Religiöse Definitionsfragen (Themenableger einer anderen Diskussion)

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  • Ex4mp1e ich verstehe den Gedankengang durchaus auch, wie angedeutet war ich früher selbst absoluter Atheist.

    Man darf das schon seltsam finden, darum geht es mir nicht, ich finde es aber nicht in Ordnung, wenn man wegen sowas dann plötzlich belächelt und nur noch, wenn überhaupt, in beschränktem Maße ernst genommen wird.

    In der Schublade "gläubiger Christ" stecken oft Annahmen, die, wie üblich für Schubladen, nicht immer stimmen. Ich habe außerhalb vom Internet bisher EIN mal eine ernsthafte, interessierte Nachfrage im Sinne von "warum denn und was ist mit der Wissenschaft und wie ist das alles für dich vereinbar?" erlebt.

    Das hat nicht mal meine Mutter gefragt, sondern nur mit verzogenem Gesicht und "Naja, solange du kein Kreationist wirst" reagiert...


    Und worin der Unterschied besteht: Den gibt es meiner(!) Meinung nach gar nicht. Glaube (egal woran) ist eine Entscheidung, die man manchmal bewusst trifft, aber manchmal auch nicht einmal bemerkt.

    Der Knackpunkt ist halt, wenn diese Entscheidung zur Gefährdung von sich oder anderen führt. Wenn man Krebs ausschließlich mit Homöopathie heilen will z.B... Wenn es eben zum Fanatismus wird.

    Ich gehe ja auch zum Arzt und nehme Medikamente, lasse mich impfen (nicht nur gegen Corona :ugly:) statt jeden Abend ausschließlich zu beten, mir möge schon nichts passieren. Dass ich am Abend, als der Test positiv war, zusätzlich für einen milden Verlauf für uns gebetet habe, bleibt davon ja unberührt.

    Wenn man sich für eine Sache entscheidet, entscheidet man ja nicht automatisch gegen alles andere (Wissenschaft z.B.).

    Thou shalt not follow the NULL pointer, for chaos and madness await thee at its end.

    (aus: "The Ten Commandments for C Programmers" von Henry Spencer)

  • ...aber wo liegt der Unterschied, abseits von der etwas längeren Historie, zwischen dem Glauben an Gott/Götter und dem Glauben an bspw. Homöopathie?

    Naja, also wenn du das gerne grundsätzlich diskutieren möchtest: Der Begriff 'Glauben' unterscheidet sich vom 'Wissen' insofern, dass keine objektive und intersubjektive Gewissheit existiert, wohl bemerkt nach eigens aufgestellten Kriterien, die jede Wissenschaft für sich aufstellt. Dennoch kann der Glaube an Etwas für das glaubende Individuum sehr wohl begründet und rational sein. Es gibt gute Gründe dafür, an eine höhere Macht zu glauben, wie auch immer diese aussehen mag, und weniger gute Gründe, an Homöopathie zu glauben oder daran, dass Drachen existieren. Es muss halt differenziert werden.


    Viele rennomierte Physiker*innen des letzten Jahrhunderts hatten einen Glauben an eine höhere Macht, nicht wenige waren Christ*innen, warum? Wissen mag vielleicht erklären und beschreiben (z.B. die Naturgesetze, die bestimmte Phänome begreifbar und reproduzierbar machen), aber die Frage, warum etwas ist, wie es ist, bleibt dabei unberührt. Die Schönheit und Präzision mancher naturwissenschaftlicher Theorien veranlasste die Wissenschaftler*innen, von einer Schöpfungskraft auszugehen. Wie auch immer, das Thema ist gigantisch und viele sehr kluge Menschen haben großartige Dinge dazu geschrieben. Erkenntnis und Glauben gehen stets Hand in Hand und generell geht es immer darum, ob ein Glaube plausibel ist.


    Verschwörungstheoretiker*innen sind nicht der Meinung zu glauben, sondern zu wissen - ihre Kriterien für den Wissensbegriff jedoch genügen unseren Maßstäben des Wissen nicht. Glaube ist demnach auch immer eine Standpunktfrage, soetwas wie "hartes Wissen" im engsten Sinne gibt es ohnehin nicht, die Frage ist immer: wie plausibel sind die Annahmen, um Glauben in Wissen zu verwandeln? Was macht unseren Wissensbegriff aus? Wie kann er uns helfen, Aussagen zu "stabilisieren"? Ich meine: Geht am morigigen Tage die Sonne auf? Wir haben gute Gründe, das zu glauben, aber wissen im harten Sinne können wir das nicht (Induktiv). Schlägt unser Herz Blut durch unsere Aterien? Wir haben gute Gründe, diese Aussage als Wissen zu bezeichnen (deskriptiv).


    Daher dann auch die Frage an dich: Was macht dich so sicher, dass du glaubst, zu wissen, es gäbe keine höhere Macht? Diese Frage bewegt sich einfach abseits dessen, was wir wissen können.


    Glaube ist nicht gleich Glaube. Es ist relevant, woran geglaubt wird. Hinter diesen 'Belief Systems' existiert eine Logik, die mal nachvollziehbarer, mal weniger nachvollziehbarer ist, sicherlich. Aber: Wissenschaften konnten nie und werden auch nie die metaphysischen Fragen aufklären können, die für uns relevant sind. Das ist auch nicht ihr Anspruch. Es ist sehr vereinbar, die Gesetze der Physik zu studieren und gleichzeitig an einen Schöpfer zu glauben. Es ist nicht gut vereinbar, Homöopathie zu praktizieren und gleichzeitg Chemie zu studieren (und beides dabei gleich ernst zu meinen). Die Grenzen zwischen Glauben und Wissen verhandeln wir selbst, diskursiv. Wir haben gute Gründe dafür, bestimmte Aussagen als 'Wissen' zu bezeichnen und andere nicht. Es gibt Aussagen, die wir niemals werden beweisen / falsizifieren können, wo uns nichts anderes übrig bleibt als zu glauben. Wie du dich hier entscheidest, bleibt schlicht eine Frage der Weltanschauung.

  • Auch wenn ich gerade gesagt habe, dass es meiner Meinung nach keinen Unterschied gibt, hat Incubus doch gerade gute Unterschiede in Glauben beschrieben.


    Ich müsste meine Aussage also präzisieren.

    Glaube kann eine bewusste Entscheidung sein. Wenn man aber meint, zu wissen, kann es problematisch werden. Je nach Bereich eben, was Incu sagt. Muss ja jetzt nicht alles wiederholen :wacko:

    Thou shalt not follow the NULL pointer, for chaos and madness await thee at its end.

    (aus: "The Ten Commandments for C Programmers" von Henry Spencer)

  • Daher dann auch die Frage an dich: Was macht dich so sicher, dass du glaubst, zu wissen, es gäbe keine höhere Macht? Diese Frage bewegt sich einfach abseits dessen, was wir wissen können.

    Wissen, dass es keine höhere Macht gibt? Nope.

    Wissen, dass es keinen liebenden, gütigen, allmächtigen Gott gibt? Ja, aufgrund von simpler Logik.

    Wobei wir uns da natürlich wieder in der Begriffsdefinition von "Wissen" bewegen, die du oben schon angerissen hast. "Wissen" bedeutet in dem Fall natürlich nur, dass man das, aufgrund aller Informationen die aktuell zur Verfügung stehen, annehmen muss bzw. als korrekt annehmen muss.

    _______ Jack of all trades, master of none.

    m̵̡̛̜̭̻̪͔̜̞̲̳͉̫̮̹̬ͬ͋̓̌̐̀̓̿̀ͣ̅̿ͩ̚̚͘̕͢͢͜͟͡͝͝҉̡̨̨̡̪͉ͮͩͥ̋͘͢á̶̛̪̜̪̰͛̄̈̾͊̓ͧ̕͝ͅtr̟̟͆͠͡i̸̠͙̓҉̸̷̧̧̧̲̟͍͎͔͎̥̲̗̼̫̥̦̦͉̹̦̤͉̱̳͚͖͈͔̀͛̉͐ͦ̉ͦ̐̐ͧͥ̓ͭ̉ͩ͌͛̎̌̉̐ͮ̒̍́͑̀̿̅̐ͬ̏̀̚͘͢͟͢͟͝͠͠͡x̙͖̠̹̫̞̫͈̟̂̉ͩͧ̏̎ͮ͐͐ͩ̒ͪ̃̅͘͟ͅ--̞̾̉̃.̶̭̖ͫ͢-̧͞.̟-̻̑.͙̇-̣͍̬ͮ͜.͎̜͜-̤̭̈͐̐.̲-͐.̶̏-.̙̔̿̃̎-̲̈́ͤ͞.̇


    Yugi

  • Wissen, dass es keinen liebenden, gütigen, allmächtigen Gott gibt? Ja, aufgrund von simpler Logik.

    Vielleicht wäre die Logik eines solchen Gottes nicht simpel, sondern zu komplex, um uns einzuleuchten? Wir müssen Gottes Plan nicht verstehen, damit er existiert (könnten Christ*innen jetzt sagen).