Sharon
Ich spürte die veränderte Stimmung und lauschte der Erzählung von Nike gründlich. Ich war überrasch, als sie sagte, dass sie ebenfalls in den Slums aufgewachsen ist und eine Schwester hat. Aber am meisten überraschte es mich, dass sie nie richtig zum Gottesdienst gegangen ist. Mir fiel ein, dass mein Onkel Priester war und ich mich schwer dem Gottesdienst entziehen konnte, allerdings war mir nie bewusst, dass es in anderen Teilen der Slums kein Problem war, wenn man nicht hinging, weil es eh keiner mit bekam. Zum ersten mal wurde mir bewusst, dass mich, nachdem mein Onkel Freya mitnahm und verschwand, keiner gezwungen hatte in die Kirche zu gehen. Ich hätte mich der Kirche entziehen können, wenn ich es festgenug gewollt hätte. Ich kam ins Grübeln. Natürlich bin ich immer zum Gottesdienst gegangen, weil ich mir erhofft hatte Freya zu sehen, allerdings wusste ich im Inneren, dass sie nie dort sein wird. Zu behaupten, dass in meinem Gebiet viele Alte leute waren, die nichts außer ihrem Glauben hatten und ich einfach mitging wäre auch gelogen. Bedeutete mir die Kirche doch mehr als geglaubt?
"Und deine echten Eltern?", hackte ich nach. Ich wollte mehr über Nike erfahren und da sie schon einmal angefangen hatte, hoffte ich, dass sie auch weiter darüber redet.