Holocaust-Gedenkstätten (Erfahrungen, Austausch, Besuche, allgemeines Interesse uvm)

  • Da mich dieses Thema schon seit meiner Realschulzeit in seinen Bann gezogen hat und ich mich - mit wenigen zeitlichen Aussetzungen - immer wieder aufs Neue damit auseinander setze - sei es durch Literatur, Dokumentationen und dergleichen, wollte ich mal in die ACG-Runde fragen:


    Wer von euch schon einmal eine KZ-Gedenkstätte besucht hat?

    Wie kam es zu diesem Besuch (Bitte auch die Gedenkstätte benennen)?

    Stand dieser Besuch im Zeichen einer schulischen Besichtigung oder fand sie aus rein privatem Interesse statt?

    Welche Eindrücke habt ihr von eurem Besuch erhalten und würdet ihr eine solche Gedenkstätten-Besichtigung anderen nahe legen bzw. eine solche nochmals wiederholen? Wenn nein, warum nicht?

    Welche Vorstellungen/Vorwissen hattet ihr vor dem jeweiligen Besuch?

    Falls ihr noch keine KZ-Gedenkstätte besucht habt: Welche Gründe gab es dafür?

  • Ich kann tatsächlich nicht allzuviel dazu schreiben - versuche aber im Flietext die Fragen mit zu beantworten. Zu meiner Schulzeit war das - zumindest in meinem Bundesland - kein so strenges Thema. Erinnere mich nicht an Besuche über die Schule. (In aktueller Zeit diskutiert man das ja aber eher öfter mal - dass es Pflichtprogramm sein soll, vermutlich in der Hoffnung Schüler damit gegen rechts zu "impfen".)

    Es war in meiner Jugend (dürfte gewesen sein bevor ich 14 war, weiß aber nicht gena wie alt) - in Rheinland-Pfalz wohnend ist es nich zuuu weit bis Frankreich. Mein Vater besuchte oft gern Museen, etc. Da war auch mal (ich hab nach Frankreich + KZ gegooglet und es gefunden und erinnere dann auch den Namen) Natzweiler-Struthof aufm Plan wo ich mit musste quasi.

    Vorstellung/Vorwissen hatte ich da nicht zu viel damals. (Ich denke es war doch schon etwas weiter bevor ich 14 war, nicht nah am 14. Lebensjahr dran.) Nahelegen ... würd ich es niemandem speziell. (Ich halte auch nichts von der Ansicht, dass das einem ne polit. andere/bessere Einstellung vermitteln würde - imo wählen Leute heute genauso wie sie wählen, weil sie bestimmte Sachen gerade wollen. Nich weil sie geschichtsblind sind oder noch nie ein KZ besucht haben, etc.) Würde aber auch niemandem davon abraten. Entweder man interessiert sich generell für sowas. Oder halt nicht.

    (Ich glaub ich bin generell nicht der Typ für Besuche von historischen Gebäuden, Anlagen, etc. Maximal vielleicht ein Museum. Aber seit ich alt genug bin nirgendwo mehr mit zu "müssen" von den Eltern aus - hab ich mir nie von mir aus selber irgendwie sowas auf den Plan gesetzt.)


    An was ich mich noch erinnere ist dass das Orangina umgerechnet von Franc in Mark so teuer wirkte - im Restaurant wo wir unterwegs davor oder danach noch warn. (Damals noch vor Euro-Zeiten.) Von der Anlage tatsächlich weniger in Erinnerung. Ich glaube man hat halt so die Unterkünfte gesehen - und dann wo Leute getötet wurden. Und Tafeln mit Infos (vermutlich dann auf dt. und französisch). Ist aber auch schon ewig her.

    Ich hatte tatsächlich aber mal - im Zusammenhang mit "Asozialen" über KZ neuerlich wieder paar andere Infos gelesen. Aber mehr das Drumherum und Organisationsstruktur. (Wegen Googlen nach Arbeitslosen/Arbeitsscheue usw. Und dass/wie die speziell auch verfolgt waren. Man hat ja sonst eher nur die Juden als Fokusthema und das viel weniger präsent.) Da erstmals gehört, dass man den Begriff "Capo" (kannte ich eher von Mafia) für Häftllinge mit spezieller Position nutzte. (Armbinde mit "Oberkapo" Schrifzug und Davidstern.) Und dass wohl auch gezielt Frauen aus bestimmten Personenschichten in "Lagerbordellen" arbeiten mussten.

    Teilweise doch erschreckend wie wenig ich abseits von "6,x Millionen Juden wurden vernichtt" da sonst im Detail wusste. Das finde ich dann schon nicht unintressant. Vor Ort angucken aber weniger. Hängt halt viel mit persönl. Interessen zusammen aber auch. (Die unterschiedl. Kennzeichnung - Armbinden mit untersch. Farben usw. - sind interessant. Je nach Personengruppe.)

  • Falls ihr noch keine KZ-Gedenkstätte besucht habt: Welche Gründe gab es dafür?

    Ich war bisher noch nie in einer KZ-Gedenkstätte, doch ich würde gerne Mauthausen besuchen, weil ich in Österreich lebe und die Geschichte hier greifbar ist.

    Viele berichten, dass man dort eine sehr negative Energie spürt und ich kann mir gut vorstellen, dass das beklemmend ist. Allein schon, wenn ich an die Grausamkeiten denke, überkommt mich eine Gänsehaut und ich spüre eine Mischung aus Angst und Ehrfurcht.

    Trotzdem glaube ich, dass es wichtig ist, sich mit der Geschichte auseinanderzusetzen, um das Leiden der Opfer nicht zu vergessen. Ich habe mir bereits auch sehr viele Dokumentationen angeschaut. Die Erinnerung soll uns ja sensibilisieren wachsam zu sein gegenüber Antisemitismus, Rassismus und Diskriminierung.

    𝓦𝓲𝓽𝓱 𝔂𝓸𝓾,
    ━━━━━ ⊱✦⊰ ━━━━━
    𝓘 𝓯𝓮𝓮𝓵 𝓹𝓮𝓪𝓬𝓮.

  • Zu meiner Schulzeit war das - zumindest in meinem Bundesland - kein so strenges Thema. Erinnere mich nicht an Besuche über die Schule.

    Kann dies über meine Realschul-Schulzeit ebenfalls bestätigen. Es war zwar mal im Gespräch, die KZ-Gedenkstätte Buchenwald zu besuchen, aber da ein paar wenige Mitschülerinnen und Mitschüler kalten Füße bekamen, da wohl vor Ort Schulklassen in den ehemaligen Gebäuden der SS-Wachmannschaften untergebracht werden (zumindest habe ich es noch so in Erinnerung, das dies der ausschlaggebende Grund war), wurde der Besuch letztlich wieder verworfen. Jahre später habe ich dann mit meinen Eltern das Lager besucht.

    Da war auch mal (ich hab nach Frankreich + KZ gegooglet und es gefunden und erinnere dann auch den Namen) Natzweiler-Struthof aufm Plan wo ich mit musste quasi.

    Da du gerade Natzweiler-Struthof erwähnt hast: Hier in Frankfurt/Main und im nahegelegenen Mörfelden-Walldorf gab es zwei kleine Außenlager von Natzweiler-Struthof: Das KZ Katzbach in den ehemaligen Adlerwerken und das KZ Walldorf - nur um mal die weitreichenden Dimensionen eines solchen Komplexes zu verdeutlichen.

    Wen es interessieren sollte: https://geschichtsort-adlerwerke.de/ // https://www.natzweiler.eu/alle-gedenkst%…C3%A1th-zentrum

    Ich war bisher noch nie in einer KZ-Gedenkstätte, doch ich würde gerne Mauthausen besuchen, weil ich in Österreich lebe und die Geschichte hier greifbar ist.

    Ist Mauthausen weit von dir entfernt? Oft liegen ja solche größeren bzw. namhafen Gedenkstätten nicht gerade um die Ecke (mal abgesehen von oft kleineren Außenlagern selbst).

    Viele berichten, dass man dort eine sehr negative Energie spürt und ich kann mir gut vorstellen, dass das beklemmend ist. Allein schon, wenn ich an die Grausamkeiten denke, überkommt mich eine Gänsehaut und ich spüre eine Mischung aus Angst und Ehrfurcht.

    Denke, das kann man zu jedem ehemaligen KZ sagen - von den ehemaligen Vernichtungsstätten ganz zu schweigen. Selbst wenn in manchen Gedenkstätten kaum noch Gebäude oder ähnliches vorhanden sind - Bergen-Belsen beispielsweise - oder Gebäude zur Verdeutlichung rekonstruiert wurden, so hat man an jenen Orten immer ein beklemmendes Gefühl - keine Frage.

    Bei Mauthausen kommt gewiss auch noch der naheliegende Granit-Steinbruch mit ins Spiel, sowie seine Kategorie III (Vernichtung durch Arbeit).

    Ich habe mir bereits auch sehr viele Dokumentationen angeschaut.

    Falls dir die Dokumentationen noch bekannt sein sollten, kannst du mir diese gerne mal per PN zukommen lassen.

  • Ich habe in meiner Jugend zwei größere Gedenkstätten besucht. Das Vernichtungslager Auschwitz in den 90ern mit einer kirchlichen Jugendgruppe und das KZ Buchenwald im Rahmen einer Schulreise. In den letzten Jahren war ich auch immer mal wieder bei kleineren Gedenkorten zum Beispiel hier in Wuppertal an der Gedenkstätte KZ Kemna.

    Wenn ich ehrlich bin habe ich diese Besuche damals nicht so tief empfunden wie man es vielleicht erwarten würde. Es war etwas Besonderes, ja, aber nicht ultimativ bedrückend. Das lag sicher auch daran, dass ich vieles schon aus Büchern und Dokus kannte. Dazu kommt, in den 80er- und 90er-Jahren ging man mit Tod, Leid und Geschichte oft distanzierter um als heute meiner Meinung nach. Man hat Dinge einfach hingenommen ohne groß emotional zu werden. Vielleicht spielte auch die gesamtdeutsche Verdrängungskultur eine Rolle. Nach dem Motto: Es ist zwar passiert, aber wir müssen ja nicht ständig drüber reden.

    Dazu kommt meine familiäre Geschichte. Mein Großvater war von klein auf Teil des nationalsozialistischen Systems. Erst in der Hitlerjugend und später als Offizier im Zweiten Weltkrieg. Er war nicht einfach nur irgendwie dabei sondern war Idiologisch gefestigt. Das Schicksal der Juden und anderer Verfolgter hat ihn überhaupt nicht berührt. Für ihn waren diese Menschen schlicht ohne Bedeutung. Wie weit er konkret in Verbrechen verwickelt war lässt sich heute nicht mehr nachvollziehen. Aber seine Haltung allein war aus heutiger Sicht schon erschreckend genug. Eine kalte Gleichgültigkeit gegenüber dem Wert von Menschenleben und gleichzeitig war er mein herzlicher und lieber Opa. Vielleicht habe ich von dieser Einstellung als Jugendlicher mehr übernommen als ich zugeben möchte. Kann man mir vorwerfen aber ändert auch nichts mehr.

    Seit meinen Mitte Zwanzigern habe ich mich ganz anders mit dem Thema auseinandergesetzt und dadurch viel mehr Empathie und Bewusstsein entwickelt. Mich gerade die kleineren Gedenkorte in der eigenen Umgebung stark. Da wird klar, das war nicht „irgendwo weit weg in Polen“, sondern direkt hier vor der Haustür. Und je weiter diese Ereignisse zurückliegen, desto wichtiger ist es daran zu erinnern um sie nicht zu vergessen oder zu verwässern.

    Einen Besuch würde ich daher auf jeden Fall empfehlen. Egal ob KZ oder Kleine Gedenkstätte. Aber ich denke auch, das man die innere Reife haben sollte sich dem stellen zu können. Eine Gedenkstätte ist kein Touristenziel das man mal eben. Aber Hauptsache man nimmt etwas mit. Manchmal sofort und manchmal (wie bei mir) erst Jahre später.

  • Wie kam es zu diesem Besuch (Bitte auch die Gedenkstätte benennen)?

    Persönliches Interesse an der Thematik und aufarbeitung, verinnerlichen und realisieren.

    Ich war im KZ Sachsenhausen und im Rahmen meiner 3 wöchigen Tour durch die Kriegstätte des 1 Weltkriegs in Frankreich im KZ Natzweiler-Struthof.


    Stand dieser Besuch im Zeichen einer schulischen Besichtigung oder fand sie aus rein privatem Interesse statt?

    Rein privater Natur, um nicht zu vergessen und auch um zu gedenken,


    Welche Eindrücke habt ihr von eurem Besuch erhalten und würdet ihr eine solche Gedenkstätten-Besichtigung anderen nahe legen bzw. eine solche nochmals wiederholen? Wenn nein, warum nicht?

    Das erste was mir einfällt ist bedrückende Trauer, ein Gefühl von Schmerz und leid, was mich betroffen gemacht hat.

    Wenn man sich Baracken oder Zäune angesehen hat, konnte man beinahe spüren welche Grausamkeiten hier stattgefunden haben.

    Es hat mich zurückgelassen mit einer gewissen leere, die mich tagelang wach hielt.

    Empfehlen würde ich es jedem, der bereit ist sich mit der Geschichte auseinanderzusetzen, auch um zu sehen zu was ein menschliches Wesen fähig ist.


    Welche Vorstellungen/Vorwissen hattet ihr vor dem jeweiligen Besuch?

    Ich beschäftige mich seit ca 12 Jahren intensiv mit dem 1 und 2 Weltkrieg.