Ich muss zugeben, dass ich doch ganz gegenteilige Erfahrungen gemacht habe als das, was hier geschrieben steht. Das meiste, was ich in MMOs an sozialer Abgrenzung erfahren habe, liegt meinem eigenen Verhalten zugrunde. In dem Sinne, dass ich viel zu zurückhaltend bin und kaum auf andere Menschen zugehe. Tatsächlich habe ich früher sogar weitaus schlechtere Erfahrungen in MMOs gemacht, als heute.
Angefangen habe ich damals, mit frischen 12 Jahren, mit WoW. Heute spiel ich FFXIV. Ich hatte in WoW damals zwar meine Gilde, mit der ich auch aktiv kommunizierte (aber wahrscheinlich auch als "semi-nerviges Kiddo" betrachtet wurde), hatte ansonsten aber nicht die schönsten Erfahrungen mit dem Spiel. Das mag vielleicht auch an meinem Alter gelegen haben und dem Umstand, dass ich mich in vielerlei Hinsicht sehr ungeschickt angestellt habe. Ich erinnere mich noch sehr lebhaft daran, wie ich in der Gruppe zur völligen Lachnummer gemacht wurde, weil meine Rotation der Skills nicht passte. Und das traf mich. WoW habe ich, nachdem auch meine Gilde leider sehr inaktiv wurde, nur noch alleine gespielt. Alleine gequestet und nicht mit anderen Spielern gesprochen, obwohl ich aber zumindest jedes mal ein "Thx" erhielt, wenn ich einen gerade gestorbenen Mitspieler wiederbelebte, weil ich in der Nähe war, bzw. die Leiche hab da liegen sehen.
Aufgrund der gemachten Erfahrungen ging ich jedes andere MMO, das ich zu spielen anfing, aber mit der gleichen "Ich spiel lieber solo"-Einstellung an, weshalb ich den Kontakt zu anderen Spielern auch schlicht und ergreifend gar nicht erst gesucht habe und Gruppeninhalte vermied, wo es nur ging. Ich wollte einfach für mich spielen und möglichst nicht dabei gestört werden.
Vor gut einem Jahr habe ich dann FFXIV angefangen und musste schnell feststellen, dass Dungeons ein absoluter Zwang sind, um voranzukommen. Wo ich in WoW einfach diese Questreihe überspringen konnte, wenn ein Dungeon anstand, kam ich in FFXIV einfach nicht mehr drumherum. Sie sind fest in der Hauptstory verankert. Ich war anfangs ziemlich nervös, wurde dann aber doch sehr positiv überrascht, weil ich mit anderen Neulingen und einem erfahrenen Spieler in der Gruppe landete und alles ziemlich harmonisch ablief. Der erfahrenere Spieler hat uns auch insofern geholfen, dass er kurz erklärt hat, worauf bei den Bossen zu achten ist.
Ich habe bislang in FFXIV sehr viele, positive Erfahrungen gemacht. Natürlich gibt es auch schwarze Schafe, die sich im Ton vergreifen, aber ich habe auch so viele Veteranen gesehen, die aufgeschlossen sind und sich Zeit nehmen, dass es mich wirklich überrascht hat. Trotz dessen, dass ich ein ziemlich zurückhaltender Mensch bin, der nur kaum schreibt, habe ich auch Bekanntschaften gemacht, die ich immer noch gerne im Vorbeigehen grüße und andersherum oder habe schlicht mit Fremden rumgeblödelt, einfach durch Emotes und Ähnlichem.
Ich habe mich auch das erste Mal herangetraut, Tank und Heiler zu spielen und jede Gruppe, der ich vorher sagte, dass ich noch lerne, war sehr positiv und hilfsbereit. Tatsächlich hat man mich da auch schon mal sehr erbaut mit einem "Keine Sorge, das wirst du gut machen!" Lediglich als Heiler wurde ich einmal angegangen, weil ich nicht hinterher kam. Das legte sich aber auch, sobald die Person erfuhr, dass ich Neuling in der Rolle bin. Kaum wusste er, was Sache war, konnte er Verständnis mitbringen.
Interessant war es für mich aber auch zu sehen, wie eine gute Freundin von mir zurecht kam. FFXIV ist ihr aller erstes, wirkliches MMO. Wir hatten zwar mal Echo of Soul zusammen angespielt, da hörte es dann aber auch wieder auf. FFXIV ist das erste MMO, das sie richtg spielt und in dem sie aufgeht. Durch ihre aufgeschlossene Art hat sie so viele MMO-Bekanntschaften geschlossen, dass sie wirklich immer nur mit anderen zusammenspielt. Sie kann gar nicht alleine spielen, weil ihr das keine Freude macht und lebt spielerisch komplett von der sozialen Interaktion, die es mit sich bringt. Dabei ist sie spielerisch wahrlich kein Überflieger, sondern trainiert sich ihre Fähigkeiten hart an und ist jedes Mal zufrieden mit sich, wenn sie ein Stückchen besser war als das letzte Mal. Weil sie so aktiv spielt, ist sie natürlich auch das eine oder andere Mal den schwarzen Schafen über den Weg gelaufen, aber sie hat gelernt, das gekonnt zu ignorieren, weil die positiven Begegnungen so viel mehr überwiegen.
Ich kann jetzt natürlich nur von meinen Erfahrungen in FFXIV berichten (das ja häufig eh als freundliche Community betrachtet wird), aber ehrlich gesagt denke ich sogar, dass viele Communitys gar nicht so toxisch sind, wie man häufig glaubt. Die Leute sind vielleicht generell stiller geworden, gerade auch, weil es mittlerweile die berühmtberüchtigten Dungeonfinder gibt. Da erscheinen die Flamer-Stimmen natürlich umso lauter. Es braucht aber manchmal nur jemanden, der den ersten Schritt macht und aufgeschlossen auf andere zugeht, um wieder mehr Platz für soziale Interaktionen zu schaffen. Ich kann von mir sagen, dass ich dieser jemand nicht bin, aber ich steige gerne mit ein, wenn jemand den Anfang macht.
Aber schon ironisch, dass meine Erfahrungen zu diesem Thema wohl das komplette Gegenteil zu den Erfahrungen anderer sind