...aber wo liegt der Unterschied, abseits von der etwas längeren Historie, zwischen dem Glauben an Gott/Götter und dem Glauben an bspw. Homöopathie?
Naja, also wenn du das gerne grundsätzlich diskutieren möchtest: Der Begriff 'Glauben' unterscheidet sich vom 'Wissen' insofern, dass keine objektive und intersubjektive Gewissheit existiert, wohl bemerkt nach eigens aufgestellten Kriterien, die jede Wissenschaft für sich aufstellt. Dennoch kann der Glaube an Etwas für das glaubende Individuum sehr wohl begründet und rational sein. Es gibt gute Gründe dafür, an eine höhere Macht zu glauben, wie auch immer diese aussehen mag, und weniger gute Gründe, an Homöopathie zu glauben oder daran, dass Drachen existieren. Es muss halt differenziert werden.
Viele rennomierte Physiker*innen des letzten Jahrhunderts hatten einen Glauben an eine höhere Macht, nicht wenige waren Christ*innen, warum? Wissen mag vielleicht erklären und beschreiben (z.B. die Naturgesetze, die bestimmte Phänome begreifbar und reproduzierbar machen), aber die Frage, warum etwas ist, wie es ist, bleibt dabei unberührt. Die Schönheit und Präzision mancher naturwissenschaftlicher Theorien veranlasste die Wissenschaftler*innen, von einer Schöpfungskraft auszugehen. Wie auch immer, das Thema ist gigantisch und viele sehr kluge Menschen haben großartige Dinge dazu geschrieben. Erkenntnis und Glauben gehen stets Hand in Hand und generell geht es immer darum, ob ein Glaube plausibel ist.
Verschwörungstheoretiker*innen sind nicht der Meinung zu glauben, sondern zu wissen - ihre Kriterien für den Wissensbegriff jedoch genügen unseren Maßstäben des Wissen nicht. Glaube ist demnach auch immer eine Standpunktfrage, soetwas wie "hartes Wissen" im engsten Sinne gibt es ohnehin nicht, die Frage ist immer: wie plausibel sind die Annahmen, um Glauben in Wissen zu verwandeln? Was macht unseren Wissensbegriff aus? Wie kann er uns helfen, Aussagen zu "stabilisieren"? Ich meine: Geht am morigigen Tage die Sonne auf? Wir haben gute Gründe, das zu glauben, aber wissen im harten Sinne können wir das nicht (Induktiv). Schlägt unser Herz Blut durch unsere Aterien? Wir haben gute Gründe, diese Aussage als Wissen zu bezeichnen (deskriptiv).
Daher dann auch die Frage an dich: Was macht dich so sicher, dass du glaubst, zu wissen, es gäbe keine höhere Macht? Diese Frage bewegt sich einfach abseits dessen, was wir wissen können.
Glaube ist nicht gleich Glaube. Es ist relevant, woran geglaubt wird. Hinter diesen 'Belief Systems' existiert eine Logik, die mal nachvollziehbarer, mal weniger nachvollziehbarer ist, sicherlich. Aber: Wissenschaften konnten nie und werden auch nie die metaphysischen Fragen aufklären können, die für uns relevant sind. Das ist auch nicht ihr Anspruch. Es ist sehr vereinbar, die Gesetze der Physik zu studieren und gleichzeitig an einen Schöpfer zu glauben. Es ist nicht gut vereinbar, Homöopathie zu praktizieren und gleichzeitg Chemie zu studieren (und beides dabei gleich ernst zu meinen). Die Grenzen zwischen Glauben und Wissen verhandeln wir selbst, diskursiv. Wir haben gute Gründe dafür, bestimmte Aussagen als 'Wissen' zu bezeichnen und andere nicht. Es gibt Aussagen, die wir niemals werden beweisen / falsizifieren können, wo uns nichts anderes übrig bleibt als zu glauben. Wie du dich hier entscheidest, bleibt schlicht eine Frage der Weltanschauung.