
Seit vielen Jahren sorgt dieses Thema, ob nun bei Synchronfans oder sporadisch auch bei weniger Synchronaffinen Leuten im Netz für Diskussionsstoff. Nämlich die Verpflichtung von "prominenten" Persönlichkeiten in Animationsfilmen, die da je nachdem eine größere oder kleinere Rolle sprechen. Die Idee prominente Namen an Bord zu holen, die dann auch für mehr Aufmerksamkeit und so auch für einen größeren Werbeeffekt sorgen, ist nicht neu. Das gab es so auch schon in den 1980er Jahren. Damals wurde jedoch noch deutlich mehr Wert darauf gelegt, dass die prominente Person synchronisieren konnte (traf im Grunde genommen nur auf Sänger und Schauspieler zu), zu der Rolle passte und im Gesamtbild gut klang. Das ist heutzutage nicht immer selbstverständlich.
In meinem heutigen Blogartikel soll es aber nicht um die Negativbeispiele gehen. Sicherlich fällt da dem einen oder anderen hier ein entsprechendes Negativbeispiel ein. Hier geht es um die wunderbaren Idealbesetzungen. Promis, die ihre zu synchronisierende Figur mit ihrer unnachahmlichen Art und Stimme wirklich zu ihrer eigenen gemacht haben. Wo Kinder allein schon beim hören der entsprechenden Stimme direkt an die eine Figur aus dem einen Zeichentrick- oder Animationsfilm denken. Mir ist es wichtig, dass auch die positiven Fälle gut durchdachter Promibesetzungen nicht unter dem Tisch fallen bei all dem Gemecker. Das sind die an die man sich gerne zurückerinnert und zeitlos sind, weil spätestens sobald der "Star-Ruhm" des Promi verblasst ist man sich immer noch daran erinnern kann, dass er die deutsche Stimme von dieser einen Trickfigur ist, die man nicht nur selber kennen lernen durfte, sondern auch die eigenen Kinder kennen lernen.
Hier nun meine Top 5 der besten deutschsprachigen Promibesetzungen im Animationsbereich:
Platz 5: Frank Zander für den "Schmetterling" in "Das letzte Einhorn" (1982)
Frank Zander ist ein deutscher Musiker und ein wie ich finde recht sympathischer Sänger. Auch wenn er heutzutage nicht mehr so sehr im öffentlichen Fokus steht so ist er auch heute noch rege aktiv als Sänger. Seine großen Zeiten hatte er in den 70er und 80er Jahren, wo er auch recht präsent war im Fernsehen. Zudem sang er später den deutschen Titelsong für die Zeichentrickserie "Teenage Mutant Hero Turtles". Zander hat eine interessante leichtfüßige Stimme mit einem mystischen Hauch, die direkt ins Ohr springt und so war es wenig überraschend, dass man ihn zu der Zeit immer wieder als prominente Besetzung für die ein oder andere Trickfilmrolle ins Synchronstudio holte.
Eine Synchronrolle von Zander, die auf mich eine gewisse Faszination birgt war der Schmetterling in "Das letzte Einhorn". Es war eine recht kleine Rolle und etwa direkt am Anfang des Films als der Schmetterling mit dem Einhorn über ihre Existenz und die der anderen Einhörner sprach. Wie so viele Wesen in diesem Film war auch der Schmetterling ein mysteriöses Wesen mit ordentlich fantasievollem Flair. Zudem war er überaus musikalisch und hatte einen auffallenden Singsang. Im Grunde genommen sang er mehr als das er sprach. Eine Rolle wie gemacht für den Sänger Frank Zander, der den Schmetterling mit seiner Stimme das gewisse etwas gab und zum Fantasy-Flair dieser zauberhaften mittelalterlichen Welt in "Das letzte Einhorn" beitrug.
Der Schmetterling aus "Das letzte Einhorn" (links) und der damals junge Frank Zander (rechts) in den 80er Jahren.
Der Synchronregisseur Joachim Kunzendorf hatte bei "Das letzte Einhorn" sehr auf eine gute stimmliche Komposition geachtet. So hatten viele Figuren in dem Film eine auffällig sanfte und entrückte Stimme, darunter auch Torsten Sense für den jungen Zauberer Schmendrick, Traudel Haas für das Einhorn oder auch Christopher Lee himself für König Haggard (Ja, er hatte seine Rolle auch auf deutsch synchronisiert für die die es noch nicht wussten). Und so fügte sich auch Zanders auffällige Stimme sehr gut in das Gesamtbild der deutschen Fassung des Films. Ein schönes Meisterwerk.
Platz 4: Otto Waalkes für "Sid" in "Ice Age" (2002)
Eine sehr markante Persönlichkeit mit einer ebenso markanten Stimme. Der populäre Komiker Otto Waalkes war und ist lange Zeit ein wahrer Publikumsliebling. Ich weiß noch als mein Deutschlehrer immer wieder für Waalkes geschwärmt hatte. Er war quasi mit ihm aufgewachsen (also nicht wörtlich gemeint). Auch wenn sein Humor mittlerweile ordentlich Staub angesetzt hat so ist er noch immer eine wahre Stimmungskanone und das macht sich auch in seinen Synchronrollen bemerkbar. In dem Disney Film "Mulan" konnte Waalkes zeigen was er hinter dem Mikro so drauf hatte. Da hatte er nämlich den kleinen Drachen Mushu gesprochen. Das hatte auf Anhieb gezündet und Waalkes legte im Synchron dermaßen einen oben drauf als hätte er nie was anderes gemacht.
Es folgten weitere Animationsfilmrollen. Doch der eine weitere große Volltreffer kam dann mit dem Riesenfaultier Sid aus dem Animationsfilm "Ice Age". Das war eine außerordentlich perfekte Besetzung gewesen und Waalkes schaffte es Sid auf seine ganz eigene Art und Weise Leben einzuhauchen ohne jedoch das englische Original außen vor zu lassen. Im Vergleich zur englischen Stimme John Leguizamo steckte im deutschen bei Sid doch eine ordentliche Portion putziger Charme und ein Hauch Otto-Humor mit drin, der diese Besetzung so unverwechselbar macht. Einen gleichwertigen Nicht-Promi Ersatz gibt es dafür einfach nicht und so kann man diese Besetzung wirklich als ideal betrachten. Das merkt man auch in den nachfolgenden immer schlechter werdenden "Ice Age"-Filmen, wo die Figur des Sid immer nerviger wird, aber dank Otto Waalkes immer noch einen gewissen angenehmen Charme hat, auch wenn er alleine die Figur und die Fortsetzungen nicht retten kann.
Seit Jahren ein unzertrennliches Team: Otto Waalkes und Sid aus "Ice Age".
Platz 3: Markus Maria Profitlich für "Mr. Incredible" in "Die Unglaublichen" (2004)
Ein weiterer Komiker der den Weg zum Synchron fand ist Markus Maria Profitlich. Ich muss zugeben, dass sein Humor nicht unbedingt meinen Geschmack trifft, aber ansonsten macht er immer einen recht sympathischen Eindruck. Die Reaktionen als bekannt wurde, dass er den Mr. Incredible in dem Pixar Animationsfilm "Die Unglaublichen" sprechen sollte waren unter Synchronfans eher verhalten. Umso mehr überraschte Profitlich am Ende mit einer angenehm erfrischenden Spielweise. Er passte stimmlich perfekt zu dem nach dem im Ruhestand gegangenen und in die Jahre gekommenen Mr. Incredible, der mit seinem derzeitigen Leben unglücklich ist und sich nach den guten alten Zeiten sehnt als er noch der große strahlende Superheld war.
Sicherlich hätte es mit einem intensiven Casting auch einen guten regulären Synchronsprecher für Mr.Increddible gegeben, aber Profitlich hat das am Ende doch so gut gemacht, dass man am Ende gar nicht erst auf diesen Gedanken kommt. Er hat sich sehr gut in die Rolle eingefunden und sie dem deutschen Zuschauer näher gebracht. Insofern kommt da für mich auch kein anderer für Mr. Incredible infrage. Es ist schade, dass Profitlich nur sehr selten im Synchron zu hören ist, denn das kann er. Er hatte u.a. auch noch im Pixar Animationsfilm "Wall-E" den Kommandanten des All-inclusive Luxusraumschiffes gesprochen. Auch dieser Rolle konnte Profitlich wie auch Mr. Incredible eine ordentliche Portion Wärme und Herz geben.
Auch für die Fortsetzung war Profitlich wieder für Mr. Incredible zur Stelle.
Platz 2: Ilja Richter für "Timon" aus "Der König der Löwen" (1994)
Ilja Richter gehört in der deutschen Medienlandschaft zu den junggebliebenen. Lange Zeit moderierte Richter die sehr erfolgreiche ZDF Musikshow "Disco", die mit seiner Ausrichtung den Nerv der Zeit traf und überaus hohe Einschaltquoten holte. Darüberhinaus war Richter in vielen deutschen Klamaukfilmen der damaligen Zeit als Schauspieler vertreten, die heutzutage eher was für "SchleFaZ" wären. Zwar nicht oft, aber immer wieder verdiente Richter sich seinen Lebensunterhalt auch als Synchronsprecher. Darunter waren auch einige prägnante Rollen mit dabei wie etwa "Graf Duckula" in der gleichnamigen Zeichentrickserie oder in "Matrix" für Cypher. Seine überaus schrille und hohe Stimme, die einem direkt die Stimmung aufhellt fällt da immer wieder direkt auf, was wohl auch der Grund sein dürfte weshalb Richter nicht so oft besetzt wurde im Synchron. Wenn er aber besetzt wurde dann war die Rolle die er synchronisieren sollte genauso auffällig wie seine Stimme. Das traf etwa auch 1994 für "König der Löwen" zu als er das Erdmännchen Timon gesprochen hatte. Das war eine Besetzung gleich einem erleuchtenden Gong-Schlag.
Seitdem dürften ihn vor allem jüngere Leute eher als "Timon-Stimme" wiedererkennen. Nicht ohne Grund. Abgesehen davon, dass "König der Löwen" für Disney der erfolgreichste Zeichentrickfilm überhaupt war kam noch der Umstand hinzu, dass Richter für den lockeren und entspannten Timon dermaßen ideal passte, dass es da einfach keine Alternative gibt. Ilja Richters Stimme ist ein Unikat und so auch die Figur des Timon. Bei Promisprechern entsprechend nahezu kaum der Fall holte man Richter daher auch für andere kleine (weniger gut vermarktbare) Gastauftritte in Disney-Serien als Sprecher für Timon. Auch sprach Richter Timon in der Spin-off Serie "Timon & Pumbaa". Zudem ist Richter selber ganz Stolz darauf die deutsche Stimme einer solch quirligen Trickfigur zu sein und obendrein auch noch aus einem der größten Disney Trickfilme schlechthin wie er in Interviews immer wieder deutlich macht. Zuletzt sprach er Timon wieder in der neueren Serie "Die Garde des Löwen" 2016-2019. Zu dieser Zeit ist Richter der einzige noch verbliebene Sprecher aus der Ur-Besetzung von "König der Löwen" Film 1994. Alle anderen waren da schon entweder verstorben, im Ruhestand oder anderweitig nicht mehr verfügbar.
Ilja Richter im Synchronstudio für die Disney Serie "Die Garde des Löwen".
Anerkennende Erwähnungen
Bevor ich zum ersten Platz komme gäbe es da noch genauso herausragende Promibesetzungen, die es nicht so ganz in meine Top 5 geschafft haben aber ich dennoch nicht unerwähnt lassen möchte. Da wir schon bei "König der Löwen" sind gäbe es da noch als weitere prominente Sprecher Hella von Sinnen für die Hyäne Shenzi und natürlich den legendären Thomas Fritsch für Scar, dem dunkleren Bruder vom Löwenkönig Mufasa. Beide waren ebenso perfekt und ideal für ihre Rollen. Die burschikose Shenzi, die ich schon immer als heimliche Anführerin der Hyänen Truppe empfunden hatte war für Frau von Sinnen wie auf dem Leib geschrieben. Auch heute noch habe ich ihr dröhnendes Hyänen Gelächter im Ohr.
Bei Thomas Fritsch kommen mit "König der Löwen" zwei interessante Aspekte zum Vorschein. Zum einen wurde er durch Scar, der im englischen Original von Jeremy Irons gesprochen wurde, selbst die zweite deutsche Feststimme von Jeremy Irons (also dem echten vor der Kamera). Und zum anderen hatte Fritsch damit auch seine Karriere als Synchronsprecher begründet. Davor war er hauptsächlich als Filmschauspieler aktiv gewesen und machte wenn nur sporadisch mal Synchron. Nach "König der Löwen" änderte sich das schlagartig. Fritsch wurde vor allem im Fantasy-Bereich ein gefragter Mann im Synchron. Auch der Running Gag, dass Fritsch öfters auf wilde Katzen besetzt wurde begleitete ihn fortan. Scar war jedenfalls Fritsch's Meisterleistung mit der er sich auch in der Synchronbranche abseits vom Promiblitzlichtgewitter viel Hochachtung verdiente. Der von ihm gesungene Disney Song "Seit Bereit" gehört auch heute noch für mich zu meinen absoluten Lieblings-Disneysongs und war auch für Fritsch eine enorme Herausforderung gewesen.
Eine gänzlich andere Besetzung, die ich außerordentlich gelungen fand war Herbert Feuerstein für den Chef der Versicherungsfirma in "Die Unglaublichen". Es war ein ziemlich offensichtlicher Typcast gewesen, der unerwartet ideal war. Abgesehen davon, dass die Figur Feuerstein vom Gesicht her sehr ähnlich war passte Feuerstein auf den kleingewachsenen Chef auch noch stimmlich absolut perfekt. Die kleinkarierte und raffgierige Art hatte der versierte Kabarettist perfekt getroffen. Als regulärer Synchronsprecher wäre Feuerstein wohl weniger geeignet gewesen, wegen seiner herausstechenden Art, aber als regelmäßigen Typcast hätte ich ihn im Synchron durchaus gerne öfters gehört.
Damit komme ich nun zu meinem persönlichen Platz 1. Sicherlich sind damit nicht alle einverstanden, aber das kann ja bei jedem immer mal wieder anders ausschauen.
Platz 1: Klausjürgen Wussow († 2007) für "Frollo" in "Der Glöckner von Notre Dame" (1996)
Es ist eine Besetzung, die bei mir noch heute für absolute Gänsehautmomente sorgt. Klausjürgen Wussow dürften ältere Generationen eher aus der Schwarzwaldklinik kennen. Sicherlich nicht unbedingt ein Name mit dem man für einen an Kinder gerichteten Disney Trickfilm werben könnte, auch nicht anno 1996. "Der Glöckner von Notre Dame" war jedoch anders als bisherige Disney Trickfilme. Für Disney-Verhältnisse war er überaus erwachsen. Nahm kein Blatt vor dem Mund, wenn es um Ausgrenzung, Rassismus, Religion oder sexuelle Triebe ging. Ich hatte den Film als Kind immer wieder gerne gesehen, aber erst als ich älter wurde konnte ich auch die volle Tragweite dieses Films begreifen und sah den Film mit ganz neuen Augen.
Frollo war da in der Disney Version von der Glöckner Geschichte der große Antagonist. Ein älterer Richter, der überaus kalt, berechnend und fremdenfeindlich war, aber doch noch Respekt vor der Kirche hatte. Jedesmal wenn Frollo auftauchte und seine Szenen hatte konnte einem das Blut in den Adern gefrieren. Klausjürgen Wussow war da eine wahre Idealbesetzung gewesen und konnte da vor allem schauspielerisch zeigen was er so drauf hatte. All das was Frollo ausmachte brachte er mit seiner Stimme perfekt zum Ausdruck. Hass, Abneigung, latente Abscheu und diese sinistere Verlogenheit, die noch nicht einmal das Original wirklich 100% ideal zum Ausdruck bringen konnte haute Wussow mit einer scheinbaren Leichtigkeit heraus so als wäre er Frollo selbst.
Denkwürdige stimmliche Momente von Wussow gibt es da zuhauf. Wie etwa die Szene wo Frollo in völlig gleichgültigem Ton Phoebus befehligte das Haus der Bäckerfamilie anzuzünden als er dort die entflohene Zigeunerin Esmeralda nicht auffinden konnte. Oder als er eines Abends spontan bei Quasimodo vorbeischaute und in einem Reigen an Gefühlsausbrüchen auf ihn einredete und ihn mit einer Finte dazu brachte Esmeraldas Versteck aufzusuchen und so Frollo unbemerkt zu ihr führte. Highlight ist da auch noch Frollo's Song "Das Feuer der Hölle", wo es um dessen Zwiespalt zwischen seiner religiösen Reinlichkeit und sexuellen Gelüsten zu Esmeralda geht und im deutschen kongenial von Wussow gesungen wurde.
Mit Klausjürgen Wussow wurde Frollo auch im deutschen zu einem der faszinierendsten Antagonisten in der Geschichte von Disney. Hin und wieder steht er etwas im Schatten zu den anderen Disney Antagonisten, aber qualitativ in Sachen Bosheit und Verdorbenheit macht ihm im Disney Universum so schnell keiner was vor.
Frollo aus "Der Glöckner von Notre Dame" (links) und Klausjürgen Wussow († 2007) (rechts)
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Damit bin ich nun am Ende meines kleinen Artikels angelangt. Wie sieht es bei euch aus? Gibt es da für euch noch gute Promibesetzung, die von meiner Seite unerwähnt blieben oder habt ihr noch anderweitig was zum Thema Promisbesetzungen im Synchron allgemein noch was zu sagen? Schreibt es gerne in die Kommentare. Würde mich darüber sehr freuen.
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