
So und weiter geht es mit meiner kleinen Blog Reihe zum Thema amerikanische Late Night Talkshows. In Teil 2 widme ich mich den großen Late Night Shows der größten amerikanischen Networks ABC, CBS und NBC. Deren Programme sind in Amerika am weitesten verbreitet, da frei empfangbar.
Die aktuelle Late Night Generation besteht da aus den Late Night Talkern Stephen Colbert, Jimmy Fallon und Jimmy Kimmel. Anfangen möchte ich mit der wohl mit Abstand traditionellsten Late Night Show und zwar die Tonight Show.
Seit 1954 flimmert die Tonight Show auf dem amerikanischen Network NBC (auch wenn sie nicht immer so hieß) im laufe der Zeit mit wechselnden Hosts. Am längsten führte Johnny Carson (2005†) mit 30 Jahren. Ab den 1990er Jahren folgte für zwei Jahrzehnte Jay Leno. 2009 folgte Conan O'Brien, der allerdings Infolge von NBCs Unentschlossenheit sowohl Leno als auch O'Brien behalten zu wollen, was nicht klappte, weil sich beide durch ihre Programmslots gegenseitig im Wege standen gerade mal nur 7 Monate lang die durch die Show führen durfte. Wer übrigens sich für diese Schlammschlacht zwischen Leno, O'Brien und NBC interessiert kann sich da gerne dieses Video zu Gemüte führen: https://youtu.be/1OE-rmwxhpI
2010 übernahm dann Jay Leno wieder die Tonight Show, jedoch aufgrund der Umstände der Rückkehr mit deutlich weniger Zuschauerakzeptanz. 2014 ging Leno endgültig in den Ruhestand und der sympathische Jimmy Fallon übernahm die Tonight Show. Schaffte es auch neue jüngere Zuschauer an Bord zu holen, während Leno lange Zeit eher nur die ältere Stammzuschauerschaft bediente.
Jimmy Fallon zeichnet sich vor allem durch einen betont kindlichen, familienfreundlichen und unpolitischen Stil aus, der perfekt zu einer eher traditionellen und großen Show wie der Tonight Show passt, wo man eher wenige Risiken eingeht und lieber auf der sicheren Seite fährt. Die Show bestreitet Fallon vor allem mit Studioaktionen und -spielchen. Singt und macht auch gerne Musik mit seiner Band "The Roots", was er sehr gut kann. Die größte Kritik kommt jedoch bei seinen Interviews. Viele kritisieren sein betontes Lachen, was zum Teil aufgesetzt wirkt und auch desöfteren unpassend und störend ist, vor allem weil es den Gesprächsfluss unterbricht. Auch stellt sich Fallon auch nicht gerade clever an bei den Fragen. Nichtsdestotrotz kommt man nicht umhin zu sagen, dass Fallon von Grund auf sympathisch und liebenswürdig ist und die Gäste fühlen sich auch immer sehr wohl bei ihm. Von wenigen schwierigen Ausnahmen abgesehen.
Dennoch finde ich, dass dieses enge und konservative Format der Tonight Show Fallons Reputation wenig gut tut. Zu künstlich wirkt Fallon mittendrin, zu gescriptet und durchroutiniert das Prozedere. Das typische Stand-Up Monolog beherrscht Fallon nur bedingt, wodurch er nicht unbedingt viel aus den harmlosen und unpolitischen Witzchen herausholen kann. Auch die bereits angesprochenen Interviews sind ein häufiges Streitthema.
Aktuell bestreitet Fallon seine Show von zu Hause aus und zwar mit einem ganz anderen Ansatz. Während seine Kollegen in der Zeit auf professionelle Aufmachung setzen. Bleibt Fallon seinem schlichten und nahbaren Stil treu, was ihm die letzten Wochen viel Sympathien einbrachte. Seine Frau filmt mit der Smartphonekamera und seine beiden Kinder sind regelmäßige Sidekicks. Auch legt Fallon bei sich zu Hause einen ganz anderen Ton an. Ist mehr sich selbst und bemüht sich ohne Publikum nicht mehr ständig darum zu lachen und wenn dann nur, wenn er wirklich was lustig findet. Seine Interviews machen auch einen besseren Eindruck und seine üblichen Studiospielchen, die er nun zu Hause durchführt haben da ihren ganz eigenen Charme. Im Endeffekt lernt man so einen ganz anderen Jimmy Fallon kennen, der mir selber auch viel besser gefällt. Eine Sache hat sich aber nicht verändert. Und zwar sein schlechter Anfangsmonolog. Teils ist es sogar noch schlechter als im Studio. Denn den rattert er nun lustlos runter, was die drögen Witzchen noch unlustiger wirken lässt. Man merkt Fallon auch an, dass er dabei ohne Publikum zusätzlich Schwierigkeiten hat das richtige Timing bei den Witzen zu finden, was zu merkwürdigen Pausen führt, wo normalerweise das Publikum loslachen würde.
Abgesehen davon bin ich mit der aktuellen Form der Tonight Show ganz zufrieden. Auch wenn es die kommenden Wochen noch so weiter gehen wird wird es irgendwann wieder zurück ins Studio gehen. Ob Fallon wieder zum Status Quo übergeht steht aber noch aus. Das überaus positive Feedback seiner "At Home"-Editionen hat er sicherlich mitbekommen und erfreut ihn sicherlich sehr, wenn man bedenkt, dass viele ihn zuvor noch als künstlich, unecht oder dümmlich betrachtet hatten.
Weiter geht es zur nächsten Late Night Show und zwar die Late Show. Diese wurde in den 1990er geboren nachdem Late Night Talker David Letterman NBC verlassen hatte als er bei der Entscheidung wer nach Johnny Carson die Tonight Show übernehmen sollte übergangen wurde. Zu der Zeit war Letterman eine ganz große Nummer im Fernsehen gewesen. Er war der einzige Late Night Talker gewesen, der Schauspieler Klaus Kinski zu Gast hatte und ihn auch tatsächlich bändigen konnte (Hier der Link zum Interview wer es sich gerne ansehen will. Legendär übrigens auch der Moment wo Letterman Kinski offen ins Gesicht sagte, dass er ihn in Fitzcaraldo schlimm fand und auch sein Verhalten am Filmset merklich ablehnte, was Kinski ruhig hinnahm, weil er vor Letterman Respekt hatte). Dementsprechend hatte sein öffentlichkeitswirksamer Abgang für viel Furore gesorgt. Er ging zum Network CBS, wo er seine Late Night Show unter dem neuen Namen "Late Show" fortführte.
Bis 2015 führte Letterman durch die Late Show und beendete damit seine 33 jährige Karriere als Late Night Talker. Ihm folgte Stephen Colbert, der vorher mit dem "Colbert Report" große Bekanntheit erlangte im amerikanischen Fernsehen. Das war eine Satiresendung, wo Colbert die satirische Kunstfigur "Stephen Colbert" spielte. Ein betont egomanischer und republikanischer News-Anchorman im Stile von Fox News. Genau da fängt das Dilemma an. Denn die Late Show übernahm Colbert nicht als seine Kunstfigur aus Colbert Report Tagen, sondern als er selbst, was durchaus irritierend war. War seine echte Persönlichkeit doch diametral anders als seine Kunstfigur. Zudem fehlte es seiner Show nun an einer gewissen Schärfe.
Dies änderte sich als Donald Trump Präsident der USA wurde, womit Colbert sein Dauerthema gefunden hatte. Damit hatte er durchaus Erfolg. Wollten schließlich immer mehr Zuschauer sehen wie der hochpolitische und zynische Colbert Trumps Eskapaden und Tweets auseinander nahm. Einige Zeit war das auch sehr Unterhaltsam. Man kam aber nicht umhin zu sagen, dass das Trump Thema von Colbert in enormen Übermaße ausgereizt wurde. Auch wenn Trump mal weniger schlimmes verbrochen hatte wurde es von Colbert überreizt präsentiert, was irgendwann nur noch ermüdend wurde. Dies gilt auch für seine immer gleichen Trump Imitationen, die so auch völlig ihren Reiz verloren haben. Wenn Trump mal wirklich was so richtig absurdes gesagt oder getwittert hat ging es noch, aber sonst wurde es am Ende eher fade.
Ein anderer Punkt sind die Interviews. Auch da ist das klassische Late Night Konzept wenig vorteilhaft für Colbert. Wenn er mal Politiker oder andere politisch aktive Persönlichkeiten zu Gast hat wird es großartig. Colbert stellt die richtigen Fragen, holt aus dem Gast enorm viel raus und macht eben ein gutes und interessantes Interview. Wenn es jedoch seichter wird und hin zum typischen Promi-Promo-Interview geht wird es sehr dünn. Man merkt Colbert da jedesmal an, dass er mit diesen Celebrities nichts anfangen kann und auch sonst kaum ein Interesse für diese hat. Dadurch plätschern die Interviews so vor sich her und verlaufen irgendwo ins leere, sodass Colbert nicht mehr als ein "Ähm, ok. Danke das du bei uns warst" zustande bringt.
Jetzt mit der Coronakrise muss Stephen Colbert auch von zu Hause aus die Show weitermachen und tut dort das was er am besten kann. Nämlich Donald Trump genüsslich auseinander zunehmen. Da es die letzte Zeit verdammt viel an Trump zu kritisieren gibt kommt Colbert kaum noch hinterher. Für ihn ist die Coronakrise in gewisser Weise eine wahre Hochzeit.
Nicht ohne Grund hat Trump ihn schon immer wieder mal verbal angegriffen, ohne jedoch seinen Namen zu nennen, was Colbert jedoch umso mehr aufstachelt.
Mir persönlich gefällt es sehr wie Colbert sich politischen Themen widmet, vor allem Trump. Für mich persönlich kann er diese so ziemlich am besten humoristisch auseinander nehmen und dem Zuschauer darbieten. Wenn ich etwa irgendwo höre, was Trump schon wieder verzapft hat dann schalte ich direkt zu Stephen Colbert, um zu sehen wie er ihn dafür verbal fertig macht. Ständig kann ich mir seine Show jedoch nicht geben wegen seiner Überpräsenz des Themas Trump. Das könnte für einige Zuschauer durchaus ein Hindernis sein sich die Late Show reinzuziehen. Empfehlenswert sind da aber auch aktuell die Interviews mit Politikern. Da schaue ich immer wieder mal rein.
Um es schon mal Vorweg zu nehmen. Mit Jimmy Kimmel stand ich schon immer ein wenig auf Kriegsfuß. Seine Show Jimmy Kimmel Live! führt er schon seit 2003 bei ABC. Für ABC war dies auch der erfolgreichste und auch langanhaltendste Versuch eine eigene Late Night Show zu etablieren. Im Gegensatz zu den anderen Hauptkonkurrenten auf NBC und CBS macht Kimmel neben Studioaktionen auch gerne voraufgezeichnete Sketche, die mal mehr mal weniger unterhaltsam sind. Seine Interviews sind Standardnummern und für mich zumeist in Ordnung, aber irgendwie auch wenig herausstechend.
Besonders bekannt ist Jimmy Kimmel mit seiner seit Jahren anhaltenden (gespielten) Fehde mit Matt Damon. Zunächst fing dies als harmloser Running Gag an, dass Matt Damon immer angeblich als Gast geplant war, aber aufgrund der fortgeschrittenen Zeit nicht auftreten kann, sodass sich Kimmel immer wieder dafür entschuldigt. Tatsächlich hatte sich die Redaktion immer wieder darum bemüht zuvor Matt Damon einzuladen, was lange Zeit nie geklappt hatte. Als Damon schließlich tatsächlich zu Gast war wurde er sogleich auch von Kimmel abgewürgt bevor er auch ein Wort sagen konnte, weil die Show nun zu Ende war wodurch Damon ziemlich wütend wurde. Das war wie später enthüllt wurde inszeniert, was dem Unterhaltungswert keinen Abbruch tat. Seitdem taucht Damon immer wieder bei Kimmel auf und versucht angeblich ständig sich als Gast einzuschmuggeln. So wurde er ein dauerhafter Bestandteil der Show, ob nun im Studio oder in Sketchen. Dabei spielen sich Damon und Kimmel immer wieder gegenseitig die Bälle zu.
Und auch wenn mittlerweile alle wissen, dass die Fehde zwischen den beiden durch und durch inszeniert ist (und beide eigentlich mittlerweile sogar enge Freunde geworden sind) ist es trotzdem unterhaltsam und auch irgendwie liebenswert die beiden zusammen interagieren zu sehen. Wie ein zerstrittenes Liebespärchen, dass sich im Grunde genommen doch sehr lieb hat sozusagen. Wenn Matt Damon mal wieder bei Jimmy Kimmel auftaucht ist das immer Stoff für gute Comedy. Das war aber auch schon das einzig gute für mich an der Show.
Kimmel bewegt sich inhaltlich irgendwo zwischen Fallon und Colbert. Er wird thematisch auch hin und wieder politisch und attackiert dabei Trump, auf der anderen Seite kann er aber auch genauso albern und familienfreundlich sein wie Fallon. Bei mir persönlich will da der Funke allerdings einfach nicht überspringen und es gibt auch hin und wieder mal Momente wo Kimmel wie der letzte Arsch rüber kommt. Einmal z.B. als er um des Gags willen sich den Spaß erlaubte vor seiner kleinen Tochter zu behaupten ihr die ganzen Halloween Süßigkeiten aufgefressen zu haben, sie damit zum weinen brachte und sie dabei schamlos filmte und das sogar so lustig fand, dass er andere auch noch dazu animierte es ihm nachzumachen. Das sind so Momente wo mir Kimmel einfach zutiefst unsympathisch ist.
In gewisser Weise ist er für mich auch der amerikanische Jan Böhmermann. Ein gewisses Ego kann man Kimmel nicht abstreiten. Viel hat sich an seiner Show auch nicht verändert seit er wegen der Coronakrise von zu Hause aus seine Sendung weiter macht. Nur das er jetzt vermehrt seine Kinder dabei einbindet. Im Vergleich zu Fallon kommt er dabei jedoch nur bedingt sympathisch rüber. Eine Ausnahme war die Nummer als er für seine Kinder ein ungewöhnliches Nudelgericht kochte. Das fand ich noch interessant.
Im großen und ganzen stehe ich Jimmy Kimmel eher distanziert gegenüber. Wem Colbert zu politisch ist und Fallon zu unpolitisch und familienfreundlich ist, der dürfte bei Kimmel die goldene Mitte gefunden haben.
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Neben diesen drei großen Late Night Talkern gibt es auf den kleineren Kabel- und Pay TV-Sender oder publikumsschwächeren Slots der großen Networks noch diverse weitere erwähnenswerte Late Night Talkshows und Sendungen. Auf ein paar von denen, die ich mittlerweile mehr oder weniger regelmäßig verfolge werde ich im dritten Teil meiner Artikelreihe zu den amerikanischen Late Night Shows eingehen.
Hoffe ich konnte mit diesem zweiten Teil euer Interesse für dieses Thema wecken und das ihr beim Lesen auch viel Spaß dabei hattet. Wenn ihr weitere Anmerkungen haben solltet lasst es mich über die Kommentarfunktion wissen. Ich freue mich drauf.
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