Tja, letztens hatte ich doch die Gelegenheit ab und zu mal wieder die Glotze anzumachen und da stiess ich neben dem vielen anderen Schrott doch tatsächlich mal auf nen Werbespot, der es in meinen Augen in sich hat, weil er - gewollt oder nicht - der Gesellschaft irgendwie den Spiegel vorhält.
Denn er zeigt, wie Leute wie beömmelt auf einem auf den Boden aufgemaltes Smartphone rumhopsen und ist unterlegt mit folgendem Text:
Wir beeilen uns nicht, wir simsen, dass es später wird.
Wir denken nicht, wir googeln.
Wir sagen nicht unsere Meinung, wir posten sie.
Und das ist völlig in Ordnung.
Solange wir nicht mehr als 29,95€ im Monat dafür zahlen.
Starker Tobak, vor allem dann, wenn man den Text mal Zeile für Zeile durchgeht...
Wir beeilen uns nicht, wir simsen, dass es später wird.
Hat die Aussage nicht irgendwas verdammt egoistisches, gleichgültiges an sich? Ist es tatsächlich in Ordnung andere Menschen oder wichtige Dinge nach Belieben zu versetzen oder Abmachungen aufzulösen und das mit ner schnellen SMS abzutun?
Oder verschwendet man dadurch nicht blos seine eigene Zeit, sondern auch die von anderen?
Dann zur nächsten Zeile:
Wir denken nicht, wir googlen.
Whoa! Sicherlich sind Google, Yahoo und Wikipedia nützliche Helfer, aber sind wir tatsächlich schon von ihnen abhängig, weil man nicht mehr weiss, was ein Lexikon ist, ein Museum, ein Tabellenbuch oder eine Bibliothek. Und das man auch dem Internet nicht alles glauben darf ist ja jedem klar, die Frage ist nur, kümmerts wen? Wenns da steht, wirds schon so sein. Ausserdem ist es mühsam und aufwendig, Sachverhalte zu prüfen, dann doch lieber einfach etwas gutgläubig sein. Glaubt ihr, das es so ist?
Wir sagen nicht unsere Meinung, wir posten sie.
Auch der Satz hat es in sich. Hat sich die reale Existenz der virtuellen schon soweit untergeordnet, dass wir unsere Meinung nicht mehr im Dialog mit einem Gegenüber bilden, sondern einfach nur jeder für sich auf Facebook postet. Kriegt dann ja eh jeder mit und passt schon?
Und dann noch zum Abschluss:
Solange wir nicht mehr als 29,95€ im Monat dafür zahlen.
Jap, günstig muss es sein, schliesslich muss jeder eintauchen können, vom Bauarbeiter bis zur Putzfrau in das bunte Netz der grauen Masse von Gesichts- und Gedankenlosigkeit, welches ständig nach mehr giert und manchen Facebookverweigerer längst schon zum Aussenseiter abgestempelt hat und ins soziale Abseits stellt.
Aber wie denkt ihr darüber, wie viel Wahrheit enthält der Spot? Und was hat sich FONIC dabei wohl gedacht, wollte es aufrütteln oder war man der Ansicht, dass die Gesellschaft schon soweit ist, dass sie diesen Spot einfach mit Freuden schluckt?