Immer wieder ein interessantes Thema, was andere Fans für Erfahrungen gemacht haben und wie sie mit dem Thema umgehen.
Ich habe mich nie wirklich dafür geschämt, dass ich Anime und Manga mag. In meiner Kindheit haben wir mit Klassenkameraden nachmittags Anime geschaut und sind dann rausgegangen und haben es nachgespielt. Manchmal dachten wir uns aus, wir wären selbst Digiritter mit unseren Partnerdigimon oder würden als Pokémontrainer durch die Lande ziehen. Aber das sind natürlich Sachen, die Kinder mit blühender Fantasie so machen.
Das änderte sich jedoch, als ich nach der Grundschule auf die weiterführende Schule kam und nicht bei einer mir bekannten Person in der Klasse landete. Meine beste Freundin war aufs Gymnasium gegangen, während ich die Realschule besuchte. Wir fuhren den Weg immer mit dem Fahrrad zusammen; sie musste lediglich ein Stück weiterfahren. Es hatte sich nach kürzester Zeit schon herauskristallisiert, dass mir Anime und Manga noch immer am Herzen lagen, sie sich aber davon distanzierte. Irgendwann versuchte sie mir einzureden, es sei doch peinlich und wie könne ich denn immer noch Zeichentrick schauen. Es sei kindisch.
In meiner Klasse gestaltete sich das ähnlich. Meine Mitschüler waren zum damaligen Zeitpunkt reifer als ich - oder fühlten sich zumindest so - weshalb ich schnell außen vor war und nur wenige Kontakte knüpfte. Kontakte, die mein Interesse für Anime aber keineswegs teilten. Eine war ebenso der Auffassung, dass Anime kindisch seien und versuchte mir immer vorzuhalten, wie dämlich ich doch sei. Ironischerweise lernte genau diese Mitschülerin dann irgendwann One Piece kennen und lieben und wurde von jetzt auf gleich "der allergrößte Anime Fan überhaupt", der mit One Piece Accessoires rumlief und kein anderes Thema mehr fand. Sie versuchte mir dann immer weiszumachen, dass sie die große Ahnung hätte, welche Serien gut seien und welche nicht. Sie wurde für ihr Gehabe in der Klasse schließlich weit mehr belächelt als ich, weil man mein Interesse für Anime zwar kannte, ich damit aber wenigstens niemandem auf die Nerven ging.
Ich wurde auf der weiterführenden Schule also zwar belächelt, mehr aber auch nicht. Man hat mich deswegen nicht gemobbt oder so etwas. Zwar kamen durchaus hin und wieder dumme Sprüche, aber dabei blieb es dann auch.
Tatsächlich war es mir nie peinlich, dass mir Anime und Manga besonders gefielen, obwohl mir einige Leute das einzureden versuchten. Dabei war ich eigentlich immer ein ziemlich schüchternes und zurückhaltendes Kind, das schnell geknickt war, wenn irgendjemand etwas Gemeines sagte. Dämliche Kommentare trafen mich also schon, aber ich sah nicht ein, warum ich mein Hobby für Personen aufgeben sollte, die mich so oder so nicht besonders leiden konnten.
Irgendwann wurde es mir dann auch egal, was andere Leute zu meinem Hobby zu sagen hatten. Ich band es niemandem auf die Nase, antwortete aber ehrlich, wenn man mich nach meinen Hobbys fragte. Mit dem älter werden kamen dann auch die positiveren Erfahrungen. Ich begann Conventions zu besuchen und hatte ein Umfeld, das toleranter war.
Eine Erfahrung, die mir ewig im Gedächtnis bleiben wird, ist mein erster Besuch auf der Frankfurter Buchmesse. Ich trug mein erstes Cosplay, war auch etwas nervös deswegen. Ich fürchtete, dass irgendwelche dummen Sprüche kommen würden, aber es kam nicht ein einziger. Stattdessen werde ich mich immer daran erinnern, wie dieser Mann auf uns zu kam, um uns zu sagen wie toll er unser Hobby findet. Er hatte keine große Ahnung von Anime und Manga, aber er war ziemlich begeistert von all den bunten Kostümen und lobte unser kreatives Hobby.
Es fiel mir auch umso leichter mit anderen ins Gespräch zu kommen. Einen Charakter zu erkennen brach in den meisten Fällen schon das Eis und half dabei, sich angeregt mit anderen über die Serie auszutauschen, ohne dass ich mir große Gedanken darüber machen musste.
Letztendlich denke ich aber, dass ich heute so gut mit diesem Hobby umgehen und sorglos dazu stehen kann, liegt zum Großteil auch an meinen Eltern. Sie waren nie besonders angetan von diesem Hobby. Als ich klein war, war es für sie einfach nur Zeichentrick. Da wächst man irgendwann raus. Tat ich allerdings nicht. Aber obwohl meine Eltern nicht besonders angetan davon waren, ließen sie mir immer die Freude daran und unterstützten mich.
Als ich das erste mal cosplayen wollte, war das für meine Mutter ein kleinerer Weltuntergang. "Das macht doch keiner, schon gar nicht auf einer Buchmesse!", "Was sollen die Leute denken?" Dennoch hat meine Mutter mir dabei geholfen, das Kostüm herzurichten, weil ich nicht davon weichen wollte. Sie hätte sich weigern können, weil sie Cosplayer auch eher als "verrückt" betrachtete, hatte sich aber dennoch entschieden, mir zu helfen. Ebenso mein Vater, der mir Jahre später half, Requisiten zu basteln oder für mich zum Zoll gefahren ist, wenn eine gekaufte Figur dort festhing und ich es zeitlich nicht schaffen konnte.
Ich bin meinen Eltern sehr dankbar dafür, dass sie mich in meinem Hobby immer unterstützt haben, auch wenn sie manche Eigenarten daran missbilligten. Das ist keine Selbstverständlichkeit, aber es hat mir gezeigt, dass es auch anders gehen kann. Dass ich mich wirklich nicht für ein Hobby zu schämen brauche. Sie haben bis heute kein Interesse an Anime, weshalb ich auch leider nichts in dieser Richtung mit ihnen schauen kann, haben es aber immer akzeptiert - und sie haben akzeptiert, dass es keine "Phase" ist, sondern mich auch weiterhin begleiten wird.
Heutzutage treffe ich auch tatsächlich auf viele Menschen, die mit Neugierde an die Sache herangehen. Wenn ich mit Freunden zur Dokomi fahre, sehe ich am Bahnhof immer wieder ältere Herrschaften, die mit großen Augen neugierig fragen, was denn los sei und sich interessiert zeigen, wenn man es ihnen erklärt. Solche Begebenheiten bestärken mich darin, dass es mir gar nicht peinlich sein muss und haben mir auch dabei geholfen, allgemein ein gesünderes Maß an Selbstbewusstsein aufzubauen.