niemanden in der Lage es zu löschen. Und mit diesem Wille werde ich NIEMALS AUFGEBEEEEEEEN!!!!!“
Netter Satz, aber für mich als Leser leider völlig bedeutungslos. Es ist nicht das erste Mal, dass Hirota sich entscheidet, zu handeln. Auch vorher hat er schon das Mädchen gerettet. Darum ist das hier keine Charakterentwicklung oder unerwartete handlung. Er hätte bei seiner ersten Begegnung mit den Beiden wirklich knien und betteln müssen, dann würde diese Szene hier deutlich glaubhafter und auch ein bisschen epischer rüber kommen. Noch besser wäre es natürlich, würde er wieder Jemanden beschützen. Denn jetzt gerade kämpft Hirota nur für sich selbst, seine Handlung hat also kein höher wertiges Ziel, er will lediglich die beiden vor sich verprügeln. Wie wäre es denn, wenn die Schläger gerade dabei waren, Sako auszurauben und sie sieht jetzt, wie Hirota plötzlich richtig aus sich rauskommt und episch handelt. Dann würde sie vielleicht sogar anfangen, ihn als möglichen Partner zu sehen.
„Meine Faust stand in Flammen!“
Mehr Reaktion bitte! Wenn meine Faust plötzlich in Flammen steht, schüttel ich sie und versuche, das Feuer zu löschen, bis mir plötzlich auffällt, dass es sich ja gar nicht schmerzhaft anfühlt,
„den Krieg der Tinte“
Das klingt leider gar nicht cool, ich empfehle einen anderen Namen dafür.
Und wieso erzählst du jetzt schon so viele Einzelheiten über die Entstehung der Tinte? Ich würde zuerst ein paar weitere Charaktere mit Tatoos in die Story einführen und dem Leser die Ausmaße dieser Leute erst ein bisschen zeigen, ehe ich auf die Geschichte dahinter eingehen würde. Es sind viel zu viele Informationen auf einen Haufen, die im ersten Kapitel noch Niemanden interessieren, weil man es eigentlich nach und nach selbst herausfinden will. Stattdessen wäre es viel interessanter gewesen zu zeigen, was mögliche Schwachstellen der Tatoos sind oder irgendwelche anderen Sachen, die sie einzigartig machen, aber kein zu großes Gewicht für die Haupthandlung haben. Der Leser soll Lust auf mehr bekommen und nicht schon alles wissen.
„das ist nicht mein Kampf und ich will auch nichts damit zu tun haben“
Realistische, nachvollziehbare Charakterentscheidung. Hier wirkt Hirota wieder so, wie er vorgestellt wurde und es ist immer gut, wenn sich der Hauptcharakter erstmal weigert, die Mission anzunehmen.
Das ist meine Meinung als Autor und Mangafan. Ob du diese Kritik annimmst bleibt letztendlich dir selbst überlassen.
Ich hoffe, du kannst aus den einzelnen Punkte einige Sachen entnehmen. Beschäftige dich weiter mit der Story und durchforsche einfach mal selbst das Internet, wie man spannend Geschichten erzählen kann. Ich kann dir dazu die Schneeflockenmethode oder die 12 Stadien der Heldenreise empfehlen (Einfach mal Googlen). Auch muss viel mehr zu den Charakteren kommen. Sie sind alle noch sehr schwammig, monoton und unscheinbar! Gerade der Hauptcharakter wirkt sehr inkonsequent geschrieben. Ich muss leider sagen, dass einzig gute bisher ist die innovative Idee mit den Tattoos. Charaktere, Handlung, Erzählstruktur und Dialoge können hingegen nicht überzeugen. Die Geschichte wirkt darum bis jetzt langweilig und unglaubhaft.
Aber das sind alles Sachen die man sich selbst beibringen kann, wenn man sich einfach mal ein bisschen damit beschäftigt! Viel Glück noch beim weiteren Werdegang!