Mein damaliger Berufs'wunsch' ist auch eher auf dem Mist meiner Mutter gewachsen. Wie so ziemlich jeder in meinem Alter damals, hatte gegen Ende der Schulzeit keiner nen Plan, wohin. Da ich in meiner Freizeit viel im örtlichen Jugendzentrum aktiv war und dort Veranstaltungen betreut habe, war die meiner Mutter Idee gewesen, das alles zum Beruf zu machen. Also war die Idee Soziale Arbeit zu studieren.
Diese Idee war dann so ziemlich die einzige Hoffnung, die ich zu dem Zeitpunkt hatte und entsprechend habe ich richtig rangeklotzt, um das auch alles umzusetzen. Hab an der Berufsschule den nötigen Abschluss mit super Notenschnitt gemacht und hatte entsprechend auch direkt mehrere Zusagen von Hochschulen ohne Wartezeit bekommen. Die Wahl war getroffen, ich bin in die neue Stadt gezogen und dann gings mit dem Studium auch los. Dank quasi Höchstsatz Bafög + Kindergeld und Waisenrente hatte ich ein Leben wie Gott in Frankreich. Ich glaube ich habe noch nie in meinem Leben so viel Pizza bestellt, wie damals. Jedenfalls lief das Studium relativ glatt. Bis zum fünften Semester, also quasi fertig, war alles voll im Plan, die Noten waren je nach Interesse fürs Modul von perfekt bis gerade mal noch geschafft durchwachsen (ich bin definitiv nicht für Philosophie gemacht lmao).
Tja, dann bin ich... 'erwachsen' geworden. In dieser Zeit sind privat ein paar Dinge drüber und drunter gegangen und die Umstände und mein eigener Zustand haben mich dazu gezwungen, das Studium auf unbestimmte Zeit auf Eis zu legen. In dieser Zeit habe ich sehr viel hinterfragt, unter anderem auch, ob diese Berufswahl wirklich das ist, was ich will. Long Story short: Nein. Ich habe all diesen Mist nur mitgemacht, weil das ein kleiner Funken Hoffnung war, an dem ich mich krampfhaft festgehalten habe. Ich wollte aber wenigstens noch den Abschluss einkassieren, aber als dann Covid losging und mein Modulkatalog eh schon ausgelaufen war und die neuen Module, die ich gebraucht hätte, alle Dreck waren, hab ichs dann aufgegeben.
Zwischenzeitig bin ich dann im Einzelhandel jobben gewesen, da ich aber unfassbar schlecht im Auswendiglernen bin und mein damaliger Chef gemeint hat, mich nach drei Monaten mit der halben Filiale und drei Abteilungen zur Hochseason allein zu lassen, hab ich mir den Kram nicht sonderlich lange gegeben.
Und so bin ich dann bei DHL gestrandet. Da während Covid die Leute wie die Bekloppten bestellt haben, ist der Bedarf an Arbeitskraft bei DHL und der Post durch die Decke gegangen. Und da mir langsam das Geld ausging, habe ich mich dann halt dort erstmal auf einen kleinen Paketverteilerjob beworben und keine zwei Tage später klingelte auch das Telefon. Den Job habe ich dann für so ca 8 Monate gemacht, bis die Bestellmengen wieder zurückgingen und die Leute nach und nach weggespart worden sind. Mein damaliger Chef hat mich dann allerdings angesprochen und wollte mich behalten und hat mir ein Jobangebot als Zusteller gemacht. Und ich habs selbst kaum glauben können, aber der Job an sich hat echt Spaß gemacht. Er war nicht anspruchsvoll oder schwer. Er war nur körperlich anstrengend und manchmal würde man am liebsten den Kunden alle Zähne ausschlagen wollen, es hat aber dennoch Spaß gemacht. Mit dieser rosaroten Brille bin ich dann für ne Weile unterwegs gewesen und ich hatte echt mit dem Gedanken gespielt, meine Wurzeln dort zu schlagen. Daaaann kam aber etwas, was klar angedeutet hat, wie die Zukunft aussieht: Bemessungen. Zu Deutsch: Einsparungen. Heißt, es werden Zustellzeiten und Sendungsmengen evaluiert und basierend darauf werden dann Straßen an andere Bezirke verteilt oder übertragen. So zumindest die offizielle Variante. Die Realität hingegen war: Bezirk wird plattgemacht und auf andere Übertragen. Heißt, jedes Jahr wurde die Arbeitslast erhöht und Jobs eingestampft. Ich habe mir dabei erstmal nichts gedacht und habe, nachdem ich in die Pfalz gezogen bin, noch für nen Jahr gearbeitet, bis im neuen Standort die Bemessungen richtig übel reingehauen haben und ich mich vor Stress unterwegs fast übergeben musste, da die Arbeitslast und Bezirke gigantisch waren. Heißt also, dass meine potenzielle Berufswahl auf einen aussterbenden Beruf fiel und damit war ich dann wieder bei null und habe gekündigt.
Da ich keine anderen Optionen mehr hatte, blieb mir dann nichts anderes mehr übrig, als mein Hobby zum Beruf zu machen, was ich eigentlich um jeden Preis vermeiden wollte. Aber da ich wiederholt aus meinem Umfeld das Feedback bekommen habe, dass meine Programmierskills teilweise die von studierten Informatikern übertreffen, bin ich dann doch eingeknickt und habe demnächst mein erstes Vorstellungsgespräch und wenn alles klappt, bin ich dann wohl bald in meiner nächsten Berufsspate. Der Witz ist ja, dass ich sowas damals schon in Erwägung gezogen habe, aber meine Mutter mir diesen Weg ausgerredet hat, da sie meinte, dass Bürojobs nicht das sind, was ich will.
Die Lehre aus alldem:
Hört nicht auf das, was euch andere eintrichtern wollen. Nicht mal eure eigenen Eltern. Probiert rum, fallt auf die Nase, probiert wieder rum. Ich hätte den Job bei DHL bzw bei der Post nie für möglich gehalten, wenn ich da nicht notgedrungen reingestolpert wäre. Daraus habe ich gelernt, dass man seine wahren beruflichen Interessen erst entdeckt, wenn man auch wirklich beruflich aktiv ist. Darum denke ich auch, dass es quasi unmöglich ist, in der Schule gescheit Berufsvorbereitung zu machen, weil man dafür die Leute viel öfter in allerhand verschiedene Betrieben und Unternehmen stecken müsste, die sich dann auch wirklich für die Schüler interessieren müssten.