Uff. Ich hab mir die Frage oft gestellt oder eher: mir wurde die Frage von Verwandten etc. schon oft gestellt, weil ich bereits 26 Jahre alt bin, was für manche Leute wohl das perfekte Alter ist, um ein Kind in die Welt zu setzen bzw. wurde mir schon ab und an unterstellt, ich sei schon fast zu spät dran, weil Verwandte A schon Kinder hatte in meinem Alter und man würde ja nicht jünger werden. Ich weiß zwar nicht, welche höhere Gewalt jetzt beschlossen hat, dass man mit Mitte 20 unbedingt ein Kind haben muss und warum ebendiese Gewalt mir zu befehlen hat, wie ich mein Leben zu leben habe, aber ich weiche anscheinend ziemlich von der Norm ab. Und das finde ich persönlich okay.
Ich hab nie Muttergefühle gehabt und eine innere Uhr ticken hab ich auch noch nie gehört und das hat sich auch bis heute nie geändert. Ich hab einfach kein Bedürfnis ein Kind in die Welt zu setzen und ich hab auch das Gefühl, ein Kind würde mein Leben in keinster Weise bereichern, sondern mir nur im Weg stehen.
Versteht mich nicht falsch: Ich habe eine Nichte und einen Neffen und meine beste Freundin hat auch zwei kleine, liebenswerte Mädchen mit denen ich gerne spiele, male und mich beschäftige und ich hab gegen Kinder wirklich nichts, aber Kinder haben eben nicht nur Vorteile und Eltern-sein ist ein 24-Stunden-Job, den ich glücklicherweise abends, wenn ich in meine kinderlose Wohnung gehe, einfach von mir streifen kann. Kinder sind schön und gut, solange es nicht meine eigenen sind.
Mein Partner sieht das, Gott sei Dank genauso, deswegen bin ich froh, dass ich diese Konfrontation, dass der Kinderwunsch zwischen uns stehen könnte, sehr schnell abschließen konnte. Wir sind sehr zufrieden, wie unsere Beziehung gerade läuft und wollen daran nichts ändern und ein Kind ist einer der größten Änderungen, die eine Beziehung bereit hält. Für den Einen Willkommener, als für den Anderen.
Ich geb es gerne zu, dass ich in dieser Hinsicht selbstsüchtig bin. Ich mag es, mein weniges Geld, das gerade so für mich reicht, für mich selbst ausgeben zu können und mir keine Sorgen machen zu müssen, ich müsste mein Geld für meinen Nachwuchs ausgeben. Ich mag es, meine Ruhe zu haben und mich um kein hilfsbedürftiges Kind kümmern zu müssen. Ich mag es lange aufzubleiben und am Wochenende lange zu schlafen. Ich mag es, mein Leben nur mit meinem Freund zu teilen und mit niemand anderes. Wenn es heißt, dass ich dann nur an mich denke, dann ist es wohl so.
Außerdem selbst, wenn ich ein Kind wollte, wäre ich wahrscheinlich unheimlich überfordert. Ich kenn mich null mit den Bedürfnissen eines Kindes aus, mich graut es total, ein Kind im mir austragen zu müssen und ich mag es nicht, wenn man ein Kind 'irgendwie' aufzuziehen, wie meine Mutter es mir immer gesagt hat. 'Du hast kein Geld, Ryomou? Wir schaffen das schon, irgendwie!'. Was ist denn irgendwie? Soll mein Kind im Existenzminimum aufwachsen mit einer überforderten Mutter, die sich nicht zu helfen weiß? Nein, sowas würde ich nie wollen. Das hat kein Kind verdient. Lieber eine liebevolle Familie, die dem Kind geben kann, um gesund aufzuwachsen. Und dazu braucht man mehr als Luft und Liebe.
Meine Kindheit selbst... war nicht schön. Ich war ein ungewolltes Kind, wurde nie gelobt, wurde in der Schule fertig gemacht, musste mir immer anhören, dass ich das schwarze Schaf der Familie sei, musste mir selbst schwimmen und Fahrrad fahren beibringen, mein Vater und ich verstehen uns bis heute kaum, bis heute muss ich mit den Konsequenzen leben in Form von Sozialphobie etc. Wer weiß, wenn ich damals eine andere Kindheit gehabt hätte, ob ich jetzt schon eine glückliche Mutter wäre, weil ich meinem Kind zeigen will, wie toll ich es hatte. Aber so war es nunmal nicht. Ich hoffe dass ich vielleicht mal anders denken werde, aber aktuell ist es nicht so. Und vielleicht mach ich auch nen Fehler, aber ich lebe mein Leben, wie es mir gefällt und vielleicht soll es auch so sein.