Habt ihr schonmal von selbst aus euren Job gekündigt?
Ja, ist inzwischen ein gutes Jahr her.
Wieso habt ihr den Job gekündigt?
Einerseits fehlte mir da irgendwann die allgemeine Wertschätzung der Arbeit, d.h. nicht nur wenig Gehalt deutlich unter Branchenschnitt sondern auch viele Hürden etwas daran zu ändern, weil man sich immer neue Gründe überlegt hat, warum man doch quasi noch Junior ist und bleiben sollte, trotz all der Erfahrung, die man so über die Jahre gesammelt hat. Zudem war es halt der erste "richtige" Job und ich habe mir damals auch nicht viele Gedanken darüber gemacht, einigermaßen geschickt zu verhandeln, sondern wollte einfach nur arbeiten und mein eigenes Geld verdienen und hatte auch wenig Vorstellungen davon, was angemessen wäre. Und, so ganz plakativ gesagt, es ist halt wesentlich einfacher, einmal einen neuen Arbeitsvertrag auszuhandeln, mit dem man sich arrangieren kann, als jedes Jahr lang und ausgiebig um ein paar einstellige Prozente Gehaltsanpassung zu feilschen die am Ende eh kaum einen Unterschied machen.
Andererseits haben mir meine Projekte nicht mehr gefallen. Habe ein paar Jahre lang Software entwickelt und sehr viel zwischen verschiedenen Sprachen und Umgebungen gewechselt und irgendwann blieben einfach nur noch die alltäglichen, langweiligen oder wirklich anstrengenden üblich, ohne dass es dabei etwas interessantes Neues zu Lernen gegeben hätte. Letzten Endes sehe ich Arbeit als Mittel zum Zweck: Ich brauche halt Essen und ein Dach über dem Kopf und muss meine Hobbies finanzieren können - und wenn ich durch die Arbeit technische Dinge lernen kann, die ich spannend finde, muss ich in meiner Freizeit weniger Zeit damit verbringen, mir die selbst für meine privaten Bastelprojekte beizubringen. Es ist also sehr in meinem Interesse, dass ich dort etwas und das "richtige", sprich für mich gerade relevante, lerne.
Von dem Startup-Charakter der Firma war dann zuletzt irgendwann auch nicht mehr viel übrig; man hat versucht, Probleme mit allerlei neu eingeführten Prozessen oder mehr Projektmanagement und zeitintensiven wie unproduktiven Meetings zu erschlagen und dabei oft die Leute, die die Projekte im Allltag technisch umsetzen mussten nicht in die Problemlösungsversuche einbezogen. Die Ergebnisse waren dann entsprechend... ausbaufähig.
Hattet ihr danach direkt einen Anschlussjob?
Ja. Ich habe mir in Ruhe eine neue Stelle gesucht und erst dann direkt nach dem Unterschreiben die Kündigung eingereicht. Aus Arbeitgebersicht vielleicht nicht die feine Art, aber als Arbeitnehmer muss man schließlich auch sehen, wo man bleibt und aus einem laufenden Arbeitsverhältnis ist es nun einmal weniger riskant.
Wie war das Kündigungsgespräch?
Mir war das Thema vorher sehr unangenehm, weil mir klar war, dass der Arbeitgeber nicht damit rechnet, sprich dann natürlich für all meine Projekte und Aufgaben relativ zeitnahe jemanden finden musste, der die übernimmt. Aber ich bin froh, dass nicht vor mir hergeschoben zu haben: Bin morgens direkt zum Geschäftsleiter und habe ihm gesagt, dass ich ihn gerne einmal sprechen würde, mich zu ihm ins Büro gesetzt, erklärt dass ich kündige und den schriftlichen Teil bei der Gelegenheit dann auch persönlich übergeben. Der war natürlich erst einmal überrumpelt, hat Kritik daran geübt, dass ich ihn - stimmt schon - vor vollendete Tatsachen gestellt habe und fand es sehr schade, íst aber freundlich dabei geblieben und ich dürfe auch weiterhin jederzeit wieder dort anfangen, wenn ich wollte. Also eigentlich super, keine verbrannte Erde hinterlassen und selbst wenn ich da momentan nicht mehr arbeiten möchte, ist es doch schön, die Option zu haben und im Guten zu gehen, ohne mehr Frust als nötig abzuladen. Man trifft sich ja immer zweimal...
Wie viele Wochen vor Jobende habt ihr gekündigt?
Ich hatte im Arbeitsvertrag zwei Monate Kündigungsfrist stehen und entsprechend dann auch mit der Vorlaufzeit gekündigt.
Hattet ihr ein schlechtes Gewissen?
Nein. Natürlich spielt da dann auch etwas Frust mit rein, aka "selber schuld", aber ich habe schon mit der langen Kündigungsfrist genügend Zeit gegeben, Dinge zu dokumentieren, weiterzuverteilen und ich habe vor der Kündigung lange genug versucht, bestimmte Projekte und Prozesse zu verbessern und die Verbesserungsvorschläge hat man sehr oft abgelehnt, weil zu teuer/aufwändig (ungeachtet all der Kosten, die es verursacht hat, diese Probleme nicht zu beheben). Von daher kann ich sagen, getan zu haben, was ich konnte und mehr brauche ich nicht, um mein Gewissen zu beruhigen. Die Kollegen - die waren übrigens klasse - haben mir natürlich Leid getan, mit all der Extraarbeit, die das für diese bedeutet hat. Allerdings würden die keine Probleme haben, etwas anders zu finden, wenn denen das mit meinen alten Projekten zu doof wird.
Die Krux: auch wenn sich das Unternehmen in dem ich jetzt Arbeite wirklich selbst zuzuschreiben hat das ich so schnell wie möglich gehen möchte habe ich ein unglaublich schlechtes Gewissen, wenn ich Kündige. Ich werde nämlich Recht schnell (4 Wochen, evtl auch zur Monatsmitte) kündigen. Die Stelle die ich habe ist nicht gerade einfach neu zu besetzen, vor allem in meiner Kleinstadt. Wir haben ja einen enormen Fachkräftemangel. Wenn es nach mir geht will ich wenigstens ein paar Wochen zwischen dem einen und den andern Job haben um mal ein bisschen Pause zu haben und vom alten Job zu "heilen", bis ich mich auf den neuen Konzentrieren kann. Ich könnte natürlich auch noch etwas länger bleiben bis die Stelle wieder besetzt ist aber mir geht es dort so schlecht das ich auch finde, dass die das absolut nicht mal verdient haben. Meine Firma wird mich aber hassen, wenn ich kündige. Eine Krux. Die Entscheidung kann nur ich treffen, nur durchdenke ich das eh am Tag 2mio mal und wollte euch einfach Mal nach euren "Kündigungserfahrungen" fragen.
Ganz ehrlich, egal wie egoistisch dir das vorkommen mag, wenn du aktuell unglücklich bist, dann nimm auf dich Rücksicht und nicht das Unternehmen, welches dich gerade unglücklich macht. Das ist wirklich nicht dein Problem.
Ich habe bereits ein paar Monate bevor ich die Kündigung eingereicht habe, versucht einen bestimmten Teil meiner Aufgaben abzugeben, weil es zu viel für mich war. Wir wollten jemanden speziell für die Tätigkeit einstellen. Und als ich die Kündigung eingereicht habe, wollten wir das dann sogar noch sehr viel mehr, aber Ich stehe mit meinen ehemaligen Kollegen noch in gutem Kontakt und insofern weiß ich, dass das bis heute nicht geklappt hat - nicht, dass es keine Bewerbungen gegeben hätte, aber war wohl zu teuer. Stattdessen hat man jetzt notdürftig die Aufgaben zwischen anderen Personen verteilt und das Flickwerk läuft so weiter wie bisher schon. Will sagen: Selbst wenn du deinem Unternehmen aus reiner Nächstenliebe mehr Zeit gibst, ihre Angelegenheiten anständig zu regeln ist längst nicht gesagt, dass die das dann auch auf die Reihe bekommen. Effektiv kostet das einfach nur dich Zeit, die es dir anderswo besser gehen könnte und am Ende ist es dann vielleicht sogar sinnlos gewesen.
Und auch davon ab, versuche nicht so viel über diese und jenen mögliche Folgen zu grübeln. Einfach mal etwas Neues anfangen kann wirklich helfen und kann dann ja anscheinend auch fast nur besser sein so gemessen an dem, was du schreibst. Ich z.B. bin rückblickend glücklicher mit meiner neuen Stelle als der vorherigen und die Abwechslung hilft auch sehr, mal wieder auf neue Gedanken zu kommen so aus dem Alltagstrott raus.