Ich war am 16.6.2024 nach einem Wochenende mit Freunden am Recklinghausener Hauptbahnhof gestranded und entschied mich nach kurzer Überlegung, anstelle der S-Bahn ein Taxi nach Hause zu nehmen. Der Taxifahrer wollte den gewinnbringenden Weg nach Wuppertal natürlich gerne antreten, konnte allerdings keine Kartenzahlung anbieten, was mich etwas verwunderte, aber nicht davon abhielt, in das Auto einzusteigen. Nach einigen Versuchen der Kommunikation entschied ich mich einfach schweigend mitzufahren, da der Fahrer zwar 2015 aus dem Irak gekommen war, allerdings gefühlte 20 Worte Deutsch sprach.
Nun begab es sich, dass wir von der A43 auf die A46 wechselten und der Wagen plötzlich merklich an Geschwindigkeit verlor, bis wir auf der Autobahnausfahrt zum Stehen kamen. Nach einer Vielzahl von Versuchen des Fahrers den Wagen neu zu starten, versuchte ich aus ihm herauszubekommen was das Problem sei. Scheinbar habe er das falsche Auto aufgetankt und nun sei der Tank leer. Ich wies den Fahrer an, doch wenigstens von der Fahrbahn irgendwie an den Rand zu kommen, vll. dadurch das wir den Wagen schieben würden. Zum Glück war die Auffahrt nach hinten abschüssig, so dass er rückwärts in einen Graben rangieren konnte (sic).
Der folgende Versuch des Fahrers der Zentrale von Taxi Nord zu erklären was passiert sei schlug auf Basis fehlender Deutschkenntnisse erstmal fehl; er übergab mir schliesslich das Telefon, so daß ich der Zentrale die Situation erklären konnte. Die Zentrale entschloss sich, einen Kollegen aus Dortmund mit einem Kanister zu schicken, der „in etwa 30 Minuten“ da sei. Zu dem Zeitpunkt war es ungefähr 1330. Nach etwa 50 Minuten des Wartens tauchte ein Polizwiwagen auf, welchen aufmerksame Verkehrsteilnehmer gerufen hatten (danke btw!), da unser Wagen ja halb im Graben, halb auf der Fahrbahn stand. Nach kurzer Klärung der Situation verließ uns die Polizei wieder und das Warten ging weiter. Nach einer weiteren halben Stunde tauchte dann die Polizei wieder auf, zu dem Zeitpunkt fehlte von Kanisterboy weiterhin jegliche Spur. Nachforschungen ergaben, dass es ihm nicht möglich war zu finden, wo wir uns befänden. Nach einigem Hin- und Her bekam ich wieder das Handy in die Hand gedrückt und mir wurde mitgeteilt, die Abfahrt A43->A46 sei nicht zu finden und die Koordinaten hätten ihn statdessen „in einem Wald“ geführt. Scheinbar hatte er dies auch nochmal der Polizei so erklärt, die parallel versuchte am Telefon für Klarheit zu sorgen, da der Polizist mir relativ detailliert erklären konnte, wo sich der Fahrer befand, der – Spoiler Alert – bis zum bitteren Ende die Ausfahrt A43->A46 nicht finden sollte.
Die Polizei wurde langsam etwas unruhig, da wir nun schon seit über einer Stunde auf der Autobahn standen also wurde der Fahrer angewiesen seine Papiere vorzuzeigen, was er nach einigen Versuchen mit Händen und Füßen verstand und begann, in dem Chaos aus Müll und Rechnungszetteln seine Papiere zu finden – hier wird es für mich etwas unklar, da dieser Sachverhalt vom Fahrer nicht mehr so beschrieben werden konnte, dass ich ihn verstand, aber scheinbar hatte er auch seine Papiere nicht vorliegen, was die Polizei veranlasste einen Abschleppdienst zu rufen. Zu diesem Zeitpunkt versuchte Kanisterboy immer noch die Autobahnausfahrt zu finden, die Uhr war da mitlerweile weit nach 1600. Während ich mir einen Joint nach dem anderen rauchte kam ich kurz mit den Polizisten ins Gespräch, die ihre Entgeisterung mit den Worten zum Ausdruck brachten „so etwas hätten sie in den Jahrzehnten ihrer Berufserfahrung noch nicht erlebt“.
Während wir auf den Abschleppdienst warteten hielt mir der Fahrer plötzlich ieder das Handy entgegen, und die Zentrale teilte mir mit, dass ich für die Fahrt bis zum Absaufpunkt aber bitte bezahlen müsste, man könnte mir aber einen 20 Prozent Rabatt gewähren. Leider war auf Nachfrage nicht möglich herauszubekommen, wie viel ich denn nun schulden würde aber das sei kein Problem, denn Kanisterboy würde mit diesen Informationen ja auf wem Weg sein.
Nach weiterer Warterei kam dann endlich der Abschleppdienst und es stellte sich relativ schnell heraus, dass der Fahrer die 350€ Strafe nicht bezahlen könnte. Er wandte sich nun an mich um zu erfragen „warum Strafe“, was ich ihm nicht befriedigend beantworten konnte.
Als wir mit dem Abschleppauto die nächstgelegende Tankstelle erreichten schien dem Fahrer klar geworden zu sein, dass er womöglich längere Zeit in Wuppertal wäre, da nun mittlerweile seine Kollegen und sein Chef Feierabend gemacht hätten (sic) und niemand mehr zu erreichen sei. Er wandte sich nun an mich und versuchte mich mit Süßigkeiten aus dem Tankstellenshop zu bestechen ihm das ausstehende Geld („80 bis „100“) zu bezahlen, denn er „müsse bezahlen“ - zu dem zeitpunkt war seien sowieso schon unverständliche Kommunikation so konfus, das ich nicht sicher bin, ob er auch wollte, dass ich ihm Geld leihe lol. An dem Zeitpunkt verlor ich dann die Geduld und drückte ich ihm mit Worten, die er wieder nicht verstand einen Fuffi in die Hand, den er widerwillig annahm und von dannen zog.
Wer weiß, vielleicht steht er immer noch an der Tankstelle.
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