Ich halte eine Lockerung auch für verfrüht. Aber in Heinsberg und München laufen jetzt Studien, um die Dunkelziffer zu bestimmen. In Heinsberg will man sich auch noch mal die Übertragungswege und auch die Kappensitzung genau ansehen. Dabei wird sowohl nach einer aktuellen Infektion, als auch nach Antikörpern geguckt. Im ersten Zwischenergebnis hieß es, dass Heinsberg wahrscheinlich schon zu 15 % durchseucht ist.
Ich warte da gespannt auf Ergebnisse, die ja durchaus auch Auswirkungen darauf haben können, was an Maßnahmen weiterhin nötig ist und was eben nicht.
In dem Zusammenhang muss ich sagen: ich finde es - aus wissenschaftlicher Perspektive - fragwürdig, wenn man noch mitten in einer Studie ist und schon PKs raushaut, als wäre alles schon in trockenen Tüchern.
Insgesamt missfällt mir oft die schiefe Kommunikation, die teilweise von Virologen und Ärzten kommt:
Da wird auf Angstfragen oft gesagt, dass es dafür keinen wiss. Nachweis gibt. Das ist natürlich korrekt und man braucht nicht auf jedes Panikszenario einzusteigen. Aber nur weil es keine Studie gibt, die sagt dass x nicht y begünstigt, heißt das noch lange nicht, dass es NICHT so ist ... vor allem wenn es keine Studie gibt, welche das überhaupt untersacht hat. Nur wird der zweite Teil oft nicht deutlich kommuniziert, was dann wieder bei Zuhörern für Mißverständnisse sorgt.
Dazu finde ich so manche Schlußfolgerungen im Fernsehen schon sehr grenzwertig. Die ganz detaillierte Rückverfolgungsnummer hat man schon vor einer Weile eingestellt und jetzt wird plötzlich alles für sicher oder wenig gefährlich erklärt, weil man dort eine geringe Ansteckungsquote hatte. Nach dem Motto, am Arbeitsplatz haben sich "nur" so und soviel Prozent angesteckt. Die Geschichte ist für Europa aber im Endeffekt in Urlaubsorten gestartet und dann haben sich die vielen Leute am Anfang, wo das noch sehr gründlich untersucht wurde, natürlich nicht am Arbeitsplatz angesteckt.
Heute Mittag hat mir jemand erzählt, dass die Lieblungsphrase von Markus Lanz sei: "es ist noch kein Fall bekannt, bei dem sich jemand beim Friseur angesteckt hat". Schön, aber was sagt uns das? Hat überhaupt jemand danach gesucht ("Geschäft" reicht doch) und waren die Friseure nicht in den letzten beiden Wochen zu und davor war die Kundschaft um 2/3 gesenkt? Wie wahrscheinlich ist es denn, dass arme Friseurinnen im Skiurlaub waren und zur Ursprungsgruppe der Infizierten gehörten?
Wie gesagt, die Kommunikation in den Medien läuft da teilweise schief. Mal ein ganz simples Beispiel: Sagen wir mal der Familienvater war vor 4 Wochen beim Barbier und hat sich dort angesteckt. Jetzt steckt er zu Hause seine Frau mit drei Kindern an und seine Frau steckt noch Oma und Opa an. Dann gab es also insgesamt 7 Ansteckungen. Eine davon beim Barbier, sechs davon "zu Hause". Das bedeutet aber natürlich nicht, dass es 6x gefährlicher ist zu Hause zu sitzen, als zum Barbier zu gehen. :D