Ich finde, alles hat zwei Seiten, auch das "Zwangslesen". Einerseits finde ich es gut und wichtig, dass Schüler auch an die so genannte "hohe Literatur" herangeführt werden; andererseits denke ich auch, dass in den Beiträgen hier einige vermeidbare Fehler angesprochen werden, die Lehrer bei der Lektüreauswahl gemacht haben.
Wie gesagt: Ich finde, die Schule hat die Aufgabe, Schüler an Literatur heranzuführen, an die sie sich von sich aus vielleicht nicht herantrauen würden. Zum Beispiel an "Klassiker"texte in "altmodischer" oder "ungewohnter" (weil gereimter) Sprache, wie z.B. Goethes "Faust" (den ich übrigens in der 12. Klasse genial fand). Das man das komplette Buch in einem Rutsch zu Hause lesen muss, finde ich auch blöd, wenn es sich um einen alten Text handelt, an den man sich erst mal "herantasten" muss. "Faust" versteht man nun mal nicht so vom Einmal-Durchlesen, und bei Shakespeare im Original ist die Sprache erst mal mega-ungewohnt. Da muss man einzelne Szenen durchsprechen, damit es zumindest beim einen oder anderen irgendwann "klick" macht. Klar, wird es nicht bei jedem machen, und nicht jeder findet jeden Text toll (Goethes "Werther" mochte bei uns in der 11. Klasse nur ein einziges Mädchen, alle anderen - mich eingeschlossen - fanden's bescheuert). Aber, wie gesagt: Der eine oder andere kommt dann vielleicht doch auf den Geschmack und liest nach der Schulzeit den einen oder anderen "Klassiker". Hat bei mir ganz gut geklappt. :D (Okay, ich hab dafür auch ein besonderes Interesse - ich mag Literaturwissenschaft und Geschichte und steh' auf "alte Schwarten"! :P )
Dann noch ein paar Worte zur Herangehensweise des Lehrers (die weibliche Form ist natürlich immer mit gemeint - muss ich nicht extra sagen, oder?): Wenn der Lehrer den Schülern NULL Mitsprache bei der Lektüre lässt oder ellenlange Schwarten auswählt, kann es richtig schief gehen. Bei 300 Seiten würde ich als Lehrer eine Grenze sehen - es sei denn, es wird im Unterricht abgestimmt und die Schüler wählen freiwillig mehrheitlich ein langes Buch (von dem sie vorher die Seitenzahl/Dicke kannten, wohlgemerkt), weil der Inhalt so spannend klingt. Gut finde ich es z.B., Schülern um die 3 unterschiedliche Ganztexte (Romane oder Dramen) vorzustellen, aus denen sie wählen können. Bei Buchreferaten zu vorgegebenen Themen finde ich es wichtig, dass Schüler mindestens einen Tag Zeit haben, um sich über die einzelnen Bücher zu informieren bzw. drüber nachzudenken, worüber sie ihr Referat halten wollen (z.B. Priorität 1-3 vergeben). Dann ist die Wahrscheinlichkeit, dass man sich durch das Buch für sein Referat quälen muss (siehe das "Geisterhaus"-Beispiel), schon mal nicht so groß. Als Lehrer würde ich Referate außerdem auf 10 Minuten begrenzen, danach erst ein paar Fragen an den Referenten stellen (dann merkt man schon, ob der das Buch wirklich gelesen hat) und das Ganze im Anschluss nachbereiten, damit die anderen Schüler in der Klasse sich nicht zurücklehnen und einschnarchen, weil sie denken, dass Referate eh kein relevanter Stoff für schriftliche oder mündliche Abfragen seien (so war's bei uns nämlich immer). Das ist für die Schüler zwar "unbequemer", aber die Wahrscheinlichkeit, dass der eine oder andere dann doch was mitnimmt, ist auf diese Weise höher.
Von dem "Werther"-Beispiel und einem anderen Buch (einem modernen Roman) abgesehen, war ich mit meiner Schullektüre eigentlich immer zufrieden. Besonders gern mochte ich den "Faust" und Shakespeares "Macbeth".