Gendergerechte Sprache - Gendert ihr, oder haltet ihr nichts davon?

  • Maaz

    Du meinst den Hans-Joachim Maaz, der rechtsextreme Demonstrationen relativiert [editiert]?


    Hans-Joachim Maaz: „In Chemnitz hat sich ein ‚Gefühlsstau‘ gesellschaftlicher Probleme entladen“ - WELT
    Wie konnte es zur Eskalation von Chemnitz kommen? Der Psychoanalytiker Hans-Joachim Maaz meint: Sachsen hat kein Problem mit Rechtsextremismus, sondern ein…
    www.welt.de


    Pegida-nahe Buchhändlerin: Überheblich und geschichtsvergessen
    Die Dresdner Buchhändlerin Susanne Dagen beklagt die drohende „Gesinnungsdiktatur“ – in Analogie zu den Dissidenten des Ostblocks.
    taz.de


    Tumulte bei Frankfurter Buchmesse - "Die Meinungsfreiheit ist eines der höchsten Güter"
    Der offene Brief "Charta 2017" kritisiert den Börsenverein des Deutschen Buchhandels heftig: Anlass sind die Proteste gegen rechte Verlage bei der Frankfurter…
    www.deutschlandfunkkultur.de


    Gute und völlig seriöse, objektive Quelle. Sicherlich völlig undogmatisch.

  • Wäre es nicht von Vorteil sich mit Literatur zu beschäftigen die konträr zu meiner eigenen Meinung steht? Etwas zu lesen was meine eigene Meinung bestätigt bringt mich ja nicht weiter.

    Das ist aber wie die meisten Menschen funktionieren: Ich meine ... ist ja nicht nur eine Seite, die so ist. In der Regel hat man einen Standpunkt und versucht diesen zu untermauern. Und dazu sucht man sich natürlich Quellen die dazu passen. Nicht gerade Gegenbeispiele.


    Angreifen kann man so oder so im Detail dann auch immer - wenn jemand gegenteilige Quelle postet. Sei es in den man die Person als weniger gute Quelle einstuft (wie eben gerade passiert) oder man findet was wo man die Methodik/Herangehensweise kritisieren kann (oft wird mit Korrelation begründet aber man kann die Kausalität hinterfragen!).


    (Gibt da auch mein Lieblingszitat von Leon Festinger: "A man with a conviction is a hard man to change. Tell him you disagree and he turns away. Show him facts or figures and he questions your sources. Appeal to logic and he fails to see your point.")


    Kannte diesen Maaz nicht - und hab den andern Post nur spontan gelikt (weil auch eher kontra gendern und weil ich nich als altmodischer Mensch gelten will der nix likt - muss mich immer zwingen solche Funktionen zu nutzen). Aber als Psychoanalitiker wird er bezeichnet - das ist ja eigentlich eher erst mal was wofür man studiert haben muss. Was "hochwertig" wirkt. (Wobei: Auch Frauke Petry - die Chemie studiert hat - hatte recht eigenwillige Thesen zum Klimawandel. Erinnere mich noch an ein Video wo sie mit Abiturienten diskutierte.)


    Find es eigentlich viel zielführender nicht nur das Verhalten zu ändern (gibt ja bei Psychotherapie Verhaltenstherapie und dann sowas Richtung tiefgründigerer Sachen wie Psychoanalyse) sondern tiefer die Menschen zu betrachten. Wenn im ersten Artikel (PayWall aber noch einsehbar) die Rede davon ist dass der Kerl den Hitlergruß furchtbar findet und es gut findet wenn da bestraft wird ... kann er doch so schlimm nich sein. Dafür sein dass die Leute Demos machen ... kann man auch wenn man die Meinung nicht teilt. Demos unterdrücken zu wollen halte ich da für gefährlicher. (Wenn dann anderweitig im Untergrund agiert wird.)


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    Bei der Sprache fänd ichs besser wenn die Realität sich erst ändert. Sprache dann "automatisch" nachzieht. Statt Sprache "vorzugeben". Aktionen wie "Girl's Day" usw. find ich da recht sinnvoll - kann man gut zielgerichtet wirken. Das Gendern hat doch allein dadurch dass viele dagegen sind schon den negativen Effekt, dass Leute dann "erst recht" gegen bestimmte Personengruppen sein könnten, gegen die sie eigentlich gar nich mal explizit wären.


    Ich habe durchaus schon ganz interessante Beispiele erlebt - in Diskussion mit einem Philologen (wars glaub, nicht Linguist oder ähnliches) eine Art Erzählung/Geschichtchen mit "Chirurgenteam" und einer Frau (wo man erst an ein homosexuelles Paar denkt, da vorher schon ein Vater erwähnt war und jemand im Chirurgenteam sich äußert a la "das ist mein Sohn, ich kann nicht operieren"). Bin trotzdem dem Gendern abgeneigt gegenüber. Genauso mag ich keine Frauenquoten auch wenn ich nachvollziehen kann dass manche es mögen würden wenn man per Quote in Führungsebene mehr Frauen reinkriegt (und das auf drunterliegenden Ebenen sich dann automatisch regelt) aus Furcht dass ohne Quote die Männer da lieber unter sich bleiben.


    (Da regelts imo der Markt. Frau muss nur besser sein. Eigene Frauenunternehmen sind möglich. Wenn Männer dann nur unter sich bleiben und vom Frauenunternehmen nix kaufen, dann selber Schuld/doof.) [Das Problem an ner Quote - wenn man 50/50 und bei gleicher Qualifikation mehr Frauen so lang bis 50 Prozent erreicht sagt ... ist nämlich dass es individuell ungerecht ist für den männl. Bewerber der dann immer abgelehnt würde. Anstatt dass bei gleicher Qualifikation - was fair wäre - Los entscheidet.]

  • Nur gerade zwei Anmerkungen die mir in den Sinn gekommen sind. Dein Punkt, dass Gendern Widerstände verstärken könnte. Das ist kein Argument, generell wird jede progressive Veränderung erst mal abgelehnt. Wenn wir immer darauf gewartet hätten, dass alle mit einer "Veränderung" oder Neuerung einverstanden sind, gäbe es wohl heute noch viel mehr Ungerechtigkeiten. Veränderungen sind unbequem, aber das macht sie nicht weniger wichtig. Das Frauenquote-Thema ist auch eine tote Diskussion. Man kann in einem Gebiet wo keine Gerechtigkeit vorherrscht Gerechtigkeit fordern. Ohne Quoten bleiben oft die alten Netzwerke und Strukturen bestehen, die von Männern dominiert sind. Quoten sind weniger ein "unfairer Vorteil", sondern ein Werkzeug, um diese strukturellen Ungleichheiten auszugleichen. Wie würdest du sonst sicherstellen, dass Männer nicht "unter sich bleiben", wie du selbst sagst? Also als großes ganzes gesehen.

    (sorry bin in Eile. Rechtschreibfehler bitte ignorieren)

  • Ich möchte nicht zu ausführlich werden - sofern nicht andere sich noch beteiligen und andere Punkte noch zur Sprache kommen. Bezüglich des Ablehnens von Veränderung muss man aber differenzieren: Lehne ich das Gendern nur für mich ab? Oder möchte ich es auch andern verbieten? Die Freiheit finde ich schon wichtig - man kann "genervt" sein wenn andere gendern. So lange man es nicht verbieten will ... ist es okay. Genauso wie andere einem nicht verbieten sollten NICHT zu gendern.


    Hat aber hier ja nur auf Umwegen mit der tatsächlich geforderten Änderung (mehr Gleichberechtigung) zu tun. Ich sehe da schon einen Unterschied zu - zum Beispiel - Frauenwahlrecht. (Witzig dass die Schweiz dafür sehr lange brauchten. Das zeigt die Nachteile/Risiken von direkter Demokratie und wie die Männer es dann lange blockten. Kleinere Menge von Abgeordneten wäre vielleicht leichter umstimmbar gewesen, hätten nur solche entschieden.)


    Bei beruflichen Dingen haben wir ja in der Regel quasi schon vom Gesetz aus Gleichberechtigung. Da stemmt sich auch gar niemand gegegen. Es ist quasi so dass man in nem ganz andern Bereich (der Sprache) irgendwie was angehen will und dann da Reaktionen hervorruft. Das muss nich sein. Vor allem wenns halt auch anders geht. Positive Anreize finde ich sinnvoller - da generell (auch wenns nur gefühlt ist - Gesetze verbieten ja niemandem NICHt zu gendern aber es wird gefühlt Druck aufgebaut wenn viele das machen und sich denen die es nich machen gegenüber in bestimmter Weise verhalten) Verbote immer irgendwie Gegenreaktion hervorrufen. Das beobachtet man doch ziemlich oft.


    Auf dem "Markt" scheint es auch von sich aus ja schon Bestrebungen zu geben, Minderheiten zu inkludieren. Weil große Firmen (obwohl Fanbase dann oft dagegen ist sogar und es Streitereien gibt in amerikanischen Foren/Seiten - wovon ich nur am Rande höre weil ich da nich gern hin geh D:) z. B. bei Gaming ... trans Menschen und Sexualitäten abseits von Heterosexualität unterbringen. "Frauengeführtes" Unternehmen kann ja auch etwas sein, wo werbbar wäre damit. Und das auch Männer "freiwillig" kaufen könnten - Produkte von da (um sich dann als progressiv darzustellen und besser zu wirken nach außen).


    Ich denke nicht dass zwanghaft ohne Quotenregelungen und Gender alles so bliebe wie es ist. Den langsamen (sich natürlich von selbst bildenden) Fortschritt halte ich aber für tiefgreifender und nachhaltiger.

  • Den langsamen (sich natürlich von selbst bildenden) Fortschritt halte ich aber für tiefgreifender und nachhaltiger.

    Und dieser "Fortschritt", ist der mit uns gerade in einem Raum? Spaß bei Seite - deinen Optimismus hätte ich gerne, in einer Welt, die zunehmend rechtspopulistisch dominiert, (post-)faschistisch regiert wird. Was kann ich dafür tun, um noch an die "Es-wird-sich-schon-alles-Regeln"-Fortschrittserzählung zu glauben?