Ich finde hierbei, wie bei so vielen Dingen, ist eine differenzierte Betrachtungsweise wichtig.
Das hier ist meiner Meinung nach einer der wichtigsten Beiträge, die ich hier lesen durfte.
Suizid zu begehen ist (für mich) in der Regel eine irrationale Entscheidung.
Es gibt (fast) immer andere Wege, doch der oder die Betroffene neigt dazu sich irgendeinen Mist einzureden Suizid zu begehen.
Ich sage das nicht um irgendjemanden zu beleidigen, sondern weil ich selbst so eine Phase durchlebt habe.
Es ist immer "leichter" wegzulaufen, statt die Probleme anzupacken und sie selbst aus dem Weg zu räumen.
Dies ist besonders dann der Fall, wenn man depressiv ist und nichtmal mehr mit dem Hintern aus dem Bett kommt.
Das bedeutet nicht, dass die Tat an sich leicht zu begehen ist. Es bedarf schon großer Überwindung. Ich vermute mal, dass man sich da deshalb unterbewusst hineinsteigert, so wie man beispielsweise nach Gründen sucht seine Pflichten zu verschieben und lieber Blödsinn im Internet zu treiben.
Das Perverse daran ist einfach, dass es für einen erstmal Sinn macht. Es klingt logisch und nachvollziehbar.
"Ich verschwinde einfach und nehme all unsere Sorgen mit" war damals mein eigener Gedanke, als es meiner Familie wegen mir sehr schlecht ging.
"Sich opfern, damit andere es besser haben", klang da durchaus sehr verlockend und sogar nobel, obwohl genau das Gegenteil der Fall war. Es war selbstsüchtig, kurzsichtig, und vorallem "bequem". Eine "einfache" lösung.
Was mich später davon abgehalten hat, war die Mutter meines Kindes. "Willst du dein Kind alleine lassen? Soll der Kleine in der Schule seinen Freunden sagen, dass er keinen Papa hat? Was soll ich ihm sagen, wenn er fragt? Dein Kind braucht einen Vater und kein Geld. Das kann man immer wieder verdienen." Das war dann der Zeitpunkt als es bei mir Klick gemacht hat und mir bewusst wurde, was für eine Sch**** ich mir da eingeredet hatte.
Wenn ich daran denke, dass es Leute gibt, die alleine sind und niemanden haben, der sie aus diesem Loch wieder herauszieht, mache ich mir da teilweise echte Sorgen. Selbst mit Unterstützung schaffen es viele nicht und verschwinden einfach.
Ich kann in manchen Fällen also gut nachvollziehen, warum sich jemand dafür entscheiden sollte, bin aber in der Regel dagegen.
Eine Ausnahme mache ich echt nur bei Menschen, die wirklich stark leiden, und damit meine ich ganz bestimmt keine Teenies, deren Lover gerade die Biege gemacht haben. Das ist meiner Meinung nach lächerlich und wird auch selten durchgezogen (blöderweise muss man es aber dennoch kopfschüttelnd ernst nehmen, denn das Kind könnte ja beispielsweise vorbelastet sein).
Mein Arzt hat mir vor wenigen Jahren ein Medikament verschrieben, das mich wirklich komplett in den Wahnsinn getrieben hat (danke nochmal für die Fehldiagnose, lieber Herr Dr. XXX :P Kann ja mal passieren). Kreislaufzusammenbruch, Psychose... Ich wollte echt nur noch, dass es aufhört. Wenn ich mir also vorstelle, dass jemand permanent mit sowas leben muss, rund um die Uhr, dann doch bitte lieber die Kugel. Hätte sie aber mir persönlich in dem Augenblick geholfen? Definitiv nicht. Kurzfristige Probleme mit Suizid zu lösen ist wie mit Kanonenkugeln auf Spatzen zu ballern, nur halt bist du selbst die Kanonenkugel.
Man kann also nicht mal eben so pauschal sagen "Das sind alle selbstsüchtige Feiglinge", etc.
Genau diese Mentalität sorgt nämlich dafür, dass sich suizidgefährdete Leute nicht an Andere wenden (was übrigens auch auf Pädophile zutrifft, egal wie ätzend man das auch finden mag).
Was wenn es den besten Freund/die beste Freundin oder den eigenen Partner trifft?
Es ist immer leicht sich von der Realität zu distanzieren indem man das Problem abstrahiert. Das macht es wunderbar unpersönlich und so muss man sich dann später auch nicht schuldig fühlen, wenn sich jemand wegen einer bescheurten Aussage das Leben genommen hat.
Ist das nicht widerlich unmenschlich?